Achraf Hakimi vom BVB im Interview: "Wir wollen, dass Paco bleibt"

Andres Veredas Salazar
24. Januar 202015:45
Achraf Hakimi wechselte 2018 zu Borussia Dortmund.getty
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Achraf Hakimi ist bei Borussia Dortmund in der laufenden Saison der Spieler mit den meisten Pflichtspieleinsätzen. Vor dem Bundesligaspiel gegen den 1. FC Köln am Freitag (20.30 Uhr live auf DAZN) spricht er im Interview mit SPOX und DAZN über seine Anfänge, seine Zeit bei Real Madrid, die Situation beim BVB und seine Zukunft.

Außerdem: Warum er noch an die Meisterschaft glaubt und wie er über den angeblich wechselwilligen Paco Alcacer denkt.

Achraf, wie sieht Ihre erste Erinnerung an den Fußball aus?

Achraf Hakimi: Wir haben als Kinder immer vor der Haustür auf der Straße gespielt, die Tore waren an Hauswände gezeichnet. Wenn alle Freunde auf der Straße waren, haben wir im Dreieck auf drei Tore gespielt. Da war immer viel los. (lacht)

Sie sind im Alter von acht Jahren von CD Colonia Ofigevi zu Real Madrid gewechselt Wie kam das zustande?

Hakimi: Mein Vater hat mich eines Tages von der Schule abgeholt und mir einen Brief gegeben, in dem ich für ein Probetraining eingeladen wurde. Ich konnte das zunächst gar nicht glauben und habe ihn gefragt ob der Brief wirklich echt ist. Nachdem er das bestätigt hat, dachte ich mir nur: 'Ach du Scheiße, wie geil ist das denn?!' Diesen Tag werde ich nie vergessen, damit hat für mich alles begonnen.

Achraf Hakimi über Real Madrid: "Ich war unheimlich glücklich"

Wie erinnern Sie sich an den ersten Tag im Klub?

Hakimi: Ich war unheimlich glücklich. Wir waren noch sehr junge Kids mit dem gemeinsamen Traum, bei einem der besten Klubs der Welt zu spielen. Das hat mich extrem beeindruckt.

Was genau?

Hakimi: Eigentlich alles. Das Trainingsgelände, meine Mitspieler, die Organisation, die Umkleidekabinen. Ich hatte das Gefühl, schon ein Profifußballer zu sein, obwohl ich davon noch sehr weit weg war.

Wie haben Sie den Konkurrenzdruck erlebt?

Hakimi: Jedes Jahr kamen neue Spieler, die Rivalität innerhalb der Mannschaft wurde Jahr für Jahr größer. Ich habe das aber relativ locker genommen und es einfach genossen, dabei zu sein. Ich habe versucht, mein Bestes zu geben und Spaß zu haben. So bin ich Schritt für Schritt auf der Leiter nach oben geklettert und dorthin gekommen, wo ich heute bin.

Gab es auch Momente, in denen Sie gezweifelt haben?

Hakimi: Nein, eigentlich nicht. Je älter ich wurde, desto klarer wurde mir, dass der Fußball meine Leidenschaft ist, der ich mich voll und ganz widmen möchte. Ich musste viel investieren und habe dabei leider auch einige andere Dinge vernachlässigt.

Was genau?

Hakimi: Ich habe zum Beispiel weniger Zeit mit meinen Freunden verbracht. Außerdem habe ich die Schule vernachlässigt und nur das Nötigste gemacht. Ehrlich gesagt habe ich einfach nicht alles unter einen Hut bekommen, weil ich schon morgens trainiert und alles auf Fußball gesetzt habe. Das empfehle ich natürlich niemanden, Gott sei Dank hat es bei mir geklappt.

Hakimi über Zidane: "Ich habe jeden Tag etwas gelernt"

Wer hat Sie auf dem Weg zum Profi am meisten unterstützt?

Hakimi: In erster Linie meine Familie. Ich wurde täglich zum Training gefahren und später wieder abgeholt. Meine Familie hat auf vieles verzichtet, damit ich meinen Traum leben kann. Auch meine Freunde haben mich verstanden, wenn ich mal keine Zeit hatte, und waren immer an meiner Seite. So wie ich immer an ihrer Seite sein werde.

Welche Erinnerungen haben Sie an das erste Training mit den Profis von Real Madrid?

Hakimi: An diesem Tag wurde mein Traum Wirklichkeit. Mein Trainer kam zu mir und sagte, dass ich heute mit der ersten Mannschaft trainieren solle. Ich erinnere mich noch genau an den Weg von unserer Kabine zur Kabine der Profis. Ich war unheimlich nervös und wusste gar nicht, woran ich denken soll. Gleichzeitig hatte ich unheimlich große Lust, mit den besten Spielern der Welt zu trainieren. Das werde ich niemals vergessen.

Wie war es, als Sie die Kabine der Profis betreten haben?

Hakimi: Um ehrlich zu sein, war ich zunächst etwas überfordert. Ich habe auf jedes kleine Detail geachtet, um bloß nichts zu verpassen und alles aufzusaugen, um zu lernen und mich zu verbessern.

Was ist das Wichtigste, das Sie von Trainer Zinedine Zidane gelernt haben?

Hakimi: Das kann ich so nicht benennen, es war eine ganze Menge. Unter anderem er hat mich zu dem Fußballer gemacht, der ich heute bin. Er hat mir die Chance gegeben, bei den Profis zu spielen. Ich habe jeden Tag etwas gelernt. Zidane war als Spieler und ist als Trainer einer der Besten aller Zeiten. Und was gibt es Besseres, als von so jemandem zu lernen?

Sie kamen in der Saison 2017/18 in 17 Spielen zum Einsatz. Hätten Sie mit mehr Einsätzen gerechnet?

Hakimi: Ehrlich gesagt, nein. Ich bin für jedes Spiel dankbar, das ich machen durfte und habe jede Minute genossen. Ich kam damals ja aus der zweiten Mannschaft. Wenn Zidane auf einen Nachwuchsspieler setzt, statt einen externen Spieler zu holen, ist das ein gutes Zeichen. Es war mein erstes Jahr im Profifußball, da sind 17 Spiele angemessen. Ich bin dafür sehr dankbar.

Auf dem Weg zum dritten Champions-League-Titel in Folge kamen Sie nur in den beiden Gruppenspielen gegen Tottenham zum Einsatz. Nach dem Achtelfinal-Hinspiel standen Sie nicht mehr im Kader. Fühlen Sie sich als Champions-League-Sieger?

Hakimi: Auf jeden Fall, weil ich genau diese zwei Spiele gemacht habe. Ich war ein Teil des Teams und habe das Gefühl, meiner Mannschaft beim Titelgewinn geholfen zu haben. Jeder Spieler, der in dieser Saison im Kader stand, hat seinen Beitrag geleistet, um die Champions League zu gewinnen.

Welche Erinnerung haben Sie an Ihre erste Begegnung mit Cristiano Ronaldo?

Hakimi: Er ist ein unglaublich guter Spieler. Mit einem der besten Spieler der Welt zusammenzuspielen, ist ein unfassbares Erlebnis. Ich habe es sehr genossen und immer versucht, ihm Tore aufzulegen. Er hat viel mit mir geredet und mir gute Tipps gegeben. Ich habe ihm unheimlich gerne zugehört und versucht, so viel wie möglich von ihm zu lernen und mir gewisse Dinge abzuschauen.

Achraf Hakimi über seinen Wechsel zum BVB

Im Sommer 2018 wechselten Sie zum BVB. Was wussten Sie damals über die Bundesliga?

Hakimi: Ich liebe den Fußball und verfolge viele Ligen - und die Bundesliga mochte ich schon lange. Ich habe viele Freunde und Bekannte, die in Deutschland gespielt haben. Von allen Angeboten, die ich hatte, hat mich die Bundesliga am meisten gereizt - und bisher war die Entscheidung vollkommen richtig.

Was ist das Besondere am BVB?

Hakimi: Die Fans sind weltweit bekannt, weil sie den Fußball sehr intensiv erleben und feiern. Das spüren wir auf dem Platz. Die BVB-Fans gehören zu den Besten der Welt. Sie unterstützen dich, wenn du gewinnst, aber auch wenn du hinten liegst. Wenn du müde bist, können sie dich nochmal motivieren.

Worin liegt der größte Unterschied zwischen der Bundesliga und LaLiga?

Hakimi: Ich habe das Gefühl, dass in der Bundesliga mehr gekontert wird, dass es schneller von Strafraum zu Strafraum geht. Der spanische Fußball ist sehr kontrolliert und auf Ballbesitz ausgelegt. Das heißt nicht, dass in der Bundesliga nicht auf diese Weise gespielt wird. Aber es gibt häufiger Momente, in denen das Spiel bricht, sodass es schneller hin- und hergeht.

Wie haben Sie sich in Deutschland eingelebt und wer hat Ihnen in der Anfangszeit geholfen?

Hakimi: Glücklicherweise spielten beim BVB schon einige spanischsprachige Spieler. Auch deshalb habe ich mich schnell eingelebt. Paco (Alcacer, Anm. d. Red.) ist zum Beispiel im selben Jahr aus demselben Land nach Dortmund gekommen.

Achraf Hakimi schwärmt von Lucien Favre

Was haben Sie von Trainer Lucien Favre gelernt?

Hakimi: Unter ihm habe ich mich in jedem Bereich ein bisschen verbessert. Wenn er mit mir redet, höre ich genau zu, um für meine Zukunft viel mitzunehmen.

Warum fehlt dem BVB die Konstanz?

Hakimi: In der laufenden Saison ist die Liga sehr ausgeglichen. Das kann man auch anhand der Tabelle sehen. Die Mannschaften sind sehr eng beieinander, die Konkurrenz ist sehr groß. Objektiv betrachtet ist das eine gute Sache, weil niemand weiß, wer die Liga gewinnen wird. In der vergangenen Saison waren wir und der FC Bayern weit vorne, diese Saison gibt es vier, fünf Teams, die um die Meisterschaft kämpfen. Das macht die Spiele noch emotionaler. Jede Partie hat Finalcharakter.

Glauben Sie noch an die Meisterschaft?

Hakimi: Klar, wir sind nur ein paar Punkte von der Tabellenspitze entfernt. Nach zwei guten Spieltagen kann sich das Bild ändern, die Rückrunde fängt gerade erst an.

Wie haben Sie den Traumeinstand von Erling Haaland in Augsburg erlebt?

Hakimi: Wir haben uns unheimlich für ihn gefreut. Dank seiner drei Tore haben wir die Partie noch gedreht und wir hoffen natürlich, dass es mit ihm so weitergeht. Trotzdem haben wir auch andere großartige Spieler, die uns weiterhelfen können. Auch Paco Alcacer ist ein großartiger Stürmer.

Glauben Sie, dass Paco Alcacer beim BVB bleiben und in der Rückrunde wieder mehr spielen wird?

Hakimi: Ich bin nicht der Trainer, das kann ich nicht beantworten. Wir wollen aber, dass er bei uns bleibt und dass er eine wichtige Rolle spielt. Dass er dazu in der Lage ist, hat er schon mehrfach eindrucksvoll bewiesen.

Wo werden Sie im kommenden Jahr Fußball spielen?

Hakimi: Ehrlich gesagt weiß ich das nicht. Aktuell sehe ich mich ganz klar bei Borussia Dortmund. Ich bin hier sehr glücklich und habe noch vier, fünf Monate Vertrag.