Mailbag: Welche Coaches sind noch auf dem Hot Seat?
MurphsLawyer: Welche Head Coaches und Coordinators haben die höchste Chance, während der Regular Season entlassen zu werden?
Hätte man mich vor der Saison gefragt, wäre meine Antwort zweifelsohne Matt Rhule gewesen. Der ist aber schon entlassen. Frank Reich hätte ich nicht unbedingt auf dem Zettel gehabt, das änderte sich aber nach dem Ehlinger-Stunt.
Doch wer könnte nun noch in Gefahr sein? Hier mal meine Liste an Head Coaches und Coordinators, deren Jobsicherheit ich infrage stellen würde:
- Kliff Kingsbury, Head Coach, Cardinals
- Josh McDaniels, Head Coach, Raiders
- Nathaniel Hackett, Head Coach, Broncos
- Byron Leftwich, Offensive Coordinator, Buccaneers
Wichtig ist hier zu beachten, dass es hier darum geht, dass jemand noch vor Saisonende gehen könnte. Wenn wir von Black Monday 2023 und darüber hinaus schauen, hätte ich da noch ein paar andere Namen in der Verlosung, allen voran Lovie Smith bei den Texans. Nicht, weil er einen schlechten Job machen würde, sondern vielmehr, weil ich weiter davon überzeugt bin, dass er nur eine weitere Übergangslösung ist, bis man zu seiner Wunschlösung kommt - womöglich sogar McCown.
Und bei Dan Campbell könnte ich mir auch vorstellen, dass er hinterfragt werden könnte. Sein Ra-Ra-Stil ist für die NFL vielleicht zu wenig, auch wenn es denkbar ist, dass er - gerade nach der Vorstellung gegen Green Bay - noch einen neuen Quarterback bekommt, um sich vollends beweisen zu können.
Kliff Kingsbury
Kingsbury wurde seinerzeit nach Arizona geholt, um eine moderne Offense aufzubauen, die mit einem dynamischen Quarterback an der Spitze für Furore sorgen sollte. Aktuell ist diese Unit aber vor allem extrem ineffizient. In neutralen Situationen produziert diese Offense -0,102 EPA/Play, was Rang 29 in der NFL bedeutet. Und das ist einfach zu wenig.
Sicherlich wurde es seit der Rückkehr von DeAndre Hopkins besser, aber nicht gut genug. Die Cardinals (3-6) sind drauf und dran, zum dritten Mal in vier Jahren die Playoffs zu verpassen. Und da könnte dann womöglich auch der neue Vertrag bis 2027 nicht mehr helfen, wenn das Team schon in wenigen Wochen raus sein sollte aus dem Playoff-Rennen.
Josh McDaniels
Ja, das scheint ein Long Shot, doch machen wir uns nichts vor: McDaniels war die Wunschlösung von Teambesitzer Mark Davis, er bekam nahezu jeden Wunsch in der Offseason erfüllt, allen voran Superstar-Receiver Davante Adams. Und auch wenn absehbar war, dass diese Saison schwierig werden könnte - der Kader ist sehr top-heavy und wird Ausfälle der Starter nur schwer verkraften -, sind die gezeigten Leistungen zu wenig.
Allein die Tatsache, dass die Raiders schon drei 17-Punkte-Führungen verspielt haben, lässt Alarmsirenen schrillen. Und die Tatsache, dass man in der AFC West bereits jetzt vier Spiele Rückstand zur Spitze hat, macht die Sache nicht besser.
Vermutlich wird man McDaniels selbst mit einer verkorksten Saison noch eine weitere geben. Aber wer weiß, wie sich die Situation darstellt, wenn der Abwärtstrend so weitergeht.
Nathaniel Hackett
Ich habe das schon des Öfteren erwähnt: Auch wenn Hackett neu ist in Denver, ist ihm ein gewisser Welpenschutz nicht garantiert. Es gibt schlicht keine emotionale Bindung zu den ganz hohen Tieren der Franchise. Das Team wurde an neue Besitzer verkauft und auch der Teampräsident wurde gewechselt. GM George Paton ist noch da, doch muss das nicht allzu viel heißen.
Auf dem Papier steht auch hier eine Offense, die von einem Offensiv-Guru gecoacht wird, aber kaum funktional erscheint. Der Sieg in London über die Jaguars vor knapp zwei Wochen war ein wichtiges Lebenszeichen in einer schwierigen Phase, doch war das auch eher die immer noch vorhandene individuelle Klasse von Russell Wilson sowie ein paar busted Coverages zu verdanken, dass dieser Sieg eingefahren wurde.
Die Broncos haben viel Geld in die Hand genommen, allen voran für Wilson. Wenn man dann schon zur Saisonmitte in arger Not ist, wirft das zumindest kein gutes Licht auf den Head Coach, der sich zudem zahlreiche Aussetzer in In-Game-Management ankreiden lassen muss.
Byron Leftwich
Leftwich war vor der Saison im Gespräch, einen Head-Coach-Posten zu übernehmen, womöglich sogar bei seinem früheren Team in Jacksonville. Nach dieser Saison - sollte sich der Trend nicht klar verändern - dürfte das Interesse an ihm aber erstmal zum Erliegen kommen.
Leftwichs Offense belegt Rang 26 nach EPA/Play. Und klar kann man anbringen, dass zahlreiche Verletzungen eine gehörige Rolle spielten, dass es Probleme gab und immer noch gibt. Doch es ist mehr als das. Sein Play-Calling hält das Team zurück. Sein stures Festhalten an Runs bei Early Downs und gerne bei First Down, seine Weigerung auf Play Action zu setzen, weil das ja ohne gutes Run Game nicht funktioniere - warum läuft er dann so oft, wenn da irgendein Zusammenhang bestehen würde?
All diese Dinge sind ein Problem. Diese Offense ist weiterhin hochklassig besetzt und - weil diese Frage auch gestellt wurde in dieser Woche - Tom Brady legt immer noch ein sehr hohes Niveau an den Tag, wird aber auch derzeit von den Umständen behindert. Und dennoch bekommt das Team wenig auf die Kette. Und speziell bei 3rd Down ist man dieser Tage richtig schlecht. Grund dafür ist vor allem, dass man sich mit besagten Calls in Early Downs regelmäßig komplizierte 3rd&Longs einhandelt, aus denen man dann selten herausfindet.
Ist es nun aber wahrscheinlich, dass Leftwich vor Saisonende entlassen wird? Nach dem wundersamen Comeback-Sieg am Wochenende über die Rams wahrscheinlich nicht mehr, zumindest für den Moment. Auch wenn das eher Brady als Leftwich geschuldet war.
appletechnikbl: Wer kristallisiert sich als vergangener Offseason-Verlierer (Team und Spieler) heraus? Gibt ja einige Optionen: Davante Adams, Aaron Rodgers, Brady, Russell Wilson ...
Also von den Genannten würde ich jetzt per se keinen als Verlierer bezeichnen. Drei von diesen Spielern haben monströse Verträge unterschrieben und ihre Zukunft mehr als zementiert. Und Brady hat seine Zukunft nach dieser Saison komplett in der eigenen Hand.
Schaut man sportlich drauf, dann springen mir wieder die Packers ins Auge. Sie haben sich mit diesem Rodgers-Deal, der die Definition eines Knebelvertrags ist - und zwar fürs Team - komplett von ihm abhängig gemacht. Sie werden realistisch betrachtet nur noch solange konkurrenzfähig sein - wenn man das dieses Jahr überhaupt noch sagen kann -, bis Rodgers irgendwann beschließt, dass er genug hat und von dannen zieht.
Denn dann wird das Team von einer exorbitanten Summe an Dead Money erdrückt. 2023 wären das zum Beispiel schlanke rund 100 Millionen Dollar, 2024 noch 68 Millionen, und so weiter. Selbst wenn die Salary Cap nun jährlich stark ansteigt mit den neuen TV-Verträgen, ist das eine unglaubliche Hypothek.
Doch das ist nicht mehr das größte Problem. Den Packers nämlich fallen nun die Versäumnisse der vergangenen paar Jahre inklusive diesem vor die Füße. Sie haben einfach keine guten Receiver geholt, um die Offense zu verstärken. Sie haben komplett darauf vertraut, dass Rodgers dieses Team schon tragen wird, egal, mit welchen Mitspielern.
Doch Davante Adams wurde nicht im Ansatz ersetzt und das scheint das größte Problem zu sein. Er machte so vieles so viel einfacher. Weil er herausragende Fähigkeiten besitzt, aber auch, weil er sich blind mit Rodgers verstand. Und eine solche Connection ist Goldwert für jede QB-WR-Kombo.
Die Packers waren offensichtlich der Meinung, dass Rodgers allein das Titelfenster offen halten würde, zusammen mit einer gut besetzten Defense versteht sich. Doch das ist auch 2022 keine stabile Grundlage. Die Top-Teams der vergangenen Jahre hatten alle Top-Offenses und mindestens solide Defenses. Doch der Offense-Part macht am Ende den Unterschied und hier sind die Packers gerade nicht gut genug. Sie stolpern über ihre Entscheidungen der Offseason, die zusätzlich weitreichende Konsequenzen für diese Franchise haben werden, weshalb man sich durchaus als Offseason-Verlierer bezeichnen muss.
Ein Satz noch zu den Raiders: Auch hier kann man sagen, dass ihre Rechnung mit den zahlreichen Top-Transfers nicht aufgegangen ist. Aber sie hatten eben auch schwere Altlasten abgetragen, die das Gruden-Regime hinterlassen hatte. Deshalb ist es auch so schwierig, McDaniels und Co. fair zu bewerten. Aber die Raiders zeigen zumindest, dass ein paar Topstars zu kaufen noch lange nicht reicht, um in der NFL konkurrenzfähig zu sein.