Die Formel 1 steht offenbar endgültig vor einer großen Zerreißprobe. Nach Medienberichten planen einige Teams, aus der Formel-1-WM auszuscheren und in sich in einer eigenen Piratenserie zu organisieren. Außerdem hat nun auch Renault offen mit dem Ausstieg aus der Königsklasse gedroht.
Die Zukunft der Formel 1 hängt am seidenen Faden. Sollten die fünf rebellierenden Hersteller Ferrari, Toyota, BMW, Red Bull und nun auch Renault im Machtpoker mit dem Automobil-Weltverband FIA keinen Kompromiss finden, droht ab 2010 eine Piratenserie.
Damit wäre die 1950 eingeführte Weltmeisterschaft nach 60 Jahren nur noch Geschichte. "Wir müssen anfangen, über bessere Alternativen nachzudenken", sagte Toyota-Teampräsident John Howett zu "Motorsport-Total.com".
Nur Brawn, Williams und Force India würden bleiben
Nach Angaben des Internetportals planen einige Rennställe, aus der WM auszuscheren und sich anderweitig zu organisieren, falls die FIA die freiwillige Budgetobergrenze für 2010 von 44 Millionen Euro nicht aufheben wird. In der WM unter FIA-Regie würden demnach von den aktuellen Teams nur Brawn, Williams und Force India bleiben.
Mercedes-Sportchef Norbert Haug nimmt die Ausstiegsdrohungen von Ferrari jedenfalls ernst. "Ich bin mir sicher, dass Ferrari nicht erstmals in sechzig Jahren eine solche Ansage macht, ohne dass diese den entsprechenden Hintergrund hätte", sagte Haug.
Auch in den italienischen Medien wird heftig über eine mögliche "Piratenserie" spekuliert, deren Basis laut "Motorsport-Total.com" die derzeitige A1GP-Serie sein könnte.
Die kompletten Pressestimmen zur Ferrari-Drohung
"Ferrari denkt schon an eine alternative Weltmeisterschaft", schrieb die "Gazzetta dello Sport". Der "Corriere dello Sport" mutmaßte: "Ferrari stehen jetzt zumindest drei Möglichkeiten offen: Die US-Serien, die Rennen a la Le Mans. Und eine neue Meisterschaft, die direkt von den Autobauern organisiert wird."
Briatore: "Haben keine andere Wahl"
Renault-Teamchef Flavio Briatore ließ am Mittwoch mitteilen, dass man "keine andere Wahl" habe, als auszusteigen, wenn die FIA an ihren Plänen festhalte. Diese reagierte zunächst gelassen. "Im Prinzip gibt es jetzt das schriftlich, was sie uns vorher schon mündlich mitgeteilt haben", sagte ein FIA-Sprecher der Online-Ausgabe des Fachmagazins "auto motor und sport" zum Vorpreschen Ferraris.
Nach Angaben des Sprechers gebe es bei der Budgetobergrenze einen Verhandlungsspielraum, aber nur innerhalb eines gewissen Rahmens. Grundsätzlich werde sich Mosley, der sich im Laufe der Woche in London mit den Teams treffen will, nicht davon abbringen lassen, die Kosten mittels eines Budgetlimits zu begrenzen.
Haug stellte klar, dass Mercedes sich für einen Kompromiss einsetzen will. "Wir werden alles tun, um koordinierend zu helfen und maßgeblich zu einer Lösung beizutragen", sagte er. Zwar seien sich "alle Teams einig, dass es eine Formel 1 mit zweierlei Reglements nicht geben kann", für Mercedes ist ein Ausstieg aber derzeit kein Thema: "Wir wollen eine gemeinsame Lösung erreichen, und wir denken, dass das zu schaffen ist."
Danner wirft Ferrari Pietätlosigkeit vor
Derweil hat der frühere Formel-1-Pilot Christian Danner Ferrari Pietätlosigkeit vorgeworfen. "Wenn man bei Ferrari etwas Pietät gehabt hätte, hätte man das Anliegen später vorgetragen. Die Drohung wurde ganz bewusst in einem Moment an die Öffentlichkeit getragen, in dem Mosley wegen der Beerdigung seines Sohnes nicht angemessen reagieren konnte", sagte Danner und glaubt weiter an eine baldige Lösung: "Die geplante Budget-Obergrenze macht Sinn, und sie wird kommen, da können sie bei Ferrari so viel rumschreien wie sie wollen."
Die Bildung einer eigenen Rennserie als Konkurrenz hält Danner für nicht umsetzbar. Ferrari, das am Mittwoch offiziell Unterstützung vom Olympischen Komitee Italiens CONI erhielt, könnte aber sogar juristische Wege beschreiten.
"Sollte Ferrari auf die Formel 1 verzichten, wird der Rennstall Scharen von Rechtsanwälten gegen die FIA und ihren Präsidenten einsetzen", schrieb der "Corriere della Sera".