Week 7 ist Geschichte, höchste Zeit zum Durchatmen. Während Miami und namentlich Lamar Miller unter seinem neuen Coach weiter beeindruckt, geht eine frustrierende Krankheit in der NFL herum. Die Verletzung der Woche haben ohne Zweifel die Houston Texans zu beklagen, für den Eklat der Woche sorgten die Dallas Cowboys. Außerdem: Eine Division blamiert sich und die Patriots kümmern sich so gar nicht um die Balance. Der Hangover erklärt.
Der Flop der Woche: Der Hardy-Ausraster (und der Umgang damit). Zugegeben: Ein gewisses Maß an Frust konnte man der Cowboys-Defense nicht übelnehmen. Während sie selbst alles dafür tat, dass Dallas gegen die Giants im Spiel blieb, machte die Offense Fehler auf Fehler und dann ließ das Special Team auch noch einen Kickoff-Return-Touchdown zu. Offenbar zu viel für Pass-Rusher Greg Hardy, denn der flippte an der Seitenlinie daraufhin komplett aus.
Hardy geriet zunächst heftig mit Special-Teams-Coach Rich Bisaccia aneinander und es ging so weit, dass er Bisaccias Klemmbrett wegschlug und scheinbar kurz davor war, auf den Coach loszugehen. Dez Bryant versuchte anschließend, Hardy zu beruhigen, doch der 27-Jährige war komplett außer sich. Es war ein absolutes No-Go und ein Vorfall, den wohl kaum ein Team bei kaum einem Spieler durchgehen lassen würde.
Das Roundup vom Sonntag: Miami stark, Brady packt auch die Jets
Umso überraschender waren die Reaktionen aus Big D. Cowboys-Eigentümer Jerry Jones sprach davon, dass Hardys Ausraster ein Anzeichen von "Leidenschaft" sei und ihn eine derartige Explosion gar "ermutigen" würde. Coach Jason Garrett fügte hinzu: "Er war bis in die Haarspitzen motiviert und er wollte sicherstellen, dass das Special Team seinen Job erledigt. So etwas passiert mal. Es war nicht gerade der perfekte Zeitpunkt, weil wir gerade wieder aufs Feld wollten. Aber wir haben das kommuniziert und haben das alle hinter uns gelassen."
Hardy selbst setzte dann noch einen obendrauf, als er nach dem Spiel jede Frage an ihn sofort abwürgte, indem er sagte: "Kein Kommentar. Gibt es sonst noch Fragen?" Ganz klar: Emotionen sind ein wichtiger Aspekt im Football. Aber genauso wichtig ist es, sie unter Kontrolle zu haben. Dass die Cowboys Hardy, nach seiner Sperre wegen des Verdachts auf Häusliche Gewalt ohnehin auf dünnem Eis, derart schützen, wirft in jedem Fall kein sonderlich gutes Licht auf die Organisation.
Der Star der Woche: Lamar Miller. Keine schwere Entscheidung hier, denn Millers Auftritt gegen Houston war schlicht und ergreifend sensationell. Der Running Back der Miami Dolphins zerstörte die Texans und wurde der erste Spieler in der Geschichte der NFL, der einen TD-Run von mindestens 85 und einen TD-Catch von mindestens 50 Yards Yards innerhalb eines Viertels verzeichnete.
Am Ende standen 236 Total Yards und zwei Touchdowns bei 17 Ballberührungen. Achja: In der zweiten Hälfte blieb Miller angesichts der klaren Führung komplett draußen! Im Gespräch mit dem Miami Herald konnte er sich danach einen Seitenhieb gegen Ex-Coach Joe Philbin, der sehr sparsam mit dem Running Game umgegangen war, nicht verkneifen: "Zu Beginn des Jahres habe ich mir Sorgen darüber gemacht, wie viele Chancen ich bekommen würde. Ich habe den Ball nicht oft gesehen. Deshalb wollte ich da immer sofort ein Big Play hinlegen und habe das Feld nicht richtig gelesen."
Ebenfalls gut bei Miamis Kantersieg: Quarterback Ryan Tannehill. Der stellte mit, spielübergreifend, 25 Completions in Folge einen neuen Rekord auf. Die Folge: Miami führte mit 35:0 ehe Houston sein erstes Yard hatte. Um genau zu sein standen die Texans zu dem Zeitpunkt bei -3 Yards.
Die Auslandserfahrung der Woche: London calling! Es war ein unerwartet unterhaltsames Spiel zwischen den zuletzt enttäuschenden Jaguars und den verletzungsgeplagten Buffalo Bills. Fünf Fumbles, drei Interceptions, viele Strafen - und Premieren: So ist Bills-Backup-Quarterback EJ Manuel jetzt offiziell der erste Quarterback, der als Starter in drei verschiedenen Ländern (USA, Kanada, England) verloren hat.
Darüber hinaus war es für die Jaguars im dritten Versuch der erste Sieg in London, und beinahe hätten es die Jags spät doch noch aus der Hand gegeben: Jacksonville führte mit 27:3, ehe Buffalo schließlich aufwachte und die Partie tatsächlich noch zu drehen schien. Doch die Jaguars konnten sich dank Blake Bortles wehren und so gab Coach Gus Bradley anschließend zu, "sehr zufrieden" zu sein: "In dieser Liga zählen unterm Strich Ergebnisse."
Die Partie bedeutete außerdem noch eine dritte Premiere: Zum ersten Mal überhaupt wurde ein NFL-Spiel weltweit per Stream übertragen, Yahoo! hatte sich die Dienste gesichert. 15,2 Millionen User schauten ersten Berichten zufolge zu und die Verantwortlichen zeigten sich überaus zufrieden. Fortsetzung also durchaus denkbar.
Die Krankheit der Woche: Die Drop-eritis. Week 7 stand vor allem für zwei Teams im Zeichen von ärgerlichen Aussetzern: Drops prägten sowohl für die Patriots, als auch für die Eagles das Bild am Sonntag. Zusammen genommen verzeichneten die Receiver beider Teams 17 (!) Drops in den beiden Week-7-Spielen.
Bei New England stach hier Brandon LaFell besonders heraus. Für die Eagles, die durch die Drops die Chance auf einen Sieg in Carolina liegen ließen, ist es ohnehin kein unbekanntes Problem und einer von vielen Gründen dafür, dass Philadelphias Offense so große Probleme hat.
Mit unglaublichen 25 Drops führt Philadelphia nach sieben Spielen die Liga an, Jordan Matthews hat unter allen Receivern die drittmeisten (6). "Wir hatten heute mindestens acht Drops, vielleicht zehn", ärgerte sich dementsprechend auch Eagles-Coach Chip Kelly kurz nach der Pleite in Carolina: "Wenn wir das machen, werden wir keine Spiele gewinnen." Recht hat er.
Die Verletzung der Woche: Arian Foster. Wie bitter kann diese Saison für Texans-Fans noch werden? Das Quarterback-Debakel (dazu später mal wieder mehr), eine Defense die trotz J.J. Watt und Jadeveon Clowney niemanden stoppen kann und die Abreibung in Miami war zu allem Überfluss nicht die schlimmste Nachricht vom Wochenende.
Das wäre vielmehr die üble Verletzung von Running Back Arian Foster. Bei einem Passspielzug wollte der 29-Jährige gerade lossprinten, als er plötzlich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden lag. Die Wiederholungen sahen schon nicht gut aus und zum Wochenbeginn herrschte traurige Gewissheit: Achillessehnenriss, Saisonaus.
"Ich glaube an dieses Team. Ich weiß, dass viele Leute nicht an uns glauben aber wichtig ist, dass wir das Ruder jetzt herumreißen", gab sich Coach Bill O'Brien trotzig. Darüber hinaus aber steht den Texans bei einem der besten Spieler ihrer noch jungen Franchise-Geschichte eine schwierige Entscheidung bevor: Einen Achillessehnenriss zu überwinden dauert sehr lange und Foster würde in der kommenden Saison sieben Millionen Dollar kassieren. Nichts davon ist garantiert. Es könnte das traurige Ende einer Ära werden.
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Der Flop der Woche, die Zweite: Die AFC South. In den meisten Jahren gibt es diese eine Division, die verglichen mit dem Rest der Liga hinterherhinkt. In der Vorsaison war das die NFC South, die Carolina mit nur sieben Siegen (!) für sich entschied. In diesem Jahr ist es die AFC South - und auch hier könnten sieben Siege am Ende reichen.
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Ein Beispiel: Die Texans, die am Sonntag von Miami komplett auseinandergenommen wurde, stehen bei zwei Siegen und fünf Pleiten und haben in den vergangenen beiden Wochen zusammengenommen 64 Punkte zugelassen. Trotzdem stehen sie nur ein Spiel hinter dem Division-Leader. Ein Spiel! An der Spitze "thront" nach wie vor Indianapolis, und das nachdem die Colts ihrerseits gegen New Orleans eine völlig inakzeptable erste Hälfte abgeliefert haben.
Drei Turnover, 67 Passing-Yards und ganze sechs First Downs standen nach zwei Vierteln gegen die Saints zu Buche, damit einhergehend ein 0:20-Rückstand. Indy bewies zwar immerhin etwas Moral und machte das Spiel nochmal spannend, am Ende stand aber eine weitere Pleite. Die nächsten Gegner der Colts? Carolina, Denver, Atlanta. Ja, sieben Siege werden am Ende wohl reichen...
Der "Remember me?"-Moment der Woche: Dwayne Harris. Nach vier Jahren in Dallas wollte Harris eine neue Herausforderung. Die Cowboys gaben ihm kaum Chancen als Receiver, die New York Giants versprachen ihm genau das - und legten einen lukrativen Vertrag obendrauf. Doch die Kritik folgte schnell: New York gab Harris unerwartet viel Geld und die Ergebnisse blieben zum Saisonbeginn noch aus.
Dann kam das zweite Spiel gegen Dallas. Natürlich, gegen wen auch sonst. Die Cowboys hatten am Sonntag gerade im Schlussviertel ausgeglichen, die Defense spielte stark und das Spiel war offen. Da trug Harris den folgenden Kick-Off 100 Yards zurück in die Endzone, es war der Game Winner. Doch nicht nur das: 1:36 Minuten vor dem Ende erzwang Dallas einen Giants-Punt und Harris' Nachfolger Cole Beasley ließ das Ei fallen. Turnover, Game over.
"Die Giants versprachen mir eine Chance, als Receiver zu spielen, und sie haben Wort gehalten. Dallas wollte mich nur als Blocking Receiver. Deshalb bin ich hier her gekommen", strahlte Harris anschließend: "Wenn du irgendwo neu bist, hilft dir so eine Aktion natürlich. Damit fühlst du dich stärker als ein Teil des Teams und die Fans im Stadion lassen dich das wissen. Es war für mich heute ein Ende wie im Film."
Das Schulterzucken der Woche: Die Patriots. Balance? Wer braucht schon Balance? Wer braucht schon ein solides Running Game, wenn er einen guten Gegner auch mit Tom Brady (!) als Top-Rusher schlagen kann? Tom. Brady. 15 Rushing-Yards erlief Tom Terrific, das restliche Running-Back-Corps der Patriots verzeichnete am Sonntag zusammen genommen ein Yard gegen die Jets. Das Ergebnis ist bekannt.
Brady warf 54 Pässe (355 YDS, 2 TDs) und New England versuchte überhaupt nicht erst, hinter seiner anfälligen O-Line und gegen die starke Jets-Front ein Laufspiel zu etablieren. Ganze neun Laufversuche hatten die Pats gegen New York, vier davon von Brady, und der Titelverteidiger zeigte wieder einmal, wie anpassungsfähig dieses Team ist und was für eine Herkulesaufgabe es aktuell bedeutet, die Patriots schlagen zu wollen.
Der Big Point der Woche: Der Raiders-Sieg in San Diego. In der AFC West kündigt sich ein Machtwechsel an: Die Raiders dominierten die Chargers am Sonntag nicht nur was die Fan-Lautstärke (in San Diego, wohlgemerkt) anging. Auch auf dem Platz war es eine klare Angelegenheit, denn nur weil die Chargers das Schlussviertel mit 23:0 für sich entschieden, gab es am Ende lediglich eine vergleichsweise knappe 37:29-Pleite.
"Sie haben uns gründlich vermöbelt. Das war richtig bitter", gab Chargers-Safety Jimmy Wilson unverblümt zu und Coach Mike McCoy haderte: "Es war von Anfang an ein verkorkstes Spiel." Dabei war es vor allem für San Diego ein erstes Endspiel und plötzlich sind die Chargers (2-5) Letzter in der Division. Oakland (3-3) dagegen hat mit Rookie-Receiver Amari Cooper das große Los gezogen und darf hinter den starken Broncos weiter zumindest von einer Wildcard träumen.
Kurz vor dem Karriereende steht...Ryan Mallett. Mal wieder. Nicht zum ersten Mal kündigt der Hangover das baldige Karriereende von Houstons (relativ) frisch gebackenem Backup-Quarterback an, doch die Anzeichen verdichten sich. Um so mehr nach dem Spiel in Miami, auch wenn Mallett dabei gar nicht auf dem Platz stand. Er hätte aber eigentlich überhaupt nicht mehr im Kader stehen sollen.
Mallett verpasste dem Team-Flug nach South Beach und machte den Verkehr in Houston dafür verantwortlich - es klang wie eine motivationslos vorgetragene Ausrede. Wie der Houston Chronicle dann am Montag berichtete, wollte Coach Bill O'Brien Mallett noch vor dem Spiel eigentlich entlassen. Doch Geschäftsführer Rick Smith legte sein Veto ein und so blieb O'Brien nichts anderes übrig, als am Montag mit Blick auf Mallett zähneknirschend anzukündigen: "Wir besprechen alle Optionen."
So steht am Ende eine Situation, die O'Briens Autorität nachhaltig untergraben und intern ein giftiges Klima schaffen könnte. Klar scheint: Unter O'Brien wird Mallett kein Spiel mehr bestreiten. Ob er nach den alles in allem unrühmlichen Monaten in Houston woanders noch eine Chance bekommt, bleibt abzuwarten.
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