Achraf Hakimi von Borussia Dortmund der Matchwinner gegen Inter: Eigentlich der ideale BVB-Spieler

Jochen Tittmar
08. November 201917:02
Achraf Hakimi ist von Real Madrid an den BVB ausgeliehen.getty
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Achraf Hakimi war beim 3:2-Sieg von Borussia Dortmund in der Champions League gegen Inter Mailand der Matchwinner und ist nun mit vier Toren bester Torschütze der Westfalen in der Königsklasse. Seine Eigenschaften machen den Marokkaner zum idealen BVB-Spieler - doch seine Zeit in Dortmund ist endlich.

Wie sich die Bilder verändern können: Als Achraf Hakimi nach seinen beiden Treffern beim 2:0-Sieg gegen Slavia vor einem Monat in den Katakomben des Prager Stadions vor die Pressevertreter trat, hielt er einen handelsüblichen Pizzakarton in der Hand. Das wirkte fast unbeteiligt, obwohl zuvor das genaue Gegenteil der Fall war: Trainer Lucien Favre bot Hakimi damals zum ersten Mal als Mittelfeldspieler auf - und dieser dankte es ihm mit zwei blitzsauberen Kontertoren.

Am vergangenen Dienstag, es war kurz vor Mitternacht, stiefelte Hakimi wieder durch die Katakomben, diesmal im Dortmunder Stadion. Statt eines Pizzakartons hatte der Marokkaner, der zuvor mit zwei Treffern und einer grandiosen Leistung gegen Inter Mailand auftrumpfte, spanische Freunde im Schlepptau. Es hatte etwas von einem Heldenaufmarsch, an dessen Ende die kleine Hakimi-Gang in der Nacht verschwand.

Vier von fünf Toren hat Hakimi nun für Dortmund in der Champions League erzielt. Zur Veranschaulichung: In seinen letzten drei Partien hat er damit genauso viele Tore in diesem Wettbewerb geschossen wie Eden Hazard von Real Madrid in seiner gesamten Karriere, wenn man dessen Elfmetertreffer abzieht.

Sogar Favre lobhudelt: "Hakimi spürt die Situationen"

Es sind momentan richtig gute Tage für Hakimi: Kurz nach der Partie bei Slavia gab er bekannt, dass seine Freundin und er ein Kind erwarten. Die Gala gegen Inter ließ er einen Tag nach seinem 21. Geburtstag folgen. "Ich bin überrascht, dass ich der beste Torschütze der Borussia bin", sagte Hakimi und ließ dann noch einen Satz aus dem Phrasen-Baukasten folgen: "Ich habe viel gearbeitet und freue mich einfach, dass ich der Mannschaft mit meinen Toren so helfen konnte."

Dass dies nun schon ein zweites Mal in der CL der Fall war, überrascht natürlich auch angesichts der Tatsache, dass Hakimi von Real Madrid für zwei Jahre eigentlich dafür ausgeliehen wurde, die Dortmunder Defensive zu stabilisieren. Es überraschte zudem, dass Favre Hakimi seit dem Spiel in Prag ausschließlich im Mittelfeld einsetzte und er ihn gegen Inter wieder als Rechtsverteidiger aufstellte.

"Er ist immer extrem offensiv, egal, ob als Verteidiger oder als Flügelspieler. Er spürt die Situationen. Natürlich ist er ein spezieller Spieler", lobhudelte sogar der sonst so nüchterne Trainer.

Hakimi wäre der ideale BVB-Spieler

Bei aller berechtigten Euphorie um Hakimi muss jedoch auch festgehalten werden: Gerade defensivtaktisch hat er noch viel zu lernen - erst Recht, wenn man in Madrid seine Zukunft in der Viererkette sieht. In der Rückrunde der vergangenen Saison leistete sich ein allerdings auch überspielter Hakimi gleich mehrere dicke Böcke. Auch bei Zweikämpfen in der Luft muss er noch zulegen.

Woran es Hakimi aber abgesehen von seinem atemberaubenden Tempo nicht fehlt, ist die vielbeschworene Mentalität - oder nennen wir es lieber Arbeitsethos. In dieser Hinsicht verkörpert Hakimi genau das, was man im Ruhrgebiet sehen möchte: Er ist immer bissig, immer gierig, immer kämpferisch. Und dazu mit einem Siegeswillen ausgestattet, der teils so groß sein kann, dass das Prädikat "Hitzkopf" nicht weit entfernt ist.

Hakimi wäre somit eigentlich ein idealer BVB-Spieler, den man nicht nur angesichts des baldigen Karriereendes von Lukasz Piszczek dringend im Kader gebrauchen könnte. "Mit seinem Tempo aus der zweiten Reihe in die Tiefe zu gehen, das ist unberechenbar. Er ist eine sehr, sehr große Bereicherung für uns", sagte Mario Götze.

Die Zeit von Hakimi beim BVB ist endlich

Doch Real Madrid wird weder blind noch blöd genug sein, um all dies zu übersehen, sondern Hakimis Entwicklung genau beäugen - und ihn am Saisonende vertragsgemäß zurück in die spanische Hauptstadt beordern. Hakimis Zeit bei der Borussia, darauf deutet aktuell alles hin, ist endlich.

Es ist schließlich auch das perfekte Leihgeschäft für die Königlichen geworden: Ihr Spieler, den man seit dessen achten Lebensjahr selbst ausgebildet hat, wird am Ende zwei Jahre lang auf hohem Niveau die nötige Spielpraxis erhalten und sich um ein Vielfaches gesteigert haben. Wieso also sollten die Madrilenen, für die auch eine exorbitante Ablösesumme kein bahnbrechendes Argument darstellen würde, langfristig auf ihren eigenen Spieler verzichten?

Hakimi selbst hat sich immer wieder deutlich pro Real positioniert. Zuletzt sagte er im April über eine Rückkehr: "Ich werde nicht lügen, natürlich würde ich dort gerne triumphieren. Ich bin in Madrid aufgewachsen, es ist mein Zuhause und ich möchte mich dort weiterentwickeln, aber wenn nicht, werde ich versuchen, woanders zu triumphieren. Das ist mein Traum."

Hakimi öffnete die Tür zuletzt ein wenig

BVB-Boss Hans-Joachim Watzke hat zwar schon mehrfach angekündigt, den Rechtsfuß halten zu wollen und unterhält gute Beziehungen zu Real-Chef Florentino Perez. Doch auch er sprach das Offensichtliche bereits aus: "Das wird nicht ganz einfach."

Hakimi schob die finale Antwort auch gerne schon auf die Gespräche zwischen beiden Klubs, die sich zu einigen hätten. Damit hat er de facto Recht, doch rein theoretisch würde den Dortmundern vor allem helfen, wenn der 21-Jährige selbst keinerlei Lust mehr auf Real hätte - oder Real-Trainer Zinedine Zidane, wie von der Bild kolportiert, kein Freund des Außenverteidigers wäre.

Dass Hakimi nicht zurück möchte, darauf deutet jedoch nur sehr wenig hin. Auch wenn er zuletzt erstmals die Tür ein wenig öffnete: "Es wäre keine Niederlage, wenn ich im Sommer nicht zu Real Madrid zurückkehren würde. Ich möchte mich weiterentwickeln und bin hier sehr gut integriert."

Achraf Hakimi: Seine Leistungsdaten beim BVB

WettbewerbSpieleToreAssistsSpielminuten
Bundesliga31462505
Champions League943730
DFB-Pokal410281