Maxi Kleber hat seine erste NBA-Saison bei den Dallas Mavericks hinter sich und bereitet sich bereits auf die zweite vor. SPOX sprach mit dem Nationalspieler über seinen Sommer, sein Saison-Fazit und den Einfluss seines Mitspielers Dirk Nowitzki.
Außerdem verriet Kleber, warum er sich auf die Nationalmannschaft freut und wie die "Tanking"-Aussagen von Mark Cuban innerhalb des Teams aufgenommen wurden.
SPOX: Maxi, Ihre Saison ist jetzt seit Mitte April beendet - wie sah Ihr Terminkalender seither aus? Was haben Sie in letzter Zeit gemacht?
Maxi Kleber: Ich habe sozusagen von allem etwas gemacht - ich war ein bisschen im Urlaub, habe Zeit mit der Familie und mit Freunden verbracht, BBL-Spiele vor Ort gesehen und nebenher auch immer einige Trainingseinheiten absolviert. Erst war das alles ein bisschen ruhiger, aber jetzt habe ich das Training schon wieder intensiviert.
SPOX: Und nun geht es direkt wieder in die USA, oder?
Kleber: Genau, ich bereite mich dort auf die Termine mit der Nationalmannschaft Ende Juni vor. Das fällt mir dort etwas leichter, weil ich einfach wieder einen geregelten Tagesablauf habe und mich komplett aufs Training konzentrieren kann.
SPOX: Woran arbeiten Sie konkret?
Kleber: Ich habe meine Wurfbewegung korrigiert, da arbeite ich jetzt noch daran, dass sie komplett verinnerlicht wird - das geht nur mit vielen Würfen. Außerdem versuche ich, meine Agilität etwas zu optimieren, damit mir Switches leichter fallen und ich einfach noch ein bisschen vielseitiger spielen kann. Grundsätzlich will ich mein Spiel aber in allen Facetten verbessern.
SPOX: Verfolgen Sie auch die Playoffs intensiv oder haben Sie da für den Moment eher abgeschaltet?
Kleber: In der Zeit, in der ich in Europa war, habe ich keine Live-Spiele gesehen. Die BBL habe ich zwar live verfolgt, aber ich bin jetzt nicht in der Nacht für Spiele aufgestanden. Dafür hat mir auch die Energie gefehlt, weil ich tagsüber immer viel unterwegs war. Die Ergebnisse und Highlights habe ich aber natürlich immer gecheckt, im Bilde bin ich also.
SPOX: Die Conference Finals sind ja jetzt in vollem Gange - gerade die Westteams haben Sie mehrfach selbst erlebt. Was meinen Sie, wer am Ende die Finals erreicht?
Kleber: Das ist weiterhin verdammt schwer zu sagen, das haben die bisherigen Spiele ja auch gezeigt. Das sind zwei so dominante Teams, dass die Tagesform letzten Endes entscheiden wird, mehr als alles andere. Die Rockets haben diese überragende Saison gespielt, die Warriors waren vielleicht nicht so dominant wie in den Jahren zuvor, aber in den Playoffs zeigen sie ja auch wieder, was für ein Überteam sie sind. Ich will mich gar nicht festlegen - aber ich tippe wegen des Heimvorteils mal auf die Rockets.
SPOX: Was hat den Mavericks gefehlt, um selbst in der Postseason dabei zu sein?
Kleber: Die Saison ist für uns gewissermaßen auf dem falschen Fuß aufgestanden. Wir haben direkt zu Beginn zwei wichtige Heimspiele verloren, die wir eigentlich hätten gewinnen müssen, und sind dadurch schnell in eine Negativ-Spirale geraten. Wir haben unheimlich viele Spiele knapp verloren beziehungsweise in den letzten Minuten noch aus der Hand gegeben - es heißt ja in der NBA immer, dass man 48 Minuten lang spielen muss, und das ist uns leider nicht oft genug gelungen. Das hat uns gerade in den ersten Wochen sehr wehgetan. Diese knappen Niederlagen waren ein mentaler Knackpunkt, von dem man sich erst erholen musste. Ich denke, dass man da einfach von Anfang an gefestigter auftreten muss, damit man direkt einen Rhythmus entwickelt und gar nicht erst so abrutschen kann. Dann wäre auch für uns mehr drin gewesen.
SPOX: Hat Ihre erste Saison denn ansonsten in etwa Ihren Erwartungen entsprochen? Wie fällt Ihr persönliches Fazit aus?
Kleber: Ich bin ja eigentlich fast ohne Erwartungen nach Dallas gereist. Ich wusste, dass unser Coach [Rick Carlisle, d. Red.] kein großer Fan von Rookies ist und dass es wahrscheinlich schwer wird, Spielzeit zu ergattern, dass ich geduldig sein musste. Dementsprechend war ich dann natürlich sehr zufrieden, dass es anders lief - für das Team verlief der Start leider nicht gut, aber ich habe dadurch relativ früh viele Chancen bekommen und diese auch gut genutzt. Für mich persönlich war das total wertvoll - ich durfte dann ja auch direkt relativ viele Spiele starten. Insgesamt kann ich daher zufrieden sein, auch wenn es immer Dinge gibt, bei denen man meckert oder selbstkritisch sein muss.
SPOX: Beim Dreier etwa?
Kleber: Genau, der muss besser fallen, 31 Prozent Quote reichen nicht. Da muss ich konstanter werden. Aber ansonsten kann ich glaube ich festhalten: Das war ein guter Anfang für mich.
SPOX: Ihre Spielzeit variierte in der Saison mehrfach ziemlich stark, Sie starteten eine ganze Weile, dann gab es aber auch wieder Spiele ohne oder mit nur ganz wenigen Minuten. Wie sind Sie damit umgegangen?
Kleber: Ganz einfach ist das sicherlich nicht. Man bereitet sich darauf vor, aber natürlich macht es keinen Spaß, wenn man wenig oder gar nicht spielt und nicht weiß, wann und ob sich das ändern wird. Es ist schöner, eine Routine zu haben und in jedem Spiel ungefähr zu wissen, wie der Plan aussieht. Aber das gehört einfach dazu, ich hatte damit gerechnet, und deswegen war es auch kein Problem.
SPOX: Wie sieht in so einer Situation der Austausch mit dem Coaching Staff aus? Wussten Sie jedes Mal den Grund, wenn Rick Carlisle Sie nicht oder nur sehr wenig eingesetzt hat?
Kleber: Man hat als Spieler zumindest immer eine gewisse Zeit vor dem Spiel gewusst, ob man starten würde oder nicht. Ich bin da irgendwann einfach reingerutscht und dann wurde mir auch klar kommuniziert, was von mir erwartet wurde, dass ich auf der großen Position Defense spiele und vorne meinen Wurf und meine Athletik einbringe. Irgendwann kam der Coach dann im Training und sagte: ‚Wir stellen jetzt die Starting Five wieder um. Dwight Powell geht auf die Fünf und Dirk rückt auf die Vier.' Dann war ich wieder raus.
SPOX: Ohne Erklärung?
Kleber: Spezifische Gründe erfuhr ich nicht, er wollte einfach die Starting Five wieder ein bisschen verändern. Er sagte mir aber auch, dass ich bisher eine super Saison gespielt hatte und dass ich mir keine Sorgen machen sollte. In der Phase hatten wir sehr viele Spiele und ich merkte langsam, dass ich körperlich etwas müde wurde. Deswegen war das okay, so ehrlich muss man als Sportler auch sein und erkennen, wenn man vielleicht den einen Schritt zu langsam ist. Als ich aus der Starting Five raus war, war es dann aber wirklich so, dass ich nicht wusste, wie viel oder wann ich spiele - das war schon anstrengend, aber es ist eben normal.
Die Statistiken von Maxi Kleber in der NBA
Spiele (Starts) | Minuten | Punkte | FG% | 3FG% | Rebounds | Blocks |
72 (36) | 16,8 | 5,4 | 48,9 | 31,3 | 3,3 | 0,7 |
SPOX: Wie erleben Sie Carlisle grundsätzlich als Kommunikator? Ist er vergleichbar mit anderen Coaches, die Sie in Europa schon hatten?
Kleber: Schwer zu sagen. Ich war noch nie ein Spieler, der ständig den Austausch mit dem Coach gesucht hat, ich versuche einfach umzusetzen, was von mir verlangt wird. Zu Rick kann ich aber sagen, dass er ein sehr intelligenter Mensch ist, mit sehr hohem Basketball-IQ, der deswegen aber auch sehr viel fordert. Und das ist völlig in Ordnung. Wenn ich etwas falsch umgesetzt habe und er mich dafür anscheißt, dann verstehe ich warum und muss nicht noch mal nachfragen. (lacht) Auch zum Thema Spielzeiten - das liegt einfach beim Coach und als Spieler verlässt du dich im Idealfall darauf, dass er die richtigen Entscheidungen trifft.
SPOX: Genau so will ein Coach das hören. Inwieweit hat es Ihnen geholfen, dass Sie in Europa schon viel professionelle Erfahrung gesammelt haben? Sie waren ja nun kein klassischer Rookie mehr wie beispielsweise Dennis Smith.
Kleber: Sicherlich. Die NBA ist zwar eine komplett andere Liga als die BBL oder die ACB - aber es ist eben trotzdem Basketball und jede Erfahrung bereitet dich auf die nächste Herausforderung vor. Für mich heißt das: Du bleibst bei dem, was du kannst, du setzt die Systeme um und gibst in der Defense alles. Das funktioniert in Europa, in der NBA und auch sonst überall. Für Dennis kamen ja noch einige weitere Umstellungen hinzu, weil die Systeme am College anders sind, die Shotclock 30 Sekunden hat und er gerade mal 19 Jahre alt war. Trotzdem hat auch er sich sehr schnell dran gewöhnt. Er spielte natürlich auch eine ganz andere Rolle als ich - er soll als Point Guard das Team führen und die offenen Mitspieler finden, das ist ein komplexeres Jobprofil als bei mir als Rollenspieler und das muss man dann eben lernen. Ich habe andere Aufgaben als ein Star-Spieler wie zum Beispiel Harrison Barnes, der für sich und andere Spieler Würfe kreieren soll.
SPOX: Sie gingen insgesamt ja gut vorbereitet in die NBA - was hat Sie an der Liga dennoch überrascht und was waren die größten Umstellungen im Vergleich zu Europa?
Kleber: Man merkt hier ganz schnell, dass die Spieler, vor allem die Guards, einfach deutlich schneller sind und mehr Skills haben. Dadurch, dass die Verteidigung nicht so lange in der Zone parken darf wie in Europa, ist es auch schwieriger, nach einem Switch zu verteidigen, weil sie einfach viel mehr Platz haben. Daran muss man sich erst gewöhnen und die Balance finden, wie groß der Abstand sein muss. Wenn man zu weit weg ist, wird geworfen, wenn man zu nah dran ist, geht der Gegenspieler vorbei und es ist auch mit der Hilfe dann nicht so leicht, weil sie schneller da sein muss. Ansonsten läuft, je nachdem wer gerade auf dem Court steht, alles auch etwas mehr auf Eins-gegen-Eins-Situationen hinaus, durchaus auch vom System forciert. Und die Dreierlinie ist natürlich ein Stück weiter hinten.
SPOX: Und was hat Sie positiv überrascht? Welche Highlights bleiben Ihnen persönlich hängen?
Kleber: Einige schöne Szenen und Spiele hatte ich auf jeden Fall. Ich habe beispielsweise gegen San Antonio richtig gut gespielt, auch wenn wir leider bitter verloren haben, ich war gegen Toronto gut, dazu hatte ich ein paar Highlights wie mein Block gegen Marcin Gortat oder mein Dunk über Julius Randle. An so etwas erinnert man sich immer gern zurück.
SPOX: Wie oft haben Sie sich das Video vom Randle-Dunk angesehen?
Kleber: Oft genug. (lacht) Das hat ja dann auch in den Sozialen Medien die Runde gemacht - solche Aktionen sind natürlich schön, zumal man sie als Verteidiger ja auch aus der anderen Perspektive erleben kann.
SPOX: Insgesamt war es dennoch keine einfache Saison für die Mavericks mit so vielen Niederlagen. Mavs-Besitzer Mark Cuban sprach dann sogar sehr offen über Tanking und kassierte dafür eine heftige Geldstrafe seitens der NBA - wie war in dieser Phase die Stimmung innerhalb des Teams?
Kleber: Schön war es für keinen von uns, diese Nachrichten zu lesen. Dieses Tanking ist ja ein offenes Geheimnis, das jeder kennt. Es wird nicht gerne gesehen, dass jemand darüber spricht, aber wenn man sieht, was am Ende einer Saison in der NBA passiert, dann kann es ja jeder erkennen. Das auszusprechen, ist trotzdem nochmal etwas ganz anderes. Aber für uns als Spieler hat es nichts verändert - es geht vielen um einen Anschlussvertrag und die weitere Karriere, da wird sich kein Spieler auf den Court stellen und mit Absicht verlieren. Es kann bei Veteranen einen Unterscheid machen, wenn sie mit kleineren Blessuren etwas länger geschont oder rausgenommen werden, als es mitten im Playoff-Rennen der Fall wäre, wo man sie einfach nur tapen und wieder aufs Parkett schicken würde. Aber kein Spieler, der auf dem Court steht, hat dabei Tanking im Sinn.
SPOX: Vor einigen Tagen sagte Dennis Schröder, dass es ihm teilweise schwerfiel, wenn er das Gefühl hatte, bei gewissen Spielen einfach aufgrund des Kaders keine Chance zu haben. Auch Atlanta gewann nur 24 Spiele - konnten Sie diese Aussagen nachvollziehen?
Kleber: Dennis ist in einer ganz anderen Situation als ich, das darf man nicht vergessen. Er ist der Leader seines Teams, hat schon einige NBA-Jahre gespielt und sicherlich ganz andere Erwartungen als ich. Wenn ich als Neuling auf den Court komme mit Spielern, die keiner kennt, sehe ich das eher als Extra-Motivation und versuche umso mehr, die Gegner zu ärgern. Ich muss aber zugeben, dass die letzten paar Spiele für mich komisch waren. Ich war aus den letzten Jahren bei Bayern gewohnt, dass die richtige Saison zu diesem Zeitpunkt erst losging, bei uns war dagegen klar, es gibt keine Playoffs. Aber ich habe meine Einstellung dadurch nicht verändert. Das kann man sich auf dem Niveau nicht leisten.
SPOX: Wie wichtig war es gerade in der Hinsicht, jemanden wie Dirk Nowitzki neben sich zu haben, der ja dafür berühmt ist, trotz allen Widrigkeiten positiv zu bleiben?
Kleber: Sehr wichtig. Es war faszinierend zu sehen, wie ehrgeizig Dirk auch in seinem Alter immer noch ist, in jeder Trainingseinheit und jedem Spiel. Er ist immer noch einer der ersten in der Halle und macht enorm viele Sachen extra, einfach um weiter in der Lage zu sein, Basketball zu spielen. Wenn man das als, sagen wir mal semi-junger Spieler sieht, motiviert das umso mehr, wenn man sieht, dass ein so legendärer Spieler immer noch diese Arbeit investiert. Daran kann sich jeder Spieler ein Vorbild nehmen. Ich kannte Dirk vorher ja nur ganz flüchtig. Abgesehen von seiner Moral und seiner Einstellung hat mich vor allem beeindruckt, was für ein witziger Typ er ist - man kann mit ihm wunderbar auch privat abhängen und über alles Mögliche sprechen. Es hat also definitiv geholfen, ihn in der Nähe zu haben.
SPOX: Hat es Sie überrascht, dass er angekündigt hat, jetzt noch eine weitere Saison zu spielen?
Kleber: Geschockt hätte mich beides nicht, ich habe ihn aber auch im Voraus nicht wirklich auf das Thema angesprochen - es ist ja seine Sache. Aber wenn man sieht, wie er offensiv immer noch abgeliefert hat, mit über 40 Prozent von der Dreierlinie, dann wird eben klar, dass er immer noch einiges im Tank hat. Es ist schon faszinierend, aber seinen Wurf kann eben niemand wirklich verteidigen.
SPOX: Die Mavs haben in der Vergangenheit betont, dass sie keinen klassischen Rebuild einleiten werden, solange Nowitzki dabei ist, nun spielt er also weiter - wissen Sie schon in etwa, mit welchen Erwartungen es in die nächste Saison geht?
Kleber: Mit Sicherheit soll eine Saison wie die letzte vermieden werden. Das wurde auch beim Exit-Meeting klar kommuniziert - Coaches und Management waren alle nicht zufrieden, wie sollten sie das auch sein. So ein Jahr ist für niemanden schön, Verlieren macht keinen Spaß. Aber für das nächste Jahr hängt einiges davon ab, wer verpflichtet wird, was im Draft passiert und so weiter. Da müssen wir abwarten.
SPOX: Wissen Sie, um wen sich das Front Office bemühen will?
Kleber: Nein, nein, da habe ich keine Insider-Infos. (lacht) Da weiß ich genau so viel wie jeder andere.
SPOX: Dann lassen wir uns überraschen. Wie sieht Ihr persönlicher Plan für den restlichen Sommer aus?
Kleber: Jetzt wird vorerst einige Wochen in Dallas trainiert, dann kommt auch schon der Lehrgang mit der Nationalmannschaft und die WM-Qualifikation mit dem DBB-Team - darauf freue ich mich sehr, nachdem ich in den letzten Jahren viele Möglichkeiten verpasst habe. Danach kommen noch ein paar Tage zuhause, bevor es wieder nach Dallas in die endgültige Saisonvorbereitung geht.