Für die Rückkehr des verlorenen Sohnes hat der Deutsche Tennis Bund (DTB) keine Kosten und Mühen gescheut. Der Plenarsaal im Frankfurter Römer - 400 Quadratmeter groß, eichenholzvertäfelt und mit Blick auf die Paulskirche - wird am Mittwochmittag ab 12.00 Uhr zum Schauplatz einer spektakulären Aufführung. Boris Becker gibt sich die Ehre und wird, wie bereits durchsickerte, zum "Kopf des deutschen Männertennis" berufen.
Die DTB-Heimat am Hamburger Rothenbaum ist derzeit dank des Beachvolleyball-Masters mit Sand bedeckt und damit kein passender Ort für Beckers Inthronisierung, zumal bis zu 100 Journalisten erwartet werden. Die "spannenden Neuigkeiten", die der DTB angekündigt hatte, sind dann zwar nicht mehr ganz so neu, allerdings noch immer spannend. Wie sieht Becker seine Rolle im Verband? Wie sieht sein Vertrag aus? Und tritt Barbara Rittner nach zwölf Jahren als Fed-Cup-Chefin tatsächlich ab?
Eines wird bei Beckers Auftritt verborgen bleiben: Fragen zur finanziellen Situation des deutschen Tennishelden werden nicht erlaubt sein. Der dreimalige Wimbledonsieger wird nur zu seiner Kernkompetenz Stellung beziehen, er wird gemeinsam mit Sportdirektor Klaus Eberhard und Vize-Präsident Dirk Hordorff erklären, wie er dem DTB und den hoffnungsvollen Spielern in Zukunft helfen kann. Sein Aufgabengebiet, das ist zu erwarten, wird weit über die Beraterrolle beim Davis Cup hinausgehen, die zuletzt sein früherer Teamchef Niki Pilic inne hatte.
"Richtig Bock"
Becker werde Verantwortung übernehmen, ist aus DTB-Kreisen zu hören. Er habe "richtig Bock" auf das deutsche Männertennis und werde sich auch aus seiner Wahlheimat Wimbledon voll einbringen. Becker soll sich mit Barbara Rittner austauschen, die zum "Kopf des deutschen Frauentennis" befördert wird und ihren bisherigen Job an Trainer Jens Gerlach weitergibt. Becker und Rittner können aus ihrem reichhaltigen Erfahrungsschatz schöpfen, sowohl Spitzenspieler beraten als auch Top-Talente an die Profis heranführen.
Gerade mit Becker verbindet der DTB große Hoffnungen. Deutschlands erfolgreichster Tennisspieler könnte eine Sogwirkung auslösen und Alexander Zverev (20), der sich von seinem Weg zum Weltstar derzeit nicht abbringen lässt, stärker an den Verband und das Davis-Cup-Team binden. Gemeinsam mit Rudolf Molleker (16), jüngst am Rothenbaum als Überraschungs-Qualifikant in Erscheinung getreten, könnte das deutsche Tennis in Zukunft glänzen wie seit Beckers aktiver Zeit nicht mehr.
Strahlkraft
Und dann gibt es ja noch Nicola Kuhn (17), der seit Jahren in der Akademie von Zverevs Trainer Juan Carlos Ferrero ausgebildet wird und in diesem Jahr das Juniorenfinale der French Open erreichte. Nach Erfolgen in deutschen Nachwuchs-Teams startet er derzeit für Spanien, doch der DTB hat die Hoffnung nicht aufgegeben, Kuhn von einer Rückkehr zu überzeugen. Beckers Strahlkraft und seine Erfolge mit Kuhns Idol Novak Djokovic werden diesem Vorhaben sicher nicht im Wege stehen.
Beinahe 17 Jahre hat es gedauert, bis sich Becker und der Verband, der ihm fast alles zu verdanken hat, wieder zusammengerauft haben. Einst saß Becker beim Davis Cup auf der Bank, erst kurz zuvor hatte er seine Karriere beendet. Als Trainer war Becker eine Fehlbesetzung, als Lichtgestalt besitzt er Einfluss. Das hat er im Team Djokovic bewiesen.