"Wie Ringen gegen einen Kraken"

Marcus BlumbergVon Adrian FrankeStefan Petri
16. Oktober 201511:06
Auf dem Weg zum fünften Ring? Patriots-Quarterback Tom Bradygetty
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Fünf Wochen der NFL-Saison sind schon wieder absolviert, es wird Zeit für das SPOX-Panel. Sind die Patriots in der AFC unaufhaltsam unterwegs in Richtung Super Bowl? Wer kann Aaron Rodgers stoppen, warum gehen die großen Deals und Trades immer schief? Und sollte Chip Kelly besser anfangen, Bewerbungen zu schreiben? In der Two Minute Warning diskutieren die Redakteure Stefan Petri, Adrian Franke und Marcus Blumberg sowie mySPOX-User Lattenknaller ihre Eindrücke aus dem ersten NFL-Monat.

These: Den Patriots gelingt die perfekte Saison

Marcus Blumberg (SPOX): Wie schnell doch die Zeit vergeht. Vor der Saison noch war die Frage, ob die Patriots nach all den Abgängen, gerade defensiv, überhaupt noch zum engeren Kreis gehörten. Nun wird unverhohlen von der Perfect Season gesprochen. Das geht mir ein wenig zu schnell, denn man hat in der Secondary in der Tat Substanz verloren, wenn auch dafür die Front Seven verstärkt. Offensiv wiederum spielt man weiterhin stark, obwohl die O-Line schwächelt und etwa Brandon LaFell noch fehlt. Aber insgesamt können gerade Verletzungen den Traum von einer perfekten Saison ganz schnell zum Platzen bringen. Die noch anstehenden Gegner sind auch keine Blindgänger, wobei eigentlich nur die Monster-Defense der Broncos in Kombination mit der Höhenluft Denvers, die Brady gar nicht gerne hat (2-5 inkl. Playoffs im Mile High Stadium), wirklich großen Respekt einflößt. Was aber in jedem Fall gegen die perfekte Saison spricht: Es ist das vierte Jahr, die Giants könnten also mal wieder zum Problem werden...

Stefan Petri (SPOX): Stimmt, da gab es ja 2007 und 2011 zwei gewisse Super Bowls. Aber sagen wir es, wie es ist, Blumi: Die Pats sind das mit Abstand beste Team der AFC. Sorry, Denver: Wenn Peyton derzeit nicht den größten Rope-a-dope-Trick aller Zeiten hinlegt und in der Postseason plötzlich vier Touchdowns pro Spiel hinklatscht, sehe ich keine reelle Titelchance. Was Cincinnati angeht: Ich bin kein großer Freund der "Regular Season/Playoffs"-Trennung, glaube also nicht, dass er eine unüberwindliche Postseason-Blockade mit sich herumschleppt. In dieser laschen AFC würde ich sogar fast wetten, dass es endlich zum ersten Playoff-Sieg reicht. Aber zum Super Bowl? No way! Sollte New England kein übles Verletzungspech heimsuchen, sehe ich sie in dieser Form ziemlich sicher im Endspiel, wahrscheinlich als Favorit im SB50. Was die "perfekte Saison" angeht: Belichick und Brady würden sicher betonen, dass eine Spielzeit mit Ring automatisch perfekt ist, Niederlagen auf dem Weg hin oder her. Und Belichick, der alte Fuchs, hat vielleicht nicht einmal so viel Bock auf eine 16-0-Regular Season: Zu viel Druck, zu viel Medienecho, usw. Deshalb glaube ich, dass man ein oder zweimal verlieren wird. Spätestens gegen die Jets in Week 16, wenn es schon um nichts mehr geht. Hey, "18-1" mal anders, das wär doch auch was!

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mySPOX-User Lattenknaller: Die Pats stoppen ist ein Problem - das ist wie Ringen gegen einen Kraken: Du kannst zwei Arme festhalten, dann machen dich nur die anderen sechs fertig. Im Ernst: Du brauchst gegen die Pats ein perfektes Spiel und du musst dafür sorgen, dass sie ein mieses Spiel machen. Ein Schlüssel ist (natürlich) Druck auf Brady. Aber dieser Punkt wiegt sogar noch schwerer als man glauben mag. Die O-Line ist auf Pass-Protection ausgelegt und Brady vertraut ihr, so weit es geht, blind. Das spiegelt auch die QB Hit/Sack-Quote wieder: 11 Sacks bei 23 Hits - Brady muss warten dass sich der Spielzug entwickelt, weil die bei den Pats noch penibler maßgeschneidert sind, als in der NFL ohnehin üblich. Wohl auch ein Grund weswegen nicht jeder Spieler dort zurecht kommt. Will man gegen die Pats im Spiel bleiben, darf man ihnen keine Führung von mehr als 2 Scores überlassen. Pittsburgh und Buffalo haben bewiesen, dass NE gegen den Rush anfällig ist - wenn man aber erstmal zurück liegt und vornehmlich mit Passing Plays wieder ins Spiel kommen will, hat man im Grunde schon verloren. Geduld ist ein wichtiger Faktor: Je länger Brady an der Sideline steht, desto weniger kann er punkten.

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Adrian Franke (SPOX): Sehr schwierig, hier eine Prognose abzugeben - deshalb ein ganz klares Jein! Die Patriots sind ein unfassbar starkes Team mit kaum Lücken und es spricht für Coach Bill Belichick, dass der Schritt von der dominanten Secondary aus dem Vorjahr hin zu einer dominanten Front Seven so reibungslos funktioniert hat. Tom Brady scheint in der Form seines Lebens, in Dion Lewis haben die Pats einen absoluten Diamanten gefunden und die O-Line blockt im Run Game herausragend gut. Wer also soll New England in der Regular Season stoppen? Schaut man auf den Spielplan, dann springen eigentlich nur die Broncos ins Auge, die Patriots müssen in Week 12 nach Denver. Doch sollte Denvers Offense bis dahin nicht deutlich stärker sein als aktuell, fliegt New England mit dem Sieg im Gepäck zurück an die Ostküste. Warum also das "Jein"? Meine Prognose: Die Patriots gehen mit 14-0 in den Schlussspurt, schonen dann aber einen Großteil ihrer Stars (weil Belichick eine Perfect Season komplett egal ist, das sehe ich so wie du, Stefan) und sie geben zumindest eines der dann noch ausstehenden Division-Games ab.Trotzdem führt der Weg in den Super Bowl für die AFC nur durch Foxborough.

These 1: Den Patriots gelingt die perfekte Saison

These 2: Die Packers sind nicht das beste NFC-Team

These 3: Chip Kelly übersteht die Saison in Philadelphia nicht

These 4: Suh-Deal und Graham-Trade - nur Verlierer

These 5: Die beste Offensiv-Waffe in der NFL ist...

These: Die Packers sind nicht das beste NFC-Team

Stefan Petri (SPOX): Falsch. Sie sind es - auch wenn ihr Vorsprung nicht so gewaltig ist wie der der Patriots in der AFC. Ich glaube ja, dass das nur ein Trick von Aaron Rodgers war: "Na guuuut, dann werfe ich eben mal wieder ein paar Picks, Hauptsache ihr lasst mich in Ruhe." Plötzlich ist er wieder sterblich und die Packers angreifbar und überhaupt. Nicht mit mir! Der Typ wirft zu James Jones und Ty Montgomery, das muss man sich mal vorstellen... Die Offense der Packers kann ja eigentlich nur noch besser werden, wenn alle Schrauben ineinandergreifen und Eddie Lacy den Beastmode-Mantel überstreift. Noch beeindruckter bin ich aber von der Defense - die lässt bisher weniger Passing Yards im Schnitt zu (186,2) als die Broncos. OK, gegen den Run schwächelt man noch, aber 8 Interceptions sind Platz zwei hinter den Cardinals. Die sehe ich übrigens auch als zweite Kraft der Conference an. Aber passt mir auf Atlanta auf - die entwickeln sich zum Sleeper...

Adrian Franke (SPOX): Einfache Antwort? Doch. Einfache Begründung? Die Packers haben den besten Quarterback der Liga. Schauen wir etwas weiter: Green Bay hat eine mehr als solide Offensive Line und zwei gute Power-Running-Backs, die Aaron Rodgers entlasten können. Sie haben ein wie schon im Vorjahr dominantes Pass-Rush-Duo bestehend aus Clay Matthews und Julius Peppers und in der Mitte ihrer Defensive Line scheint B.J. Raji tatsächlich zu alter Stärke gefunden zu haben. Zudem spielt die Secondary bislang gut und Last-Minute-Neuzugang James Jones wirkt, als wäre er nie weg gewesen. Aber all das Lob heißt nicht, dass die Packers locker zum Super Bowl durchmarschieren: Bislang konnte der Ausfall von Jordy Nelson gut aufgefangen werden, wie das in wirklich engen Spielen aussieht bleibt vorerst abzuwarten. Zudem hatte es Green Bay in den ersten fünf Spielen noch mit keiner wirklich guten Passing Offense zu tun, die die Secondary ernsthaft hätte testen können. Atlanta und Carolina, die beiden anderen ungeschlagenen NFC-Teams, sehe ich noch mit mehreren Lücken in diversen Mannschaftsteilen und klar schwächer als die Packers. Die Cardinals sehe ich dagegen knapp hinter Green Bay und glaube, dass Carson Palmer und Co. die Packers-Schwachstellen ausnutzen können. Bleibt nur, sich auf das direkte Duell in Arizona in Week 16 zu freuen...

Marcus Blumberg (SPOX): Ich denke schon, dass die Packers das beste Team der NFC sind. Aber sie sind sicher nicht unschlagbar. Kommt ein Gegner mit einer starken Defense und einer Offensive, die mehr drauf hat als etwa die der Rams letzten Sonntag, dann kann man die Packers durchaus an einem guten Tag schlagen. Offensiv ist Green Bay mit Rodgers und seinen zahlreichen Receivern plus Lacy auf dem Boden kaum zu halten. Aber defensiv gibt es durchaus Luft nach oben. Der Pass Rush ist ohne Matthews auf Außen nicht ganz so gut wie früher und die Secondary, die zwar über gute Ballhawks verfügt, ist in der Coverage mitunter anfällig. Zudem gibt Green Bay die viertmeisten Lauf-Yards der NFL ab. Sollten sich die Seahawks fangen, sind sie erneut ein Kandidat auf den Conference-Titel. Auch die Cardinals, zu denen die Cheeseheads in Week 16 reisen werden, sind mit ihrer D äußerst ernst zu nehmen, da hat Adriano Recht. Aber auch die Panthers und Falcons sollte man nicht unterschätzen.

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mySPOX-User Lattenknaller: Auch wenn Rodgers am WE gezeigt hat, dass er doch Mensch ist, gibt es derzeit kein Team in der NFC, dass ich stärker einschätzen würde als die Packers. Da sehe ich nämlich derzeit nur 2 Schwächen: Die Run-Defense und die Abhängigkeit von Rodgers. Sollte der nämlich doch mal einen schwarzen Tag haben oder sich verletzen, sehe ich für die Packers schwarz. Aber wer sollte ihnen gefährlich werden? In der NFC North niemand. Die NFC East ist ein Trauerspiel (teils unverschuldet). NFC West? Arizona traue ich ebenfalls einiges zu, wobei sie bislang überwiegend Fallobst als Gegner hatten und die dicken Brocken erst noch kommen. Kriegen sie die auch bewältigt, sind sie ein Condender, der Green Bay schlagen kann. Kommen wir zur NFC South, wo bislang zwei Teams ungeschlagen sind. 4-0 stehen die Panthers, aufgrund eines Cam Newton der sich im Laufe der Saison immer weiter gesteigert hat und einer durchweg soliden Defense. Aber ich bin nicht überzeugt. Objektiv betrachtet ist das Playcalling mit vielen Options und Deep Bombs einfach zu risikoreich, um unbeschadet durch die Saison zu kommen. Bislang hatten auch die Panthers einen leichten Schedule, ihre erste harte Prüfung steht nach ihrer Bye Week in Seattle an. Die Falcons sind für mich bislang eine große Überraschung, wobei sie aber relativ leicht ausrechenbar sind. Eine Defense, die das Rushing Game um Freeman eindämmen kann und Julio Jones kalt stellt (einfacher gesagt, als getan) hat gute Chancen, dass die Offense um Matty Ice gar nicht in Gang kommt.

These 1: Den Patriots gelingt die perfekte Saison

These 2: Die Packers sind nicht das beste NFC-Team

These 3: Chip Kelly übersteht die Saison in Philadelphia nicht

These 4: Suh-Deal und Graham-Trade - nur Verlierer

These 5: Die beste Offensiv-Waffe in der NFL ist...

These: Chip Kelly übersteht die Saison in Philadelphia nicht

mySPOX-User Lattenknaller: Chip hat nach und nach die Alphamännchen aus dem Team entfernt: Foles, Jackson, McCoy, Maclin... Wieso ist schwer zu sagen, vielleicht um Widerworte in der Kabine loszuwerden, vielleicht als Machtdemonstration. Tatsache ist aber, dass ihm jetzt Führungsspieler fehlen. Wenn die Eagles in dieser Season zur Halbzeit hinten lagen, ging das Spiel auch verloren - unter anderen weil man die Rushing Plays fast vollständig aufgab. Die beiden Siege bislang haben zwei Dinge gemeinsam: Führung zur Haftime und 100y+ Yards Rushing. Allerdings ist das derzeit nicht so einfach zu erreichen für die Eagles: Die O-Line bietet eher ein trauriges Bild, nachdem Mathis nun in Denver spielt und man zwei Jahre keine Verstärkung draften wollte. Chip hat nicht mehr die Spieler für seine explosiven Plays der Vergangenheit. Deswegen sind die Eagles vor allem eines: Einfach auszurechnen. Die Offense verwandelt nur 28 Prozent ihrer Third Downs in First Downs und folglich steht die Defense mit 363 Scrimmage Plays mit Abstand an der Spitze der NFL. Und das dürfte auch Chip im Laufe der Saison das Genick brechen. Ich sehe kaum Chancen, dass die Eagles mehr als sieben Siege einfahren - trotz der einfachen Division - und das ist in Philly einfach zu wenig. Da stellt sich nicht die Frage, unter welchen Bedigungen Chip bleiben würde, sondern eher, ob man ihn noch haben will.

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Marcus Blumberg (SPOX): So schwarz sehe ich nicht, Lattenknaller. Positiv betrachtet ist nach zwei Siegen aus den letzten drei Spielen durchaus ein Aufwärtstrend zu erkennen. Die Stimmung in Philly ist dennoch angespannt, was an den schnellen Pfiffen des Publikums schon bei kleineren Fehlern während der Spiele ersichtlich wird. Zugegeben, der Philly-Fan an sich ist ohnehin nicht sonderlich geduldig, aber wie lange wird sich Jeffrey Lurie das Ganze noch ansehen? Mit Vorgänger Andy Reid hat man im Grunde vier bis sechs äußerst wechselhafte Jahre ausgesessen, doch der hat auch nicht die komplette Organisation innerhalb kürzester Zeit auf links gedreht. Kelly wird diese Saison noch versöhnlich zu Ende bringen müssen, um den Eagles Grund zu geben, ihm weiter zu vertrauen. Was zudem für ihn spricht: Wirft man ihn nach dieser Spielzeit raus - während der Saison wird sich nichts tun - müsste der Nächste mit einem gigantischen Trümmerhaufen wieder ganz neu anfangen. Und ob man die Geduld dafür hat, darf bezweifelt werden - besonders in Philadelphia.

Stefan Petri (SPOX): Die Eagles sind bislang eine einzige Achterfahrt - wer weiß schon, ob es hinter der nächsten Kurve nach oben oder steil nach unten geht? Deshalb schlagen da zwei Herzen in meiner Brust. Einerseits hat Philly ein talentiertes Team, eine richtig gute Defense, und der Spielplan ist nicht übermäßig hart (außerhalb der Division warten nur noch die Panthers, Patriots und Cardinals). Wenn man den Karren mit dem Kantersieg über die Saints aus dem Dreck gezogen hat, ist noch einiges möglich. Andererseits haben mich die bisherigen Wochen schon ziemlich ernüchtert, das muss ich zugeben. Sam Bradford hat an Kellys Seite kein Wunderelixier gefunden und bleibt unterdurchschnittlich, Running Back DeMarco Murray mosert offen gegen die Taktik, und der Chiptator scheint nicht gerade beliebt bei seinen Spielern. Es geht am Sonntag gegen die Giants, danach nach Carolina. Zwei klare Niederlagen und die Playoffs sind weg, dann würde mich ein Rausschmiss nicht überraschen. Um auch noch in der kommenden Saison auf dem Thron zu sitzen, muss dagegen mindestens ein Postseason-Erfolg her, nur so lässt sich sein autokratischer Stil rechtfertigen. Den sehe ich derzeit nicht. Und dann waren es schon drei Jahre bei den Eagles ohne sichtbaren Aufwärtstrend...

Adrian Franke (SPOX): Doch, er wird die Saison überstehen, Stefan. So genial der Head Coach Chip Kelly nachweislich sein kann - im Gegensatz dazu verläuft sein erstes Jahr mit der alleinigen Macht über den Kader in der NFL zweifellos umso holpriger. Die Umstellungen in der Interior O-Line wirken nach fünf Spielen wie ein komplettes Desaster, ligaweit ist keine Line schwächer im Run-Blocking und die Verletzung von Guard Andrew Gardner sorgt hier für weitere Probleme. Die einfache Konsequenz: Kelly kann das Running Game, worauf seine Offense in der Theorie stark basiert, nicht ins Rollen bekommen und das Team leidet darunter. Und trotzdem schreibe ich die Ehe zwischen Kelly und den Eagles aus mindestens zwei Gründen noch längst nicht ab. Zum einen wäre da die Tatsache, dass Kelly eben in seinem ersten Jahr als Coach UND Kader-Alleinherrscher ist, und selbst im kategorisch ungeduldigen Philadelphia wäre es untypisch, einen neuen Geschäftsführer nach nur einem Jahr zu ersetzen und seine Arbeit so komplett ad absurdum zu führen. Das sehe ich also so wie Blumi. Da es am Coach Chip wenig Zweifel gibt, wird der GM Kelly wenigstens noch ein Jahr bekommen. Darüber hinaus ist nach wie vor nicht auszuschließen, dass die Eagles ihre komplett offene Division gewinnen und in die Playoffs einziehen. Und dann würde sich sowieso niemand mehr beschweren.

These 1: Den Patriots gelingt die perfekte Saison

These 2: Die Packers sind nicht das beste NFC-Team

These 3: Chip Kelly übersteht die Saison in Philadelphia nicht

These 4: Suh-Deal und Graham-Trade - nur Verlierer

These 5: Die beste Offensiv-Waffe in der NFL ist...

These: Beim Suh-Deal und Graham-Trade gibt es nur Verlierer

Adrian Franke (SPOX): Natürlich ist es für abschließende Beobachtungen zu früh, doch blickt man auf die ersten fünf Spiele, gibt es viele Verlierer. Die Seahawks gaben für Graham Center Max Unger ab und bauten darauf, dass ihr herausragender Line-Coach Tom Cable aus der O-Line trotzdem etwas raus holen kann. Im Running Game funktioniert das bislang halbwegs. In Pass Protection ist keine Line auch nur ansatzweise so schwach wie die der Hawks. Umgekehrt hat es Seattle nicht geschafft, die Offense so anzupassen, dass Graham einen vernünftigen Beitrag leisten könnte. Daran wird zu arbeiten sein. Auf der anderen Seite des Deals standen die Saints - doch eine Line braucht schlicht Zeit. Der Suh-Deal sieht für die Dolphins bislang bitter aus. Miami ist das schwächste Team in der Run-Defense und die D-Line erzeugt keinen Pass-Rush. Suh, dessen Abgang Detroit mit Ngata und Walker (beide mittlerweile verletzt) zunächst gut aufgefangen hat, ist ein dominanter Spieler und ich bin gespannt, wie sich der Trainer-Wechsel bemerkbar macht. Doch kann ein Defensive Linemen keinen so großen Einfluss auf das Spiel haben kann, dass er Quarterback-Geld bekommen sollte - 114 Millionen über sechs Jahre? Kategorisch verurteilen würde ich teure Verpflichtungen deshalb aber nicht, wenn ein gut gecoachtes Team auf dem Weg zum Contender nur eine Baustelle zu schließen hat. Aber es ist keine Überraschung, dass sich die Top-Teams auf dem Free-Agency-Markt oft zurückhalten und sich kontinuierlich über den Draft aufbauen. Das ist der schwere aber richtige Weg.

Marcus Blumberg (SPOX): Ich will Suh noch nicht mit dem Desastervertrag von Albert Haynesworth anno 2009 vergleichen, wobei der Vergleich nach dem bisher Gesehenen durchaus naheliegt. Die Dolphins sind nicht dominanter geworden. Im Gegenteil: Sie lassen mit über 160 Yards im Schnitt die meisten Lauf-Yards zu. Beim Graham-Trade verloren die Seahawks mit Max Unger den Anker ihrer ohnehin schon fragwürdigen O-Line, während die Saints ihren besten Skill-Player abgegeben haben. Also ja, ein Sieger findet sich nicht. Aber das Konzept, viel Geld für einen Free Agent auszugeben, ist nicht per se schlecht. Es gibt auch positive Beispiele. Nehmen wir Peyton Manning, der in seinen ersten zwei Spielzeiten in Denver einmal den Super Bowl und letztes Jahr erneut ein First-Round-Bye erreicht hat. Oder, wo wir schon bei den Saints sind: Drew Brees! Er hat zusammen mit Sean Payton diese Organisation wieder relevant gemacht! Es ist nicht grundsätzlich falsch, großes Geld in Free Agents zu stecken - man muss eben nur die richtigen finden.

Stefan Petri (SPOX): Richtig, Blumi. wobei das natürlich auch Extrembeispiele sind: Selbst semi-kompentete QBs bekommen ja derzeit massenhaft Geld in ihre Schlüpfer gesteckt, sodass Free Agents auf dieser Position entweder richtig schlecht oder mit einem Warnhinweis versehen sind (Brees hatte ja auch Schulterprobleme). Der Suh-Deal ist bisher eine Katastrophe, keine Frage. Ein Defensivspieler mit eher zweifelhaftem Charakter - man betrachte nur seine wiederholten Aussetzer - bekommt einen solchen Vertrag? Das hätte in einem gefestigten Locker Room voller Führungsspieler vielleicht funktionieren können, aber davon sind die Dolphins ja so weit entfernt wie von den Playoffs. Den Graham-Trade will ich noch nicht abschließend beurteilen, außer dass die Saints angesichts ihrer Lage gut beraten waren, ihn abzugeben. Sollten die Seahawks ihre Line in den Griff bekommen, kann er immer noch zur Waffe werden - aber sein Geld fehlt nun eben beim neuen Chancellor-Vertrag. Generell ist es eben oft so, dass vor allem die schlechten Teams eine Menge Cap Room haben, weil eben die großen Stars bzw. die Tiefe im Kader fehlt. Dieses Geld dann für die ganz teuren Trade-Ziele oder Free Agents rauszuhauen, macht wenig Sinn, denn die wirklichen "Difference Maker", die Quarterbacks, bekommt man eben nur so selten.

mySPOX-User Lattenknaller: Der Graham-Trade hat meines Erachtens auf dem Papier Sinn gemacht. Er und die Saints lagen in den Verhandlungen weit auseinander und es war keine Einigung in Sicht. Den Seahawks hat ein Tight End von Format gefehlt, um wieder ein heißer Super-Bowl-Anwärter zu sein. Graham ist aber noch nicht angekommen. Ob das daran liegt, dass er das System noch nicht verinnerlicht hat, oder ob er da nie hin wollte, kann ich nicht abschätzen - er bleibt hinter den hohen Erwartungen zurück, aber ich würde ihn noch nicht abschreiben. Aber, als ich vom Suh-Deal erfahren hab, musste ich erstmal laut lachen. Die Dolphins wollten einen Star mit dem sie sich schmücken können und Suh wollte Geld - keine Konstellation, die sportlichen Erfolg verspricht. Manchmal frage ich mich bei einigen Trades wirklich, ob da sportliche Gründe Hauptgrund waren, oder ob das Front Office einfach Bonuspunkte bei den Fans sammeln wollte. Grade dieses Wettbieten beim Start der Free Agency hab ich noch nie verstanden. Wenn man den Cap Room hat und nur noch eine Schwachstelle im Roster ausgebessert werden muss um ein Contender zu sein UND wenn der entsprechende Spieler dann auch noch in das eigene Scheme passt (wird am häufigsten ignoriert) - dann könnte ein großer Deal Sinn machen.

These 1: Den Patriots gelingt die perfekte Saison

These 2: Die Packers sind nicht das beste NFC-Team

These 3: Chip Kelly übersteht die Saison in Philadelphia nicht

These 4: Suh-Deal und Graham-Trade - nur Verlierer

These 5: Die beste Offensiv-Waffe in der NFL ist...

These: Die beste Offensiv-Waffe in der NFL ist...

Marcus Blumberg (SPOX): Nur zum Verständnis: Wir klammern bei dieser Frage Quarterbacks aus. Meine Antwort ist eindeutig: Rob Gronkowski! Natürlich kann es hier nur einen geben, Gronk! Keiner kann ihn covern, keiner kann ihn wirklich stoppen. Er ist offen, sobald er den Platz betritt und hat unglaublich gute Hände. Zudem ist er für seine Masse äußerst beweglich und auch recht schnell. Was ihn aber von Leuten wie etwa Jimmy Graham absetzt, ist die Fähigkeit zu blocken! Sowohl in der Pass-Protection als auch beim Run-Block ist auf Gronkowski Verlass. Er ist kräftig genug, Leute auch mal einfach aus dem Weg zu räumen, man frage nach bei Sergio Brown. Gronkowski ist der perfekte Offensivspieler. Und wenn er nicht angespielt wird, zieht er dennoch die meiste Aufmerksamkeit der Gegner auf sich und schafft so Platz für Mitspieler. Mehr noch: Er macht den Unterschied! Die Patriots haben ohne ihn zweimal in Serie das AFC Championship Game erreicht, es aber jeweils verloren. Mit ihm an Bord gewann New England dann aber den Super Bowl. Mehr muss man über seinen Wert nicht sagen.

Adrian Franke (SPOX): ... für mich ohne jeden Zweifel Le'Veon Bell. Es gibt in meinen Augen aktuell keinen besseren Running Back als den geduldigen, explosiven und mit einer brutal hohen Spielintelligenz gesegneten Steelers-RB. Bell kann ein Spiel nicht nur über das Running Game an sich reißen, er dominiert auch im Passing Game und ist die Lebensversicherung der Steelers - umso mehr, da Ben Roethlisberger derzeit ausfällt. Bell braucht keinen guten Quarterback (denn das ist Backup Michael Vick aktuell nicht), um gut zu spielen. Wie die an sich so explosive Offense dagegen ohne Bell aussieht, war im Wild-Card-Game der vergangenen Saison zu sehen, als Pittsburgh gegen Baltimore überhaupt nicht ins Rollen kam. Erst knapp nach Bell würde ich hier Rob Gronkowski einordnen, gefolgt vom leider gerade schwer verletzten Jamaal Charles.

Stefan Petri (SPOX): Spannend, Adriano! Ich nehme nämlich auch einen Steeler - aber nicht Bell, sondern "Downtown Antonio Brown". Für mich ist er der vielseitigste und kompletteste Receiver der Liga - und in der Hackordnung der NFL gehen Wideouts mittlerweile vor Running Backs, sorry. Brown kann einfach alles: Er kann als Slot-Receiver agieren, als Deep Threat, er ist schnell, wendig, hat sichere Hände... und er ist unfassbar konstant! Seine zuletzt gerissene Serie muss ich hier noch einmal aufgreifen: 35 Spiele mit jeweils mindestens fünf Catches und 50 Yards Raumgewinn! Das sind über zwei Jahre! Jeder weiß, dass er so brandgefährlich ist, aber niemand kann ihn abmelden. Außerdem sieht man daran, dass er im Vergleich zu vielen anderen Spielern auch robust ist und nicht so leicht ausfällt. Bei Gronk etwa macht man sich immer Sorgen über Ellbogen und Knie - Brown spielt und spielt und spielt. Sobald Roethlisberger zurückkehrt, wird er sich an einer neuen Streak versuchen, da bin ich sicher.

mySPOX-User Lattenknaller: ... die Offensive Line. Ich weiß, eine sehr unspektakuläre Antwort, da man doch in Versuchung geführt wird einen der großen Namen zu nennen, zumal die Heldenverehrung in der NFL ihre Tradition hat; aber letztendlich ist jeder Spieler in der Offense von diesen fünf Jungs in den Trenches abhängig. Ich frage mich, ob DeMarco Murray nachts von seinen ehemaligen Blockern in Dallas träumt, denn in Philly ist es derzeit eher ein Albtraum, den er im wachen Zustand durchlebt. Die Line kann einen Star wie einen Amateur aussehen lassen und umgekehrt, egal ob Quarterback, Running Back oder Wide Receiver. Klar können manche QBs mit ihrer Beweglichkeit Schwächen in der O-Line ausgleichen, aber nicht jeder QB ist Russel Wilson (stimmt's, Kap?) und nicht jeder RB ist Barry Sanders. Alternativ kann man noch sagen, dass die beste Waffe der "Next guy up" ist. Also der, der aufs Spielfeld kommt, wenn sich der Hauptakteur verletzt. Unweigerlich treten Verletzungen auf und gegen Ende der Saison sieht das Team am besten aus, bei dem der zweite Anzug am besten sitzt.

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Die NFL im Überblick