Lamar Jackson, Louisville, Draft Report:
Lamar Jackson hätte sich den Pre-Draft-Prozess definitiv einfacher machen können. Beispielsweise, indem er sich einen Berater geholt hätte, der ihn durch die Team-Besuche navigiert, ihn darauf vorbereitet, was Teams von ihm wissen wollen und dabei hilft, Treffen mit Team-Verantwortlichen zu koordinieren. Jackson entschied sich stattdessen dafür, seiner Mutter den administrativen Part übernehmen zu lassen.
Er hätte bei der Combine oder zumindest beim Pro Day zum 40-Yard-Sprint antreten können, um seine ungeheure Explosivität auch statistisch unter Beweis zu stellen. Jackson aber entschied sich dagegen, mutmaßlich auch deshalb, weil mehrere Experten ihm in den vergangenen Wochen dazu geraten haben, sich als Wide Receiver zu versuchen und auch einige Teams bei der Combine Jackson wohl gerne in den Receiver-Drills gesehen hätten.
Für Jackson aber war schon immer klar: Er ist ein Quarterback. In Louisville wissen sie das schon lange. Als Head Coach Bobby Petrino Jackson im Training 2015 - damals war er noch nicht der Starter - als Punt-Returner ausprobierte, klingelte einem Bericht der Sports Illustrated zufolge wenig später sein Telefon. Am anderen Ende der Leitung war Jacksons Mutter, die Petrino daran erinnerte, dass er, als er Jackson rekrutierte, das Versprechen abgegeben hatte, ihn nur als Quarterback einzusetzen.
Das Tape verrät, dass ein Positionswechsel keineswegs notwendig ist. Jackson ist ein Quarterback, und ein äußerst talentierter noch dazu. In jedem College-Jahr hat er sich - nicht nur statistisch - als Passer verbessert, während Petrino parallel die Offense kontinuierlich anspruchsvoller gestaltete. Die Idee, das Jackson durch die Gefahr, die er als Runner ausstrahlt, primär simple Reads hatte, ist schlicht nicht korrekt.
Vielmehr kam Louisvilles Passing-Offense der von Scouts so geliebten "Pro Style Offense" näher als die meisten Schemes im College. Heißt: Full-Field-Reads, die komplette Progression durchlaufen, Timing und Rhythmus im Passspiel und komplexe Route-Kombinationen. Selbst der Anteil der Under-Center-Formationen ging nach oben.
Petrino lässt eine Version der Erhardt-Perkins Offense spielen, wie man sie etwa von den New England Patriots kennt. Dazu gehören auch Option Routes und komplexere Reads, die vom Quarterback verlangt werden, genau wie Pre-Snap-Adjustments, die in der Verantwortung des Quarterbacks liegen. Konzepte wie diese sind NFL-Konzepte, die vom Quarterback schnelle und korrekte Reads verlangen.
Jackson hat bewiesen, dass er dazu in der Lage ist und eine der komplexeren College-Passing-Offenses beherrscht. Schuldig dagegen ist er noch den Beweis, dass er konstant mit Accuracy agieren kann. Bei Jackson wechseln sich herausragende Pässe noch entschieden zu häufig mit bitteren Fehlwürfen ab. Dabei handelt es sich primär um ein technisches Problem, welches reparierbar ist, aber Zeit brauchen könnte.
Natürlich ist Jacksons Athletik ein Faktor und das Team, das ihn draftet, wäre dumm, sich diese nicht zunutze zu machen. Doch ist Jackson keineswegs als Passer so limitiert, dass man die Offense um ihn als Runner herum aufbauen muss. Vielmehr kann man Zone Reads und Run Pass Options als wichtige Elemente einer fortgeschrittenen Passing Offense nutzen. All das aber kommt unter der Prämisse, dass NFL-Coaches Jacksons Beinarbeit Konstanz verleihen können.
Lamar Jacksons College Statistiken:
Jahr | Spiele | Completions/Pässe | Pass% | Yards | Yards/Attempt | TD | INT | Runs | Yards | TD |
2015 | 12 | 135/247 | 54,7 | 1.840 | 7,4 | 12 | 8 | 163 | 960 | 11 |
2016 | 13 | 230/409 | 56,2 | 3.543 | 8,7 | 30 | 9 | 260 | 1.571 | 21 |
2017 | 13 | 254/430 | 59,1 | 3.660 | 8,5 | 27 | 10 | 232 | 1.601 | 18 |
Zusammenfassung: Lamar Jackson, drei Schwächen und Stärken:
Stärken:
- Die unfassbare Athletik springt sofort ins Auge. Jackson ist explosiv, nimmt als Runner gute Winkel und hat die Top-Geschwindigkeit sowie die Beweglichkeit, um auch Verteidiger in vermeintlich guter Position ziemlich alt aussehen zu lassen.
- Gleichzeitig aber zeigt Jackson auch vielversprechende Züge als Passer: Er findet Lücken insbesondere in der Zone Coverage und seine Pässe kommen dann mit Antizipation. Dabei beweist er immer wieder ein hohes Verständnis für die Coverage und bewegt Verteidiger dahin, wo er sie haben will.
- Sein Ball Placement ist mitunter spektakulär, Jackson steht in der Pocket, sucht den Pass und geht durch seine Reads. Er läuft keineswegs blindlings los, wenn sein erster Read zugestellt ist: Laut Pro Football Focus kamen 73 Prozent seiner Rushing-Yards bei geplanten Runs zustande, nur 27 Prozent waren Scrambles.
Schwächen:
- Das große Thema ist die Accuracy, konkreter die inkonstante Accuracy. Im einen Moment wirft Jackson den wunderbarsten Touch-Pass, nur um im nächsten Moment einen Receiver komplett zu verfehlen. Das maßgebliche Problem dabei ist seine Beinarbeit: Jacksons Füße stehen häufig viel zu nah beieinander, aus dieser Grundstellung kommen seine Pässe ungenau. Das muss korrigiert werden, schon im College entstanden so hässliche Turnover.
- In punkto Reads ist nur eine Sache negativ aufgefallen: Jackson übersieht gelegentlich Underneath-Verteidiger, wenn er Routes dahinter liest.
- Seine Athletik erlaubt es Jackson, Plays auszudehnen und sich Zeit zu verschaffen. Allerdings neigt er dazu, es hier zu übertreiben und so unnötige Sacks zu kassieren. Auch leistete sich Jackson bei Option-Plays immer wieder mal den falschen Read und behielt den Ball, wenn er ihn an seinen Running Back hätte abgeben müssen.
Drop-Percentage 2017 (laut Pro Football Focus): 12,04 Prozent.