Im Frankfurter Römer ist alles angerichtet für die spannende Rückkehr von Boris Becker in die Arme des DTB, pünktlich um 12 Uhr mittags an diesem Mittwoch. Großes Tennis wird es sein, auch abseits des Centre Court, Dutzende Journalisten und Kamerateams haben sich für das High Noon angesagt zur Verkündung einer zweiten Amtszeit von Becker beim größten Tennisverband der Welt, gleich mehrere Räume sind angemietet für Interviews von Presse, Funk und Fernsehen.
Und weil der spektakulärste Medientermin des DTB in jüngerer Zeit nicht etwa in verwackelten, semiprofessionellen Bildern live festgehalten werden soll, ist schließlich auch ein Top-Kamerateam von den DTB-Funktionären verpflichtet worden - zu sehen ist die Talkrunde beispielsweise auch auf dem Facebook-Kanal des DTB.
Natürlich haben sie beim DTB auch schon alle Eventualitäten durchgespielt für den Ernstfall in Mainhattan. Auch jene, dass sich gewisse Berichterstatter mehr für Beckers immer noch prekäre Finanzen interessieren könnten als für seinen Job als "Head of Mens Tennis", als Supervisor, Chefkontrolleur und Oberaufseher des deutschen Männertennis.
Becker, seit seiner Wimbledon-Beschäftigung als TV-Experte nur noch als Urlauber und Teilzeit-Pokerspieler gesichtet, werde "null Auskünfte" zu diesem Thema geben, es würden keine diesbezüglichen Fragen gestattet", heißt es aus der DTB-Spitze. Der Deal mit Becker war nach Informationen dieser Webseite endgültig in Wimbledon verabredet worden, später stimmten ihm bei Gremiensitzungen in Hamburg die Topfunktionäre des Verbandes einhellig zu.
Neue Hauptdarsteller - Becker und Gerlach
Das eigentliche Überraschungsgesicht beim Frankfurter Ortstermin ist allerdings nicht Becker, sondern der neue Fed-Cup-Teamchef Jens Gerlach - der Nachfolger von Barbara Rittner, die zum "Head of Womens Tennis" aufsteigt, dabei in ähnlicher Verantwortung wie Becker. Der 44-jährige Gerlach, gegenwärtig noch im Allgäu als Tennistrainer beschäftigt, soll im Zusammenspiel mit Rittner insbesondere auch für die Integration der nächsten oder gar übernächsten Generation ins Team sorgen. Schließlich sind alle jene Hauptdarstellerinnen, mit denen Rittner in den letzten Jahren zusammenarbeitete, schon an die 30 Jahre alt.
Gerlach war zwar für die Öffentlichkeit vom Radar verschwunden, der Coach, der einst die Russin Anastasia Myskina auf Platz 2 der Weltrangliste führte. Aber die Funktionärsspitze kam relativ schnell auf den unprätentiösen, dizipliniert und methodisch arbeitenden Schwaben, als man zuletzt unter anderem am Hamburger Rothenbaum, während des ATP-Masters, über die Nachfolgefrage von Rittner beriet. Dem Vernehmen nach soll sich die langjährige Kapitänin auch selbst für Gerlach stark gemacht haben, sie schätze dessen Persönlichkeit und Arbeitsstil sehr, heißt es von Insidern.
Gerlach war zuletzt für den Tennisclub Schwangau im Allgäu tätig, auf der Internetseite des Vereins sind diverse Funktionen aufgelistet, die Gerlach dort inne hat: Trainer, Frauenreferent, Platzwart, Kleinfeldverantwortlicher, auch Ansprechpartner auf der Geschäftsstelle. Gerlach war zuvor auch einmal beim schweizerischen Tennisverband als "Headcoach Damen" beschäftigt gewesen, er verließ diesen Arbeitsplatz 2012 aus persönlich-familiären Gründen. Als aktiver Spieler schaffte Gerlach nicht ganz den Sprung nach oben, in seiner schwäbischen Heimat trat er unter anderem für die Zweitliga-Mannschaft des TC Stuttgart-Georksruhe an.
Gerlach studierte später rund acht Jahre in den USA, war bei Tennisturnieren dort Sparringspartner von Spielerinnen wie Martina Hingis, Jelena Dementieva oder Jelena Dokic. Mit der Russin Anastasia Myskina kam er früh zu internationaler Bekanntheit - und Tennis-Ruhm. 2004 errang das teilweise auch privat verbandelte Duo den Grand-Slam-Titel bei den French Open, die FAZ sprach seinerzeit vom "ungewöhnlichsten Paar im Damentennis." Und zwar, weil Myskinas Karriere eine Beschleunigung erfahren hatte, nachdem sie sich von Lebenspartner Gerlach, aber nicht von Trainer Gerlach getrennt hatte.
Rittner sattelt um
Rittners Abschied als Bank-Direktorin hatte sich derweil in letzter Zeit schon dezent angedeutet, ein ums andere Mal hatte die Leverkusenerin erwähnt, sie könne sich noch einmal einen andere Aufgabe beim DTB oder sogar außerhalb des Tennis vorstellen. Über ihre Entscheidung hatte Rittner den Kern ihres Fed-Cup-Kaders in den letzten Wochen bereits informiert, allem voran Angelique Kerber, Andrea Petkovic, Anna-Lena Grönefeld und Julia Görges. Rittner werde, so hieß es, eng mit Becker in der Strukturierung der Nachwuchsarbeit zusammenwirken.