NBA

High Five für Dummies

Von Martin Gödderz
Yao Ming (2. v.l.) musste als Rookie viel lernen, ordentliche High Fives gehörten auch zum Programm
© getty

In seinen beinahe 70 Jahren Geschichte hat der NBA-Draft zahlreiche schräge Stories herausgebracht. Eine Liga zwischen Eiskunstlauf und Fahrschule, zwischen schwangeren Picks und Iren mit einem goldenen Händchen. Stets dabei: Große Gefühle, kleine Witze und die wohl merkwürdigsten High Fives aller Zeiten. Die zehn kuriosesten Draft-Stories der NBA-Historie im Überblick.

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Lieber Eiskunstlauf als Bill Russell: Es gibt keinen erfolgreicheren NBA-Spieler als Bill Russell. Der Center führte die Boston Celtics in den 50er- und 60er-Jahren zu unfassbaren elf Championships, holte sich fünf MVP-Titel und revolutionierte mit seiner Spielweise die Liga. Schon bevor er in die NBA kam, galt er als der beste Spieler im Draft. Doch warum erhielten eigentlich ausgerechnet die Celtics, die im NBA Draft 1956 erst an 13. Stelle ziehen durften (wo sie übrigens Hall of Famer K.C. Jones bekamen), die Chance Russell zu holen? Ganz einfach: Weil NBA-Legende Red Auerbach ein gewiefter Hund war.

Der damalige Trainer, General Manager und Chefscout in Personalunion hatte Russell zwar nie spielen sehen, von College-Coach Bill Reinhart, einem der Begründer des Fastbreaks, wusste er aber, dass Russell sich perfekt eignen würde, um eben jene Spielidee auch in der NBA umzusetzen. Anders als heute waren Spieler nicht derart gläsern. So hatten die Rochester Royals, die den ersten Pick im Draft besaßen, relativ wenige Informationen über Russell, weswegen sie sich auch diebisch freuten, als der damalige Celtics-Besitzer Walter Brown auf Anweisung von Auerbach mit einem besonderen Angebot an sie herantrat.

Weil der Präsident der Celtics gleichzeitig auch die Ice Capades, eine Eiskunstlaufshow vergleichbar mit dem heutigen Holiday on Ice, besaß, rief er Royals-Besitzer Lee Harrison an und versicherte diesem, dass die Ice Capades für eine Woche nach Rochester kämen, wenn die Royals dafür nicht Russell an erster Stelle im NBA-Draft ziehen würden. Harrison war außer sich vor Freude und willigte direkt ein - in der Gewissheit, einen Mega-Deal getätigt zu haben. Rochester zog folglich Si Green, der in seiner Karriere nie mehr als ein Mitläufer war.

Nun galt es für Boston noch, den zweiten Pick der St. Louis Hawks zu erhalten, was allerdings auch keine sonderlich schwere Aufgabe war. Wegen des in St. Louis noch immer weit verbreiteten Rassismusproblems war klar, dass Russell wohl nie für die Hawks auflaufen würde. Also rief Auerbach bei Hawks-Owner Joe Kerner an, der zufällig auch sein alter Boss und Bekannter war, bot diesem für den zweiten Pick den sechsfachen All-Star Ed Macauley, nebenbei noch ein lokaler Held in St. Louis, und packte Rookie Cliff Hagan drauf. Kerner bestätigte den Deal, der den Hawks 1958 die Championship bringen sollte, den Celtics aber eine ganze Dynastie verschaffte.

Fahrschule statt NBA: Die Story von Bill Russell hat schon gezeigt, dass der NBA Draft damals nicht ganz so professionell war wie heute. Ein weiteres Phänomen der damaligen Zeit waren die sogenannten Territorial Picks, die es von 1950 bis 1965 gab. So hatten Teams einen Erstzugriff auf einen Spieler aus der näheren Umgebung. Das sollte die NBA-Teams in der Region bekannter und beliebter machen.

Berühmte Beispiele für solche Territorial Picks sind Oscar Robertson oder Wilt Chamberlain. Bob Cousy dagegen ist ein Sonderfall. Der 1,85 Meter große Aufbau kam als College-Star in den 1950er Draft und die Celtics hatten ein Anrecht auf den Territorial Pick. Red Auerbach jedoch hatte keine Lust auf Cousy. Er wollte gewinnen und nicht die Fans mit irgendeinem dahergelaufenen Lokalhelden glücklich machen. So verzichtete Boston auf sein Anrecht, weswegen Cousy an dritter Stelle zu den Tri-Cities Blackhawks ging.

Cousy war allerdings extrem unglücklich mit dieser Entscheidung, weil er gerade dabei war, eine Fahrschule in Massachusetts aufzubauen. Er informierte die Blackhawks, die ihn umgehend zu den Chicago Stags abgaben. Mit diesen konnte sich Cousy, der eben Geld für den Aufbau seiner Fahrschule brauchte, aber nie auf einen Vertrag einigen, weswegen wiederum ein eigener Draft nur für Cousy veranstaltet wurde, um diesen in die NBA zu bringen.

Im sogenannten Dispersal Draft wurde jeder Teamname in einen Hut geworfen. Gezogen wurde ausgerechnet der Name der Celtics. Die hatten Cousy nun doch an der Backe. Besitzer Brown war begeistert, Auerbach reichlich bedient. Doch die Coach-Legende arrangierte sich mit Cousy, dieser wurde als Point Guard der kongeniale Partner von Russell, gewann an dessen Seite sechs Meisterschaften und baute eine hervorragende Fahrschule in der Region auf.

Schwangere? Babies? Alles ist möglich: Schon im heutigen hochprofessionellen Draft wird der zweiten Runde nur noch relativ wenig Beachtung geschenkt. Dabei geht ein NBA-Draft seit 1989, als die Liga beschloss die Veranstaltung auf zwei Runden zu begrenzen, vergleichsweise schnell vorbei. Das war früher anders: 1960 beispielsweise dauerte der gesamte Vorgang unfassbare 21 Runden an.

Natürlich entwickelten sich keine großartigen Karrieren aus Picks, die erst in der 17. oder 18. Runde gezogen wurden. Weil die General Manager dieses Verfahren mit zunehmender Zeit auch lächerlich fanden, machten sie sich aber einen Spaß daraus und vollzogen teils aberwitzige Draft-Picks.

Schon einmal von Lusia Harris gehört? Nein? Nicht schlimm. Die gute Dame wurde 1977 an 137. Stelle in der siebten Runde von den New Orleans Jazz gezogen. Immerhin war sie dreifacher American All-Star am College und Teilnehmerin des Basketball-Olympiateams von 1976. Gleichzeitig war sie zur Zeit des Drafts aber auch schwanger. Kaum zu glauben, doch Harris bestritt kein einziges NBA-Spiel.

Genauso wenige NBA-Spiele absolvierte Caitlyn Jenner, die vor ihrer Geschlechtsumwandlung noch als Bruce Jenner 1976 den Zehnkampf-Olympiasieg feierte und ebenfalls im 77er-Draft an 139. Stelle von den Kansas City Kings gezogen wurde. Noch immer nicht genug? Einer geht noch: In der Nacht des NBA-Drafts 1974 bekam Pat Williams, seines Zeichens General Manager der Hawks, sein erstes Kind. Aus purer Freude zog Williams seinen neugeborenen Sohn in der zehnten Runde. Anders als bei Harris oder Jenner wurde dieser Pick aber für ungültig erklärt. Die Altersgrenze wurde unterschritten. Eine Frechheit.

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