"Wird schwer, uns 2017 zu schlagen"

Von Jannik Schneider
Philipp Petzschner spielte letztmalig im Februar 2016 für Deutschland im Davis Cup
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SPOX: Blicken wir auch hier etwas in die Zukunft. Was ist dem deutschen Team denn im Kampf um die hässlichste Salatschüssel der Welt zuzutrauen?

Petzschner: Alles. Das muss man ganz klar so formulieren. Wir haben mit Alexander Zverev den besten U21-Spieler der Welt und mit Philipp Kohlschreiber jemanden, der sehr erfahren ist und bereits wahnsinnig erfolgreich gespielt hat. Das ist eine gute Kombination. Jetzt haben wir noch den Luxus, dass Mischa Zverev von Selbstvertrauen strotzt und mit dem Sieg über Andy Murray gezeigt hat, was im "Best of Five"-Modus alles möglich ist. Wenn die Mannschaft dieses Jahr so zusammenbleibt, dann wird es schwer sein, uns 2017 zu schlagen.

SPOX: Zurück zu Ihnen. Nach ihrem ganzen Verletzungspech: Können Sie da überhaupt noch mittel- oder langfristig planen?

Petzschner: Ich möchte bei den großen Turnieren irgendwann wieder angreifen, das ist mittelfristig schon das Ziel. Die kurzfristige Planung steht aber über allem. Ich spiele die kommenden Wochen Sofia und Rotterdam, dann Dubai oder Acapulco. Ich kann und will nicht zu weit vorplanen und vor allem nicht zu stark forcieren, muss immer schauen, wie der Körper reagiert. Deswegen plane ich momentan nur von Woche zu Woche und schaue dabei, dass ich die Trainingsbelastung stetig steigere und jeweils einen Ticken mehr leisten kann. Ich genieße einfach, dass ich wieder Sport auf hohem Niveau betreiben kann - es sah lange Zeit nicht danach aus. Und dann schauen wir mal, wie hoch es im Ranking nochmal geht.

SPOX: Was bedeutet denn für Sie einen "Ticken mehr machen" - wie hoch ist ihr Trainingspensum, gerade im Vergleich mit dem jungen, verletzungsfreien Philipp Petzschner?

Petzschner: Ungefähr die Hälfte. In der Vorbereitung habe ich drei Stunden am Tag absolvieren können, je anderthalb Stunden Tennis und Kondition, ohne dabei Rückschläge zu erleiden. Das war sehr angenehm und reicht wahrscheinlich für einen reinen Doppelspieler auch aus. Im Vergleich zu früher fehlen mir da aber nochmal drei Stunden täglich. Wichtig ist aber, dass ich mir nicht zu viel zumute, nicht Grenzen austeste, sondern lieber beständig und kontrolliert arbeite. Sonst sitze ich in zwei Wochen beim Physiotherapeuten mit Schmerzen am Knie oder an der Schulter.

SPOX: Haben Sie rückblickend in der Hinsicht vielleicht Fehler begangen? Zu viel trainiert, oder nach einer Verletzung zu früh angefangen?

Petzschner: Im Nachhinein bist du immer schlauer, klar. Das ein oder andere Mal hätte ich mehr forcieren müssen. Einmal habe ich nach einer Schulterverletzung zu früh wieder angefangen. Eine Geschichte ist noch sehr präsent: Ich hatte nach den US Open 2010 kurz vor den ATP-Finals, für das ich mit Jürgen Melzer qualifiziert war, einen vierfachen Bänderriss und habe mich nicht operieren lassen, sondern gespielt. Das war im Nachhinein sicher ein Fehler.

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SPOX: 2010 war Ihre beste Saison ...

Petzschner: Ja, schon und ich wollte das Saisonfinale unbedingt spielen. Deswegen kannst Du solche Dinge nie mit reinem Gewissen beantworten. Als Sportler vertraust Du ein Stück weit dem Körper und willst spielen. Nochmal: Im Nachhinein ist man immer schlauer, aber Garantien gibt es nie. Vergangenes Jahr lag ich wegen des Virus ganze zwei Monate im Krankenhaus und kein Arzt konnte mir sagen, was ich genau habe. Aber nach Hause durfte ich ebenfalls nicht, weil die Gefahr bestand, dass ich umkippe. Aber das ist jetzt zum Glück alles Vergangenheit.

SPOX: Deshalb zurück in die Gegenwart: Sie fühlen sich ja selbst sehr wohl am Netz. Waren Sie überrascht, dass Mischa Zverev in Australien so erfolgreich gespielt hat?

Petzschner: Nein, aber ich habe es ehrlich vermisst. Ich hatte ihn auch noch nie so offensiv erlebt. Auch nicht, als seine aufsteigende Tendenz Ende 2016 etwa in Shanghai schon erkennbar war - da spielte er noch etwas defensiver. Diese Aggressivität war echt schön anzusehen und auch etwas Neues. Nicht dieses Monotone von der Grundlinie, was sich generell im Tennis eingeschlichen hat. Die Art und Weise wie er das gegen Murray runtergespielt hat, davor habe ich großen Respekt.

SPOX: Generell kann man als Beobachter nur zu dem Eindruck kommen, dass sich das Brüderpaar in der jetzigen Konstellation sehr, sehr gut tut.

Petzschner: Sie profitieren im hohen Maße voneinander. Auf der einen Seite schaut der Kleine immer zu seinem großen Bruder auf und hört auf seinen Rat. Auf der anderen Seite hat Mischa auf dem Weg zurück in der ständigen Trainingsarbeit mit Sascha gemerkt, dass er nicht weit entfernt ist von ihm. Und Sascha ist im Ranking ja beständig gestiegen. Das war sehr wichtig für Mischa, diesen Vergleich zu haben, wenn du nochmal von ganz hinten anfangen musst. So steigt der Glaube an die eigene Stärke. Und jeder, der Geschwister hat, weiß, wie viel Geschwisterliebe helfen kann. Für beide und das deutsche Tennis ist das natürlich sehr, sehr gut.

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