"Ich habe die Mavs gehasst!"

Martin GödderzFalk LandahlOliver Wittenburg
25. Oktober 201012:58
Zwei von fünf Neuzugängen bei den Mavericks: Dominique Jones (l.) und Tyson ChandlerGetty
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Insgesamt sechs neue Spieler haben die Dallas Mavericks in diesem Sommer verpflichtet. Mit dabei sind ein Verfluchter, ein Buchhalter und ein Musterschüler. SPOX stellt die Neuzugänge der Mavs vor.

SPOXGettyTyson Chandler

*2. Oktober 1982

Größe/Gewicht: 2,16 m / 107 kg

Position: Center

NBA-Erfahrung: 9 Jahre

Klubs: Chicago Bulls, New Orleans Hornets, Charlotte Bobcats

Der Fluch des zweiten Picks

Als Tyson Chandler 2001 von den Los Angeles Clippers an der zweite Stelle im Draft gezogen und direkt zu den Chicago Bulls getradet wurde, waren die Erwartungen entsprechend groß. Kurzum: Er konnte sie nie wirklich erfüllen und hat sich nur zu einem soliden Center entwickelt.

Wenn man heute auf die Nr.2-Picks des NBA Drafts schaut, scheint es, als ob ein Fluch auf ihnen liegen würde. Stromile Swift (2000), Jay Williams (2002), Darko Milicic (2003) und Emeka Okafor (2004) reißen keinen Fan vom Hocker - wenn man sie überhaupt noch kennt.

Andere Spieler wie Len Bias (1986) starben zwei Tage nach dem Draft, zerstörten durch Drogen ihre Karriere (Marvin Barnes, 1974) oder haben mehr mit ihrer eigenen Psyche zu kämpfen als mit den Gegnern (Michael Beasley, 2008).

Sicherlich gibt es auch Nr.2-Picks, die in ihrer Karriere erfolgreich wurden, wie Jason Kidd, Kevin Durant oder Isiah Thomas, aber sie bilden eher die Ausnahme. Chandler gehört zu keiner der beiden Gruppen, sondern verkörpert den puren Durchschnittsspieler. Keine Skandale, mittelmäßige Stats, keine skurrilen Hobbies.

Leader bei der Weltmeisterschaft

Bei der Weltmeisterschaft 2010 war er übrigens der schlechteste Spieler der USA - zumindest in Stats gemessen. Trotzdem sprechen alle davon, dass Chandler der Führungsspieler im Team war.

In der Kabine gab er den "spiritual leader", was auch Mavs-Trainer Rick Carlisle per Ferndiagnose feststellte: "Es hat mir ausgezeichnet gefallen, was er bei der Weltmeisterschaft gemacht hat. Er hat effizient gespielt, aber während der Spiele, wenn man genau hinschaute, war er sowas wie der spirituelle Leader des Teams."

Nachfolger von Ericka

Nach Jahren von Erick "Ericka" Dampier, der von vielen Fans verteufelt wurde, soll Chandler jedoch nicht nur den Spaßmacher in der Kabine geben, sondern endlich eine souveräne Post Defense geben.

"Er wird den großen Unterschied in unserem Team machen. Ich denke, dass unsere Fans sehr glücklich mit ihm sein werden", sagte Cuban den "Dallas News" über Chandler.

Mit Chandler scheint die problematische Center-Position passend besetzt worden zu sein. Die Frage bleibt, ob das die Schwachstelle war, die den Mavericks den Titel verwehrt hat.

Weiter geht's mit Dominique Jones - Der Musterschüler aus der Kleinstadt

Die Spieler-Statistiken beziehen sich auf die Regular Season 2009/2010

SPOXGettyDominique Jones

*15. Oktober 1988

Größe/Gewicht: 1,93 m / 97,5 kg

Position: Guard

NBA-Erfahrung: -

Klubs: USF (University South Florida)

Musterschüler aus der Kleinstadt

Im Sommer dieses Jahres griff Mark Cuban mal wieder tief in die Tasche. Statt aber einen Haufen Geld in einen Star zu stecken, investierte der Mavs-Besitzer drei Millionen Dollar in den 25. Pick des NBA-Drafts 2010, mit dem sich die Dallas Mavericks Dominique Jones von der USF (University South Florida) holten.

Aufgewachsen in Lake Wales, wo NFL-Legende Red Grange starb, führte Dominique Jones das typische Leben in einer Kleinstadt. Keine Drogen, keine Waffen und ein geregeltes Familienleben. Der Shooting Guard scheint zu den vernünftigen und wohlbehüteten Spielern zu zählen, was sich in Dallas bereits jetzt auch an seiner Arbeitseinstellung zeigt.

In sechs Wochen absolvierte der 22-Jährige bei 18 verschiedenen NBA-Teams ein Workout und Rick Carlisle sagte über den Rookie bereits: "Er ist ein bereitwilliger Schüler. Er studiert Basketball-Filme und will unbedingt besser werden."

Mischung aus Wade und Stuckey

Der körperlich robuste Jones, der hauptsächlich von seiner Dynamik und dem enormen Zug zum Korb lebt, weiß zwar, dass er weiter hart an sich arbeiten muss, ist aber auch sehr selbstbewusst. In Dallas stellte er sich als eine Mischung aus Dwyane Wade und Rodney Stuckey vor.

Auf die Frage, ob es ihm schwerfalle, nun gegen stärkere Spieler zu verteidigen, antwortete er nur: "Es ist Basketball. Du tust das, was du tun musst, ganz egal, wer auf dem Feld steht."

Vorbild Amare Stoudemire

Fünfmal am Tag soll Jones mit seinem Vater sprechen, zu dem er eine sehr enge Bindung hat. Heimatverbunden ist er noch immer. Das zeigt sich auch seinem Vorbild: Amare Stoudemire.

Der spielt zwar auf einer ganz anderen Position, kommt aber ebenfalls aus dem beschaulichen Lake Wales und ist bereits einer der besten Spieler der Liga. Nur logisch, dass der ehrgeizige Jones da auch hin will. Einen Vorteil hat der athletische Guard vielen Spielern jedenfalls voraus: Er geht dahin, wo es wehtut.

Dadurch verbrachte Jones schon die Hälfte seiner College-Zeit an der Freiwurflinie und wird dies auch in der NBA vermehrt tun. Mark Cuban sagt ja schließlich nicht umsonst: "Ich bezahle keine drei Millionen für mein Wohlbefinden."

Weiter geht's mit Brian Cardinal - Der Buchhalter mit dem Jumpshot

Die Spieler-Statistiken beziehen sich auf die Regular Season 2009/2010

SPOXGetty Brian Cardinal

* 2. Mai 1977

Größe/Gewicht: 2,03 m / 111 kg

Position: Forward

NBA-Erfahrung: 10 Jahre

Klubs: Washington Wizards, Pamesa Valencia, Golden State Warriors, Memphis Grizzlies, Minnesota Timberwolves

Der Buchhalter mit dem Jumpshot

Brian Cardinal ist einer dieser Spieler, die dem Anschein nach kaum etwas mitbringen, was an einen professionellen Basketballer erinnert und trotzdem schon seit zehn Jahren in der NBA aktiv sind. Bei seiner äußerlichen Erscheinung würde man ihn wahrscheinlich an letzter Stelle wählen, wenn man mit Kumpels eine Runde Basketball auf dem Freiplatz zockt.

Sein Aussehen erinnert an eine Mischung aus Celtics-Legende Larry Bird und einem Buchhalter, sein Spiel erinnert die Mavs-Verantwortlichen an Eduardo Najera, nur dass Cardinal über einen vernünftigen Jumpshot verfügt.

Der fast haarlose Power Forward hat trotz seiner Erfahrung erst sieben Playoff-Spiele auf dem Buckel und überhaupt in keiner Regular Season mehr als 76 mal auf dem Parkett gestanden - letzte Saison sogar nur 29 mal.

Der 33-Jährige bringt dafür alles mit, was Trainer lieben. Cardinal ist ein unermüdlicher Arbeiter, der sich in jeder Trainingseinheit voll reinhängt und sein Team unterstützt, wo er nur kann. Das Wichtigste ist aber, dass er nicht für Unruhe sorgt, wenn er auf der Bank sitzt. Schließlich war Cardinal in seiner gesamten NBA-Karriere kein Starter.

"Ich bin weder der Größte noch der Schnellste"

"Ich versuche einfach auf die richtige Art zu spielen - hart, gute Defense - und zu kompensieren, dass ich weder der Größte noch der Schnellste noch der athletischste Typ bin", sagte Cardinal nach der letzten Einheit des Trainingslagers.

Cardinals fehlende Anerkennung liegt auch an dem Teams, für die er in der NBA spielte: Washington Wizards, Golden State Warriors, Memphis Grizzlies, Minnesota Timberwolves - als Rollenspieler fällt man halt nicht auf, wenn die Mannschaft regelmäßig die Playoffs verpasst.

Dabei war er der einzige Spieler der Wolves im letzten Jahr, der eine positive Plus-Minus-Bilanz vorweisen kann - auch wenn er nur 29 Spiele machte und im Schnitt weniger als zehn Minuten auf dem Platz stand.

Dafür hat Mark Cuban ihn auch geholt. Dirk Nowitzki wird besonders in der Regular Season mehr Pausen bekommen, die vornehmlich Cardinal ins Spiel bringen werden. Wenn er dort einen soliden Job macht, hat sich seine Verpflichtung schon gelohnt.

Weiter geht's mit Alexis Ajinca - Die Spinne aus Frankreich

Die Spieler-Statistiken beziehen sich auf die Regular Season 2009/2010

SPOXGettyAlexis Ajinca

*6. Mai 1988

Größe/Gewicht: 2,13 m / 100 kg

Position: Center

NBA-Erfahrung: 2 Jahre

Klubs: Pau-Orthez, Hyeres-Toulon, Charlotte Bobcats

Die Spinne aus Frankreich

26 Punkte, 13 Rebounds und 11 (!) Blocks. Man kann nicht behaupten, dass Alexis Ajinca an einem guten Abend nicht die Bude rocken könnte. Zugegeben, sein beeindruckendes Triple Double stammt nicht aus der NBA, auch nicht aus der Preseason oder wenigstens der Summer League, aber immerhin. Im Januar gelang ihm das Kunststück für die Maine Red Claws gegen die Austin Toros in der D-League.

Dort war Ajinca von den Charlotte Bobcats geparkt worden, weil die NBA noch eine Nummer zu groß für ihn war.

In der Tat hat der 22-jährige Franzose noch nicht viel Bleibendes in der besten Liga der Welt hinterlassen, wenn man mal davon absieht, dass ihn die Bobcats in der ersten Runde des 2008er Drafts an Position 20 zogen und er dermaßen schlacksig daherkommt, dass er deutlich größer als seine offiziell geführten 2,13 Meter wirkt.

Ganze 31 Einsätze bekam er in seiner Rookie-Saison in Charlotte, wobei er kaum sechs Minuten pro Spiel auf dem Parkett stand. Im Herbst 2009 ging's dann in die Entwicklungsliga nach Portland/Maine und im Februar zurück in die NBA. Die Bilanz der letzten Saison: 29 Minuten, 10 Punkte.

Doch Dallas hält große Stücke auf den Mann, der mit seinem Landsmann Ian Mahinmi um Platz drei im Center-Ranking der Mavs hinter Brendan Haywood und Tyson Chandler raufen wird.

Ajinca bringt neben seiner schieren Körperlänge gute Anlagen mit: Einen hohen Basketball-IQ, viel Gefühl beim Wurf und ein exzellentes Timing beim Block, wobei ihm seine auffallend langen Arme nicht von Nachteil sind.

Chance und Hypothek

Doch gleichzeitig neigt er dazu, schnell in Foulprobleme zu kommen. Zudem fehlt es ihm noch an Körpermasse, um sich gegen aggressive Spieler in der Zone zu behaupten.

Die große Frage ist, ob er sein Potenzial in Dallas ausschöpfen kann. Haywood und Chandler vor sich zu haben, begreift er offenbar als Chance und Hypothek zugleich. Und darauf will er vorbereitet sein.

"Ich muss zeigen, dass ich verteidigen kann. Ich muss mich in der Zone zeigen, den Ball behaupten, an meinem Hook Shot arbeiten und so weiter. Wenn du zwei solche Leute vor dir hast, musst du voll da sein, wenn du aufs Parkett kommst."

Weiter geht's mit Ian Mahinmi - Der Teufel aus der Nachbarschaft

Die Spieler-Statistiken beziehen sich auf die Regular Season 2009/2010

SPOXGettyIan Mahinmi

*5. November 1986

Größe/Gewicht: 2,11 m / 105 kg

Position: Center/Forward

NBA-Erfahrung: 2 Jahre

Klubs: Le Havre, Pau-Orthez, San Antonio Spurs

Der Teufel aus der Nachbarschaft

Es ist nicht überliefert, ob sich Ian Mahinmi in die Shorts gemacht hat, als er von San Antonio nach Dallas geschickt wurde. Schließlich hatte der Sohn eines Beniners und einer Jamaikanerin in drei Jahren bei den Spurs gelernt, dass der Teufel um die Ecke wohnt und ein Mavericks-Trikot trägt.

"Ich habe die Mavs gehasst", gibt er freimütig zu. "Ich dachte zum Beispiel, dass Jason Terry ein ganz übler Typ ist und jetzt muss ich feststellen, dass er super ist. Schon nach ein, zwei Tagen war mir klar, dass das hier alles gute Jungs sind."

Ian Mahinmi verbindet eine ganze Menge mit einem anderen Mavs-Neuzugang, mit Alexis Ajinca. Er ist Franzose wie er, er ist Center wie er und er hat zwei Jahre als NBA-Profi in seiner Kartei stehen, dabei aber so gut wie keine Spuren hinterlassen.

Wie Ajinca auch wurde er in die D-League geschickt, um Praxiserfahrung zu sammeln.

In seiner ersten Saison (2007/2008) stand er nur 20 Minuten auf dem Parkett. In der letzten Spielzeit kam er immerhin auf 26 Einsätze und knapp sieben Minuten im Schnitt.

Und doch sind Ajinca und Mahinmi weder austauschbar noch besteht Verwechslungsgefahr. Mahinmi bringt die Fähigkeiten in der Defense mit, die Ajinca noch abgehen, genauso wie die notwendigen Kilos, um sich im Getümmel Respekt zu verschaffen.

Auf der anderen Seite sind seine Mittel in der Offensive beschränkt. In unmittelbarer Korbnähe hat er durchaus seine Möglichkeiten und einen guten Touch, doch seine Fähigkeiten als Werfer sind überschaubar - Treffer aus der Mitteldistanz sind das höchste der Gefühle.

Die richtigen Sachen

Mahinmi weiß um seine Situation. Hinter Brendan Haywood und Tyson Chandler spielt er im Center-Roulette von Rick Carlisle allenfalls die dritte Geige. "Ich muss meine Sachen nur richtig machen. Hoffentlich spiele ich die richtigen Pässe und mache meine Kollegen besser."

Es wäre eine Überraschung, wenn Mahinmi nennenswerte Spielanteile bei den Mavs bekommen würde, aber er hat ja schon ganz andere Sachen geschafft.

Zum Beispiel ist er nach seinem 14. Lebensjahr noch über 30 Zentimeter gewachsen - und er hat sich mitten in die Hölle gewagt.

Weiter geht's mit Steve Novak - Dwyane Wades altem Kollegen

Die Spieler-Statistiken beziehen sich auf die Regular Season 2009/2010

SPOXGettySteve Novak

*13. Juni 1983

Größe/Gewicht: 2,08 m / 108,5 kg

Position: Forward

NBA-Erfahrung: 4 Jahre

Klubs: Houston Rockets, Los Angeles Clippers

Dwyane Wades alter Kollege

Es ist schon ein paar Jahre her, da spielten Steve Novak und Dwyane Wade Seite an Seite in einem Team um den Titel. Das war 2003 im Final Four der NCAA für das College von Marquette, an dem beide studierten. Novak war als Freshman gerade in seinem ersten Jahr und galt bereits an der Highschool als vielversprechendes Talent.

Natürlich war Wade damals der uneingeschränkte Anführer des Teams und überragte alle. Doch auch Novak war als Neuling schon ein wichtiger Bestandteil des Teams und er konnte eines schon damals wie kaum ein anderer Spieler: werfen. 50,5 Prozent getroffene Würfe von der Dreierlinie sollten ein Beweis für seine Treffsicherheit sein.

Abschluss mit Bachelor

Während Wade nach dem Final Four 2003 die schillernde Bühne der NBA betrat, um einer der besten Spieler der Welt zu werden, rückte der unscheinbare Novak aus dem Fokus. Er mauserte sich zwar zum besten Spieler seines Teams, doch verschwand sein College nach Wades Abgang in der Versenkung.

Statt den frühen Weg in die NBA zu suchen, schloss er wie ein Normalsterblicher das College ab. Als Bachelor in Kommunikationswissenschaften meldete sich der damals schon 23-jährige Gewinner des College-Dreipunkte-Contest für den NBA-Draft 2006 an, in dem er an 32. Stelle von den Houston Rockets gezogen wurde.

Buzzer-Beater gegen die Nets

Die Erfolge in seiner NBA-Karriere halten sich in Grenzen. In zwei Jahren machte er 70 Spiele für die Houston Rockets und kurzzeitig einen Abstecher in die D-League zu den Rio Grande Valley Vipers, bis er 2008 zu den Clippers wechselte.

2009 machte er für die Franchise aus Los Angeles den wohl größten Wurf seiner gesamten Karriere: Ein Buzzer-Beater von der Dreierlinie zum Sieg gegen die New Jersey Nets.

Nun steht der Forward in Dallas unter Vertrag, wo er auch nicht mehr Minuten sehen sollte als bei seinen vorherigen Stationen. Dafür kann er aber hin und wieder mal Dirk Nowitzki entlasten, denn eines kann Novak wohl mindestens genauso gut wie der deutsche Superstar: werfen eben.

Nicht umsonst ist noch immer ein gewisser Steve Novak und nicht Wade der Rekordhalter für verwandelte Dreier und am Stück verwandelte Freiwürfe am College von Marquette.

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