Visionär mit Anarcho-Humor

Haruka Gruber
03. Februar 201417:33
Adam Silver übernahm am 1. Februar das Amt des Commissioners von David Sterngetty
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Das Gegenbild und zugleich eine Kopie von David Stern: Seit dem 1. Februar ist Adam Silver als neuer NBA-Commissioner der mächtigste Mann des Basketballs. Aber wer ist er überhaupt?

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Es bedarf einer gewissen Phantasie, um sich das vorzustellen: Beinahe hätte der seit dem 1. Februar mächtigste Mann des Basketballs nie den Weg in die NBA gefunden. Stattdessen wäre er verantwortlich für anarchischen Witz im US-Fernsehen und Entsetzen bei Jugendschützern und Konservativen.

Adam Silver, dem Nachfolger von David Stern als NBA-Commissioner, ist eine Qualität zu eigen, die nicht ersichtlich wird ob seines gesetzten Auftretens. "Adam ist der klügste und lustigste Mensch, den ich kenne", sagt kein Geringerer als Richard Appel.

Job bei "Family Guy" ausgeschlagen

Appel gehört zu den führenden Produzenten der US-Comedy-Branche und ist seit einem gemeinsamen Sommer-Job in einer Anwaltskanzlei einer der engsten Freunde Silvers. Er bot ihm danach an, als Drehbuchschreiber für die legendär-respektlose Zeichentrickserie "Family Guy" zu arbeiten, "aber Adam schaute mich nur an und sagte mir: 'Es ist nicht das, was ich machen möchte'".

Doch hin und wieder mag auch Silver bei aller Seriosität seinen Sinn für Humor nicht verleugnen. Im Oktober beim Board of Govenors, als Stern vor dem Saisonstart im Kreise aller NBA-Klub-Besitzer offiziell verabschiedet wurde, überreichte ihm Silver keines der üblichen Geschenke, sondern einen eigens hergestellten Bobblehead mit dem Schriftzug "David J. Stern". Der "Wall Street Journal" titelte: "Adam Silver - Der ruhigere, coolere neue Boss der NBA".

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Die Bande zwischen dem alten und neuen Commissioner reicht zurück in die 70er Jahre, als Silvers Vater Edward in der gleichen Anwalts-Kanzlei anfing wie Stern. Zum ersten direkten Treffen kam es jedoch erst 1988, im Uni-Abschlussjahr von Adam Silver. Er beendete sein Studium an der Duke University und der University of Chicago Law School und schüttelte David Stern am Rande des NBA-All-Star-Games die Hand.

Stetiger Aufstieg in der Association

Das erste richtige Gespräch folgte allerdings erst 1992. Silver begann eine vielversprechende Juristen-Laufbahn und arbeitete am New Yorker Federal District Court der berühmten Richterin Kimba Wood zu und wechselte zur Top-Kanzlei "Cravath, Swaine & Moore". Aber zusehends missfiel ihm der Job, so dass er sich bei der NBA bewarb. Stern stellte ihn sofort als seinen eigenen "special assistant" ein und beförderte ihn schrittweise zum Büroleiter, zum Präsidenten der Entertainment-Abteilung und 2006 zum stellvertretenden Commissioner. Das Amt des NBA-Commissioners ist seine sechste Stelle innerhalb der NBA.

Über die Jahre wuchs Silvers Bedeutung, besonders profiliert hat er sich beim Abschluss der letzten beiden lukrativen TV-Verträge sowie bei den Verhandlungen mit der Spielergewerkschaft beim Lockout 2011. "Es war immer klar, dass die NBA Davids Show ist. Selbst beim allerletzten Meeting. Aber es steht außer Frage, dass Adam in alle großen Entscheidungen einbezogen wurde", sagt Mavericks-Besitzer Mark Cuban.

David Stern im Interview: "Ich bereue nichts"

Das Verhältnis zwischen Stern und Silver zu beschreiben, fällt schwer angesichts der Vielschichtigkeit. Stern selbst betont immer wieder, dass er Silver früh auf Augenhöhe sah und stellte dessen Bedeutung heraus. Nach 22 Jahren gemeinsame Arbeit, in den letzten 7 Jahren sogar im gleichen Office Suite, entstand eine Symbiose zweier Machertypen, die sich bei aller Harmonie ergänzten.

Silver als Sterns Regulativ

"Wenn David ein Glas als halb leer ansieht, sehe ich es als halb voll", sagt Silver im SPOX-Interview. Stern formuliert es so: "Ich neige in Diskussionen dazu, einen extremen Punkt einzunehmen, was ich per se wichtig finde, um Grenzen auszuloten. Wobei immer im Bewusstsein dessen, dass mich Adam langsam zurückholt auf ein Normalmaß. Daher ist Adam als Regulativ sehr wichtig", sagt Stern.

Was besonders auffällt: Während sich Stern wiederholt gegen die Spieler-Gewerkschaft positioniert hatte und unbeliebte Entscheidungen wie die Kleiderordnung trotz aller Widerstände durchsetzte, ist Silver mehr ein Mann der Mitte. Bei den Verhandlungen zum neuen Manteltarifvertrag kam es dank ihm zur Annäherung zwischen Klub-Besitzern und Spieler-Gewerkschaft. Silver verfasste mit Yale-Wirtschaftsprofessor Barry Nalebuff eine Analyse, wonach so objektiv wie möglich festgestellt werden sollte, dass bei einem Festhalten an der alten Vereinbarung die gesamte NBA in eine Rezession geglitten wäre.

"Wir sprachen über einen Verlust von mehreren hundert Millionen Dollar für alle. Wir hatten das Gefühl, dass im Sinne aller Beteiligten in dieser Situation nur die volle Transparenz hilft. Viele waren dagegen, dennoch beschlossen wir, der Spielergewerkschaft alle vertraulichen Daten offenzulegen, obwohl keine andere Liga das je so getan hat", sagt Silver.

Stern: Das Gesicht der NBA trifft ab

Viele Beobachter erwarten nun, dass sich das gereizte Verhältnis zwischen der NBA und der Gewerkschaft unter Silver entspannen wird. "Adam war immer ein würdiger Gegenspieler. Man wusste, dass er das big picture sieht", sagt Jeffrey Kessler, langjähriger Anwalt der Spieler-Gewerkschaft. "Er wird sehr viel daransetzen, die Beziehung zu den Spielern zu reparieren. Adam ist auf jeden Fall eine gelassenere Erscheinung als David."

Stats als Thema der Zukunft

Von einem Commissioner wird allerdings mehr erwartet als die Rolle des Vermittlers - was die Frage aufwirft: Wie wird Silver sein Profil schärfen? Bereits als stellvertretender Commissioner trieb er die Entwicklung der WNBA und der D-League entscheidend voran. Als nächstes zeitnahes Projekt wird er wohl die Auflösung der Divisions und die Neu-Anordnung der Conferences angehen.

Als sein Vermächtnis bietet sich jedoch das "digitale Versprechen" an. Federführend von ihm befürwortet, entwickelte sich die NBA in den letzten 15 Jahren zur modernsten Multimedia-Liga der Welt. NBA.TV, NBA-League-Pass, NBA.com, die lokalen Online-Destinationen wie bei SPOX - bei all diesen Themen erbrachte die NBA Pionierleistungen. Als Thema der Zukunft macht Silver nun die Empirie aus: Stats, Stats, Stats.

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"Eine meiner größten Anstrengungen in den vergangenen Jahren zielte darauf ab, den Fans immer mehr Daten anzubieten. Es gibt eine Nachfrage, einen echten Hunger der Fans, noch detaillierter in die Sportart zu blicken", sagt Silver. So komplex und tief die neue Advanced-Stats-Sektion und die historische Boxscore-Sektion auf NBA.com erscheinen mögen - es dürfte nur der Anfang einer neuen Daten-Offensive sein. Immer mit dem Ziel, eine ohnehin prosperierende Liga noch weiter wachsen zu lassen.

Silver: "Ich fühle mich gut, die NBA ist in einer großartigen Verfassung. Für die Liga gibt es nach oben keine Grenzen. The sky's the limit."

Ergebnisse und Spielplan im Überblick