Gut eine Woche vor dem Start der neuen NBA-Saison haben die Sixers immer noch keine Lösung für das Ben-Simmons-Dilemma gefunden. Damit geht Philadelphia mit vielen Fragezeichen in die neue Spielzeit. Die Wizards hoffen nach einem Umbruch auf Glücksgefühle beim Franchise-Star, den Charlotte Hornets droht Regression.
Der Start der neuen NBA-Saison am 19. Oktober rückt immer näher. Wer sind die Titelfavoriten 2021/22? Wer kämpft um die Playoffs? Für wen geht es Richtung Tabellenkeller? SPOX wirft einen detaillierten Blick auf alle 30 Teams, hier geht es zur Übersicht mit allen bereits erschienenen Previews.
NBA-Saisonvorschau PHILADELPHIA 76ERS
Philadelphia 76ers: Die Transaktionen
Neuzugänge
- Draft: Jaden Springer (Nr. 28), Charles Bassey (Nr. 53)
- Free Agency: Andre Drummond (Lakers), Georges Niang (Jazz)
Abgänge
- Free Agency: Dwight Howard (Lakers), George Hill (Bucks), Mike Scott, Anthony Tolliver
Philadelphia 76ers: Die wichtigsten Statistiken 2020/21
Bilanz Regular Season | Offensiv-Rating | Defensiv-Rating | Net-Rating |
49-23 (Platz 1 im Osten) | 112,5 (10.) | 107,0 (2.) | 5,5 (5.) |
Philadelphia 76ers: Die Strategie in der Offseason
Der Sommer hat in der Stadt der Brüderlichen Liebe vor allem verbrannte Erde hinterlassen. Die Ben-Simmons-Saga zieht sich bereits über Monate, eine Lösung ist nicht in Sicht. Stattdessen sind die Fronten verhärtet. Simmons streikt, Sixers-Boss Daryl Morey rückt nicht von seinen hohen Forderungen ab, die kein Team bereit ist, zu erfüllen.
Die mit Abstand wichtigste Frage der Offseason konnte Philadelphia damit nicht klären. Das Thema hängt wie in dunkler Schatten über dem Saisonstart der Sixers, die vereinzelt aber auch gute Nachrichten zu vermelden hatten: Franchise-Star Joel Embiid unterschrieb vorzeitig eine Vertragsverlängerung bis 2027 zu maximalen Bezügen, zudem hielt Philly die Rollenspieler Danny Green und Furkan Korkmaz.
Ansonsten ersetzten die Sixers Backup-Center Dwight Howard mit Andre Drummond, Georges Niang soll künftig das Feld breiter machen. Das war es abgesehen vom späten Erstrundenpick Jaden Springer (Guard) und Zweitrundenpick Charles Bassey (Center) auch schon, signifikante Veränderungen am Kader gab es nicht. Die werden ziemlich sicher noch kommen, die Frage ist nur, wann.
Philadelphia 76ers: Die Schwachstellen
Die Playoffs und das Abtauchen in der Offensive haben das Bild von Simmons stark getrübt, dabei darf man jedoch nicht vergessen, dass der 25-Jährige ein sehr guter Spieler ist. Insbesondere defensiv wird Philadelphia kommende Saison einen Schritt zurück machen. In Person von Simmons fehlt ein vielseitiger Top-Verteidiger, der vergangene Saison nicht umsonst Zweiter im DPOY-Rennen wurde.
Zudem bleibt das große Problem aus 2020/21 bestehen: Es fehlt ein dynamischer Guard, der für sich und die Teamkollegen kreieren kann. Die Sixers hoffen in dieser Hinsicht wohl auf einen Sprung von Tyrese Maxey, der in den Playoffs schon vielversprechende Ansätze zeigte und als Starter auf der Eins übernehmen könnte. Er muss allerdings an seinem Wurf schrauben.
NBA-Preview: Der Kader der Philadelphia 76ers
Point Guard | Shooting Guard | Small Forward | Power Forward | Center |
Tyrese Maxey | Seth Curry | Danny Green | Tobias Harris | Joel Embiid |
Shake Milton | Furkan Korkmaz | Matisse Thybulle | Georges Niang | Andre Drummond |
Grant Riller | Jaden Springer | Aaron Henry | Paul Reed | Charles Bassey |
Ben Simmons* | Isaiah Joe |
*befindet sich im Streik und wird nicht für das Team auflaufen
Philadelphia 76ers: Der Hoffnungsträger
Bei all den Fragezeichen um Simmons steht und fällt die Sixers-Saison mit Joel Embiid. Immerhin wird der Center topmotiviert in die neue Spielzeit gehen, ohne Simmons könnte er sogar vom verbesserten Spacing profitieren. Der MVP-Runner-Up wird auch kommende Saison in der Riege der Besten der NBA mitmischen.
Sofern er fit bleibt. Vergangene Saison verpasste er 21 Spiele, von denen Philly nur zehn gewann. Und das teils mit Simmons. Bei Embiid muss man immer gewisse Ausfallzeiten einkalkulieren, dann ruht mehr Last auf den Schultern von Tobias Harris, der eine gute Regular Season 20/21 hinlegte, aber in den Playoffs teils blass blieb.
Philadelphia 76ers: Das Fazit
Eine verlässliche Vorhersage zu treffen, ist im Fall der Sixers ein Ding der Unmöglichkeit. Aktuell ist komplett offen, ob Simmons in einer Woche, in einem Monat oder erst in einem halben Jahr getradet wird - und was für ein Paket Philadelphia für den dreimaligen All-Star zurückbekommt.
Der erhoffte Superstar, der die Sixers im Titelrennen hält, wird es wohl erstmal nicht sein. Picks kann Morey nicht gebrauchen, es sollte schon ein oder mehrere "Win now"-Spieler sein, um Embiids Prime nicht zu verschenken. Solange der Kameruner keinen zweiten Star an seiner Seite hat, gehören die Sixers nicht in die Riege der absoluten Titelanwärter. Embiid kann sein Team aber in der Top 4 im Osten halten. Was darüber hinaus möglich ist, wird am Verhandlungstisch entschieden.
NBA-Saisonvorschau WASHINGTON WIZARDS
Washington Wizards: Die Transaktionen
Neuzugänge
- Draft: Corey Kispert (Nr. 15), Isaiah Todd (Nr. 31)
- Trade: Spencer Dinwiddie (Nets), Kentavious Caldwell-Pope, Kyle Kuzma, Montrezl Harrell (alle Lakers), Aaron Holiday (Pacers)
Abgänge
- Trade: Russell Westbrook (Lakers), Chandler Hutchison (Suns)
- Free Agency: Robin Lopez (Magic), Ish Smith (Hornets), Isaac Bonga (Raptors), Alex Len (Kings)
Washington Wizards: Die wichtigsten Statistiken 2020/21
Bilanz Regular Season | Offensiv-Rating | Defensiv-Rating | Net-Rating |
34-38 (Platz 8 im Osten) | 110,1 (23.) | 112,0 (16.) | -1,9 (23.) |
Washington Wizards: Die Strategie in der Offseason
In Washington blieb kaum ein Stein auf dem anderen, allerdings nicht ganz freiwillig. Laut The Athletic hätten die Wizards nichts dagegen gehabt, den Backcourt mit Bradley Beal und Russell Westbrook auch kommende Saison aufs Feld zu schicken. Dann kamen die Lakers ins Spiel und am Ende stand ein Fünf-Team-Trade, der den Kader der Wizards auf links drehte.
Westbrook ist nach einer schwachen ersten und brillanten zweiten Saisonhälfte, mit der sich Washington noch gerade so in die Playoffs manövrierte, weg, dafür eiste General Manager Tommy Sheppard eine ganze Armada an soliden bis guten Rollenspielern los. Aus Hollywood kamen Kyle Kuzma, Kentavious Caldwell-Pope und Montrezl Harrell, im selben Deal auch noch Aaron Holiday aus Indiana und Spencer Dinwiddie als Hauptpreis aus Brooklyn.
Abgesehen von diesem Blockbuster-Trade verlor Washington Ish Smith, Isaac Bonga und Robin Lopez, der intern durch das Comeback von Thomas Bryant nach dessen Kreuzbandriss ersetzt werden soll. Einen Umbruch gab es zudem an der Seitenlinie, wo Scott Brooks durch den Rookie-Head-Coach Wes Unseld Jr. ersetzt wird. Der Sohn der Wizards-Legende war zuletzt Assistant in Denver.
Washington Wizards: Die Schwachstellen
Unseld Jr. gilt als defensivorientierter Coach, bei den Wizards bekommt er in dieser Hinsicht eine interessante Aufgabe. Washington landete 2020/21 auf Platz 20 im Defensiv-Rating, was ein gewaltiger Fortschritt im Vergleich zur Vorsaison (Platz 29) war. Gut ist das aber immer noch nicht. Unseld Jr. hat immerhin einige neue Puzzleteile zur Verfügung, die einen Fortschritt wahrscheinlich machen, allen voran KCP und Kuzma auf dem Flügel sowie eine komplette Saison von Daniel Gafford.
Ein weiteres Problem war in der vergangenen Saison das Shooting, auch hier rangierte Washington im unteren Drittel. Und auch hier hoffen die Wizards auf die Neuzugänge. Kuzma, Holiday oder auch Rookie Corey Kispert bringen auf dem Papier mehr Gefahr aus der Distanz mit - vor allem deutlich mehr als Westbrook. Kommt Davis Bertans zudem an sein "Vor-Vertragsverlängerungs-Ich" heran, sollte sich auch beim Shooting ein positiver Trend einstellen.
NBA-Preview: Der Kader der Washington Wizards
Point Guard | Shooting Guard | Small Forward | Power Forward | Center |
Spencer Dinwiddie | Bradley Beal | Kyle Kuzma | Rui Hachimura* | Daniel Gafford |
Aaron Holiday | Kentavious Caldwell-Pope | Deni Avdija | Davis Bertans | Montrezl Harrell |
Raul Neto | Jordan Goodwin | Corey Kispert | Isaiah Todd | Thomas Bryant |
Cassius Winston | Anthony Gill |
*fehlt derzeit aus persönlichen Gründen, Rückkehr unbekannt
Washington Wizards: Der Hoffnungsträger
Der Gemütszustand von Bradley Beal wird nicht nur in Washington, sondern in der kompletten Liga mit Argusaugen beobachtet. Er könnte vorzeitig verlängern, für ihn ergibt es aber mehr Sinn, bis zum Sommer zu warten. Deshalb heißt es zittern für die Wizards, denn 2022 könnte er als Free Agent abwandern oder vorher schon einen Trade fordern. Um den Franchise-Star glücklich zu halten, muss Washington Spiele gewinnen.
Dabei helfen soll Dinwiddie, der als zweite Scoring-Option einerseits Last von Beals Schultern nehmen, andererseits die Offense mit Beal auf der Bank am Leben halten kann. Sein Fit neben dem Shooting Guard ist vielversprechend, allerdings hat er aufgrund eines Kreuzbandrisses seit zehn Monaten kein NBA-Spiel mehr bestritten. Was hat er nach der langen Verletzungspause im Tank?
Washington ist zudem auf den nächsten Entwicklungsschritt der jungen Talente wie Rui Hachimura und Deni Avdija angewiesen. Auch hier soll Unseld Jr. als erfahrener Player Development Coach helfen, Hachimura fehlt derzeit allerdings aus persönlichen Gründen, um an seiner mentalen Gesundheit zu arbeiten.
Washington Wizards: Das Fazit
Die Wizards haben einen Superstar für deutlich mehr Tiefe eingetauscht. Auf nahezu allen Positionen sind sie doppelt besetzt, mit Ausnahme von Beal aber eben nur mit guten, nicht mit sehr guten Spielern. Im verbesserten Osten reicht das nur zu gehobenem Mittelmaß.
Die Wizards werden sich mit den Hornets, Bulls und Pacers um die Plätze sieben bis zehn und eine möglichst gute Ausgangsposition im Play-In-Turnier balgen. Mit Beal als Anführer und dem tiefen Kader ist die erste Playoff-Runde nicht unrealistisch, für viel mehr wird es aber erneut nicht reichen. Ist das gut genug für Beal?
NBA-Saisonvorschau CHARLOTTE HORNETS
Charlotte Hornets: Die Transaktionen
Neuzugänge
- Draft: James Bouknight (Nr. 11), Kai Jones (Nr. 19), J.T. Thor (Nr. 37), Arnoldas Kulboka (Nr. 55), Scottie Lewis (Nr. 56)
- Trade: Mason Plumee (Pistons), Wesley Iwundu (Pelicans)
- Free Agency: Kelly Oubre Jr. (Warriors), Ish Smith (Wizards)
Abgänge
- Trade: Devonte' Graham (Pelicans)
- Free Agency: Cody Zeller (Trail Blazers), Malik Monk (Lakers), Caleb Martin (Heat), Bismack Biyombo, Brad Wanamaker (Pacers)
Charlotte Hornets: Die wichtigsten Statistiken 2020/21
Bilanz Regular Season | Offensiv-Rating | Defensiv-Rating | Net-Rating |
33-39 (Platz 10 im Osten) | 110,7 (17.) | 112,3 (20.) | -1,6 (22.) |
Charlotte Hornets: Die Strategie in der Offseason
Das Überraschungsteam der Vorsaison kratzte an der Postseason, scheiterte aber im Play-In-Turnier. Auf diesem Erfolg soll aufgebaut und damit der zweitlängsten Playoff-Dürre der Association (fünf Jahre) ein Ende bereitet werden. Entsprechend feilten die Hornets nur an kleineren Stellschrauben, das Grundgerüst aus LaMelo Ball, Terry Rozier, Miles Bridges und Gordon Hayward steht.
Statt Devonte' Graham im ohnehin gut besetzten Backcourt einen hochdotierten Vertrag anzubieten - den bekam dafür Terry Rozier in Form einer vorzeitigen Verlängerung -, ließ Charlotte ihn in einem Sign-and-Trade Richtung New Orleans ziehen. Zudem verließ Malik Monk nach seinem Karrierejahr die Franchise, dafür ist Ish Smith als neuer Backup-Aufbau da.
Kelly Oubre Jr. bringt Tiefe für die Flügelpositionen, nach seiner unglücklichen Saison in Golden State sollte der Athlet ein guter Fit für die Flugshow namens "Hornets-Offense" sein. Auf der Center-Position sicherte sich Charlotte per Trade für Mason Plumlee ein Upgrade gegenüber Bismack Biyombo und Cody Zeller. Im Draft kamen zudem zwei spannende Top-20-Picks in Scoring-Guard James Bouknight und dem elitären Rim-Runner Kai Jones.
Charlotte Hornets: Die Schwachstellen
In Transition stellte Charlotte in der vergangenen Saison laut Cleaning the Glass ein Top-10-Team, die Probleme lagen dagegen in der unterdurchschnittlichen Halfcourt-Offense. Abgesehen von LaMelo und mit Abstrichen Hayward und Smith fehlt ein Spielmacher, der die vielen Finisher in Szene setzt.
Zudem schreit es in Clutch-Situationen nach Regression: Die Hornets waren in engen Spielsituationen die zweiteffektivste Offense der Liga, wodurch viele unerwartete Siege heraussprangen. Das wird man wohl nicht so leicht wiederholen können.
Ein weiteres Problem ist die Defense. Charlotte ließ 20/21 die meisten Eckendreier und die fünfmeisten Abschlüsse in der Restricted Area zu - also die effizientesten Würfe für den Gegner. Auch mit dem Upgrade Plumlee wird es auf Center recht schnell dünn, mit viel Small-Ball und ihrer Zonenverteidigung könnten die Hornets wiederum anfällig beim Rebounding sein.
NBA-Preview: Der Kader der Charlotte Hornets
Point Guard | Shooting Guard | Small Forward | Power Forward | Center |
LaMelo Ball | Terry Rozier | Gordon Hayward | Miles Bridges | Mason Plumlee |
Ish Smith | James Bouknight | Kelly Oubre Jr. | P.J. Washington | Kai Jones |
Scottie Lewis | Cody Martin | Jalen McDaniels | Nick Richards | |
Wesley Iwundu | J.T. Thor | Vernon Carey Jr. |
Charlotte Hornets: Der Hoffnungsträger
Gelingt LaMelo Ball schon in der kommenden Saison der Sprung zum All-Star? Ginge es allein nach Popularität, hätte das Passing-Highlight auf zwei Beinen gute Chancen. In seiner Rookie-Saison überzeugte er sportlich aber auch mit anderen Aspekten, auch wenn das Playmaking natürlich herausstach. Die Hornets hoffen nun auf seine weitere Entwicklung in der Defense und beim Shooting.
In erster Linie hofft Charlotte aber auf eine gesunde Saison des Youngsters, der im Vorjahr 21 Spiele verpasste - und trotzdem mit großem Vorsprung den ROTY-Award abstaubte. Gesundheit ist auch das Stichwort bei Hayward, mit einem komplett fitten Team waren die Hornets klar auf Playoff-Kurs.
Charlotte Hornets: Das Fazit
Mit LaMelo dürfen sich die Hornets-Fans endlich wieder Hoffnung auf einen echten Star machen, mit dem Kern um Hayward, Bridges oder auch P.J. Washington gehört Charlotte schon jetzt zu den League-Pass-Lieblingen der Association. Das wird sich auch 21/22 fortsetzen.
Doch die Erwartungen sollten nach der überraschend starken Vorsaison nicht zu hoch gesteckt werden. Wenn alle gesund bleiben, ist ein Platz im Play-In-Turnier erneut möglich, doch im engen Mittelfeld der Eastern Conference sollte ein kleiner Rückschritt niemanden überraschen. Das ist nicht dramatisch, die Hornets sind ihrem eigentlichen Zeitplan voraus.