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Top 6: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 6 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf Woche 6 in der NFL.
© getty
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Tuas Comeback für die Dolphins: Entscheidung erst 2023?

Was für ein absurdes Spiel in London.

Ein London-Spiel zwischen zwei - man muss es so deutlich sagen - sichtbar schlechten Teams, das am Ende zugunsten der Jaguars entschieden wurde, weil Flores offenbar nicht vermutete, dass Jacksonville innerhalb von fünf Sekunden einen kurzen Pass anbringen und in Field-Goal-Reichweite kommen könnte, um dann nach einer Timeout den Game-Winner zu kicken.

Aber im Fokus stand aufseiten der Dolphins Tua Tagovailoa, der nach Verletzungspause sein Comeback gab - und dessen weitere Evaluierung der wichtigste Punkt der übrigen Dolphins-Saison ist, die sportlich spätestens mit dieser Niederlage nur noch überschaubaren Value mitbringt.

Fangen wir mit einigen positiven Aspekten an. Einige schnelle Play-Action-Designs sowie Run Pass Options aus der Pocket, einige auch klar so designte One-Read-Plays gaben dem Hawaiianer einige angenehme Pässe. Auch der Touchdown-Pass zu Waddle war Pre-Snap bereits entschieden, Waddle stand Eins-gegen-Eins mit deutlicher Off-Coverage, und Tua drehte sich nach dem Snap nur in seine Richtung.

Tagovailoa hatte auch einige gute Plays individuell. Bei einem frühen langen Third Down (Third-and-Six) manipulierte er die Mitte der Coverage mit seinen Augen, um dann mit dem Ball woandershin zu gehen. Er hatte einige gute Plays innerhalb der Pocket, wo er sich gut bewegt und im exakt richtigen Moment in die Pocket tritt. Wenn Jacksonvilles Pass-Rush das Zentrum offen ließ, scrambelte er einige Male gut.

Und man sah seine beiden besten Qualitäten als Passer mehrfach: Schnelle Entscheidungen bei Run Pass Options, sowie der Touch über die Mitte. Der war früh bereits sichtbar, und auch beim Touchdown-Drive zu Beginn des vierten Viertels - vermutlich Miamis bester Drive in diesem Spiel - zeigte er diese Qualität.

Tagovailoas Comeback: Grund zur Sorge in Miami?

Man kann mit Tagovailoa ein wenig nachsichtig sein, im ersten Spiel zurück nach einer erneuten Verletzungspause. Zumal die Total Stats gut aussehen. Aber wenn wir darüber sprechen, dass die Dolphins Tagovailoa in der verbleibenden Saison bestmöglich evaluieren müssen, gegebenenfalls als Weichenstellung für die Zukunft, dann muss man diesen Maßstab auch entsprechend im Hinterkopf haben.

Tagovailoas Mechanics wurden mehrfach wacklig gegen Druck, die Armstärke offenbarte sichtbare Defizite, beides sind keine neuen Erkenntnisse. Ich würde, wenn wir vom Maßstab sprechen, bei Tagovailoa zunehmend eher den eines "Game Managers" anwenden. Natürlich kann er sich noch entwickeln, aber das ist die Prognose, die seine bisherige NFL-Karriere nahelegt.

Er profitierte von simplen Reads durch RPOs und Screens und angesichts einiger riesiger Lücken in der Jaguars-Secondary. Er war einige Male deutlich Off-Target, unter anderem bei Third-and-Goal, wo er zum Running Back aus dem Backfield ging, der aber auch deutlich vor der Goal Line mit dem Rücken zur Endzone gestanden hätte, wäre der Ball akkurater gekommen. Einige Bälle kamen zu hoch, einige Entscheidungen waren fragwürdig.

Und dann war da natürlich die Interception, ein echter Horror-Wurf, wo er zunächst einen Sekundenbruchteil zögert, dann den Ball doch wirft - und der Verteidiger, der die ganze Zeit an der gleichen Stelle stand, den Ball abfängt, ohne Receiver in der Nähe.

Dolphins: Bekommt Tua noch 2022?

Ich hatte in dieser Saison bereits einige Male über den Rebuild der Dolphins gesprochen, der jetzt ohne Zweifel in der kritischen Phase angekommen ist. Der einfache Part eines radikalen Rebuilds in der NFL ist das Sammeln von Ressourcen - diese Ressourcen dann in sportliche Säulen einer neuen Ära zu verwandeln, das ist der Knackpunkt und bei den Dolphins ist es derzeit mehr als fair, anzuzweifeln, ob das funktioniert.

Was Tua angeht habe ich zunehmend eine relativ klare Prediction. Die Dolphins werden im kommenden Draft aller Voraussicht nach tiefer picken, als ihre finale Bilanz vermuten lassen wird: Durch den Uptrade für Waddle hat Miami seinen eigenen First Rounder 2022 abgegeben und hält stattdessen den der 49ers.

Eine enttäuschende Saison mit rechnerischem Top-10-Pick wird die Dolphins also nicht automatisch in Reichweite für einen Quarterback im Draft befördern.

Dazu kommt, dass die Dolphins dann 2023 nochmals zwei First Rounder in ihrem Arsenal haben, den eigenen und den der 49ers. Tua 2022 nochmals - vielleicht mit einer besseren Offensive Line - eine Art "Do-or-Die-Jahr" zu geben, und sich in puncto Ressourcenverteilung bereits darauf auszurichten, 2022 einen Quarterback-Neustart zu wagen.

Die spannende Frage ist dann natürlich, ob Brian Flores und Chris Grier noch ihre Ämter innehaben werden, um diesen erneuten Rebuild innerhalb des Rebuilds anzuführen. Dass deren Herangehensweise und Roster Building hier ganz eindeutig mit Teil des Problems ist, darüber hatte ich bereits ausführlicher geschrieben.

Flores' Vorstellung in London war nicht das erste Mal, dass man sein In-Game-Coaching hinterfragen darf. Die Dolphins sind einen Damien-Harris-Fumble davon entfernt, 0-6 zu stehen und das obwohl Brissett ohne den verletzten Tua seine Sache ordentlich machte. Die Probleme in Miami gehen weit über alle (berechtigten) Quarterback-Fragen hinaus.