4. Trey Lance, North Dakota State
In einem Satz: Die größte Wildcard der Klasse, weil er einerseits enormes physisches Potenzial im Arm und als Runner mitbringt, andererseits aber auch nur minimale Erfahrung von tatsächlichem Quarterback-Play hat, weshalb er schlicht noch extrem roh ist.
Stärken:
- Das physische Potenzial ist absolut spektakulär und gibt Lance vielleicht die größte Upside im gesamten Draft. Das betrifft seine Fähigkeiten als Runner, aber auch als Passer: Der Ball explodiert teilweise geradezu aus seinem Arm, tiefe Out-Routes und Deep Shots fliegen wie an der Schnur gezogen das Feld runter. Insbesondere beim Deep Ball zeigt er auch extrem gutes Timing.
- Kann jeden Wurf von jeder Plattform raus feuern. Bälle über die Mitte kommen mit sichtbarer Power, die Armstärke öffnet grundsätzlich das ganze Feld. Auch exzellent aus der Bewegung heraus
- Als Runner besticht er vor allem mit seiner Physis. Lance ist nicht der explosive Runner wie ein Lamar Jackson oder Kyler Murray, sondern eher der physische Runner wie ein Cam Newton. Nicht ganz auf Newtons Prime-Level, aber gut genug, dass sich das auf die NFL übertragen sollte.
- Regelmäßig Plays, bei denen er zum zweiten und manchmal auch dritten Read kommt.
- Hatte in der Offense von North Dakota State ein hohes Maß an Verantwortung. War für Protection-Calls zuständig, bereits stark an der Line of Scrimmage involviert. Obwohl er mit sehr wenig Spielpraxis in die NFL kommt, könnte er in der Hinsicht bereits weiter sein als einige der Konkurrenten in diesem Draft.
Schwächen:
- Lance ist noch roh, in nahezu jeder Hinsicht. Er wirkt immer wieder mal überhastet und vieles funktioniert dann doch aufgrund seiner physischen Tools.
- Sein Gefühl für die Pocket ist noch sehr inkonstant. Manchmal navigiert er die Pocket perfekt, manchmal läuft er unerklärlich in den Druck rein oder reagiert überhaupt nicht auf Pre-Snap angedeuteten Pressure.
- Accuracy ist definitiv noch problematisch. Lässt Plays liegen, weil er leicht daneben zielt, wirft zu hoch, setzt Pässe in die Flat und Screens in den Rücken des Receivers.
- Auch Antizipation ist noch nicht auf NFL-Level. Wartet häufig, bis sein Receiver tatsächlich offen ist, um dann den Ball rein zu feuern. Sein Arm erlaubt ihm da mehr Spielraum für Fehler, aber die Fenster werden in der NFL noch kleiner und die Entscheidungen müssen noch schneller kommen.
- Sein Dropback wirkt teilweise noch fast ein wenig improvisiert, was auch dazu führt, dass seine Beine beim Wurf nicht sauber platziert sind. Er macht da häufiger eine Art halben Schritt, der ihn aber eher aus dem Timing zu bringen scheint.
- Hat einfach extrem wenig als Passer gemacht. Ein Jahr als Starter mit im Schnitt 18 Pässen pro Spiel, von denen sehr viel per Rollout kam. Musste im College auch kaum mal überhaupt als Passer einen Rückstand aufholen: 22 College-Dropbacks, wenn sein Team hinten lag.
- Lance wird Zeit brauchen, aber das physische Potenzial wird ihm vermutlich dennoch in die Top 10 der ersten Runde im Draft schieben.
SPOX-Empfehlung: 1. Runde
3. Justin Fields, Ohio State
In einem Satz: Armtalent, Accuracy und Athletik sprechen klar für Fields, der ein sehr spannendes Prospect ist und High-End-Potenzial mitbringt - aber er spielt noch zu langsam und das nicht nur in seinen Reads.
Stärken:
- Die Accuracy ist eines der stärksten Argumente für Fields. Hat regelmäßig tolle Würfe, bei denen der Ball exakt richtig beim Receiver landet. Insbesondere die Mitte des Feldes attackiert Fields verlässlich und ermöglicht seinen Receivern Yards nach dem Catch. In-Breaking-Routes, Crosser, Bender nach innen, da trifft er häufig perfekt in den Lauf.
- Von allen Quarterbacks dieser Klasse ist Fields vermutlich der Beste darin, schon das ganze Feld wahrzunehmen. Er muss noch deutlich konstanter darin werden - dazu gleich mehr -, aber er scheint gerade die für die NFL so wichtige kurze und mittellange Mitte des Feldes zu diesem Zeitpunkt besser zu lesen als die anderen Top-Prospects der Klasse
- Das Armtalent ist fraglos da. Trifft tiefe Out-Routes, hat Touch, kann Würfe von unsauberer Plattform.
- Athletik ist nicht zu unterschätzen. Fields kann außerhalb der Pocket kreieren, aber er ist auch ein guter Runner. Er hat nicht die rohe Power und das athletische Potenzial, das Lance mitbringt, aber in meinen Augen ist er smoother und effizienter als Lance in der Hinsicht.
- Kann sich gut durch die Pocket bewegen und neue Räume kreieren. Häufig sieht man, wie er sich mit kleinen Bewegungen nochmal Zeit verschafft, ohne dabei die Play-Struktur zu verlassen.
- Der Release sah gut aus, Ball ist in der Wurfbewegung meist schnell raus.
Schwächen:
- Fields spielt zu langsam. Da muss man nuanciert differenzieren, denn teilweise verlangt Ohio States Offense, mit den tiefen Option-Routes die Receiver laufen und die Zeit brauchen, um sich zu entwickeln, das gewissermaßen von ihm. So wirkt es teilweise so, als würde er mit den Augen bei seinem Receiver kleben, dabei wartet er spät im Down noch darauf, dass der Cut in der Route kommt. Das kann zu Big Plays führen, in gewisser Weise ist seine Art und Weise, "langsam" zu spielen, dem Grund geschuldet, dass er zu aggressiv sein will. Er muss aber auch besser darin werden, seinen ersten Read zu verlassen.
- Doch die Kritik geht darüber hinaus. Fields übersieht offene Receiver, sein ganzer Prozess muss schneller werden.
- Er registriert Pass-Rusher und Blitzer zu häufig nicht. Ich habe zahlreiche Plays von ihm gesehen, wo er Blitzer vor dem Snap nicht erkennt oder nach dem Snap zögert und dann harte Hits einstecken musste. Das Tempo seiner Reads, die Antizipation im Passspiel und das Erkennen von Rushern, das sind seine größten Baustellen.
- Ansonsten könnte seine Wurfbewegung teilweise noch kompakter sein, sein Dropback und der Wurf wirken manchmal unrund und etwas träge, was den Prozess noch langsamer wirken lässt.
- Vereinzelt hatte er die Tendenz, seinem Arm oder seiner Athletik zu sehr zu vertrauen.
SPOX-Empfehlung: Top 15
2. Zach Wilson, BYU
In einem Satz: Herausragendes Armtalent, was ihm Off-Plattform-Würfe und Plays außerhalb der Struktur mit hohem Maß an Accuracy auch Downfield erlaubt und Wilson zu einem sehr spannenden Quarterback für Rollout-lastige Offenses macht.
Stärken:
- Herausragendes Armtalent. Hat Power, hat Touch, hat herausragendes Ball-Placement, kann jeden Wurf auch aus unsauberer Plattform oder mit beiden Füßen in der Luft. Jeder Wurf wirkt mühelos, egal, aus welchem Winkel er ihn anbringen muss. Komplett problemlos bei Pässen in der Bewegung.
- Wilson kann in der Folge auch kreieren, und das sah man regelmäßig. Außerhalb der Pocket, spät im Down, Wilson ist der moderne Quarterback-Prototyp in dieser Hinsicht und es gab einige Plays und Momente, in denen ich an Patrick Mahomes denken musste.
- Hatte letztes Jahr laut PFF die drittmeisten Deep-Passing-Yards (1.286) und zwölf Touchdowns bei Pässen über mindestens 20 Yards aufgelegt. Trifft regelmäßig enge Fenster, in puncto Ball-Placement ist kein Quarterback dieser Klasse besser.
- Release kommt flott, seine Augen und Füße bewegen sich synchron, richtet sich so permanent neu aus und bleibt in Wurfposition.
- Hat ein gutes Gefühl für den Pass-Rush gezeigt, Augen bleiben gegen Pressure Downfield.
Schwächen:
- Wie gut ist Wilson noch, wenn er konstant schwierigere Situationen überwinden muss? Bei BYU, hinter einer guten Line und gegen überschaubare Gegner sowie mit dem Vorteil von viel Play Action auf seiner Seite, hatte er vergleichsweise wenige wirklich brenzlige Situationen.
- Accuracy ist insgesamt gut, aber pro Spiel gab es ein, zwei Bälle, die er schlicht klar zu hoch ansetzt.
- Hatte in der Mitte des Feldes einige Accuracy-Wackler. Generell ist das das andere große Fragezeichen bei Wilson: Er muss noch besser darin werden, die Mitte des Feldes konstanter und sicherer zu lesen. Profitierte bei BYU sehr von Rollouts und damit verbunden Half-Field-Reads sowie vielen tiefen Bällen nach außen in Eins-gegen-Eins-Coverage. Hat generell die Tendenz gezeigt, an einem Read zu kleben.
- Wenn es dann an die Mitte des Feldes ging, war er deutlich inkonstanter. Hier übersah er freie Receiver, er hatte häufiger sichtbare Schwierigkeiten damit, Safety-Rotationen zu lesen.
- Wilson hat einen exzellenten Arm, aber er hat nicht die Elite-Armstärke die ein Patrick Mahomes beispielsweise hat und definitiv (noch?) nicht das Spielgefühl das Mahomes ebenfalls so auszeichnet. Das ist selbstredend Kritik auf sehr hohem Niveau, sollte aber im Hype um Wilson nicht unerwähnt bleiben.
SPOX-Empfehlung: Top 10
1. Trevor Lawrence, Clemson
In einem Satz: Das kompletteste Quarterback-Prospect der Klasse, mit einem fantastischen Arm - und wenn er in seinen Reads, gerade über die Mitte des Feldes, noch konstanter werden kann, hat Lawrence Top-5-Quarterback-Potenzial in der NFL.
Stärken:
- Das Armtalent ist herausragend. Kann jeden Wurf aus jeder Plattform, trifft die Hände des Receivers 50 Yards Downfield scheinbar mühelos. Serviert den Ball mit Power oder auch mit Touch über die Mitte, kann da variieren.
Schwächen:
- Lawrence ist inkonstant wenn es darum geht, die Mitte des Feldes zu lesen - ein wenig wie Deshaun Watson als der von Clemson in die NFL kam. Er übersieht hier noch zu häufig Verteidiger und Defenses in der NFL werden eher noch eine Nummer schneller und komplexer. Musste häufig nur sehr bedingt das Feld lesen, so wirkte es zumindest.
Hier geht's zur ausführlichen Draft-Analyse von Trevor Lawrence.
SPOX-Empfehlung: Top 3
Das Draft Quarterback Ranking 2021 im Überblick:
Platzierung | Spieler | College | Rundenempfehlung |
1. | Trevor Lawrence | Clemson | Top 3 |
2. | Zach Wilson | BYU | Top 10 |
3. | Justin Fields | Ohio State | Top 15 |
4. | Trey Lance | North Dakota State | 1. Runde |
5. | Kyle Trask | Florida | 2. Runde |
6. | Mac Jones | Alabama | 2. Runde |
7. | Kellen Mond | Texas A&M | 4. Runde |
8. | Davis Mills | Stanford | 5. Runde |
9. | Jamie Newman | Georgia | 5. Runde |
10. | Ian Book | Notre Dame | 5.-6. Runde |