Mit'm Hintern auf weichen Eutern

Oliver BirknerFrank Oschwald
05. Mai 201508:32
Christian Panucci (l.) wusste sich gegen die mediale Kritik zu wehrengetty
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Keine Eier? Livorno-Coach Panucci macht sich über die Vorwürfe gekonnt lustig. In England werden Vergleiche zwischen Mayweather und Chelsea gezogen und Cordoba bekommt Tee.

Serie A

Oliver Birkner

Asiatin des Spieltags: Bee oder Lee - Hauptsache die asiatische Kohle wandert rüber. Dieses Motto ist momentan Silvio Berlusconis Rezept gegen Müßiggang. Sein Sozialdienst ist vorüber, demnach muss er den Tag schließlich irgendwie ausfüllen. Vor seinem Domizil reihen sich die Interessenten, Anteile des Lieblingsspielzeuges AC Milan zu erwerben. Am Samstag traf sich Silvio mit dem thailändischen Broker Bee Taechaubol, der 500 Millionen Euro für 51 Prozent der Anteile auf den Tisch legen wollte. Von wegen. "Ich werde mindestens 51 Prozent selbst behalten und Präsident bleiben", posaunte der Patron. Berlusconi hatte den AC im Februar 1986 übernommen und will so schnell nicht loslassen. Mr. Bee und seine Kompagnons aus Shanghai und Abu Dhabi müssen sich also noch gedulden - und einen chinesischen Konter fürchten. Denn eine Unternehmergruppe um Richard Lee und Zong Qinghou (Nummer 86 der reichsten Männer der Welt) möchte brüsk in die thailändische Offerte grätschen. Die Medien erspähten eine Asiatin, die angeblich das chinesische Konsortium vertritt, und am Wochenende zwei Mal in Silvios Domizil vorstellig wurde. Man verlieh ihr bereits die Spitznamen "Mrs China", "die orientalische Dame" und "Mrs X" und die Gazzetta dello Sport fragte aufgeregt: "Was machte die geheimnisvolle Mrs X bei Berlusconi?" Bedenkt man dessen unterhaltsame Vergangenheit mögen einem prompt ein paar mögliche Zeitvertreibe einfallen. Wie dem auch sei, zunächst will sich Onkel Silvio einmal intensiv um eine neue glorreiche Milan-Ära kümmern. Bis dahin lebt er weiter in orientalischen Träumen und bitterer sportlicher Misere.

Rot des Spieltags: Wo wir schon bei goldenen Milan-Zeiten sind, passte das 0:3 in Neapel hervorragend ins Bild. Mattia De Sciglio kümmerte sich in Windeseile um Glorie und ging wegen einer Notbremse nach 49 Sekunden unter die Dusche. Dem Sky-Reporter ging das alles viel zu schnell, er analysierte messerscharf: "Jetzt muss Inzaghi natürlich auf ein 4-4-1-1 umstellen." De Sciglio ermöglichte zumindest einen weiteren historischen AC-Rekord und holte sich die schnellste Rote Karte der Serie-A-Geschichte ab. Er entthronte Cagliaris Luis Oliveira, der 1999 50 Sekunden benötigte, um Regginas Nenad Pralija die Stollen ins Gesicht zu drücken, und auf dem Rückweg in die Kabine ein wenig Mobiliar der Gastgeber demolierte.

Tutto qua? Juves vierte Meisterschaft in Folge war seit Monaten dermaßen sicher, dass der mathematische Gewinn des Scudetto am Samstag in Maßen zelebriert wurde. Zum großen Sieger avancierte Coach Max Allegri, der bei der Nachfolge von Antonio Conte im Juli von den Juventini noch zur persona non grata deklariert worden war. Sportchef Beppe Marotta erinnerte sich: "Als Conte ging und Max kam, wurden wir wüst beschimpft, bespuckt und mit Eiern beworfen." Das eloquenteste Lob erhielt Trainer Allegri dann von Präsident Andrea Agnelli: "Der Mann hat wirklich Eier." Eine Eigenschaft, die am Wochenende Livorno-Coach Christian Panucci von einigen Medien abgesprochen wurde. Der setzte sich ebenso wortgewandt zur Wehr: "Meine Erfolge habe ich sicher nicht mit dem Arsch auf großen, weichen Eutern erreicht." Eigentlich schade.

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Premier League

Frank Oschwald

Mayweather des Spieltags: Da bei den Blitzlichtern Höflichkeit und Anstand immer fürchterlich groß geschrieben werden, müssen wir hier einmal kurz den Roten Teppich ausrollen und den schicken Zwirn für den FC Chelsea herausholen. Mit einem beeindruckenden Abstand sicherten sich die Blues am Wochenende bereits drei Spieltage vor Schluss mit einem schnöden 1:0 über Crystal Palace die Meisterschaft. Trotz des anstehenden Titels und der anschließenden wilden Sause wollte es aber an der Stamford Bridge nicht wirklich laut werden. Das brachte den Chef höchstpersönlich mal wieder auf die Palme. Zur Halbzeit marschierte Chelsea-Coach Mourinho in die Katakomben und hob den Daumen in Richtung der deutlich hörbaren Palace-Fans. Er drehte sich anschließend zu den Chelsea-Fans um, imitierte eine schlafende Person und zog kopfschüttelnd von dannen. "Es fühlt sich an, als würden wir in einem leeren Stadion spielen. Das ist wirklich frustrierend", polterte Mou im Anschluss. Auch das Netz hielt ob der Stimmung an der Stamford Bridge nicht still. "Chelsea steht wenige Minuten vor der Meisterschaft und der Staubsauger meiner Mum machte mehr Lärm als diese Plastik-Fans", wurde getwittert. Ein anderer schrieb in Anlehnung an den Jahrtausendkampf: "Chelsea ist der Mayweather der Premier League".

Mayweather II des Spieltags: Apropos Jahrtausendkampf! Die City-Spieler wurden am Trainingsgelände vor dem Fight von einer netten Dame nach dem Favoriten gefragt. Die meisten antworteten recht artig. Die meisten. Nasri beispielsweise murmelte: "Sind wir ein Fußball- oder ein Boxklub?" Auch Toure scheint mit Boxen ähnlich viel am Hut zu haben wie Mayweather mit Bescheidenheit. Als die Dame ihn ansprach, winkte er mit der Hand ab und sagte klar und deutlich: "Hmpfspss". Auch Kolarov verstand das ganze Drama um den Kampf nicht ganz. Der eisenharte Serbe verzog das Gesicht und sagte angewidert: "Ich mag Boxen nicht." Während gedanklich einige den Linksfuß bereits in die Hundekampf-Hinterhofschlägertrupp-Ecke gestellt haben, hob er vielsagend seine Hand und predigte: "Ich bin für die Liebe. Wir brauchen Liebe, keine Gewalt." Er hat ja so Recht.

Anything else? Ein wenig Liebe und Zuneigung könnte aktuell auch Pool-Coach Brendan Rodgers vertragen. Beim 2:1-Sieg über QPR kreiste ein Flugzeug mit einem riesigen Banner über dem Stadion. "Rodgers out, Rafa in", war darauf in Anspielung an Rafael Benitez zu lesen. Rodgers nahm's bei der Pressekonferenz im Anschluss an die Partie gelassen. Er zuckte mit den Schulter und sagte: "Der Fußball hat eben ein kurzes Gedächtnis. Letztes Jahr saßen wir hier und haben fast die Meisterschaft gefeiert. Jetzt fliegen Flugzeuge über das Feld." Er hatte zunächst jedoch ebenfalls einen anderen Eindruck. "Ich dachte, es wäre Rafas Berater gewesen", scherzte der Liverpool-Coach.

Kurz vor Schluss müssen wir noch kurz den Hut vor Steve Evans ziehen. Der Coach des Zweitligisten Rotherham sagte vor der Saison, dass er am letzten Spieltag mit einem Sombrero auftauche, wenn sein Klub zu diesem Zeitpunkt bereits gerettet ist. Gesagt, getan. Mit einem riesigen mexikanischen Hut stieg er am Wochenende aus dem Teambus. Doch damit nicht genug. Er fügte lässig ein weites und gleichzeitig hässliches T-Shirt, eine üble Shorts und Flip Flops hinzu. Ganz groß.

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Primera Division

Frank Oschwald

Fan des Spieltags: Dass der spanische Sportjournalismus hier und da so unabhängig ist wie ein fünfjähriges Kleinkind, wissen die treuen Leser der Blitzlichter bereits. Woche für Woche liefern sich die Hausblätter der beiden großen Klubs einen Krieg abseits des Platzes. Tomas Roncero gilt als der größte Kasper in der ganzen Szenerie. Der Journalist ist bei der AS für Real Madrid zuständig. Soweit nicht weiter tragisch. Das Problem aus neutraler Fan-Sicht: Der 49-Jährige ist einer der größten Real-Fans in Spanien und zeigt dies auch offen. Auch die Zeitung selbst macht keinen großen Hehl aus den Vorlieben Ronceros, sondern spielt vielmehr mit dem Image des bekannten Journalisten. Nach dem knappen Sieg von Real gegen Sevilla veröffentlichte die Zeitung auf der Internetseite beispielsweise ein Video, wie Roncero die letzten Minuten des Spiels erlebte. Sollte eigentlich fürchterlich unspektakulär sein, könnte man meinen. Der schaut sich das Ding halt vermutlich an seinem Bildschirm an und hackt währenddessen seinen Spielbericht. Fast. Vielmehr zeigte das Video den Journalisten, wie er bibbernd den Schlusspfiff herbeisehnte. Uuuh, Hände vor das Gesicht, aaah, Fingernägel kauen, uuuh, Schiedsrichter-Schelte. Ein Fehlschuss von Ronaldo zog Roncero gar ganz die Füße weg. Mit verschlossenen Augen lag er mehrere Sekunden auf dem Hosenboden. Als der Schlusspfiff ertönte, schrie er letztlich seine Freude heraus. Im Anschluss ging's an den Artikel. Unvoreingenommen, neutral und unabhängig. So wie Journalismus eben sein muss.

Streitschlichter des Spieltags: Eigentlich hatten wir uns überlegt, hier eher mit dem Feuerlöscher statt mit Spiritus die ewigen und umso schöneren Diskussionen um Ronaldo und Messi anzugehen. So eine Art Streitschlichter wollten wir sein. Mit Robe. Und Mütze. Und so. Alles Humbug. Wir legen unsere Robe in die Ecke und kloppen fröhlich mit drauf. Denn beide sind so herrlich unterschiedlich und auf ihre Weise so dermaßen gut, dass einfach diskutiert werden muss. Nachdem Messi beim 6:0 einen Zacken früher am Ball war und das Gefühl hatte, dem ähnlich postierten Neymar das Tor geklaut zu haben, ließ er ihm beim Elfmeter wenige Minuten später den Vortritt. Dieser hatte den Ball robotermäßig schon zum Argentinier geworfen. Messi fing die Kugel, umarmte den Brasilianer und flüsterte ihm romantische Dinge ins Ohr. Daraufhin schritt Neymar stolz wie Bolle zum Punkt und versenkte die Kugel. Später gab's via Instagram den Dank an Messi, der im Kampf um die Torschützen-Krone ein potenzielles Tor abgab. Ronaldo reagierte unter der Woche etwas anders. Nach einer flachen Hereingabe von der linken Seite machte Arbeloa den weiten Schritt und drückte die Kugel über die Linie. Dabei stand hinter ihm Ronaldo. Oh, oh. Jubel? Fehlanzeige. Stattdessen drosch er die Kugel beleidigt erneut in die Maschen und schmollte wie ein kleines Kind. Wir können es nur noch mal sagen: So unterschiedlich und so gut.

Algo mas? Ach FC Cordoba, wie gern würden wir dich nach dem Wochenende in eine warme Kuscheldecke einwickeln, dich auf dem Sofa kopfstreichelnd fest in den Arm nehmen und dir stündlich eine warme Tasse Kamillentee auf eine trinkbare Temperatur pusten. Du armes Ding. Im eigenen Stadion setzte es gegen Barca acht Gegentore. Acht! Die Pleite war zudem die achte Heim-Niederlage in Folge. Die Achte! Das schaffte vorher noch kein einziges Team in der gesamten Geschichte von La Liga. Eigentlich würden wir uns wünschen, dass es das mit den schlechten News hier bereits war. Doch nach der Barca-Pleite ist der Abstieg nun auch rechnerisch durch und der La-Liga-Zug abgefahren. Kopf hoch liebes Cordoba, bald sehen wir uns wieder.

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