In Perfektion auf den Rasen gebracht, kann die Kombination aus Spiel-Konzepten und Änderungen während des Plays jede Defense in schlechte Matchups zwingen sowie schlicht überfordern. Das war im AFC Championship Game mehrfach zu sehen, als die junge Steelers-Secondary mehr als einmal Receiver scheinbar vergaß. Die Vielfalt aus einer extremen No-Huddle-Offense war zu viel für ein passiv agierendes Steelers-Team, ein Schicksal, das womöglich auch der jungen Falcons-Defense droht.
Auf Tape fällt immer wieder auf, wie häufig New England aus sehr ähnlichen oder sogar den gleichen Formationen heraus agiert, um dann jedoch verschiedene Spielzüge auszuüben. Ein Beispiel hierfür ist der "Hoss F-Juke"-Spielzug, ein Konzept, das New England gegen Pittsburgh extrem häufig anwandte.
NFL-Analyst Ted Nguyen hat es mit Blick auf das Steelers-Spiel ausführlicher analysiert, zusammengefasst: "Hoss" ist ein Konzept für zwei Receiver, von denen der Outside-Receiver entweder eine Comeback-Route oder eine Route nach außen und der Inside-Receiver eine Seam-Route über die Mitte läuft. "F-Juke" bedeutet, dass der Slot-Receiver eine Option Route läuft. Je nach Coverage zieht er nach links oder nach rechts.
Dieses Konzept oder zumindest einzelne Elemente daraus nutzte New England gegen Pittsburgh mehrfach, und als die Steelers etwa ihre Coverage stärker auf den mehrfach komplett freien Hogan fokussierten, reichten kleine Umstellungen aufseiten der Pats, um beispielsweise auf der anderen Seite des Feldes einen freien Receiver über das Scheme zu kreieren.
Viele Waffen, neue Muster
New England ist dabei enorm erfolgreich aus 3-Receiver-Sets: Mit drei Wide Receivern auf dem Platz führten die Patriots die NFL in Yards pro Passversuch klar an (8,3 Yards). Kein anderes Team ist aus dieser Aufstellung heraus effizienter. Gleichzeitig bringt New England auch stets neue Elemente ins Spiel. Gegen Pittsburgh etwa agierten die Pats 19 Mal aus 10-Personnel (ein Running Back, vier Receiver) heraus - in der gesamten Saison bis dahin hatte es diese Aufstellung bei New England ganze zehn Mal gegeben.
Die personelle Vielfalt:
Ermöglicht werden solche auf den Gegner abgestimmten Umstellungen durch die personelle Vielfalt. Die Pats haben mit LeGarrette Blount einen Hammer zwischen den Tackles, scheuen sich aber auch nicht, Dion Lewis hier aufzubieten. Beide - bevorzugt natürlich Lewis - stellen sich aber auch als Receiver auf, wo RB-Kollege James White hauptsächlich zu finden ist.
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Edelman und Hogan sind extrem gut darin, die Defense richtig zu lesen und Lücken zu finden: Edelman gelangen in dieser Saison 486 Yards nach dem Catch (vierter Platz ligaweit), darüber hinaus führte er die Pats in Targets (49), Catches (28), Yards (431) und First Downs (25) bei Third Down an. Hogan verzeichnete 20,9 Yards pro Catch, wenn fünf Receiver fünf oder mehr Defensive Backs gegenüber standen - also bei auf beiden Seiten offensichtlichen Passing Downs.
Dazu kommen physischere, insbesondere auch in der Red Zone wichtigere Ziele, wie Martellus Bennett oder der kurz vor den Playoffs verpflichtete Michael Floyd. "Es ist toll, es macht die Vorbereitung für den Gegner so viel schwieriger", schwärmte jüngst auch Backup-Quarterback Jimmy Garoppolo, der die Saison in Abwesenheit des gesperrten Brady als Starter beginnen durfte. "Man weiß nie, welcher Back, welcher Receiver, welcher Tight End als nächstes aufgestellt wird. Es ist ein angenehmes Gefühl für einen Quarterback."
In der Folge funktioniert New Englands Offensiv-Scheme selbst für Patriots-Verhältnisse extrem gut, New England kann mit diesem Personal verschiedene Spieler effektiv auf verschiedenen Positionen aufstellen. Und durch das Zusammenspiel der Route-Kombinationen wird Atlantas junge Defense Probleme bekommen, vor allem wenn es darum geht, Spieler in der Zone Coverage von einem Verteidiger zum anderen zu übernehmen und zu übergeben.
Run Game und die O-Line:
Von Selbstzufriedenheit ist allerdings, ganz Patriots-typisch, keine Spur. "Wir hätten gerne den Ball noch besser gelaufen", erklärte Head Coach Bill Belichick etwa nach dem Sieg über Pittsburgh. Tatsächlich standen nur 57 Rushing-Yards bei 2,1 Yards pro Run zu Buche - in der Regular Season hatte New England noch die ligaweit drittmeisten Rushing-Versuche pro Spiel (30,1) sowie 19 Rushing-Touchdowns.
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Mit ihrem Power Run Game könnten die Pats auch Atlantas zwar schnellem, aber physisch schlagbaren Linebacker-Corps Probleme bereiten. Atlantas Defense hat sich zwar gesteigert, ließ aber in der Regular Season dennoch die sechstmeisten Yards pro Run (4,5) zu.
Und auch Atlantas Pass-Rush gehört nicht zu den gefährlicheren der Liga. Im Championship Game gegen die Packers blitzten die Falcons überraschend viel, eigentlich ist es eine Defense, die kaum auf Blitzes setzt. Gegen New England ein Drahtseilakt, denn auch in der Offensive Line sind die Patriots deutlich verbessert.
Während die Patriots im Vorjahres-Championship-Game in Denver noch vier Sacks, 16 QB-Hits und Druck bei 45 Prozent von Bradys Dropbacks zuließen, ist die Offensive Line vor allem außen mit zwei starken Tackles deutlich stabiler. "Ein Segen für unser Team", freute sich auch Brady selbst. "Letztes Jahr war da wirklich eine Herausforderung. Wir hatten einige schwerwiegende Verletzungen und mussten viel umstellen. In dieser Saison hatten wir viel Stabilität. Das hilft jeder Offensive Line."
Zusammenfassung
- New Englands Offensiv-Scheme ist grundsätzlich einfach, in der Ausführung aber äußerst komplex. Doch Receiver, Tight Ends und Running Backs verfügen über die nötige Vielfalt und die Spielintelligenz, um die Offense teilweise perfekt auf den Rasen zu bringen. Das erlaubt es den Pats, vor dem Snap aber auch in Sekundenbruchteilen während eines Plays auf den Gegner zu reagieren - ein wesentlicher Grund dafür, dass nicht selten Receiver komplett frei sind und Brady so häufig offene Passwege sieht.
- Mit der schnellen No-Huddle-Offense, Route-Kombinationen über die Mitte und den vielfältigen Möglichkeiten dieser Offensive wird New England die junge Falcons-Defense enorm herausfordern. Kommunikations- und Abstimmungsfehler, wie schon in der ebenfalls jungen Steelers-Secondary, wären keine Überraschung.
- Ebenfalls wenig überraschend wäre es, wenn die Patriots zumindest phasenweise in die gegensätzliche Richtung gehen, und Atlantas schnelle, aber nicht allzu physische Inside Linebacker mit LeGarrette Blount und Double-Team-Blocks attackiert.
- Die größte Schwäche, die New England offensiv in dieser Saison gezeigt hat, gab es in der Divisional-Runde gegen Houston zu sehen: Die Texans ließen ihre Outside-Pass-Rusher die schwächere Mitte der Pats-O-Line attackieren, und das mit Erfolg: Die beiden Guards und der Center ließen in diesem Spiel zusammengerechnet vier Pressures, zwei Hits und zwei Sacks zu.
- Auf der anderen Seite ein möglicher Vorteil: Die Pats haben bereits vor zwei Jahren im Super Bowl gegen die Defense von Falcons-Coach Dan Quinn (damals noch Defensive Coordinator der Seahawks) gespielt - einige Elemente daraus sind auch jetzt klarer Bestandteil in Atlanta.