Der 2011er Draft war sowohl in der Spitze als auch in der Breite sehr gut besetzt, selbst in der zweiten Runde fanden sich noch gestandene Profis. Bis Ende Oktober können Teams noch vorzeitig mit Spielern der 2011er Draft Class verlängern, sonst werden sie nach der Saison Restricted Free Agents. Kyrie Irving, Kenneth Faried und die Morris-Zwillinge haben bereits Verlängerungen unterschrieben, bei anderen wird noch gezögert - aus verschiedenen Gründen. SPOX blickt auf die interessantesten verbliebenen Kandidaten für eine vorzeitige Verlängerung.
Point Guard
Nach Jahren der Bedeutungslosigkeit hat Charlotte im letzten Jahr mal wieder die Playoffs erreicht - dank Neuzugang Al Jefferson, aber zu einem großen Anteil auch dank Kemba Walker. Der Point Guard hat in Jahr drei einen großen Schritt nach vorne gemacht und ist zum Leader der (damaligen) Bobcats geworden.
Es gibt allerdings Gründe für die (jetzigen) Hornets, nicht überhastet mit Walker zu verlängern. Der UConn-Alumnus ist zweifellos talentiert - zur Point-Guard-Elite fehlen ihm aber einige Attribute. Walker ist kein guter Schütze von draußen, hat aufgrund seiner geringen Körpergröße ("knapp 1,80 m" laut eigener Aussage) aber auch am Korb Probleme zu finishen.
Er verlässt sich zu häufig auf Pullups aus der Mitteldistanz, die er aber nur zu 36,7 Prozent in den Korb befördert. Übersicht und Defense sind jeweils solide, aufgrund der geringen Größe jedoch auch limitiert. Als Spieler kann er zweifellos noch reifen, wachsen wird der 24-Jährige nicht mehr.
Walker spielt zudem auf der tiefsten Position der gesamten Liga. Es gibt dermaßen viele gute Einser, dass in jedem Sommer nur eine begrenzte Menge an Teams überhaupt Bedarf haben kann. Die Hornets sind daher gut beraten, nicht auf zu hohe Forderungen einzugehen und erst einmal abzuwarten, wie Walker mit dem neuen Backcourt-Partner Lance Stephenson harmoniert.
Die Gefahr, dass ein Team die Hornets im nächsten Sommer mit einem unmoralischen Angebot für Walker in die Bredouille bringt, ist aufgrund der Talentdichte verhältnismäßig gering. Ähnliches gilt auf einer etwas tieferen Ebene auch für die Bucks, die sich bei Brandon Knight Zeit lassen können, dessen Kompatibilität mit Jabari Parker genau zu evaluieren.
Die Oklahoma City Thunder sind derweil wohl schon früher zum Handeln gezwungen. Reggie Jackson hat in der vergangenen Saison den Durchbruch gefeiert und bewiesen, dass er sowohl als Sixth Man als auch als Starter funktioniert. Gut möglich, dass er in dieser Saison im Backcourt beginnen wird, weil OKC in Abwesenheit von Kevin Durant sein Scoring benötigt.
Wenn Jackson einen weiteren Schritt nach vorne macht, dürfte ihm im nächsten Sommer ein stattlicher Zahltag winken. Fragt sich nur, ob die notorisch konservativen Thunder ihm diesen dann bezahlen wollen oder ihn ohne Gegenwert ziehen lassen.
Shooting Guard
Die Warriors bauen auf Klay Thompson - das hat spätestens ihre Weigerung gezeigt, den Splash Brother in einem Trade für Kevin Love abzuschieben. Thompson ist auf dem besten Weg, einer der besten Zweier der Liga zu werden, und passt in Oakland optimal ins System.
Da er auch defensiv mehr als solide agiert, ermöglicht er es den Warriors, den schmächtigen Stephen Curry gegen den jeweils schwächeren Guard des Gegners zu stellen. Zuletzt mehrten sich die Anzeichen, dass Thompson vor Ablauf der Frist eine Verlängerung unterzeichnen wird, beide Seiten haben ihren Wunsch öffentlich gemacht, weiter zusammenzuarbeiten.
Der neue Kontrakt dürfte die Franchise teuer zu stehen kommen, genauer gesagt "max level"-teuer. Das kann Golden State aber verschmerzen. Zum einen wird das Salary Cap dank des neuen TV-Deals in den nächsten Jahren so anschwellen, dass ein jetzt vereinbarter Max-Deal nicht mehr so schwer ins Gewicht fallen wird.
Zum anderen ist Klay erst 24 und hat noch Steigerungspotenzial. Auf der Zwei gibt es schon jetzt kaum einen Spieler, der an beiden Enden des Feldes so gut agiert (Hallo, James Harden). Wenn man die Chance hat, einen der Besten auf dieser so dünn besetzten Position über dessen besten Jahre zu halten, sollte man diese auch wahrnehmen.
Etwas anders verhält es sich bei Jimmy Butler. Der Bulls-Flügel ist ein absoluter Elite-Verteidiger, hat vorne aber seine Höhen und Tiefen. In Abwesenheit von Derrick Rose sollte Jimmy Buckets in der Vorsaison mehr Verantwortung übernehmen - ein Unterfangen, das scheiterte (13,1 Punkte, 39,7 Prozent FG, 28,3 Prozent 3FG).
Den Bulls könnte es dennoch helfen, schnell zu handeln. Mit der Rückkehr von Rose dürfte sich Butlers Rolle wieder ändern, er wird weniger selbst kreieren müssen und sich auf seine Stärken konzentrieren können. Kommt sein Dreier zurück (38,1 Prozent im Jahr 2012/13), könnte er im nächsten Jahr das Interesse diverser weiterer Teams auf sich ziehen.
Für die traditionell nicht eben spendierfreudigen Bulls könnte es sich daher auszahlen, Butler schon jetzt einen neuen Vertrag anzubieten, da die Kosten bei einer guten Saison zweifellos steigen würden. Wie schon gesagt: Shooting Guards, die offensiv und defensiv ihren Mann stehen können, sind in der NBA Stand heute ziemlich rar gesät.
Small Forward
Zu Kawhi Leonard ist eigentlich alles gesagt. Finals-MVP, künftiger All-Star, künftiges Gesicht der San Antonio Spurs. Wenn man bedenkt, dass in diesem Sommer Gordon Hayward per Maximalvertrag ausgestattet wurde, wäre alles andere bei Leonard eigentlich eine faustdicke Überraschung.
Eigentlich. Denn bei den Spurs gehört es für die besten Spieler mehr oder weniger zum guten Ton, auf Geld zu verzichten, damit der Meister seine beispiellose Kadertiefe erhalten kann. Bei Leonard dürfte sich nun herausstellen, wie tief er die Philosophie der Herren Duncan, Parker und Co. schon verinnerlicht hat.
Dass Kawhi, selbst wenn er vor der Saison keine Vertragsverlängerung unterschreiben sollte, demnächst woanders spielen wird, ist aber so gut wie ausgeschlossen.
Bei Tobias Harris sieht es etwas anders aus. Der 22-Jährige, der beide Forward-Positionen besetzen kann, gehört mit seinen drei Jahren NBA-Erfahrung schon beinahe zu den Veteranen im extrem jungen Kader der Orlando Magic. In der kommenden Saison soll er zweifelsohne auch auf dem Court eine große Rolle einnehmen.
Ob er allerdings auch für die mittelfristige Zukunft in Orlando eingeplant ist, muss die Saison zeigen. Gerade im Frontcourt haben die Magic viel Talent, nicht zuletzt kam im Draft an vierter Stelle Aaron Gordon, dessen Spielanlage der von Harris nicht ganz unähnlich ist. Wenn Harris sich einen konstanteren Dreier (28 Prozent in seiner bisherigen Karriere) zulegen würde, wäre ihm schon viel geholfen.
Derzeit haben die Magic außer Channing Frye niemanden im Team, der oberhalb der Rookie-Skala Gehalt bezieht. Kapital ist also vorhanden. Fragt sich nur, wie GM Bob Hennigan dieses verteilen möchte.
Power Forward
Es gibt ein Argument, das aus Sicht der Cleveland Cavaliers wohl alle Zweifel an Tristan Thompson zunichtemachen dürfte. Sein Name: Rich Paul. Klingelt was? Der Agent machte sich im Sommer einen Namen, als er den Wechsel von LeBron James zurück in die Heimat orchestrierte und schlussendlich auch für Eric Bledsoe in Phoenix einen lukrativen Vertrag herausholte.
Jener Rich Paul vertritt auch Thompson. Glaubt man der Gerüchteküche, ist sein Verbleib in Cleveland allein deshalb längst so sicher wie das Amen in der Kirche. Nach den Cavs-Moves des Sommers, bei denen LeBron mehr oder weniger als de-facto-GM der Franchise fungierte, kann man sich kaum vorstellen, dass die Cavs Thompson kein großzügiges Angebot machen würden.
Dabei wäre Thompsons Lage ansonsten durchaus spannend. Der Kanadier ist in der letzten Saison ein wenig in seiner Entwicklung stagniert. Er punktet nicht besonders effizient, ist weder im Lowpost noch aus der Mitteldistanz überdurchschnittlich gefährlich. Defensiv ist er zwar agil, Rim Protection ist von ihm allerdings nicht zu erwarten (0,4 Blocks pro Spiel 2013/14).
Nun wird Thompson selbstverständlich davon profitieren, dass er nächste Saison viel Spielzeit mit drei der besten 20 Offensivspieler der Liga auf dem Court verbringen wird. Er wird vermutlich nicht starten, anhand von Anderson Varejaos Verletzungshistorie und Alter ist es jedoch wahrscheinlich, dass Thompson viel gemeinsam mit Kevin Love auf den großen Positionen spielen wird.
Offensiv dürfte Thompsons Effizienz fraglos ansteigen, wie sie für nahezu jeden Spieler ansteigt, der mit Love und LeBron zusammen spielt. Cleveland wäre dennoch gut beraten, sich zumindest mal umzuhören, ob man mit Thompson eventuell eine oder mehrere der Schwachstellen im Kader ausmerzen könnte (Flügelverteidigung, Rim Protection). Ein Argument spricht allerdings dagegen.
Center
Nikola Vucevic ist einer der besten Rebounder der NBA, weiß sich im Lowpost zu bewegen (etwa 46 Prozent Erfolgsquote bei Postups) und kann auch aus der Mitteldistanz punkten. Er hat das Zeug dazu, einer der besten Offensiv-Center der Liga zu werden.
Defensiv verhält sich das Ganze anders. Er ist kein Shotblocker, bewegt sich bei Rotationen regelmäßig zu langsam und hat Probleme, wenn er das Pick'n'Roll verteidigen muss. Einige der Probleme dürften sich mit mehr Erfahrung abstellen lassen, aber bisher weist beim Montenegriner eher wenig darauf hin, dass er sich mal zu einem richtig guten Verteidiger entwickeln wird.
Wie bewertet man so jemanden also? Blickt man auf die Geschichte der NBA, scheint die Antwort auf der Hand zu liegen: Echte Center werden gut bezahlt. JaVale McGee etwa verdient in der kommenden Saison um die 11 Millionen Dollar, und Vucevic ist ein besserer Spieler.
Wenn "Vooch" noch eine Schippe drauflegt und in dieser Saison beispielsweise 16 und 12 produziert, bedarf es nicht allzu viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass irgendein Team ihm sogar einen Maximalvertrag anbieten wird.
spoxMagic-Boss Hennigan könnte diese Situation umgehen, wenn er Vucevic jetzt bindet. Vermutlich müsste er aber auch heute schon 11 bis 12 Millionen im Jahr auf den Tisch legen - bis Ende des Monats kann er sich noch überlegen, ob Vucevic dieses Geld wert ist beziehungsweise sein wird.
Bei Enes Kanter scheint die Entscheidung schon gefallen zu sein - Verlängerung "ist nicht". Gerüchten zufolge sind sich die Utah Jazz nicht sicher, ob der Big Man im System des neuen Trainers Quin Snyder funktionieren wird, und wollen daher abwarten. Angeblich soll Kanter weniger im Lowpost agieren und mehr von draußen werfen, eventuell sogar von der Dreierlinie.
Die Zweifel sind in dem Fall berechtigt bei einem Spieler, der in seiner Karriere bisher genau drei Dreier versucht hat. Der Schritt nach vorne, den sich die Jazz im letzten Jahr erhofft haben, als Kanters Spielzeit beinahe verdoppelt wurde, ist bisher ausgeblieben. Daher ist es für Utah sinnvoll, bei Kanter (wie auch bei Combo-Guard Alec Burks) geduldig zu bleiben.