The Hit, Master P und Peytons Tirade

Von Adrian Franke
26. Januar 201714:43
Der Pro Bowl findet in diesem Jahr in Arizona stattgetty
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Am Sonntag ist es wieder so weit, der Pro Bowl überbrückt die Wartezeit bis zum Super Bowl. In Arizona treffen die Besten der Besten, die Zeit und Lust haben, aufeinander. Eine gute Gelegenheit, um auf die legendären Momente der traditionellen Partie zu werfen. Mit dabei: Youngbloods Einsatz trotz Beinbruch, Ricky Williams' Amsterdam-Pläne sowie eine Auswahl der besonderen Momente von Peyton Manning.

Youngblood trotz Beinbruch zum Pro Bowl:

Julio Jones, Peyton Manning, Aaron Rodgers, Demaryius Thomas, Dez Bryant, Calvin Johnson, Philip Rivers, Julius Thomas... Die Liste der Spieler, die den diesjährigen Pro Bowl aufgrund verschiedenster "Blessuren" absagen, ist genauso lang wie prominent. Es ist gleichzeitig eine Liste, die wohl besser niemand Jack Youngblood vorlegen sollte - der 64-Jährige könnte sich ansonsten glatt überlegen, die Pads nochmals anzuziehen.

Immerhin steht keine Pro-Bowl-Geschichte so für Einsatz wie Youngbloods Teilnahme nach der 1979er Saison. Der Defensive End der Los Angeles Rams wurde in der Divisional Round gegen Dallas von einem Guard unglücklich erwischt, sein Wadenbein knackte direkt über dem Knöchel "wie ein Bleistift", berichtete Youngblood später.

"Wir sind dann in die Kabine und ich sagte zum Arzt, er müsse das tapen. Er wollte nicht, und ich habe gesagt: 'Du wirst das machen.' Er zeigte mir dann die Röntgenaufnahme und wo es gebrochen war, aber ich sagte, dass ich noch spielen könne. Ich sah das als meine Verantwortung als Kapitän", stellte er klar.

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Super Bowl und Pro Bowl

Doch damit nicht genug: Youngblood lief auch im Conference Final gegen die Buccaneers (9:0) sowie im Super Bowl gegen Pittsburgh (19:31) mit seinem gebrochenen Bein auf, nur um sich eine Woche später für den Pro Bowl fit zu melden.

Seine Erklärung: "Derartige Gelegenheiten verpasst man nicht." Jahre später ließ Youngblood zudem seine einfache Logik durchblicken: "Sehen Sie, es hat sich angefühlt, als würde jemand mir mehrere Messer ins Bein stechen. Aber ich konnte bei einem gebrochenen Bein nicht mehr Schaden verursachen." Immerhin hatte Youngblood zuvor bereits gelernt, jeden Moment seines Lebens doppelt zu genießen.

"Es war ein hartes Pflaster"

1973 half er über den Sommer in Utah zwei Freunden bei einem Sports Camp, nach einem Angelausflug verschlug es sie noch in eine Bar. "Es war ein hartes Pflaster, aber es gab keinen Ärger, bis zu dem Moment, als ich schon am gehen war", erinnerte sich Youngblood später.

"Draußen war dieser verrückte Cowboy, der sturzbetrunken ein Mädchen und ihren Freund belästigte. Ich hörte, wie jemand 'Youngblood' rief und so wurde ich der gute Samariter. Ich ging rüber und versuchte, sie auseinander zu bringen."

Anschließend versuchte er den Cowboy zu beruhigen - erfolglos: "Er richtete seine Waffe direkt auf mein Auge. Dann drückte er ab, aber die Waffe funktionierte nicht. Ich schubste ihn weg und hörte, wie er sagte: 'Ich habe noch eine andere Waffe im Auto, die wird das erledigen.' Da bin ich schnell abgehauen."

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Seite 3: Mannings besondere Momente

Seite 4: Taylors legendärer Hit

Seite 5: Pleiten, Pech und Pannen

Williams fährt nach Amsterdam:

Ricky Williams war ohne Zweifel einer der schillerndsten NFL-Charaktere des neuen Jahrtausends. Der Running Back führte Interviews nach den Spielen stets mit seinem Helm inklusive des verdunkelten Sichtschutzes und trat nach nur fünf Jahren (und 1.589 Rushing-Versuchen) in der Liga wegen zwei positiven Marihuana-Tests 2004 zurück - nur um 2005, nach einem einjährigen Studium der Hindu-Heilkunst Ayurveda, wieder zurückzukehren.

Und auch beim Pro Bowl hatte Williams seinen ganz besonders skurrilen Moment: 2003 verzeichnete er im Pro Bowl insgesamt 436 Yards und aktivierte so eine Klausel im mit seinem Berater, dem Rapper Master P, ausgehandelten Vertrag. Die entsprechende Stelle in dem Arbeitspapier lautete: "If my boy RW goes off ... and I mean OFF in the Pro Bowl, he gets crazy cheddar yo."

4,6 Millionen Dollar für 436 Yards

Master P ist bis heute für einen der schlechtesten NFL-Verträge aller Zeiten verantwortlich (Williams' erster Kontrakt mit den Saints 1999, der ihm über sieben Jahre 68 Millionen Dollar mit nur 8,8 Millionen garantiert sowie kaum zu erreichenden Prämien und dem jährlichen Minimum-Gehalt einbrachte), doch die 436 Yards bescherten Williams eine Prämie von 4,6 Millionen Dollar.

Als der Running Back nach dem Spiel in einem Interview damit konfrontiert wurde, rief er begeistert: "Ich fahre nach Amsterdam!"

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Mannings besondere Momente:

Auch Peyton Mannnig hatte so seine besonderen Highlights beim unwichtigsten Spiel der Saison und vielleicht im Sport überhaupt. Da wäre zunächst die tolle Szene 2012 mit Jeff Saturday, seinem langjährigen Colts-Center.

Als die Teams in Hawaii noch in AFC und NFC unterteilt waren (Manning war bereits bei den Broncos, Saturday spielte für Green Bay), durfte Saturday einen Snap für die AFC an Manning weitergeben. Es war quasi der Abschieds-Snap, nach der Saison beendete der Center seine Karriere.

Unvergessen ist auch Mannings unvergleichlicher Eifer. Am 10. Februar 2007, sechs Tage nachdem Mannings Colts die Chicago Bears im Super Bowl mit 29:17 geschlagen hatte, war sich der Quarterback nicht zu schade dafür, auch im Pro Bowl anzutreten.

Die Pro-Bowl-Tirade

Doch damit nicht genug: Er kam sechseinhalb Stunden (!) vor Spielbeginn im Aloha Stadium an und begann allen Ernstes, Videos des Vorjahres-Pro-Bowls anzuschauen. Anschließend warf er über eine Stunde lang dem Stadion-Personal Pässe nach bestimmten Routes zu.

Allerdings schlägt nichts Mannings Pro-Bowl-Tirade über Colts-Kollege Mike Vanderjagt im Jahr 2003. Der Kicker hatte Manning sowie Head Coach Tony Dungy zuvor öffentlich kritisiert, woraufhin Manning beim Pro Bowl meckerte: "Das Traurige daran ist: Er ist ein guter Kicker. Aber er ist ein Idiot."

Zwei Jahre später verließ Vanderjagt die Indianapolis Colts, die stattdessen Adam Vinatieri holten, und landete schließlich bei den Toronto Argonauts.

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Taylors legendärer Hit:

Der Pro Bowl ist für Defenses oft eine eher unangenehme Angelegenheit. Blitze sind verboten, Tacklings verpönt und tatsächliche Hits kommen fast überhaupt nicht in Frage. So gab es schon die eine oder andere Farce auf dem Platz, immerhin will niemand sich selbst oder einen Gegenspieler bei dem Show-Act in irgendeiner Form verletzen.

Oder sagen wir: fast niemand. Denn Sean Taylor, der 2007 im Alter von nur 24 so tragisch bei einem Einbruch in sein Haus in Miami ums Leben kam, setzte beim Pro Bowl 2006 mal eben neue Maßstäbe. Beim Stand von 21:14 für die AFC gegen Ende des dritten Viertels versuchte das Team einen Fake Punt. Bills-Punter Brian Moorman lief nach rechts und schnell war klar, er würde das First Down nicht schaffen.

"Das hat mir zu Ruhm verholfen"

Doch anstatt, wie im Pro Bowl üblich, ihn jetzt mit einem leichten Tackling zu stoppen, machte Taylor kurz ernst. Der Redskins-Safety kam von weit aus dem Rückraum angerannt und hämmerte Moorman in Grund und Boden. Doch der Punter nahm es sportlich, kam auf den Platz zurück und gratulierte Taylor zu dem Hit.

Einige Jahre später blickte er nochmals zurück und grinste: "Das hat mir definitiv zu Ruhm verholfen, denn jedes Jahr kommt mindestens ein Rookie zu mir und sagt: 'Hey, du bist doch dieser Typ!' Das ist schon witzig und natürlich ist das alles auch auf Youtube, deshalb sehen es die Leute. Auch in der Öffentlichkeit werde ich darauf angesprochen, aber das ist eben so. Es war eine gute Erfahrung und ich bin froh, dass ich sofort wieder hoch kam - denn das war der härteste Hit, den ich in meiner Karriere einstecken musste."

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Pleiten, Pech und Pannen:

Für einige Lacher im Presseraum sorgte in diesem Jahr Ravens-Rookie-LB C.J. Mosley. Mosley spielte eine herausragende Saison und wurde der erste Ravens-Spieler, der als Rookie in den Pro Bowl gewählt wurde. Die (ernst gemeinte) Reaktion des Youngsters: "Ich wusste überhaupt nicht, dass Rookies zum Pro Bowl zugelassen sind."

Doch keine Angst C.J., auch Routiniers machen Fehler. Bestes Beispiel: Thurman Thomas, der bei seinem fünften und gleichzeitig letzten Pro Bowl 1993 einen Teil des Spiel verpasste, weil er seinen Helm nicht fand.

Von eine Blamage konnte man durchaus auch beim Pro Bowl 1997 sprechen: Die NFC führte kurz vor Schluss mit 23:16, die Spieler feierten an der Seitenlinie bereits und zogen ihre "Pro-Bowl-Champions"-Mützen (ja, so etwas gibt es), auf. Den Ausgang des Ganzen kann sich jetzt jeder vorstellen. Jaguars-Quarterback Mark Brunell warf 44 Sekunden vor Schluss einen 80-Yard-TD zu Raiders-Receiver Tim Brown, in Overtime gewann die AFC.

Eine filmreife Träne

Um den Peinlichkeiten-Viererpack komplett zu machen, gehen wir in den Pro Bowl nach der 2010er Saison - und eine Szene, die anschließend eine öffentliche Diskussion über den Sinn der ganzen Veranstaltung ins Rollen brachte. Beim letzten Spielzug der Partie, die AFC lag hoffnungslos mit 35:55 (Pausenstand: 7:42) hinten, stellte die NFC das Verteidigen schlicht komplett ein.

Zwei Querpässe folgten auf Matt Cassels Pass zu Dwayne Bowe, so dass Browns-Center Alex Mack schließlich aus 40 Yards in die Endzone spazierte. Die Bezeichnung "Football" passte zu diesem Zeitpunkt schon längst nicht mehr.

Was gäbe es aber Schöneres, als nach all dem Fremdschämen mit Wayne Fontes zu enden. Der damalige Lions-Coach führte die NFC 1992 mit Stars wie Barry Sanders, Emmitt Smith, Michael Irvin oder Jerry Rice zu einem 21:15-Erfolg über die AFC, nur um auf der anschließenden Pressekonferenz filmreif eine Träne zu verdrücken und zu sagen: "Ich bin einfach froh, dass ihr alle hier seid, um den größten Sieg meines Lebens mit mir zu feiern."

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