NBA

"Lakers jagen die größten Superstars"

Von Haruka Gruber, Florian Regelmann und Philipp Dornhegge
Machen die Lakers im Sommer Jagd auf LeBron James oder Carmelo Anthony?
© getty
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These: Bennett ist der schlechteste Nr.-1-Pick aller Zeiten.

Tony DiLeo: Die Transition vom College in die NBA ist immer schwierig, besonders für die Spieler, die nur ein Jahr an die Uni gingen. Dazu kommen negativ hinzu: Bennett muss dem Druck des Nr.-1-Picks standhalten. Parallel wird er zwischen zwei Positionen, Small Forward und Power Forward, hin- und hergeschoben. Und er spielt bei den Cavaliers, die sich das Ziel gesetzt haben, die Playoffs zu erreichen, so dass ein Rookie sich nicht in Ruhe entwickeln kann. Es kommen also sehr viele ungünstige Umstände zusammen. Dennoch sehe ich in ihm zweifellos NBA-Potenzial. Er ist talentierter, als viele glauben. Nur: Er scheint einer der Spielertypen zu sein, die etwas länger für die Umstellung benötigen. Aber davon sollte er sich nicht beunruhigen lassen. Chauncey Billups beispielsweise ist jahrelang von NBA-Team zu NBA-Team weitergereicht worden, bevor er zum All-Star und zum Champion wurde.

Florian Regelmann: Auch wenn die Statistiken zu Beginn seiner NBA-Karriere so unfassbar mies sind und er mal auf Kurs drei Field Goals pro Monat war, würde ich ihn ungern so früh unter Kwame Brown oder Michael Olowokandi einreihen. Big Men brauchen generell länger als Point Guards oder Flügelspieler, um sich zu entwickeln und um sich in der NBA anzupassen. Die Cavs müssen Geduld mit Bennett haben, ein immenses Potenzial ist logischerweise ja da. Dass Evan Turner mal auf All-Star-Level spielt, hätte angesichts seines sehr langsamen Starts auch niemand gedacht, manchmal dauert es einfach seine Zeit. Was den Verantwortlichen der Cavs viel mehr Sorgen machen sollte als irgendein Air Ball, ist die Frage, wie Bennett die Situation jetzt bewältigt. Er hatte eine schwierige Schulter-Verletzung und konnte sich konditionell nicht in die Verfassung bringen, die nötig ist. Dazu kommen seine gesundheitlichen Probleme mit Asthma und die Atemstillstände während des Schlafs, das finde ich schon heftig. Im Sommer durfte er sich noch als First Overall Pick abfeiern lassen, kein halbes Jahr später läuft nichts, sein Coach lässt auch überhaupt keine Plays für ihn laufen, stattdessen wird er von den eigenen Fans nach wenigen Spielen schon ausgebuht und überall als Brick Bennett verhöhnt. Reife Leistung von den Cavs-Fans übrigens. Wie er jetzt mit dieser schwierigen Situation umgeht, wie er sich da rausarbeitet, oder nicht, wird über seine NBA-Karriere entscheiden. Das ist eine ganz entscheidenden Phase. Was übrigens auch für Dennis Schröder gilt, der sicher dachte, sofort die NBA im Sturm zu erobern und jetzt schön Spiel für Spiel zuschauen darf. Wenn er jetzt nicht checkt, warum er nicht spielt, und die Lehren daraus zieht, wird er in ein paar Jahren wieder in Deutschland spielen. Jetzt kommt's drauf an.

Philipp Dornhegge: Ich bin genauso wenig wie Flo bereit, Bennett abzuschreiben, sondern würde vielmehr die Cavs in die Verantwortung ziehen. Der Coach hat ganz offensichtlich überhaupt keinen Bock, Bennett eine Chance zu geben. Warum auch, die Cavs spielen ja schließlich überragend ohne ihn. Mike Brown war ja noch nie als Offensivgenie verschrien, bei seinem zweiten Anlauf zeigt er erneut warum nicht. Da ist alles auf Kyrie Irving fokussiert, der aus meiner Sicht enttäuschend wenig Fortschritte im Vergleich zur Vorsaison gemacht hat. Bei den Cavs gibt's kein Ball Movement, keinen Spaß, keine Chance für Rollenspieler, sich mal ins Rampenlicht zu spielen. Ich dachte ja letzte Saison, dass LeBron 2014 zurückkehren könnte, aber auf so eine Truppe wird er wohl keinen Bock haben. Die Chemie stimmt ja auch nicht, es gab schon ein Teammeeting, Irving hat Brown angeschnauzt und umgekehrt. Das ist einfach eine richtig miese Saison, die die Cavs bisher abliefern. Das ist für einen Rookie leider die schlimmstmögliche Siutation. Ein Nummer-Eins-Pick sollte normalerweise der Heilsbringer sein, stattdessen kommt er in ein Team mit Playoffambitionen, mit einem etablierten Superstar und einer sehr tiefen Frontcourt-Rotation. Das ist einfach nicht zu vergleichen mit Anthony Davis, Shaquille O'Neal oder LeBron James zehn Jahre vor Bennett.

Haruka Gruber: Ich finde, Flo misst mit zweierlei Maß. Bennett ist Opfer der Umstände, während Schröder nicht selbstkritisch genug ist? Ich weiß nicht, wo die Wahrheit liegt, aber ich glaube, dass die Situation komplexer ist. Bei Schröder, vor allem bei Bennett. Natürlich ist die Situation extrem hart, wenn selbst die eigenen Fans nicht davor zurückschrecken, einen 20-Jährigen zu verhöhnen. Er muss sich in den letzten 6 Monaten wie im falschen Film vorkommen, er sagt ja selbst, dass er schon beim Draft nie gedacht hätte, die Nummer eins zu sein. Und jetzt das. Andererseits muss man sich die Frage stellen, wie solche Leistungen zu Beginn seiner NBA-Karriere passieren können und wie selbstverantwortlich ein Profi ist. Die Scouts sagten vor dem Draft, dass Bennett wohl kein Superstar werden wird, aber NBA-ready wäre. Sprich: Dass er als einer der wenigen aus der Rookie-Klasse einem NBA-Team sofort als Ergänzung weiterhelfen kann. Aber dann fängt die Saison an und er nimmt sinnbefreit Dreier um Dreier, verwirft die ersten 11 Versuche seiner NBA-Karriere, zieht trotz der Athletik sehr selten zum Korb und trifft nur in Ausnahmen einen Freiwurf. Der Vergleich mit Evan Turner oder Chauncey Billups ist daher unzulässig, weil sie im Vergleich zu Bennett in der Rookie-Saison immerhin irgendetwas zustande gebracht hatten. Selbst Kwame Brown und Michael Olowokandi waren in den ersten NBA-Wochen wertvoller als Bennett. Die These "Bennett ist der schlechteste Nr.-1-Pick aller Zeiten" ist zwar hart, hat aber eine gewisse Berechtigung.

Dornhegge: Wenn man nur die ersten Spiele sieht, dann vielleicht schon. Aber man darf getrost davon ausgehen, dass Bennett schon noch seine Minuten bekommt, wenn die Cavs erstmal aus dem Playoffrennen sind oder die Big-Men-Riege von Verletzungen dezimiert ist. Das Potenzial ist definitiv vorhanden, und man darf vor allem nicht vergessen, dass er sich zumindest als Verteidiger in seinen wenigen Minuten schon als NBA-ready erwiesen hat. Und er kann rebounden, da besteht kein Zweifel. Auf lange Sicht wird seine Karriere um einiges besser aussehen als die von Olowokandi oder Brown.

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These 5: Bennett ist der schlechteste Nr.-1-Pick aller Zeiten

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