Sportlich fehlte zum großen Wurf der Flyers aber noch eine letzte Zutat. Mit Goalie Bernie Parent holte Philadelphias Coach Fred Shero dieses fehlende Puzzlestück dazu. Parent, der schon in den 60er Jahren für die Flyers auf dem Eis stand, kam in blendender Verfassung zurück. "Er nervte uns jeden Tag beim Training. Man konnte gegen ihn einfach nicht treffen", erinnert sich Clarke.
Mit Parent war der ungewöhnliche Keeper für ein ungewöhnliches Team gefunden: "Er war vollkommen wahnsinnig", meint Mitspieler Bobby Taylor.
Sportlich erfolgte der endgültige Siegeszug der durch Parent komplettierten Truppe dann in der Saison 1973/74. Längst hatten sich die Grenzgänger zwischen Talent und Terror ins Herz von Philadelphias Bevölkerung gespielt. Die dreckige Spielweise schien das Heilmittel für eine Stadt zu sein, die nach Aufschwung lechzte.
Das Team personifizierte das damalige Philadelphia perfekt: Blut, Schweiß und harte Arbeit. Die euphorischen Fans gaben der Truppe im Spectrum noch ein Quentchen Extra-Biss.
Flyers fordern Bobby Orr und die Bruins
In der regulären Saison erkämpften die Flyers sich den Conference-Sieg. Den Weg dahin pflasterten 715 Strafminuten und 103 Faustkämpfe - mehr als doppelt soviel wie beim nächsthärtesten Team.
Diese Schreckensherrschaft dauerte auch in den Playoffs an, wo die Flyers im Halbfinale sensationell die New York Rangers rauswarfen. Nie zuvor hatte ein Expansion-Team einen etablierten Vertreter der Original Six in der K.o-Runde eliminiert. Bobby Clarke erinnert sich noch gut: "Es war Krieg."
Im Endspiel warteten schließlich die hochfavorisierten Boston Bruins. Die Big Bad Bruins mit ihren Superstars Bobby Orr und Phil Esposito ließen sich als eines der wenigen NHL-Teams nicht vom rohen Habitus der Flyers einschüchtern. Nach fünf engen Spielen lag Philly dennoch mit 3:2 in Führung, hatte Heimvorteil in Spiel sechs - der Titel war zum Greifen nah.
Und es wurde ein denkwürdiger Abend: Ein Treffer von Rick MacLeish und eine Sensationsleistung von Keeper Parent entfachten einen furiosen Jubelsturm im Spectrum. Die Flyers hatten den Stanley Cup gewonnen. Eine Sensation in der NHL.
Gehasst, verdammt, vergöttert
Zwei Millionen Fans feierten das Team um Bobby Clarke und Dave Schultz in den Straßen von Philadelphia. Die Stadt hatte endgültig neue Helden. Doch so sehr die mehrheitlich aus Kanadiern bestehende Mannschaft in Philadelphia geliebt wurde, so sehr hasste man sie an jedem anderen Ort Amerikas.
Der damalige NHL-Präsident überreichte den Cup nur äußerst widerwillig an die barbarische Horde. "Lasst eure Frauen und Kinder im Haus - die Flyers kommen" oder "Tiere auf Schlittschuhen", hieß es in amerikanischen Zeitungen.
In der nächsten Saison musste die Truppe oftmals unter Polizeischutz in die Arenen geführt werden. Ed van Impe erinnert sich noch bestens an die gefährlichen Auswärtsfahrten: "Sie haben uns vier oder fünf Blocks von einer Ampel zur anderen gejagt und wenn sie am Bus waren, haben sie uns die Fäuste entgegen gestreckt."
Der heftige Gegenwind stellte für die erschütterungsresistenten Flyers kein Problem dar. Bobby Clarke amüsiert sich noch heute darüber: "Man bekommt die üblichen Todesdrohungen und das war gut so - ich liebte das. Sie sollen dich ja auch hassen, du tust ja nichts, um das zu ändern." Konsequent blieben die Flyers ihrer Linie auch im nächsten Jahr treu und schafften das, was niemand für möglich gehalten hatte: die Titelverteidigung.
"Wir müssen uns bei niemandem entschuldigen"
Ein Jahr später, 1976, erreichten die Flyers nochmals das Finale. Es passt historisch genau ins Bild, dass dieses Finale gegen die Montreal Canadiens mit 0:4 verloren ging. Allmählich zollte das Team aus Philadelphia seiner aggressiven, körperlichen Spielweise Tribut. Die Mannschaft war sprichwörtlich verbraucht. Das visionäre, filigrane Spiel der Canadiens stellte das alte Wertesystem der NHL wieder her, die dunkle Seite des Eishockeys war besiegt. Eine Ära in Philadelphia neigte sich dem Ende zu.
So wurden die 70er Jahre für Eishockey gleichzeitig zum Höhe- und Tiefpunkt. Talentierte Spieler wie Bobby Orr leisteten Pionierarbeit, die sich noch heute im Sport niederschlägt. Und dann gab es da eben noch die Flyers, die den Sport völlig anders interpretierten. Doch selbst Phil Esposito, der '74 mit den Bruins im Finale gegen die Flyers antrat, respektiert die Leistung seiner Gegner: "Egal, ob man Broad Street Bully oder sonstwas ist - wenn man nicht das Talent dazu hat, gewinnt man nicht."
Inzwischen haben die Broad Street Bullies das Rentenalter erreicht. Noch immer werden die ergrauten Herren in Philadelphia als Legenden verehrt, noch immer bleibt die Anerkennung jenseits der Stadtgrenzen aus.
Im Juli sprach die "Sports Illustrated" den Flyers der Saison 74/75 Rang vier der meistgehassten Sportteams aller Zeiten zu. Und noch immer sind sich die Bullies einig: "Wir müssen uns bei niemandem entschuldigen."