NFL, Week 15 - Gewinner: (Fans der) Carolina Panthers
Die Carolina Panthers sind eine Katastrophe. Das schlechteste Team der Liga - da können höchstens die Chargers ohne Justin Herbert mithalten - steht in der kommenden Saison ohne Erstrundenpick da, Rookie-Quarterback Bryce Young hat die in ihn gesteckten Hoffnungen noch nicht bestätigt. Leistungsträger gibt es um ihn herum kaum, Head Coach Frank Reich musste bereits gehen. Besitzer David Tepper, seit 2018 am Ruder, hat die Franchise mit Karamba und Karacho vor die Wand gefahren.
Umso mehr Respekt gebührt den Fans, die sich am Sonntag trotz strömenden Regens ins nicht überdachte Bank of America Stadium in Charlotte quälten, um ein Team ohne Gegenwart und kaum Zukunft anzufeuern. Viele waren es nicht, vielleicht ein paar tausend - obwohl Tickets für unglaubliche 45 Cent zu haben waren. Aber das macht Fansein eben aus: das komplette Ignorieren jedes rationalen Gedankens, der eiserne Durchhaltewillen, das Klammern ans "In guten wie in schlechten Zeiten"-Mantra. Panthers-Fans, euch gebührt mein Respekt!
Umso schöner, dass es für den harten Kern auf den Rängen tatsächlich etwas zu feiern gab. Die Falcons, selbst auch eher inkompetent unterwegs, ließen die Tür bis zum Ende offen - und an diesem Ende legten Young und seine Offense tatsächlich einen 17-Play-Drive von der eigenen 5-Yard-Linie hin, um mit ablaufender Uhr das Field Goal zum Sieg zu schießen. "Manchmal klopft man die ganze Zeit an die Tür, aber niemand macht auf. Dann muss man die Tür früher oder später eintreten", feierte Interimscoach Chris Tabor den Sieg, zweifelhafte Metapher inklusive. Nächsten Sonntag sind die Packers zu Besuch. Vielleicht bringen die ja ein paar Fans mit.
NFL, Week 15 - Verlierer: Jacksonville Jaguars
Nach sieben Siegen aus acht Spielen standen die Jaguars vor ein paar Wochen bei 8-3 und konnten sogar im Kampf um den Top-Seed der AFC ein Wörtchen mitreden. Seitdem verlor das Team um Trevor Lawrence gegen den Backup-QB der Bengals (Jake Browning), den vierten Quarterback der Browns (Joe Flacco) und jetzt gegen die Ravens. Wenn die Jaguars ein Meme wären, dann dieses hier.
Man schaue sich nur die erste Hälfte gegen Baltimore im Sunday Night Game an:
- 23-Yard Drive: Punt von der eigenen 44-Yard-Linie
- 43-Yard-Drive: Verschossenes Field Goal aus 50 Yards
- 26-Yard-Drive: Verschossenes Field Goal aus 55 Yards
- 32-Yard-Drive: Fumble an der gegnerischen 18-Yard-Linie
- 55-Yard-Drive: Uhr läuft an der gegnerischen 4-Yard-Linie aus
181 Yards Raumgewinn waren es insgesamt in Halbzeit eins, Punkte gab es keine: Das hat noch kein Team diese Saison geschafft. Besonders die hanebüchene Entscheidung von Lawrence, bei noch wenigen Sekunden vor der Pause nicht zu spiken, sondern einen weiteren Pass zu versuchen, war ein Desaster.
Und so ist der Vorsprung in der AFC South weg, drei Teams stehen bei 8-6 und Lawrence steht mit Verdacht auf Gehirnerschütterung nächsten Sonntag bei den Buccaneers vielleicht gar nicht zur Verfügung. Sollte Jacksonville tatsächlich noch den Playoff-Platz verspielen, wäre das ein wahrhaft epischer Kollaps.
NFL, Week 15 - Hail Mary der Woche: Justin Fields auf Darnell Mooney (Bears)
Die Uhr war abgelaufen, Bears-QB Justin Fields hatte den Hail-Mary-Pass abgefeuert. Gute 55 Yards war das Leder in der Luft, senkte sich dann in eine Traube von mindestens zehn Spielern - und prallte von dort in die Arme des gerade rückwärts fallenden Bears-Receivers Darnell Mooney. Der hatte den Ball eigentlich schon mit beiden Armen umfasst, aber er flutschte ihm irgendwie doch durch und wurde von ihm sogar noch zu einer Interception in die Luft gekickt. Game over, Sieg für die Cleveland Browns.
Näher kann man einem Hail-Mary-Catch beim besten Willen nicht sein. "Das ist hart", sagte Mooney selbst. "Wie oft funktioniert ein Hail Mary tatsächlich so, dass man den Ball vielleicht fangen könnte?" Den besten Kommentar hatte aber Myles Garrett. Der Pass Rusher hatte Fields am Pass hindern wollen, kam aber nicht nahe genug heran. "Ich dachte mir: 'Bitte, Herr, lass uns nicht in einem YouTube-Zusammenschnitt landen.'"
Diesem Schicksal sind die Browns gerade so entgangen. Wer jetzt Lust bekommen hat auf einen solchen Zusammenschnitt: Hier geht's lang!
NFL, Week 15 - MVP-Diskussion der Woche: Brock Purdy oder Christian McCaffrey?
Keine Angst, den möglichen MVP dieser Saison wollen wir diesmal nicht durchkauen, auch nicht die Frage, wie gut Brock Purdy von den San Francisco 49ers denn nun wirklich (!) ist. Aber wie Purdy, nach seinem dritten Spiel in dieser Saison mit vier Touchdowns ohne Interception Partei für seinen Teamkollegen ergriff, das ist dann doch bemerkenswert.
"Ich denke, Christian sollte MVP sein", sagte Purdy über seinen Running Back McCaffrey. "Das glaube ich wirklich. Er macht alles für uns, läuft und fängt den Ball. In meinen Augen ist das ein MVP." McCaffrey hatte zuvor die Cardinals-Defense zum zweiten Mal in dieser Saison in ein Sieb verwandelt. Drei Touchdowns und fast 200 Yards Raumgewinn, das macht zusammengenommen in beiden Spielen gegen Arizona 364 Yards und sieben Scores. 1.292 Rushing Yards hat "CMC" aktuell auf dem Konto, dazu kommen 509 Receiving Yards. 20 Touchdowns insgesamt, da kann nur Raheem Mostert von den Dolphins mithalten.
In den ersten Wochen der Saison tauchte McCaffrey tatsächlich auf den MVP-Listen auf, dann verloren die Niners drei Spiele in Folge und es wurde ruhiger um ihn. Ist er nun wieder ein ernsthafter Kandidat? Unser Tipp: Nächste Woche könnte im Heimspiel gegen die Baltimore Ravens eine Vorentscheidung zwischen McCaffrey, Purdy und Lamar Jackson fallen.
NFL, Week 15 - Gewinner: James Cook (Bills)
Um den Arbeitstag von James Cook gegen die Dallas Cowboys kurz zusammenzufassen, braucht es eigentlich nur diesen Clip hier: Sein Laufversuch ist eigentlich nach vier Yards gestoppt, aber am Ende werden es zwölf, weil Cook nicht aufzuhalten ist, weil sein komplettes Team wie besessen anschiebt und die Cowboys-Defense einfach nicht gegenhalten kann.
So wurden es am Ende 179 Rushing Yards, wobei sowohl die Anzahl der Carrys (25) als auch die Yards im Schnitt (7,2) beeindruckend sind. Ach ja, 42 Receiving Yards auch noch, plus je ein Touchdown am Boden und durch die Luft. Mit Cook in dieser Form sind die Bills schwer aufzuhalten - und seit das Team den Offensive Coordinator vor einigen Wochen austauschte, ist seine Rolle deutlich größer geworden.
So konnte sich Quarterback Josh Allen auf 15 Passversuche beschränken und warf zum ersten Mal seit Anfang Oktober keine Interception. "Ich fühle mich wie das Kind, das in der Gruppenarbeit nichts beiträgt, aber am Ende trotzdem eine Eins bekommt", witzelte er. Letzten Montag hatten wir die Frage noch abgeblockt, ob Buffalo in den Playoffs zum Angstgegner aufsteigen könnte. Nach dieser Machtdemonstration gegen Dallas ist die Antwort ein klares Ja.
NFL, Week 15 - Verlierer der Woche: Kadarius Toney (Chiefs)
Wenn du denkst, es geht nicht mehr schlimmer, dann kommt Kadarius Toney daher. Letzte Woche hatte er mit seinem Offside noch den schönsten Touchdown des Jahres und ein potenzielles Chiefs-Comeback vernichtet, dennoch stand das Team geschlossen zu ihm und gab lieber den Referees die Schuld. Der perfekte Zeitpunkt, um sich mit einem guten Auftritt zu rehabilitieren? Nope! Ohne Not ließ er gegen die Patriots einen perfekt geworfenen Pass von Patrick Mahomes nicht nur durch die Handschuhe gleiten, sondern jonglierte den Ball auch gleich noch in die Arme von Patriots-Linebacker Jahlani Tavai. Plötzlich standen die Pats tief in der Hälfte der Chiefs und machten es mit einem Touchdown zum 17:27 im Schlussviertel noch einmal spannend.
Die Reaktion von Mahomes war dann auch dementsprechend aufschlussreich. Die Kameras fingen ihn völlig frustriert auf der Bank ein, mit den Worten: "Das habe ich doch gerade gesagt, verdammt noch mal. Gottverdammt!" Verbrieft ist es nicht, dass er dabei von Toney sprach, aber zumindest extrem naheliegend. Letzterer beendete seinen Arbeitstag mit zwei Catches für 5 Yards. Dass die Chiefs seinen Spind nicht schon längst ausgeräumt haben, dürfte hauptsächlich an seinen Heldentaten im letzten Super Bowl liegen - aber auch daran, dass es einfach viel zu wenig Alternativen im Kader gibt. Also geht es wohl weiter mit der Toney-Achterbahn. Und hoffentlich demnächst endlich mal wieder bergauf.
NFL, Week 15 - Fan der Woche: Taylor Swift
Eine Überraschung ist es mittlerweile nicht mehr, dass die Pop-Gigantin im Stadion auftaucht und ihren Beau Travis Kelce anfeuert. Schließlich gefällt ihr der Sport mittlerweile sogar: "Football ist großartig, wie sich herausgestellt hat. Ich habe mein ganzes Leben lang etwas verpasst."
Na gut, Zitate der Kategorie "Was soll er/sie denn sonst sagen?" nehmen wir normalerweise nicht wirklich ernst. Aber wie sie bei einer glasklaren Schwalbe von Kelce in der Endzone von den Kameras fuchsteufelswild mit einem "The F*ck!?" eingefangen wurde, war dann doch eine Winzigkeit herzerwärmend. Die Frau kennt sich mit Flops halt nicht aus (sorry, der kam flach). Der größte Star des Planeten - aber in puncto Football genauso irrational unterwegs wie Otto Normalverbraucher: So soll es sein.
NFL, Week 15 - Interception der Woche: Nick Mullens (Vikings)
Manchmal will man als Quarterback einfach zu viel. Besonders groß ist die Gefahr dann, wenn man gerade erst den Job als Starter übernommen hat, es um die Playoffs geht und man nach einem guten Drive bloß nicht ohne Punkte bleiben will. Also feuerte Vikings-QB Nick Mullens, während er gerade zu Boden gerissen wurde, den Ball noch schnell raus - lieber Incompletion als fast zehn Yards Raumverlust.
Dumm nur, dass er den Ball nicht zu Boden brachte, sondern ihn direkt ins Gesichtsgitter von BJ Hill feuerte, also in den Mann, der ihn gerade sackte. Von Hill prallte der Ball an Mullens' Hintern und daraufhin wieder zu Hill, der plötzlich statt eines Sacks eine Interception auf dem Konto hatte.
Doppelt blöd: Selbst mit dem Sack wäre Minnesota immer noch in Field-Goal-Reichweite gewesen. Dreifach blöd: Am Ende verloren sie das Spiel gegen die Cincinnati Bengals mit 24:27 nach Overtime.
NFL, Week 15 - Weitere Gewinner
Houston Texans: Schön war es nicht, aber extrem wichtig, wie die Texans ohne den verletzten CJ Stroud den Auswärtssieg in Tennessee holten. Rehabilitation für das 6:30 gegen die Jets am vergangenen Wochenende war es auch und ein Big Point im Kampf um die Postseason.
Joe Flacco: Der Browns-Quarterback warf zwar drei Picks, verzeichnete beim Comeback-Erfolg gegen Chicago aber auch den vielleicht schönsten Touchdown-Pass des Sonntags.
Baker Mayfield: Krönte sich beim 34:20 der Tampa Bay Buccaneers mit 381 Passing Yards und vier Touchdowns zum ersten QB überhaupt, der auswärts im Lambeau Field ein perfektes Passer Rating von 158,3 auflegte.
Gardner Minshew: Der Backup-QB hält die Colts weiterhin auf Playoff-Kurs. Wenn er nächstes Jahr nicht irgendwo startet, geht etwas nicht mit rechten Dingen zu.
Justin Herbert: Manche zweifeln daran, wie gut der Chargers-QB wirklich ist. Nun, im Thursday Night Game haben wir gesehen, wie schlecht sein Team ohne ihn ist ...
NFL, Week 15 - Weitere Verlierer
New York Jets: Zum 13. Mal in Folge hat das Team die NFL-Playoffs verpasst. Keine andere Franchise in den großen vier US-Ligen wartet mittlerweile länger auf den Einzug in die Postseason.
David Moore: Fast hätten die Refs dem Receiver der Buccaneers diesen Touchdown noch aberkannt, weil er zu früh anfing zu jubeln und ihm der Ball so noch aus der Hand geschlagen werden konnte. Glück für ihn: Keine Kamera konnte die Situation genau auflösen, der Touchdown stand.
George Pickens: Beim Steelers-Receiver muss man so langsam von Arbeitsverweigerung sprechen.
Head Coach und GM der Zukunft bei den Los Angeles Chargers: Das Großreinemachen hat nach dem 21:63 gegen die Raiders begonnen. Aber wer will sich diesen Job denn antun? Die Playoffs sind weg, das Team steht mit alternden Stars da und befindet sich ganz tief in der Cap-Hölle. Vielleicht sollte ein Trade von Justin Herbert in L.A. kein Tabuthema mehr sein ...