Porzingis wird Rookie of the Year
Ole Frerks: Nein, soweit würde ich nicht gehen. Vorweg: Ich bin ziemlich begeistert von Kristaps Porzingis a.k.a. "Three Six Latvia". Der Kerl hat nahezu grenzenloses Potenzial, eine wirklich erstaunliche Fußarbeit für seine Größe und dazu noch einen richtig guten Touch. Ich hätte nie erwartet, dass er den Kritikern aus Knicks-Fankreisen so schnell das Maul stopfen und zum neuen Publikumsliebling werden würde. Und sein Wert schlägt sich ja auch in den Zahlen nieder: Mit Porzingis auf dem Court sind die Knicks pro 100 Possession um 2,9 Punkte besser als der Gegner, ohne ihn macht der Gegner 9,6 Punkte mehr! Er steht defensiv wie offensiv seinen Mann, auch wenn die Quoten noch nicht toll sind, bin ich absolut beeindruckt. Und trotzdem kriegt bisher Karl-Anthony Towns meine Stimme, weil er mich einfach individuell noch ein bisschen mehr überzeugt. Er ist von den Zahlen her besser, trifft wesentlich effizienter aus dem Feld und gehört schon jetzt zu den besten Shotblockern der Liga. Mir gefällt vor allem, wie versiert und kräftig er für sein Alter schon ist - es wirkt teilweise, als wäre er seit 10 Jahren in der Liga!
Martin Klotz: Mir wird Porzingis zu sehr gehyped. Wenn ich mit 2,21 Meter richtig stehe, kann ich auch einen Putback-Dunk durch die Reuse hämmern und lande dann auf allen Social-Media-Kanälen. Sicher, es waren auch ein paar richtig gute Spiele dabei, offensiv wie defensiv, aber die Stadt New York trägt natürlich dazu bei, dass er gerade von den nach jedem Strohhalm greifenden Knicks-Fans und den Medien besser gemacht wird als er eigentlich ist. Daher sehe ich wie Karl-Anthony Towns ebenfalls momentan noch vorn. Der hat vom ersten Spiel an gezeigt, was er drauf hat. Beeindruckt haben mich vor allem die Range und die Vielseitigkeit. Porzingis muss erstmal zeigen, dass er das angedeutete Niveau konstant abliefern kann. Momentan wechseln sich sehr gute mit schlechten Leistungen ab. Seine Einstellung ist dagegen tadellos, damit kann der Junge kann viel erreichen.
Marc-Oliver Robbers: Apropos viel erreichen: Ich gehe sogar so weit und sage, dass Porzingis Dirk Nowitzki in einigen Jahren als bester Europäer aller Zeiten Konkurrenz machen könnte. Ole hat es bereits gesagt, das Potenzial ist schier grenzenlos. Ich hätte nicht gedacht, dass er so schnell einen Einfluss auf das Spiel nehmen und den Knicks direkt weiterhelfen kann. Er hat trotz seiner Größe kaum eine Schwäche und bringt alles mit. Aber, da bin ich deiner Meinung Martin, in New York geht alles ziemlich schnell - wie damals bei Linsanity. Der Hype ist gerade unglaublich. Die Stats von Porzingis und Towns sind auf jeden Fall recht ähnlich (Porzingis: 13,8 Punkte, 9,3 Rebounds, 2 Blocks - Towns: 14,4 Punkte, 9,4 Rebounds, 2,2 Blocks), aber Towns wirkt auf mich schon ein bisschen reifer in der Spielanlage. Da macht sich Einfluss von Mentor Kevin Garnett sicher bemerkbar. Deswegen tendiere auch ich zu KAT.
Alex Schlüter: Ich war ja gerade in New York und kann bestätigen, dass dort alle tierisch auf Porzingis abgehen. Aber ich finde diesen Hype geil. Ich traue ihm durchaus zu, in den nächsten Jahren der Star der Stadt zu werden. Wie schön muss das als Knicks-Fan sein, wenn dein eigenes Team nicht mehr von Carmelo Anthony angeführt wird?! Ich glaube, dass Porzingis Rookie of the Year wird, aber nicht so deutlich, wie die New Yorker ihn da gerade vorne sehen. In der Defense macht er schon noch einige Fehler, aber er hat das Zeug dazu, ein richtig Großer zu werden. Insgesamt ist der Jahrgang bisher wirklich überzeugend mit Porzingis, Towns und Jahlil Okafor - wenn man bei ihm die Verteidigung mal außen vor lässt. Ich glaube, alle drei werden Allstars und da haben wir D'Angelo Russell und Emmanuel Mudiay noch gar nicht erwähnt. Die Chance ist groß, dass wir in ein paar Jahren auf die Class von 2015 schauen werden und sagen: Verrückt, was für ein Jahrgang.
Marc-Oliver Robbers: Interessanter Punkt, vor allem wenn man mal auf den die Rookies 2014 zurückschaut. Der Jahrgang wurde zuvor ohne Ende gehyped und konnte letztlich die Erwartungen im ersten Jahr nicht erfüllen. Ganz anders dieses Jahr: Viele Spieler leisten direkt einen wichtigen Beitrag.
Martin Klotz: Bei Russell müssen wir mit unseren Urteil wohl noch ein wenig warten. Der wird erst kommen, wenn Kobe Bryant im Laufe der Saison weniger spielt und sich langsam zurückzieht. Zudem hat er es als Point Guard deutlich schwerer, da er lernen muss, das Spiel zu organisieren und zu strukturieren. Aber sein Scoring sieht schon mal vielversprechend aus. Der wird nach der Allstar Break durchstarten und den Big Men Konkurrenz machen.
Alex Schlüter: Sorry Martin, aber Russell hat für mich keine Chance. Solange Byron Scott Coach der Lakers ist, bekommt er nicht den nötigen Raum, den er zur Entfaltung braucht. Eigentlich hat er in L.A. die besten Voraussetzungen, da niemand dieses Jahr auf die Bilanz schaut und ihm keiner böse ist, wenn er Fehler macht. Aber Kobe dabei zuzusehen, wie er einen gut verteidigten Jumper nach dem anderen nimmt, bringt ihn nicht weiter. Der Kerl muss den Ball in die Hand bekommen und spielen - und das auch im vierten Viertel. Meine Nummer eins heißt Kristaps.
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