Nr. 7: Miami hat noch einen Trade vor sich
Ausnahmsweise etwas kürzer: Der Kader des Vizemeisters wirkt noch nicht ganz rund, was teilweise sicherlich der Jagd auf Giannis geschuldet war. Speziell die Position des Stretch-Vierers wurde nicht adäquat adressiert, will Miami das Kunststück der Vorsaison wiederholen oder 2021 sogar Meister werden.
Dass Jae Crowder für den Preis nicht gehalten wurde, ist verständlich, Mo Harkless ist gerade im Hinblick auf die Playoffs aber nicht die Lösung, und Andre Iguodala ist es in seinem jetzigen Alter auch nicht mehr. Höchstwahrscheinlich passiert hier noch etwas, auch die Heat könnten an Tucker interessiert sein, zumal sein Vertrag ihnen nicht die Flexibilität für die nächste Offseason nehmen würde.
Vermutlich kommt es den Heat hier entgegen, dass sie Meyers Leonard (genau deshalb) die volle Midlevel-Exception in Höhe von mehr als 9 Millionen Dollar gegeben haben. Das ist ein Gehaltsposten, mit dem sich in Trades gut arbeiten lässt.
Nr. 8: Kyle Lowry wird im Lauf der Saison getradet
... ODER er unterschreibt noch vor Saisonstart bis zum 21. Dezember eine Vertragsverlängerung, wie es in der vergangenen Saison schon gehandhabt wurde. Das ist aber zu bezweifeln, es sei denn, Giannis' Extension entwickelt sich bei den Raptors zum Dominostein.
Die Raptors haben in der Offseason allem Anschein nach eher einen Schritt zurück gemacht. Fred VanVleet wurde zwar gehalten, mit Ibaka und Gasol wurden jedoch die beiden wichtigsten Bigs verloren. Auch die Raptors schielten schon länger auf Antetokounmpo, den Masai Ujiri schon an dessen Draft-Abend unbedingt holen wollte.
Lowry geht deshalb (Stand jetzt) als 34-Jähriger mit einem auslaufenden Vertrag in die Saison. Sollten sich die Kanadier außerhalb von Kanada (also in Tampa Bay) in die falsche Richtung entwickeln, könnte sein Name gut in Trade-Gesprächen auftauchen, auch wenn seine 30 Millionen Dollar Gehalt nicht allzu leicht zu matchen sind.
Praktischerweise ist Lowry nämlich genau der Spielertyp, der mindestens drei Contendern noch fehlt beziehungsweise gut zu Gesicht stehen würde: Die Clippers, Bucks und Sixers könnten allesamt noch sehr gut einen bewiesenen, defensivstarken Pick'n'Roll-Playmaker brauchen, der in den Playoffs wichtige Würfe treffen kann.
Lowry ist (immer noch) gut genug, dass er bei all diesen Teams theoretisch das Titel-Rennen mitentscheiden könnte. Natürlich müssten sie einiges abgeben, um den wichtigsten Spieler in der Geschichte der Raptors-Franchise loszueisen, und gerade die Clippers und Bucks haben einen Großteil ihrer Chips schon abgegeben.
Ein auslaufender Vertrag wirkt sich andererseits nicht positiv auf den Trade-Wert aus. Das wahrscheinlichste Szenario bleibt, dass die Raptors unter Nick Nurse ein gutes Team bleiben und Lowry als Elder Statesman halten werden, doch es kann auch in eine andere Richtung gehen. Dass Ujiri gewisse Risiken nicht scheut (und auch Lowry schon mal fast getradet hätte), gehört schließlich auch zur Wahrheit.
Nr. 9: Curry legt in Philly mindestens 15 Punkte pro Spiel auf
Andere Spieler und Transaktionen wurden im Lauf der Offseason weitaus mehr diskutiert als der Trade, der Josh Richardson nach Dallas und Seth Curry nach Philadelphia brachte. Vielleicht auch deshalb, weil der Deal aus Sicht beider Teams nah am Volltreffer war und es wenig zu kritisieren gab - es gibt sie noch, die Win-Win-Trades.
Richardson ist im Vakuum aufgrund seiner Defensivstärke der bessere, weil komplettere Spieler. Curry allerdings ist der perfekte Fit für Philadelphia, das sich unter Daryl Morey innerhalb weniger Wochen zu einem viel runderen Basketball-Team entwickelt hat. Die Sixers sind nach wie vor nicht ohne Schwächen, ein weiterer Playmaker würde dem Team immer noch gut zu Gesicht stehen, aber es passt besser zusammen als 19/20.
Viel hat dabei mit dem Thema Shooting zu tun - und damit vor allem mit Curry. Über seine Karriere trifft der jüngere Bruder von Steph 44 Prozent seiner Dreier, einen so tödlichen Schützen hatten die Sixers seit J.J. Redick nicht mehr. Nur wenige Spieler sind so gut darin, die durch Stars entstehenden Freiräume durch kluge Bewegungen für die eigenen Zwecke zu nutzen.
Spieler wie ihn braucht es neben Spielertypen wie Joel Embiid und Ben Simmons, die beide am liebsten (oder nur) in Korbnähe agieren. Entsprechend verwirrend war es, dass Philly solche Spieler in den vergangenen Jahren nicht priorisierte - Morey hat das nun korrigiert, auch mit Spielern wie Danny Green oder Rookie Tyrese Maxey.
Curry ist klar der beste Shooter aus der Gruppe. Es wird spannend zu sehen, ob Doc Rivers ihn ähnlich wie Redick früher mit Embiid "koppelt"; Rivers ist seit Jahren bekannt dafür, viele Plays für seine Shooter laufen zu lassen, auch wenn diese nicht die Stars sind. Curry passt da perfekt hinein, und Philly kann sein größtes Defizit (die schwache Defensive) personell locker kaschieren.
Es wäre keine Überraschung, wenn Curry sein bisheriges Career High von 12,8 Punkten pro Spiel in der neuen Situation deutlich überbietet. Auch der deutlich ältere Redick legte in seinen beiden Philly-Saisons jeweils Karrierebestwerte auf.
Nr. 10: Die Los Angeles Lakers werden erneut Meister
Man kann bei der Bewertung der Lakers-Offseason aus verschiedenen Richtungen kommen. Positiv ist, dass sie ein in der vergangenen Saison offensiv sehr von LeBron abhängiges Team variabler gestaltet haben, dass sie vor allem in Dennis Schröder und Montrezl Harrell Scorer dazubekommen haben, die LeBron während der Regular Season mehr Entlastung geben können.
Negativ beziehungsweise fraglich ist, wie viel insbesondere Harrell dann in den Playoffs noch beitragen wird - und ob die offensiven Verbesserungen den Abfall in der Defensive übertrumpfen werden. Danny Green und auch Dwight Howard waren hier essenziell für ein Team, das sich vom Start weg vergangene Saison über die Defense definierte. Dieser Fokus, diese Geschlossenheit werden mit den neuen Spielern mindestens auf die Probe gestellt, auch wenn mit Marc Gasol natürlich noch ein bärenstarker Verteidiger verpflichtet wurde.
Die Wette auf die Lakers ist trotzdem relativ simpel: In einer Saison mit etlichen unvorhersehbaren Variablen spricht das für Los Angeles, was auch 2020 für sie sprach: Sie haben das beste Duo und den besten Spieler, so lange LeBron sein Niveau halten kann. Kein Team hat sich (bisher) so entscheidend verbessert, dass diese Aussicht nicht immer noch als Top-Argument gelten darf.
Vom heutigen Tag bis zum Start der Postseason allerdings ziehen natürlich auch noch einige Monate ins Land. Die Lakers sind nicht zwingend so unschlagbar, wie sie in den Bubble-Playoffs zeitweise aussahen, und einige Herausforderer haben potenziell noch Asse im Ärmel.
Es kann losgehen!