NBA - Machtkämpfe bei den Los Angeles Lakers: Wenn selbst ein Trade von LeBron James nicht undenkbar ist

Robert Arndt
25. Februar 202210:30
LeBron James hat noch einen Vertrag bis 2023 bei den Los Angeles Lakers.getty
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Bei den Los Angeles Lakers brodelt es. Eine enttäuschende Saison, keine Verbesserungen zur Trade Deadline und ein LeBron James, der in Interviews einen Abschied andeutet. Es ist ein Machtkampf, der noch einige Monate andauern dürfte.

Wenn einer in der NBA das Spiel mit den Medien verstanden hat, dann ist es LeBron James. In 19 Jahren hat der 37-Jährige so ziemlich alles gesehen und ist inzwischen ein Meister darin, das Narrativ zu seinen Gunsten zu spinnen. Am vergangenen All-Star-Wochenende war dies nicht anders. James gab sich bestens gelaunt, machte Späße - und ließ mit einigen Aussagen aufhorchen.

Wie immer war dies kalkuliert, womöglich sogar orchestriert. James gab unter anderem einem Cavs-Beatwriter, Jason Llyod (The Athletic), ein Interview, in welchem er die Möglichkeit einer erneuten Rückkehr nach Cleveland nicht ausschloss. Dazu lobte der Superstar der Los Angeles Lakers aus dem Nichts Thunder-GM Sam Presti ("Er ist der MVP"), obwohl er eigentlich nur nach seiner Meinung zu Rookie-Guard Josh Giddey gefragt wurde.

LeBron hatte Dinge zu sagen und nutzte dafür die größtmögliche Bühne, das All-Star-Wochenende - und erhöhte damit noch einmal den Druck auf die Lakers. Mit einer Bilanz von 27-31 belegen die Kalifornier derzeit nur Platz neun im Westen, das Play-In-Turnier scheint spätestens nach der neuerlichen Verletzung von Anthony Davis nicht mehr zu verhindern zu sein. Es riecht nach einer weiteren verlorenen Saison für LeBron, der nunmehr dritten in seinen vier Spielzeiten in der Stadt der Engel, wobei nur die Meistersaison 2020 eine Ausnahme bildet.

James hat Zeit verloren, von der er im hohen Sportleralter eigentlich keine mehr hat. Die Situation in Los Angeles ist jedoch verfahren, es gibt nicht den einzigen Schuldigen, auch wenn dies gerne so dargestellt wird. Stattdessen tobt nun hinter den Kulissen ein Machtkampf, der das Gleichgewicht der NBA ins Wanken bringen könnte. Versuchen wir das Ganze mal Stück für Stück aufzudröseln.

LeBron James setzt die Lakers unter Druck

Ausgangspunkt für LeBrons Aussagen in Cleveland war sicherlich die Trade Deadline, an der sich die Lakers nicht beteiligten. Kurz zuvor hatte LeBron noch einmal dafür getrommelt und einen Vergleich mit dem Super-Bowl-Champion L.A. Rams gezogen: "So gut wie die Rams auch waren, als sie die Chance hatten, einen Top-Spieler wie Odell (Beckham Jr.) zu bekommen, haben sie zugeschlagen. Wenn du eine Chance hast, dich zu verbessern, versuchst du sie zu nutzen, wenn nicht, machst du das Beste aus dem, was du hast."

Die Lakers verbesserten sich nicht, auch wenn GM Rob Pelinka im Anschluss beteuerte, viele Gespräche geführt zu haben. Gleichzeitig betonte Pelinka auch, dass alles in Absprache mit James und Davis geschehen sei und diese mit ihm auf einer Wellenlänge seien. Dem widersprach wenig später Dave McMenamin (ESPN), der auf Quellen aus dem Umfeld der Spieler verwies.

Wer diese Quellen sein mögen, ist nicht schwer zu erraten. LeBron und AD werden beide von der Agentur Klutch vertreten, die von James' Buddy Rich Paul (und LeBron selbst) gegründet wurde. Sie ziehen im Hintergrund seit Jahren mehr oder weniger die Fäden, auch wenn Pelinka stets von einer Zusammenarbeit mit seinen Stars sprach.

Pelinka weiß schließlich auch, wie der Hase läuft. Über Jahre war er der Agent von Kobe Bryant, vertrat aber auch zeitweise andere Stars wie Kevin Durant, James Harden oder Andre Iguodala. Agenten versuchen stets, das Beste für ihre Klienten herauszuholen und nehmen somit auch Einfluss auf Vereinspolitik, das ist keine Neuigkeit - ebenso wenig, dass Superstars einen gewissen Machthebel haben.

Rob Pelinka ist der GM der Los Angeles Lakers.getty

LeBron James machte die Lakers wieder relevant

Die Lakers wussten also, auf was sie sich 2018 einließen, als sie James nach Los Angeles holten. L.A. operierte von Beginn an aus einer Position der Schwäche. LeBron wollte nach Los Angeles, unabhängig von der sportlichen Situation. Mit Lonzo Ball, Brandon Ingram, Josh Hart und Kyle Kuzma hatten die Lakers zwar einige hoffnungsvolle Spieler, doch letztmals wurde 2011 eine Playoff-Serie gewonnen.

Der Glanz der Lakers war vergilbt, selbst Free Agents wie LaMarcus Aldridge (2015) machten einen großen Bogen um die eigentliche Glamour-Franchise. So war es James, der die Lakers wieder relevant machte. Anschließend übte Klutch Druck auf die New Orleans Pelicans aus und war so ein Jahr später Wegbereiter für den Mega-Trade von Davis nach Tinseltown. Nur 16 Monate später gewannen die Lakers in der Bubble von Orlando ihren ersten Titel seit zehn Jahren.

Dies kam jedoch nicht ohne Preis. Für Davis wurden mit Ausnahme von Kuzma alle Youngster verhökert, gleiches galt für die Erstrundenpicks bis 2026. Klutch hatte geliefert - und stärkte so auch die eigene Position innerhalb der Franchise. Nicht einmal Kobe Bryant konnte in seinen Hochzeiten so viel Macht auf sich vereinen, doch die Zeiten hatten sich geändert.

Als Kobe 2007 einen Trade forderte, konnte dies durch einen starken Besitzer in Dr. Jerry Buss abgefangen werden. Das ging soweit, dass dieser Bryant dessen Wunsch verweigerte und ihn zum Bleiben überredete. Selbst die zweite Amtszeit von Coach Phil Jackson konnte durchgedrückt werden, obwohl dieser an Bryant in seinem Buch "The Last Season" harsche Kritik übte.

LeBron James gegen das Machtgefüge der Lakers

Die Franchise stand über allem, doch nach dem Tod von Dr. Buss haben anschließende Grabenkämpfe in der Familie, aus denen die heutige Besitzerin Jeanie Buss als Siegerin hervorging, die Lakers geschwächt. Die 60-Jährige installierte später mit Magic Johnson eine Lakers-Ikone, dieser wurde jedoch 2019 von Pelinka "hinterrücks" abgesägt. Übrig blieben neben Pelinka lediglich Linda Rambis, eine gute Freundin von Buss, sowie Kurt Rambis als Berater, der als Spieler Kultstatus genoss und später Assistent von Jackson war.

Das Konstrukt hielt, weil beide Seiten die gleichen Ziele hatten und diese auch erreichten. Das ist nun nicht mehr der Fall und erstmals in den vier Jahren LeBron-Lakers-Ehe hat der King nicht das bekommen, was er wollte - nämlich Veränderungen zur Deadline. Aufgrund der Cap-Situation gestaltete sich dies schwierig, Berichten zufolge scheiterten Verhandlungen immer, wenn andere Teams von den Lakers den Erstrundenpick 2027 für die Aufnahme von zum Beispiel Russell Westbrook forderten.

Jenen Westbrook, den LeBron habe wollte und für den die Lakers mit Kuzma, Kentavious Caldwell-Pope und Montrezl Harrell wichtige Eckpfeiler des Teams abgaben und aus finanziellen Gründen schließlich auch Fanliebling Alex Caruso gen Chicago ziehen ließen. Es war der letzte All-In-Move für James' fünften Titel, dieser scheint 24 Spiele vor dem Ende der Regular Season krachend gescheitert zu sein.

Einige Monate später entsprach Pelinka nun erstmals nicht den Wünschen seines Superstars, sondern weigerte sich, weitere Teile der Lakers-Zukunft zu verscherbeln. Dies ist auch die Verantwortung des GMs, der langfristiger als das James-Camp planen muss. Dass LeBron Picks nicht interessieren, ist bekannt, dafür huldigte er nicht zuletzt die Rams (um aber wenig später Pick-Sammler Sam Presti in den Himmel zu loben?!). James ist 2027 fast 43 Jahre alt und aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr aktiv, die Lakers werden dagegen bis dahin nicht den Spielbetrieb einstellen.

LeBron James: Bei den Lakers nur Außenseiter

Die ganze Situation erinnert ein wenig an James' letzte Saison bei den Cleveland Cavaliers, als die Cavs ebenfalls ihren Erstrundenpick (mit dem zogen sie Collin Sexton) nicht abgeben wollten. Im Gegensatz zu damals hat LeBron aber noch ein Jahr Vertrag in Los Angeles, das ultimative Druckmittel fehlt James also. Und doch schwebt ein möglicher Abgang spätestens 2023 über allem.

Shams Charania (The Athletic), der gute Kontakte zu Klutch pflegt, erklärte zwar, dass ein baldiger Abgang von James keine Option sei. Und auch zwischen Klutch und Pelinka oder LeBron und den Lakers gebe es keine Probleme. Andere Berichte von The Athletic bezeichneten die Vorgänge hinter den Kulissen stattdessen als "einen Krieg im Frühstadium", auch wenn dieser zunächst einseitig von Seiten des James-Camps geführt werde.

Laut Insider Marc Stein ist das ein Zeichen, dass LeBron in dieser Auseinandersetzung die schlechteren Karten halten würde. Pelinka soll weiter die volle Unterstützung von Buss genießen und Stein verweist darauf, dass selbst eine Lakers-Ikone wie Jerry West aus der Organisation gedrängt wurde. Demnach seien Klutch und James weiter Außenseiter innerhalb der Lakers.

James' großes Plus, sein Superstar-Status, half zuletzt. Doch wenn er nicht die Lakers retten kann, dann ist auch einer der besten Spieler aller Zeiten nicht mehr unumstritten. Stattdessen verdichten sich die Zeichen, dass LeBron seine Karriere nicht in Los Angeles beenden wird, die Aussagen zur potenziellen möglichen NBA-Laufbahn seines Sohnes tun dabei ihr Übriges.

LeBron James: Ist selbst ein Lakers-Trade eine Option?

Es bleibt die Frage, wie lange diese Zusammenarbeit noch weitergeht. James ist vertraglich noch für ein weiteres Jahr an die Lakers gebunden und kassiert kommende Saison 44,5 Millionen Dollar, danach ist er erstmals seit 2018 wieder Free Agent (wie auch Zankapfel Westbrook). Eine andere Option wäre eine Trade-Forderung oder die Lakers könnten sich im Sommer selbst umschauen, was man für den vierfachen MVP bekommen kann.

Dies sind zunächst aber alles nur Gedankenspiele, die mit Sicherheit in den kommenden Wochen wie Pilze aus dem Boden sprießen werden. Erst recht, wenn die Lakers weiter solch deprimierenden Basketball spielen, wie sie es für große Teile der Saison taten. Es ist klar, dass dies Konsequenzen nach sich ziehen wird. Nur welche, das wird wohl der Machtkampf hinter den Kulissen entscheiden.