Wenn in wenigen Tagen die 52. Ausgabe des Super Bowls zwischen den Philadelphia Eagles und den New England Patriots über die Bühne geht, sind die Menschen aus Minnesota nur neutrale Beobachter. Auf bittere Art und Weise verspielten ihre Vikings im NFC Championship Game deutlich die Chance, als erstes Team in der Geschichte der NFL einen Super Bowl vor eigenem Publikum zu bestreiten. Doch wer denkt, dass die Bewohner von Minnesota deshalb durch die Bank weg maßlos enttäuscht sind, der liegt falsch.
Der Bundesstaat darf sich nämlich über einen großen Sieg auf einer ganz anderen Ebene freuen. Vor nicht ganz vier Jahren setzte sich die Metropolregion Minneapolis-Saint Paul als krasser Außenseiter für die Austragung des Super Bowls LII gegen die Kontrahenten aus New Orleans und Indianapolis durch.
"Alle Journalisten und TV-Stationen haben sich vor dem Raum des Teams aus New Orleans stationiert", erinnerte sich Marilyn Carlson Nelson, Vorstandsmitglied des Minnesota Super Bowl Host Committee, an die Vergabe vom Mai 2014 in Atlanta zurück. "Als wir den Zuschlag bekommen hatten, drängte sich der gesamte Tross durch den Gang vor unseren Sitzungsraum."
Super Bowl LII in Minnesota: Mit US Bank Stadium zum Zuschlag
Ein Hauptgrund für die Entscheidung der NFL, mit dem diesjährigen Super Bowl in den hohen Norden nach Minnesota zu gehen, war der Plan eines Stadionneubaus. Das U.S. Bank Stadium sei eine Arena, die ausschließlich für Großevents wie dem Super Bowl gebaut werde, hieß es in den damaligen Bauplänen.
Mit 66.655 Sitzplätzen zählt es zu den dezenteren Stadien der Liga. Zum Super Bowl sollen durch zusätzliche Tribünen insgesamt allerdings 73.000 Menschen Platz finden. Das eigentliche Highlight des 2016 fertiggestellten U.S. Bank Stadium ist aber das Dach, das erste volltransparente in einem amerikanischen Stadion. Dessen Schräge erlaubt es zudem, großen Massen an Schnee Herr zu werden. Peinlichkeiten wie den Einsturz des Metrodome in der Saison 2010 sollen damit der Geschichte angehören.
"Jeder mag es, in einem neuen Stadion zu spielen", war sich Maureen Bausch, Vorsitzende des Host Committee bewusst. Mittlerweile hat sich Minneapolis auch den Zuschlag für die kommenden X Games sowie die Austragung der NCAA Final Four 2019 gesichert.
Um Kosten zu sparen, verzichteten die Verantwortlichen der Vikings auf ein ausfahrbares Dach, das im kalten Minnesota ohnehin selten gebraucht wird. Das Gesamtprojekt kostete insgesamt 1,1 Milliarden US-Dollar und war damit etwa um 800 Millionen US-Dollar billiger, als derzeit für das Las Vegas Stadium der Raiders eingeplant ist.
Minneapolis-Saint Paul: Geldregen durch Super-Bowl-Austragung?
Das Host Committee wusste das U.S. Bank Stadium als das Argument schlechthin zu verwenden, und holte das Event damit zum zweiten Mal nach dem Super Bowl XXVI 1992 in den "Bold North". Diesen Erfolg lässt sich die Stadt allerdings auch fürstlich entlohnen: Die Vorsitzende Bausch, ehemals Geschäftsführerin des meistbesuchten Einkaufszentrums der Welt, der Mall of America, kassierte alleine 2016 rund eine halbe Million Dollar.
Doch der Aufwand der Austragung eines Super Bowls macht sich durchaus bezahlt. Laut einer Studie zum Super Bowl LI brachte die Veranstaltung einen Mehrwert von rund 350 Millionen US-Dollar für das Einzugsgebiet von Houston. Vor drei Jahren, beim Super Bowl XLIX in Glendale, Arizona, war der Effekt mit 720 Millionen US-Dollar gar mehr als doppelt so hoch. Allerdings fand dort auch sieben Tage zuvor der Pro Bowl statt, was die NFL und viele Fans zu einem längeren Aufenthalt brachte.
Für Minneapolis werden aufgrund der Attraktivität und der Lage im kalten Norden nicht so viele Gäste wie in den Vorjahren erwartet, doch der Ansturm wird dennoch spürbar sein. Die NFL reservierte nämlich unmittelbar nach der Vergabe des Super Bowl LII 19.000 Hotelzimmer. Laut StarTribune befinden sich in der Region gerade einmal rund 40.000 Zimmer, die Hälfte ist also exklusiv für die Liga, Medienvertreter und die beiden Teams der Patriots und Eagles reserviert.
Minneapolis: Preise für Übernachtungen ziehen an
Viele der erwarteten 100.000 Fans weichen daher auf private Unterkünfte aus, und das machen sich die Bewohner von Minneapolis-Saint Paul zunutze. SPOX machte sechs Tage vor dem Super Bowl einen kurzen Check auf einem privaten Marktplatz für Vermietung von Unterkünften, um herauszufinden, wie groß das Angebot an freien Betten noch ist.
"404 Prozent mehr Reisende suchen eine Unterkunft in Minneapolis", lautete ein prominent platzierter Hinweis auf der Homepage. Angebote gab es aber noch reichlich. Von den ersten zehn Inseraten, die in Gehweite vom U.S. Bank Stadium entfernt liegen, wurden sechs ausschließlich für diese Woche erstellt. Buchungen mit anderen Reisedaten außerhalb des Super-Bowl-Wochenendes sind nicht möglich.
Bei den restlichen vier Anzeigen sind klare Aufschläge für das Endspiel zu erkennen: Bucht man eine dieser Unterkünfte für Freitag bis Montag um den Super Bowl, sind die Zimmer zwei- bis achtmal so teuer wie für den selben Zeitraum drei Wochenenden später.
Minnesota liefert die ultimative Super-Bowl-Experience
Hat man erst einmal eine bezahlbare Unterkunft gefunden, versuchen die Twin Cities alles, sich ihren Besuchern während der Super-Bowl-Woche von ihrer besten Seite zu präsentieren. "Wir machen Dinge, die noch kein Bundesstaat, kein Gastgeber für einen Super Bowl getan hat", erklärte Bausch.
Eis-Skulpturen sind in der ganzen Stadt verteilt, unter anderem ziert ein 68 Tonnen schwerer LII-Schriftzug die Straßen Minnesotas. Eine mobile Holzbrücke, die normalerweise für Langlaufrennen benutzt wird, wurde kurzerhand in die Stadt verfrachtet und als Attraktion beworben - alles eine Sache des Marketings.
Das größte Highlight stellt allerdings die Bold North Zip Line dar, auf der man entlang einer Seilrutsche für 30 Sekunden über dem Mississippi River schwebt.
Tom Brady mit Minnesota-Vergangenheit
Mit unzähligen Attraktionen wie diesen will die Metropolregion einen bleibenden Eindruck bei den Fans hinterlassen, in der Hoffnung, dass einige von ihnen bei ihrer nächsten Urlaubsplanung an die tolle Zeit in Minnesota denken. "Ich hoffe, die Zuschauer bemerken das und fahren nach Hause mit dem Gefühl: 'Wow, ich komme wieder'", sagte Bausch zu den Nebenveranstaltungen.
Einer, der bereits öfter in den "Bold North" zurückkehrte, wird am Sonntag eine Hauptrolle einnehmen. "Ich fühlte schon immer eine gewisse Verbundenheit zu Minnesota", erzählte Patriots-Quarterback Tom Brady gegenüber ESPN. "Jedes Jahr habe ich mit meiner Familie einige Wochen dort verbracht."
"Im Sommer gingen wir angeln, im Winter eisfischen und halfen meinem Großvater auf der Farm aus und molken Kühe", beschrieb er einen wohl typischen Urlaub im North Star State. "Es war eine gute Zeit für mich, wenn man bedenkt dass ich in California geboren wurde."
Bis heute leben Verwandte Bradys in Minnesota, daher sei ihm "eine Menge an Unterstützung" sicher, wenn er Nick Foles und die Eagles im Super Bowl herausfordern wird.
Ticketpreise für Super Bowl LII
Um beim Showdown am kommenden Sonntag dabei zu sein, braucht es im Übrigen einen gut gefüllten Geldbeutel. Auf dem Sekundärmarkt kostete ein Ticket sechs Tage vor dem Super Bowl laut seatgeek.com im Schnitt 4.000 US-Dollar.
Doch das ist fast schon ein Schnäppchen im Vergleich zu jenem Betrag, den man kurze Zeit zuvor ausgeben musste. Der Kartenanbieter TickPick gibt an, dass die Preise bei der 7:0-Führung der Vikings im NFC Championship Game ihren Höhepunkt erreichten. Satte 8.000 US-Dollar kostete ein Ticket im Schnitt, das billigste gab es für 5.700 US-Dollar.
Der Geschäftsführer von TickPick erklärte gegenüber der Washington Post, dass es äußerst schwierig sei, den perfekten Zeitpunkt zu finden, an dem die Tickets am günstigsten sind. Er hielt jedoch fest, dass historische Daten die Periode zwischen Montag und Mittwoch vor dem Super Bowl als "etwas wie ein Sweet Spot" identifizieren würden.
Zeitpunkte der billigsten Ticketverkäufe vor den Super Bowls XLVIII-LI
Ausgabe | Ort | optimaler Kaufzeitpunkt lt. Seatgeek |
Super Bowl LI | Houston, TX | 5 Tage zuvor |
Super Bowl 50 | Santa Clara, CA | 1 Tag zuvor |
Super Bowl XLIX | Glendale, AZ | 14 Tage zuvor |
Super Bowl XLVIII | East Rutherford, NJ | 3 Tage zuvor |
Super Bowl XLVII | New Orleans, LA | Gameday |
Super Bowl XLVIII | Indianapolis, IN | Gameday |
Minnesota: Freundlicher Gastgeber statt schlechter Verlierer
Als Maureen Bausch nach dem NFC Championship Game die Facebook-Gruppe der freiwilligen Helfer für den Super Bowl öffnete, sah sie einige Einträge, die dem Verpassen der historischen Chance eines Heim-Super-Bowl hinterher trauerten.
Doch der Grundtenor war auch, Minnesota so gut wie möglich zu vertreten, freundlich zu sein, und jeden Gast willkommen zu heißen. Und der NFL zu zeigen, dass die Vergabe des Super Bowl LII nach Minnesota die perfekte Entscheidung war.