Brasilien hat sich durch ein 3:1 (1:0) über die Elfenbeinküste als zweites Team für das WM-Achtelfinale qualifiziert. Die Tore für den fünfmaligen Weltmeister erzielten Luis Fabiano (25./51.) und Elano (62.). Didier Drogba traf für die Ivorer zum Anschluss (79.).
Vor 84.490 Zuschauern in der ausverkauften Soccer City in Johannesburg war die Selecao der Elfenbeinküste spielerisch klar überlegen. Dem 2:0 ging allerdings ein klares Handspiel von Fabiano voraus.
In der Schlussphase wurde das Spiel hart: Erst musste Elano nach einem Foul von Tiote mit einer Schienbeinverletzung vom Platz getragen werden, später ließ sich Selecao-Spielmacher Kaka zu einer Tätlichkeit hinreißen und musste mit Gelb-Rot vom Platz (88.).
Nachbetrachtung:
Viele Favoriten patzen, Brasilien spielt wie eine Maschine. Das ist im historischen Kontext etwas ungewöhnlich anzusehen, aber an Effektivität und taktischer Cleverness kaum zu überbieten. Brasilien verlor erst die Linie, als es schon 3:0 stand und die Elfenbeinküste wild drauf los trat.
Das Spiel lieferte trotz des klaren Ergebnisses genügend Gesprächsstoff: Fabianos Handspiel erregte die Gemüter, sein Statement dazu ist ebenso kontrovers: "Das war die heilige Hand", sagte er scherzhaft. Dass bei dem Gemetzel am Ende mit Kaka nur ein Brasilianer runter musste, die Ivorer aber ungeschoren davon kamen, war einzig und alleine dem unsicheren Schiedsrichter zuzuschreiben.
Drogbas Anschlusstor war zwar nur Ergebniskosmetik, könnte aber noch wichtig sein: Sollte Portugal am Montag gegen Nordkorea gewinnen, könnte es am letzten Spieltag ums Torverhältnis gehen - Voraussetzung ist ein brasilianischer Sieg über Portugal. Sonst droht den Afrikanern das Aus.
Für das letzte Gruppenspiel der Brasilianer ist eigentlich alles klar und doch gibt es eine interessante Fußnote: Geht man davon aus, dass Spanien nach der Niederlage gegen die Schweiz nur Zweiter der Gruppe H wird, könnte die Spitzenposition in dieser schweren Gruppe eher ein Pyrrhussieg sein.
Reaktionen:
Luis Fabiano (Brasilien): "Es war ein schweres Spiel, wir mussten kämpfen. Ich wusste, dass ich irgendwann ein Tor machen werde. Der Ball hat beim 2:0 meine Hand berührt, aber es war keine Absicht und deswegen denke ich, dass es ein reguläres Tor war. Es war vielleicht ein bisschen die heilige Hand, die Hand Gottes."
Carlos Dunga (Trainer Brasilien): "Es war ein sehr kompliziertes Spiel. Es hat viele Fouls gegeben. Das war nicht korrekt. Da hätte der Schiedsrichter härter einschreiten müssen. Die ganze Mannschaft hat heute eine starke Vorstellung gezeigt. Die Leistung von Luis Fabiano war hervorragend."
Sven-Göran Eriksson (Trainer Elfenbeinküste): "Ich bin natürlich traurig, dass wir verloren haben. Brasilien hat sich als erwartet schwerer Gegner erwiesen und sehr schnell kombiniert. Aber wir hatten auch Chancen, mehrere Tore zu machen. Es ist schon so schwierig, Luis Fabiano auszuschalten - es ist noch schwieriger, wenn er vor dem Tor seine Hand benutzt. Ich denke die Gelb-Rote Karte gegen Kaka war in Ordnung, er hat geschubst."
Der SPOX-Spielfilm:
Vor dem Anpfiff: Brasilien mit derselben Elf, die Nordkorea am ersten Spieltag 2:1 schlug. Gilberto Silva (Knöchel) ist rechtzeitig fit geworden.
Bei der Elfenbeinküste steht Drogba trotz Ellenbogenbruchs in der Startelf. Gervinho sitzt dafür draußen.
1.: Kaka zieht einen ersten Sprint an, plötzlich stehen drei Brasilianer gegen drei Ivorer. Pass auf Robinho. Der übersieht links den freien Luis Fabiano und zieht selbst aus 25 Metern ab - drüber.
25., 1:0, Luis Fabiano: Luis Fabiano legt den Ball mit der Hacke auf Kaka, Zokora grätscht ins Leere. Kaka steckt stark in den Strafraum durch. Fabiano fackelt nicht lange und zimmert den Ball von halbrechts unter den Querbalken. Sein erster Treffer nach 452 torlosen Minuten.
51., 2:0, Luis Fabiano: Klasse Tor, allerdings irregulär. Fabiano angelt sich den Ball 20 Meter vor dem Tor aus der Luft und bekommt ihn dabei an den Unterarm. Dann lupft er ihn sich nochmal hoch, lässt vier Mann stehen und nimmt ihn dann mit dem Oberarm runter. Der Abschluss aus 13 Metern volley rechts ins Eck ist stark.
54.: Dindane flankt von rechts. Lucio begeht einen Stellungsfehler, Drogbas Kopfball segelt aber rechts am Tor vorbei.
62., 3:0, Elano: Juan schickt Kaka auf den linken Flügel. Der tankt sich gegen K. Toure bis zur Grundlinie durch und legt flach in die Mitte. Elano reagiert schneller als Tiene und schiebt locker aus fünf Metern ein. Auch sein zweites Tor.
79., 3:1, Drogba: Y. Toure darf links aus dem Halbfeld in Ruhe flanken. Lucio und Maicon pennen. Drogba steht völlig allein und köpft die Hereingabe aus acht Metern souverän ins linke Eck.
88., Gelb-Rot für Kaka: Der Brasilianer lieferte sich schon einige Minuten lang ein Scharmützel mit Y. Toure, sah für einen Schubser bereits Gelb. Nun das: Keita läuft fernab des Balles in Kakas Richtung, der stößt dem Ivorer den Ellenbogen in die Rippen.
Fazit: Spielerisch war Brasilien klar überlegen, ließ sich am Ende aber emotional von den ruppigen Ivorern zu einigen Dummheiten hinreißen. Egal, die Selecao steht im Achtelfinale.
Der Star des Spiels: Luis Fabiano (SPOX-Note 2) steht vom Namen her nicht in einer Reihe mit den ganz großen brasilianischen Stürmern wie Pele, Romario oder Ronaldo. Aber dass er ein Killer vor dem Tor ist, hat er heute eindrucksvoll bewiesen. Das 1:0 hatte Präzision und Wucht, sein 2:0 war filigran. Ein großes Aber muss jedoch erlaubt sein: Zweimal nahm er den Ball dabei mit der Hand mit, mindestens einmal davon mit Absicht. Danach auch noch den Schiedsrichter dreist zu belügen, ist schlicht unsportlich.
Die Gurke des Spiels: Siaka Tiene (SPOX-Note 5). Begann eigentlich ganz forsch, machte in der Offensive in der ersten Halbzeit eine ansprechende Partie. Leider war der zweite Durchgang zum Vergessen. Mit zwei kapitalen Böcken besiegelte er schon früh die Niederlage. Beim 0:2 ließ er den Ball springen, statt ihn direkt zu klären, danach verlor er auch noch den Zweikampf gegen Fabiano. Beim 0:3 pennte er gegen den heranstürmenden Elano total, sein Antritt hatte Dauerlauf-Niveau. Ebenfalls schwach: Zokora.
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Die Pfeife des Spiels: Stephane Lannoy (Frankreich). Gab das Spiel in einer ruppigen zweiten Halbzeit aus den Händen. Tiote für sein Foul an Elano nicht mal Gelb zu geben (66.), ist eigentlich ein Witz. Keita hätte für sein Foul an Bastos auch Rot sehen können (75.). Dazu mit einem krassen Fehler beim 2:0, als er Fabianos Handspiel(e) übersah. Lannoy fragte Fabiano übrigens anschließend, ob dieser Hand gespielt habe - der Stürmer verneinte. Der Franzose hätte sich das mit einem besseren Blick ersparen können.
Analyse: Dunga ließ sein Mittelfeld diesmal etwas defensiver agieren, Felipe Melo spielte mit Gilberto Silva auf einer Linie. Anders als gegen Nordkorea hatten beide endlich auch einen klaren Auftrag. Clever: Beide ließen sich bei Ballbesitz Elfenbeinküste tief fallen, um dann sofort in das entstandene Loch zu spritzen, sobald der Ball dort hin gespielt wurde.
In der Vorwärtsbewegung stießen Robinho und Elano sofort in die Spitze vor, die schnellen Außenverteidiger schalteten sich bei jedem Angriff mit ein. Die Ivorer hatten davor gehörig Respekt, Dindane und Kalou spielten dementsprechend defensiv und ließen sich immer wieder auf eine Linie mit Tiote und Eboue fallen.
Das hatte allerdings zur Folge, dass Drogba vorne in der Luft hing. Das Umschalten auf Offensive klappte bei den Afrikanern gar nicht, Drogba bekam kaum Bälle und wirkte auch gehandicapt. In der Defensive erwies sich der eigentliche Mittelfeldspieler Zokora zudem als ständiger Unsicherheitsfaktor. Gegen Ende verloren die Ivorer dann die Nerven.
Mit dem 1:0 im Rücken spielte Brasilien in der zweiten Halbzeit sein Pensum locker runter. Kaka ist zwar immer noch nicht im Vollbesitz seiner Kräfte, war aber deutlich stärker als gegen Nordkorea und bereitete zwei Treffer vor. Unnötig, dass er sich am Ende zu einem Ellenbogencheck gegen Keita hinreißen ließ. Gegen Portugal pausiert er.
Brasilien - Elfenbeinküste: Daten zum Spiel