NBA

NBA - Bruce Bowen im Interview: "Dirk hat diesen Kampf angenommen"

Bruce Bowen (l.) stand Dirk Nowitzki in mehreren Playoff-Serien gegenüber.
© getty
Cookie-Einstellungen

Einige würden jetzt noch hinzufügen, dass Sie manchmal auch bewusst die Gesundheit Ihrer Gegenspieler aufs Spiel gesetzt haben. Den "dreckigen" Ruf kennen Sie ja - ist das unfair?

Bowen: Naja, niemand möchte so eine Reputation haben. Aber jeder darf seine eigene Meinung haben. Ich kann nicht bestreiten, was du fühlst, auch wenn ich etwas anderes gefühlt habe. Ich bin der Meinung, dass mir in vielen Situationen unfaire Vorwürfe gemacht wurden. Bedenken Sie: Ich wog damals um die 80 Kilo und musste Spieler verteidigen, die 95 oder 100 auf die Waage gebracht haben - und dann war ich der Enforcer? Das war für mich lächerlich. Aber das kann wie gesagt jeder sehen, wie er will. Für mich war es wichtig, das zu akzeptieren. Wenn ich Tag für Tag versucht hätte, den Medien zu erklären, warum ich in Wirklichkeit ein Musterknabe bin, hätte ich mich nicht auf meinen eigentlichen Job konzentriert und wäre schlechter geworden. Ich hatte aber einen Job zu erledigen. Das musste ich anerkennen und das ist bis heute so.

Heute verbindet man Sie vor allem mit den Spurs, dabei landeten Sie dort erst mit 30 Jahren - aber so richtig etabliert haben Sie sich erst dort. Wie wäre Ihre restliche Karriere verlaufen, wenn Sie 2001 nicht als Free Agent in San Antonio unterschrieben hätten?

Bowen: Ich denke, es hat sich einfach genauso gefügt, wie es sich fügen sollte. Ich musste erst erwachsen werden - ich glaube nicht, dass ich als 22-Jähriger in San Antonio zurechtgekommen wäre. Die Gelegenheit, dorthin zu wechseln, kam für mich genau zum richtigen Zeitpunkt. Ich hatte auch den Vorteil, dass ich nicht der typische 30-Jährige war, als ich dorthin kam: Ich hatte nicht so viele Saisons, nicht so viele Minuten in den Knochen, und war daher noch frisch. Und mental an einem Punkt, an dem ich wusste, wie der Hase läuft und wie ich einem Team helfen konnte. Ich frage mich daher nicht, was sonst gewesen wäre - es lief genau richtig!

Kommen wir wieder näher an die Gegenwart. Sie waren vergangene Saison in den Schlagzeilen, weil Sie Kawhi Leonard für seine Abwesenheit von den Spurs kritisierten und daher sogar Ihren Job als Experte bei den Clippers verloren. Überrascht es Sie, wie er in dieser Saison spielt?

Bowen: Nein, gar nicht. Im Prinzip hatte er ja ein ganzes Jahr, um seinen Körper zu regenerieren und fit zu bekommen, davon profitiert er nun. Dieses Jahr hat ihm persönlich sicherlich nicht geschadet. Für die Spurs allerdings ...

Hat Sie das als Teil der erweiterten "Spurs-Familie" besonders gestört?

Bowen: Mich hat es als ehemaliger Spieler gestört, unabhängig von den Spurs. Es gibt eben diesen Wettkampfgedanken. Kawhi sollte der beste Spieler, der Anführer des Teams sein. So jemand sollte, auch wenn er selbst nicht mitspielen kann, immer versuchen, sein Team irgendwie zu unterstützen. So jemand sollte nicht private Workouts in einer anderen Stadt absolvieren, während sein Team in den Playoffs gegen Golden State ranmuss. So etwas stört mich, aber nicht primär deshalb, weil ich lange für die Spurs gespielt habe. Es stört mich auch als Fan des Spiels.

Haben Sie rückblickend eine Erklärung, was zwischen Kawhi und den Spurs schiefgelaufen ist?

Bowen: Ich weiß es nicht. Es hat auch mich sehr überrascht, so etwas ist Pop in seinen zwei Jahrzehnten bei den Spurs vorher ja nie passiert. Kawhi sollte eigentlich das Erbe fortführen, das David Robinson und vor allem Tim Duncan hinterlassen haben, aber es ist eben anders gelaufen. Ich kann mir vorstellen, dass Kawhi eines fernen Tages zurückblicken wird und dann vielleicht denkt, dass er das eine oder andere gerne zurücknehmen würde, aber so läuft es im Leben. Vielleicht zahlt sich für ihn auch alles aus und er wird glücklich, ob in Toronto, L.A. oder irgendwo sonst.

Was ist Ihnen vom Zusammenspiel mit Duncan besonders hängen geblieben?

Bowen: Die konstante Veränderung. Wenn man über Duncan spricht, wird immer wieder über seine Konstanz geredet - und das ist in gewisser Weise auch richtig. Was dabei aber untergeht: Er hat konstant abgeliefert, sich dabei aber auch konstant verändert. Seine Rolle in den ersten fünf Jahren war anders als in den zweiten fünf Jahren, und das ging so über die gesamte Karriere. Wie kaum ein Zweiter hat Tim sein Spiel immer wieder angepasst, ohne dabei jemals Zeit für die Umstellung zu benötigen. Das war unglaublich. Auch im Lauf von Spielen konnte er sich umstellen und anpassen wie ein Chamäleon.

Eins müssen Sie mir dann bitte noch erklären. Ich habe gelesen, dass Sie am Ende Ihrer High-School-Karriere in Cal State einen Fake-Call platziert haben ...

Bowen (unterbricht): Nicht am Ende. Das war im Laufe meiner letzten Saison an der Schule. Ich wollte das College auf mich aufmerksam machen. Und damals gab es keine Handys und keine Caller-ID ... (lacht) Da habe ich mich dann eben als mein damaliger Coach ausgegeben.

Wie muss man sich den Anruf vorstellen?

Bowen: Ich habe meine Stimme verstellt. Es standen ein paar Turniere in Südkalifornien an, bei denen wir dabei waren. Also rief ich an und sagte: "Hey, hier ist Coach so und so. Ich glaube, ihr solltet euch Bruce Bowen von der Edison High School mal ansehen." Tatsächlich hat Cal State dann jemanden vorbeigeschickt und es hat funktioniert. Ich weiß nicht, ob es nur an diesem Anruf lag, aber er hat nicht geschadet. (lacht)

Das würde heute wahrscheinlich nicht mehr so funktionieren.

Bowen: Ach, alles ist möglich. Es ist immer eine Frage der Kreativität!

Inhalt:
Artikel und Videos zum Thema