NFL

Trotz Siemian-Gala: Broncos zittern spät

Die Denver Broncos konnten sich gegen die Chargers auf Trevor Siemian verlassen
© getty

Was für ein irres Finish! Die Los Angeles Chargers sahen schon wie der sichere Verlierer aus - und plötzlich wackelten die Denver Broncos ganz gehörig! Nur ein verpasster Field-Goal-Versuch Sekunden vor dem Ende bewahrte Denver vor der Overtime. Dabei war eigentlich nicht nur die eigene Defense auf Betriebstemperatur - die Offense um Trevor Siemian lieferte über drei Viertel eine überraschend starke Vorstellung ab.

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Verpasste Gelegenheiten in der Defense und unerwartet frühe Offense-Ausrufezeichen - das Spiel verlief zunächst nicht unbedingt so, wie man gedacht hatte. Trevor Siemian (17/28, 219 YDS, 2 TD, INT) profitierte früh von einer fallen gelassenen Interception durch Casey Hayward, brachte seine Broncos dann aber mit einem spektakulären Touchdown-Pass auf Fowler in Führung. Umgekehrt half Denver den Chargers mit einer 40-Yard-Pass-Interference-Strafe, Philip Rivers (22/33, 192 YDS, 3 TD, INT) bedankte sich mit einem TD-Pass zu Melvin Gordon.

Denvers Run-Defense zeigte dabei immer wieder Lücken, gleichzeitig aber hatten die Broncos ihrerseits auch mehr Erfolg im Run Game, als im Vorfeld gedacht. Das allerdings lag weniger an gutem Blocking - vielmehr hatte C.J. Anderson (20 ATT, 81 YDS) einige tolle Runs, bei denen er Verteidiger aussteigen ließ. Ähnlich beeindruckend war im weiteren Verlauf Siemian, der den zweiten Touchdown-Drive mustergültig dirigierte.

Zu Beginn der zweiten Hälfte sorgte die Broncos-Defense dann mit einer Interception durch Robey für das erste echte defensive Ausrufezeichen des Spiels - und Siemian war erneut auf den Punkt da, so dass die Broncos auf 21:7 erhöhten. Denvers Defensive konnte in der Folge dominieren und stoppte die Chargers auch bei einem kritischen Fourth Down im Schlussviertel eindrucksvoll.

Trotzdem wurde es nochmals unglaublich spannend - weil den Broncos ganz plötzlich Fehler unterliefen: Eine kuriose Interception von Siemian beim Screen Pass, als der Ball in der Luft vom Fuß eines Spielers abprallte, sowie ein Fumble von Jamaal Charles bestrafte Rivers mit TD-Pässen auf Allen und Benjamin und als Denver dann noch einen Field-Goal-Versuch vergab, war endgültig alles wieder offen. Denvers Defense stoppte L.A. nochmals, während die Chargers beim letzten Drive desolates Play-Calling und Zeit-Management an den Tag legten. Trotzdem brachte Rivers L.A. mithilfe einer PI-Strafe in Field-Goal-Distanz, der 44-Yarder aber wurde - nach einem Kicker-Icing durch Vance Joseph - geblockt!

Die wichtigsten Statistiken

Denver Broncos (1-0) - Los Angeles Chargers (0-1) 24:21 (7:0, 7:7, 10:0, 0:14) BOXSCORE

  • Das Passing Game der Chargers kam lange überhaupt nicht ins Rollen. L.A. hatte vor den beiden Last-Minute-TD-Drives im Schlussviertel lediglich 175 Yards Total Offense auf dem Konto, oftmals wirkten die Drives etwas kopflos. Selbst die beiden späten Touchdown-Pässe waren primär Rivers und dem kurzen Feld geschuldet.
  • Positive Nachricht dennoch für L.A.: Keenan Allen zeigte sich beim Comeback in guter Verfassung und fing fünf Bälle für 35 Yards und einen Touchdown. Zudem spielte er 52 der 58 Snaps. Überraschend im Passspiel war allerdings, dass Hunter Henry kein einziges Target erhielt. Auch Antonio Gates fing nur zwei Bälle, der Game Plan der Chargers sah die Tight Ends offensichtlich nicht sonderlich intensiv vor.
  • Trotz der Niederlage ließ das Pass-Rush-Duo der Chargers erneut die Muskeln spielen. Melvin Ingram und Joey Bosa bereiteten Denver riesige Probleme. Ingram alleine hatte bei 30 Pass-Rush-Snaps sechs Pressures. Joey Bosa hat jetzt 63 Pressures in seinen ersten 13 NFL-Spielen - seit Beginn der Datenerfassung von PFF vor zwölf Jahren hatte kein Verteidiger so viele. Beide hatten je 1,5 Sacks.
  • Aufseiten der Broncos durfte Jamaal Charles im ersten Spiel in Denver Anderson einige Male entlasten: Zehn Carries (40 YDS) sowie 21 Snaps (Anderson: 48) hatte er, brachte Denver mit seinem Fumble aber in arge Bedrängnis.

Die Stimmen zum Spiel

Vance Joseph (Head Coach Broncos): "Wir hatten zwei Turnover in der eigenen Hälfte, und das wird gegen Philip Rivers zum Problem. Was das Icing des Kickers angeht: Ich hatte noch zwei Timeouts, die wollte ich nicht einfach verschwenden. Also habe ich mich dafür entschieden, ich wollte sehen, wie er darauf reagiert."

Philip Rivers (Quarterback Chargers): "Wir müssen Wege finden, schneller einen Rhythmus zu erlangen. Wir haben zu lange gebraucht, um loszulegen."

Das entscheidende Duell: Denvers Front vs. Chargers-O-Line

Zu Beginn noch offenbarten die Broncos einige Lücken, insbesondere in der Run-Defense. Die aber wurden auf eindrucksvolle Art und Weise geschlossen: Die Broncos dominierten ab etwa Mitte des zweiten Viertels die Line of Scrimmace, im Pass-Rush genau wie in der Run-Defense. Rivers hatte in der Pocket nahezu überhaupt keinen Spielraum mehr und in der Secondary - Denver bot mitunter auch sechs Defensive Backs auf - präsentierten die Hausherren zumeist sehr gute Coverage. Von Miller gelangen bei 34 Pass-Rush-Snaps fünf Pressures, Shaq Barrett legte sechs QB-Pressures obendrauf. Die Broncos wirkten bis zu den späten Turnovern über weite Strecken wie die altbekannte Denver-Defense.

Der Knackpunkt: Rivers' Interception im 3. Viertel

Die Chargers eröffneten die 2. Hälfte mit dem Ball und der Chance, das Spiel auszugleichen. Stattdessen warf Rivers ein Interception über die Mitte und sorgte so für den ersten Turnover des Spiels, wenige Plays später - darunter ein sehr guter Pass auf Demaryius Thomas sowie ein weiterer sehr effizienter Run - hatte Siemian die Broncos erneut in der Endzone geführt, Denver erhöhte die Führung auf 14 Punkte. Das erlaubte es den Hausherren, mit dem eigenen Pass-Rush und der Front insgesamt nochmals aggressiver zu Werke zu gehen und das merkte man. Dass es trotzdem nochmals spannend wurde lag an den beiden Turnovern, die, hätten die Chargers das Spiel gedreht, ohne Frage an dieser Stelle aufgeführt werden würden.

Der Star des Spiels: Trevor Siemian

Die Fortschritte von Trevor Siemian waren deutlich zu sehen, mehr noch als sie die Stats zeigen. Selbst unter dem Chargers-Pressure blieben Siemian ruhig und stand in der Pocket, wenn nötig aber offenbarte er auch einen schnelleren Release. Darüber hinaus gelang es ihm, Spielzüge auszudehnen und seine Beweglichkeit bekam unter anderem beim Touchdown-Run Joey Bosa zu spüren. Mehrfach offenbarte er tolle Pocket-Movement und lief, wenn ihm die Defense Yards gab. Seine Downfield-Pässe kamen genau. Einziger Fehler: Bei Third Down kurz vor Schluss den Ball wegzuwerfen, anstatt den Sack zu schlucken und die Chargers so zur Timeout zu zwingen. Die Interception ging nicht auf sein Konto.

Der Flop des Spiels: Die Chargers-Secondary

Noch vor dem ersten Broncos-Touchdown hätte die Chargers-Secondary dem Spiel einen anderen Verlauf geben können, Hayward aber ließ eine vermeintlich sichere Interception fallen. Und es wurde nicht wirklich besser: Schlechtes Tackling, Probleme in Man-Coverage, schlechte Run-Defense der Cornerbacks - die Secondary der Gäste hatte alles andere als einen guten Tag erwischt, trotz der kuriosen Interception im Schlussviertel beim Screen Pass. Zumindest in Coverage ist Jason Verrett davon allerdings auszuschließen.

Die Taktik-Tafel

  • Die Chargers schoben Joey Bosa und Melvin Ingram an der Line herum, ließen etwa auch Bosa und Ingram von der gleichen Seite aus (Ingram innen, Bosa außen) rushen. Dabei hatte L.A. auch früh Erfolg, Siemian stand schnell und konstant unter Druck - konnte damit aber zunächst überraschend gut umgehen. Zum Ende des Spiels aber wurde der Druck dann doch ein ernstes Problem.
  • Die Broncos zeigten mehrfach ihren Willen, auf das Run Game zu setzen. Das beinhaltete auch Fullbacks als Blocker, 36 Runs hatte Denver am Ende - bei nur 28 Pässen.
  • Bei den Chargers war der offensive Ansatz schnell erkennbar: Das Run Game und ganz konkret Melvin Gordon sollten es richten. Los Angeles versuchte immer wieder auf das Run Game zu setzen und so die vermeintliche Schwäche in Denvers Defense auszunutzen - am Ende standen 22 Runs 33 Pässen gegenüber, und das auch nur aufgrund der Pass-lastigen Schlussphase.
  • Gordon war dabei mit fünf Receptions (kein Spieler hatte mehr) auch in das Passing Game deutlich involviert. Darauf aufbauend spielten die Chargers außerdem viel Play Action: 30 Prozent von Rivers Pässen in der ersten Hälfte kamen via Play Action. Folgerichtig stand Gordon auch bei 44 der 58 Plays auf dem Platz.
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