Die Chicago Bulls sind das zweitstärkste Team im Osten
Jan Jagla:Im Osten die zweitbeste Mannschaft zu sein ist in etwa wie so, wie es im Westen in die Playoffs zu schaffen. Von daher ist es fast schon egal.
Alex Schlüter: Das stimmt im Prinzip, denn der Osten hängt dem Westen nach wie vor hinterher. Auch, wenn die Bilanzen der Teams im letzten Jahr besser waren als die der West-Teams, darf man nicht vergessen, dass viele der Siege eben gegen unterklassige Ost-Teams entstanden sind.
Martin Klotz: Ich denke auch, dass es wie letzte Saison wird, in der erst am letzten Tag per Tiebreaker entschieden wurde, wer auf den Plätzen drei bis sechs landet. So wird es dieses Jahr auch wieder laufen. Cleveland ist oben und dahinter ist erstmal nichts - wolltest du das damit sagen, Jan?
Jan Jagla: So in etwa, Martin. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass irgendein Team Cleveland schlägt. Ich habe zuletzt deren Spiel gegen die Sixers gesehen: Das war sehr pomadig, vor allem defensiv war das grausam. Aber am Ende schalten sie den entscheidenden Gang hoch und drehen auf. Dann gewinnen sie auch solche Spiele, weil andere Teams diesen Gang nicht mitgehen können. Und es reicht für die Cavs, drei Viertel lang nur rumzuhängen und das Ding am Ende mit der individuellen Klasse nach Hause zu fahren.
Alex Schlüter: Wahrscheinlich sind die Bulls im Moment wirklich das zweitbeste Team im Osten, aber da können sie nicht wirklich etwas dafür. Beispielsweise bin ich enttäuscht von den Celtics, auch wenn sie mit Al Horford und Jae Crowder Verletzungssorgen hatten. Von ihnen haben ganz viele gesprochen als Herausforderer von Cleveland, aber davon ist nichts zu sehen. Das gilt auch für die Hawks, die einfach nicht konstant auf hohem Niveau spielen können. Wie Jan schon sagte: Cleveland hatte gegen Philly einen schlechten Tag und gewinnt trotzdem. Wen Atlanta oder Boston einen schlechten Tag erwischen, verlieren sie. Nicht nur gegen Top-Teams, sondern auch gegen schwache Teams. Das passiert Cleveland einfach nicht und deshalb wird der Abstand zu den Teams dahinter bestehen bleiben.
Thorben Rybarczik: Um mal wieder zu den Bulls zu kommen, Alex: Sie hatten zwar schon eine Menge Auswärtsspiele, haben ihre Siege aber gegen Teams wie die Wizards, Magic oder Sixers gefeiert. Dadurch kommen die schon angesprochenen Bilanzen zustande. Davon einmal abgesehen, bin ich aber trotzdem von den Bulls positiv überrascht. Ich habe nicht damit gerechnet, dass sie zu einem so frühen Zeitpunkt schon eine so klar positive Bilanz haben. Das Spacing-Problem schien vor der Saison einfach zu groß - aber das hat Dwyane Wade höchstpersönlich angepackt, der im Sommer vermutlich 300 Dreier pro Tag genommen hat und auf seine alten Tage noch einmal zum Shooter wird. Er nimmt so viel Dreier wie noch nie in seiner Karriere und trifft sie auch, das gleiche gilt für Jimmy Butler.
Alex Schlüter: Ich bin auch davon beeindruckt, wie sie das gelöst haben. Vor der Saison hatte man ja schon den Eindruck, dass das Team ganz mies zusammengestellt wurde. Und dann holt man auch noch Michael Carter-Williams dazu. Dass es trotzdem funktioniert, hat ganz viel mit Wade zu tun, der einfach enorm abgezockt ist und weiß, was er tun muss. Deshalb ist das im Vergleich zu den letzten Jahren ein klarer Fortschritt, als die Bulls teilweise vogelwild gewirkt haben - obwohl das Team vom Gefühl her besser zusammengestellt war. Dass es jetzt besser läuft, muss man Wade sehr hoch anrechnen. Ich meine, wenn man sich dieses Team bei NBA 2k zusammenstellen würde, hätte man keinen Plan, wie man mit ihnen spielen sollte - aber diese Jungs ziehen sich ihr Trikot an und kriegen es hin.
Martin Klotz: Dazu kommt auch, dass die Kombination Head Coach/Rajon Rondo gut funktioniert. Fred Hoiberg lässt ihm da ja freie Hand nach dem Motto "du regelst das schon". Diese Freiheit braucht Rondo einfach, das war ja in Dallas unter Rick Carlisle komplett anders.
Jan Jagla: Stimmt, Martin, das funktioniert tatsächlich ganz gut mit Rondo. Auch, wenn es mich wundert, dass überhaupt etwas funktioniert mit ihm.