Der Super Bowl XLVIII zwischen den Denver Broncos und Seattle Seahawks in New York (Montag, 0.30 Uhr im LIVE-TICKER) ist der erste Super Bowl, der nicht entweder in einem Dome oder den Schönwetterregionen der USA stattfindet. Dabei gehört kaltes Wetter zum Football eigentlich dazu: Viele Klassiker der NFL-Geschichte verdanken ihren Kultstatus den widrigen Bedingungen. Vorhang auf für die fünf besten Spiele mit Gänsehautfaktor.
Platz 5 - NFL Championship Game 1948: Weißabgleich
Das erste im Fernsehen übertragene Endspiel der NFL stellte die damaligen Geräte vor eine harte Probe: Schließlich musste man die Spieler der Philadelphia Eagles und Chicago Cardinals aus dem ewigen Weiß des Schnees heraus identifizieren können. Und diese mussten bereits vor dem Kickoff im Shibe Park zu Philadelphia tatkräftig mit anpacken: Da die Groundskeeper den Schnee nicht von der Plane auf dem Spielfeld herunterbekamen, waren die kräftigen Jungs gefragt.
Der Einsatz der Plane hatte dabei keinen wirklichen Vorteil gebracht. Da es munter weiterschneite, waren die Referees mehr auf ihr Gefühl denn ihr Augenmaß angewiesen, um First Downs oder Touchdowns zu bestimmen. Zu ihrem Glück gab es allerdings nur eine Szene, bei denen die Referees am Ende wirklich gefragt waren: Nach einem Fumble der Cardinals an der Mittellinie nahm Running Back Steve van Buren kurze Zeit später das Heft in die Hand und sorgte mit einem Touchdown-Run über fünf Yards für den einzigen Score des Tages.
Dabei hatte Van Buren das Spiel fast verpasst, war er doch davon ausgegangen, dass es abgesagt werden würde. Coach Greasy Neal hatte ihn per Telefon schließlich vom Gegenteil überzeugt, van Buren allerdings vor ein logistisches Problem gestellt: Mit seinem Auto kam er nicht die Auffahrt herunter, also musste er auf dem Weg zu seinem ersten NFL-Titel mit der U-Bahn anreisen und die letzten sechs Blocks zum Stadion zu Fuß durch den Schnee stapfen.
Platz 4 - AFC Championship Game 1976: Steelers frieren Raiders ein
Als die Pittsburgh Steelers Anfang Januar 1976 den Oakland Raiders zum dritten Mal innerhalb von fünf Spielzeiten in den Playoffs gegenüberstanden, kannten sich die beiden Teams aus dem Effeff. Doch die Kalifornier sahen sich im Three Rivers Stadium zu Pittsburgh einer Eiseskälte um die -10 Grad Celsius ausgesetzt, die im Raiders-Lager für Unmut sorgte. Besonders der Kunstrasen trieb Besitzer Al Davis und Coach John Madden auf die Barrikaden.
Die Greenkeeper der Steelers hatten eigentlich das Festfrieren des Bodens verhindern wollen und Heizlüfter unter einer Plane installiert. Diese Plane war jedoch in der Nacht vor dem Spiel gerissen und der Kunstrasen steinhart gefroren. "Das Eis war schlimmer als die Kälte, besonders das Eis an den Seitenlinien", resümierte Madden nach der Partie. "Das war für unsere Wide Receiver hart, weil sie in unserem System schnelle Drehungen und Cuts zum Ball machen."
Besonders Davis - der sich nie zu schade für eine Kontroverse war - beschuldigte im Nachhinein die Greenkeeper, den desolaten Zustand des Feldes mit Absicht herbeigeführt zu haben. Dabei hatten die Steelers am Ende mit 16:10 das bessere Ende für sich, bekleckerten sich aber in Sachen Turnover nicht gerade mit Ruhm: Acht der 13 Ballverluste im Spiel waren den Hausherren zuzuschreiben. Nutzen konnten das die Raiders - ihrer meisten Offensivwaffen durch das Eis und die Kälte beraubt - letzten Endes nicht.
Das AFC Championship Game als Video
Platz 3 - NFL Championship Game 1934: Sneakers Game
Hätten sich die Raiders an der NFL-Historie orientiert und sich auf die Weisheit von Ray Flaherty verlassen, hätten sie 1976 vielleicht den Super Bowl erreicht. Flaherty, 1934 als End bei den New York Giants aktiv, schlug seinem Head Coach Steve Owen im Endspiel gegen die Chicago Bears bei ähnlichen eisigen Verhältnissen, wie sie gute 40 Jahre später in Pittsburgh herrschen sollten, den Einsatz von Turnschuhen an Stelle der üblichen Stollenschuhe vor.
Owen schickte also seinen Assistenten Abe Cohen los, der zunächst feststellen musste, dass alle Sportgeschäfte in Manhattan bereits geschlossen hatten. Doch in der Halbzeitpause - die Giants lagen gegen die favorisierten Bears mit 3:10 zurück - kam Cohen mit neun vom Manhattan College geborgten Basketballschuhen wieder zurück.
Mit derart sicherem Tritt drehten die Hausherren die Partie im Polo Ground durch einen 27-Punkte-Lauf im vierten Viertel und feierten mit einem 30:13-Erfolg ihren zweiten NFL-Titel. Und dies, obwohl der legendäre Giants-Coach George "Papa Bear" Halas die Nachricht, die Gegner hätten ihre Schuhe gewechselt, mit den Worten: "Gut. Tretet ihnen auf die Zehen", quittiert haben soll. Diese Taktik fruchtete immerhin 15 Minuten lang.
Seite 2: Die Tuck Rule und der Ice Bowl
Platz 2 - AFC Divisional Playoffs 2002: Das Spiel mit drei Namen
"Tuck Rule" Game, Snow Job oder Snow Bowl - diese drei Namen treiben Anhänger der Oakland Raiders bis heute zur Weißglut. Fans der New England Patriots haben dagegen Tränen des Glücks in den Augen. Schließlich war das 16:13 nach Verlängerung am 19. Januar 2002 die Geburt der Patriots-Dynastie um Coach Bill Belichick und Quarterback Tom Brady.
Brady war es auch, der letztlich im Mittelpunkt dieses Spiels auf dem schneebedeckten Feld des Foxboro Stadiums stand. Mit 1:50 Minuten auf der Uhr und einem 10:13-Rückstand hatten es die Patriots schon in die Hälfte der Raiders geschafft. Ein Field Goal-Versuch aus insgesamt 59 Yards wäre bei diesen Bedingungen aber Wahnsinn gewesen, weswegen Brady sich nicht nur auf das Running Game verlassen wollte. Doch sein erster Dropback sollte sich fast als fatal für New England erweisen: Brady wurde von Charles Woodson gesackt und verlor den Ball, Oaklands Linebacker George Biekert sicherte das Spielgerät.
Im Normalfall hätten die Raiders nun einfach die Uhr herunterlaufen lassen können. Doch Oakland hatte die Rechnung ohne den Replay-Offiziellen Rex Stuart gemacht. Der ließ die Szene noch einmal überprüfen, Referee Walt Coleman kam zu dem Schluss: Brady hatte, wie zunächst vermutet, den Ball an den Körper gezogen und mit dem linken Arm gesichert - aber eben nicht nur. "Der Arm des Quarterbacks... war in der Vorwärtsbewegung...", lautete Colemans Erklärung der sogenannten "Tuck Rule" im Stadion - der Rest ging im Jubel der 60.000 Zuschauer im Foxboro unter.
Brady brachte die Patriots anschließend in Field-Goal-Reichweite. Adam Vinatieris dritter erfolgreicher Versuch des Abends brachte die Verlängerung, sein nächster den Sieg. "Wir haben das Spiel nicht verloren - es wurde uns gestohlen", drückte Linebacker William Thomas die Gefühle aller Raiders aus. Auch zwölf Jahre später hadert der vermeintliche Raiders-Held Woodson noch mit dem Spiel: "Tom verdankt mir sein Haus", erklärte er im "NFL Network". "Tom, du kannst es ruhig gestehen: Es war ein Fumble."
Doch Coleman hatte nach den damals gültigen Regeln gehandelt und wurde vom NFL-Supervisor Mike Perreira bestätigt. Die "Tuck Rule" wertete den Spielzug, da der in der Vorwärtsbewegung war, als Incomplete Pass und nicht als Fumble. Erst im März 2013 wurde die Regel abgeschafft.
Platz 1 - NFL Championship Game 1967: Ice Bowl
Bei Temperaturen um die Minus 25 Grad Celsius dürfte das Lambeau Field am Silvestertag 1967 nicht der einladenste Ort gewesen sein. Und doch fanden sich nicht nur die Green Bay Packers und Dallas Cowboys zum NFL-Finale ein, sondern auch noch 50.000 Frost-resistente Zuschauer.
Die Fans durften wenigstens Handschuhe tragen, einige Spieler hatten nicht einmal diesen Luxus. Der legendäre Packers-Coach Vince Lombardi, nach dem später auch die Super Bowl-Trophäe benannt wurde, erwies sich trotz der Eiseskälte als harter Hund. So erlaubte er den Linemen zwar Handschuhe, aber nicht den anderen Spielern, die den Ball in die Hände bekommen konnten. Linebacker Dave Robinson wollte sich damit nicht abfinden. "Gib mir einfach ein Paar von den braunen Handschuhen, der alte Mann wird den Unterschied nicht bemerken", soll er einen Zeugwart laut der "Washington Post" angewiesen haben.
Ob mit oder ohne Handschuhe: Die Packers wärmten zunächst die Herzen ihrer Fans als sie nach zwei TD-Pässen von Quarterback Bart Starr auf Boyd Dowler in Führung gegangen waren. Die Texaner hielten jedoch dagegen und verkürzten im letzten Viertel auch dank zweier Fumbles noch auf 17:14. Sechzehn Sekunden vor dem Ende standen die Packers zwar an der Endzone der Cowboys, hatten aber keine Timeouts mehr. Alle erwarteten auch angesichts zweier vergeblicher Läufe einen Pass - im Erfolgsfall hätte er den Sieg bedeutet, bei Misserfolg hätte das Field Goal gekickt werden können.
Coach Lombardi hatte jedoch andere Ideen: "Lauf, und dann raus aus dieser Hölle", soll er Starr zugeraunt haben. Während zwei seiner O-Liner nach dem Snap Cowboys-Tackle Jethro Thugh aus dem Weg räumten, sprang Starr über Freund und Feind hinweg zum Touchdown in die Endzone. Auch wenn sein Quarterback später behauptete, den Spielzug eigenmächtig geändert zu haben, erklärte Lombardi: "Wir haben gezockt und gewonnen."