Passen Winston und Arians überhaupt zusammen?
Zumindest bislang hat sich Jameis Winston nicht gerade als Deep-Ball-Koryphäe hervorgetan; die Ergebnisse in diesem Bereich waren für den Buccaneers-Quarterback zumeist eher sehr durchwachsen. Hier darf man gespannt sein, ob Arians' vertikale Play-Designs auch bei Winston zu Besserung führen. Allerdings ist dahinter noch ein größeres Fragezeichen zu setzen. Winston wird, ähnlich wie Palmer in Arizona, hinter einer durchschnittlichen Line tough in der Pocket spielen müssen.
Zwar hatte Winston über die letzten Jahre konstant einen der tiefsten durchschnittlichen Target-Werte der NFL, doch ist das etwas irreführend: Das Deep Passing Game machte tatsächlich nur einen vergleichsweise kleineren Teil seines Spiels aus, die Offense funktionierte vor allem in der Mid-Range (10 bis 20 Yards von der Line of Scrimmage entfernt) und nutzt im Liga-Vergleich sehr wenig das Kurzpassspiel.
In der Mid-Range werden Arians' Konzepte ebenfalls greifen. Levels-Konzepte - also Play-Designs, bei denen Routes einen Bereich der Defense auf verschiedenen vertikalen Ebenen attackiert - sieht man häufig, genau wie aufeinander abgestimmte Slant- und Out-Routes; genau wie bei diesem Red-Zone-Touchdown gegen die Saints mit den beiden Out-Routes gegen Man Coverage:
Buccaneers Offense: Der nächste Schritt für O.J. Howard?
Neben der Winston-Arians-Frage tauchen auch die Tight Ends immer wieder in Diskussionen auf. Arians' Offense war, nicht nur unter Fantasy-Football-Spielern, fast berüchtigt dafür, dass der Tight End nicht die primäre Rolle im Passing Game spielte.
Gleichzeitig aber hatten Tight Ends stets einen Platz. Unter Arians hatten die Cardinals zwischen 2013 und 2017 laut Pro Football Focus eine der höchsten 12-Personnel-Quoten (ein Running Back, zwei Tight Ends, zwei Wide Receiver) in der NFL, während das ligaweit für die meisten Teams als Basis der Offense dienende 11-Personnel in nur knapp 50 Prozent der Snaps gespielt wurde.
Arians nutzt in seinen vertikalen Konzepten den Tight End bevorzugt, um die Seams tief zu attackieren; und ein Duo wie O.J. Howard und Cameron Brate hatte er in Arizona zu keinem Zeitpunkt. "Nein, niemals", bestätigte er jüngst, "wir hatten die traditionellen Blocker. John Carlson kam Cam vermutlich am nächsten. Wenn du ohne Fullback spielst, kann die Defense keine acht Spieler in die Box stellen. Wir haben Tight Ends, die sich überall aufstellen können, das gibt dir mehr klassische Down-and-Distance-Calls von der Defense, statt dass sie sich auf das Personnel konzentrieren würde."
Man könne "sehr viel diktieren, wenn man zwei Tight Ends hat, die laufen und den Ball fangen, aber auch blocken können", fuhr Arians fort. Gerade Howard habe "sehr viel Potenzial. Er kann an der Line of Scrimmage standhalten und er ist ein Mismatch gegen Safeties und Linebacker. Deshalb wollen wir ihn vielseitig einsetzen. Die drei Tight Ends, die wir haben, als Matchup-Waffen zu nutzen, sollte uns jede Menge Spaß machen."
4 Wide Receiver - und die Running Backs?
Folgende Personnel-Tendenzen sind also auch in Tampa Bay denkbar: Arians wird, wie schon in Arizona, viel aus 12-Personnel-Sets agieren, dabei aber vermehrt die Tight Ends als Matchup-Waffen und einen Fokus in den Play-Designs einsetzen. Insbesondere in Arians' vertikalem Play Action Passspiel könnte das sehr gefährlich werden.
Die andere Tendenz, die aus seiner Cardinals-Zeit heraus sticht, ist 10-Personnel; also kein Tight End und vier Wide Receiver auf dem Feld. Angesichts der Tight-End-Optionen in Tampa dürfte er das etwas weniger nutzen als bei den Cardinals (12 Prozent, der zweithöchste Wert von 2013 bis 2017). Wenn er es nutzt, hat er hinter dem gesetzten Starting-Duo bestehend aus Mike Evans und Chris Godwin mit Breshad Perriman und Scott Miller vor allem je eine Kompetenz, auf die Arians bei seinen Receivern schon immer Wert legt: Geschwindigkeit.
Gerade Miller erinnert an den John Brown/J.J. Nelson Receiver Typ, der in Arians' Offenes in Arizona stets eine prominente Rolle hatte. In 3-Receiver-Sets könnte Godwin in den Slot gehen und Miller außen spielen.
Und das Backfield? Arians selbst erklärte vor ein paar Tagen: "Ich mag unser Backfield. Es gibt hier keinen David Johnson oder Todd Gurley, aber das braucht man auch nicht. Ich werde auf dieser Position keinen Spieler überbezahlen. David Johnson kam als Rookie zu uns und hat herausragend gespielt; man muss einfach die richtigen Jungs finden, für das, was man machen will."
Die Buccaneers haben mit Andre Ellington bereits einen ehemaligen Arians-Weggefährten für das Backfield verpflichtet; Ronald Jones kommt nicht gerade mit dem Ruf eines gefährlichen Receivers, gelingt es Arians, dessen Geschwindigkeit im Passspiel zu nutzen? Oder könnte ein Spieler wie Undrafted Rookie Bruce Anderson eine Rolle in dieser Offense finden?
Fazit: Arians' Offense - die modernste der NFL?
Buccaneers-Fans stehen vor einem unheimlich spannenden Jahr, weil sie unter Arians die beste Version von Jameis Winston sehen sollten. Anders gesagt: Macht Winston in dieser Offense keinen sichtbaren Schritt nach vorne, werden die Zweifler daran, dass er die langfristige Lösung sein kann, vermutlich in die Überzahl kommen.
Mit Blick auf seine Nutzung von Empty Sets, genau wie die Art, wie er Running Backs im Passspiel einsetzt, wie er Play-Designs anpassen und Defenses schematisch tief attackieren kann, lässt sich in manchen Aspekten argumentieren, dass Arians eine der modernsten und gefährlichsten Offenses der NFL spielen lässt.
Die Aufgabe des Play-Callers im Spiel soll dabei Byron Leftwich übernehmen, den Arians bereits in Arizona unter seine Fittiche genommen hatte und der in NFL-Kreisen als einer der nächsten jungen Offensive Coordinators gilt. Leftwich blieb auch nach Arians' Abschied als einer von nur ganz wenigen Coaches bei den Cardinals - und übernahm die Aufgabe des Offensive Coordinators nach der Entlassung von Mike McCoy in der vergangenen Saison.
"Was er als Interims-Coordinator gemacht hat - und das war nicht seine Offense, das war Mike McCoys Offense - war beeindruckend, mit einigen der Rookies. Er ist mehr als bereit", lobte Arians jüngst. Tatsächlich zeigte Arizonas Offense, mit all ihren Limitierungen, eine leicht positive Entwicklung unter Leftwich.
Arians wollte ihn bereits vor zwei Jahren zu mehr Play-Calling-Möglichkeiten verhelfen, und es ist klares Statement, dass er den Offensive-Coordinator-Posten in Tampa Bay bekommen hat - und nicht etwa Harold Goodwin. Goodwin war von 2013 bis 2017 Arians' Offensive Coordinator bei den Cardinals, er ist der neue O-Line-Coach und Run-Game-Coordinator der Bucs.
Es ist generell ein Revival des alten Cardinals-Trainerstabs, zahlreiche Coaches waren bereits zwischen 2013 und 2017 in Arians Stab. Und es ist auch ein Revival einer Offense, die in ihrer Version vor einigen Jahren zur absoluten Liga-Spitze gehörte; jetzt liegt es an Jameis Winston, dafür zu sorgen, dass Arians und die Bucs daran anknüpfen können.