Die Achse der Guten

Von Adrian Franke
29. Juni 201417:47
Costa Rica hat völlig überraschend die Todesgruppe D als Erster überstandengetty
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Als krasser Außenseiter hat Costa Rica seine WM-Gruppe vor Uruguay, Italien und England gewonnen und geht fast schon als Favorit ins Achtelfinale gegen Griechenland (22 Uhr im LIVE-TICKER). Die große Überraschung des bisherigen Turniers profitiert neben mannschaftlicher Geschlossenheit und großem Einsatz von einer starken Achse, die jede Menge Erfahrung und noch mehr Talent besitzt.

Keylor Navas (Torwart, 27 Jahre, 56 Länderspiele)

Vor dem Turnier galt Navas als der vielleicht einzige Grund, warum Costa Rica nicht drei Klatschen kassieren sollte. Der 27-Jährige spielte eine überragende Saison bei UD Levante in der Primera Division, hielt 80,4 Prozent der Torschüsse und wurde zum Torhüter der Saison gewählt - noch vor Thibaut Courtois.

Dabei verfügt der 1,86 Meter große Schlussmann über eine besondere Gabe, die sich auch schon bei der WM bemerkbar machte. "Er scheint gegen starke Gegner über sich hinaus zu wachsen", zitierte "ESPN" einen Scout kurz vor Turnierbeginn: "Je stärker der Gegner ist, desto besser wird er - und das hebt das ganze Team auf ein besseres Level."

Und es ist nicht das erste Mal, dass der enorm reaktionsschnelle Torhüter genau diese Rolle für sein Nationalteam ausfüllt. 2009 gelang ihm der große Durchbruch. Er verhalf Costa Rica mit überragenden Leistungen zum Sprung ins Halbfinale des Gold Cups, wurde zum besten Torhüter des Landes gewählt und wagte den Sprung nach Europa, zu Albacete Balompie in die zweite spanische Liga.

Nachdem das Team in die dritte Liga abgestiegen war, lieh Levante Navas aus - und verpflichtete ihn schließlich für rund 200.000 Euro. Nach zwei Jahren als Backup folgte der finale Durchbruch auch in Europa in der Vorsaison - gekrönt von einer bislang fehlerfreien WM, in der er gegen England und Italien ohne Gegentor blieb. Nur einmal musste Navas hinter sich greifen, beim Elfmetertor von Uruguay.

Schon jetzt wird der Torhüter mit Vertrag bis 2015 mit Teams wie dem FC Bayern München, dem FC Liverpool oder Atletico Madrid in Verbindung gebracht. Sollte Navas seinen Kasten erneut sauber halten und Costa Rica gegen Griechenland so ins Viertelfinale führen, dürften die Angebote zweifellos weiter zunehmen.

Seite 1: Keeper Keylor Navas

Seite 2: Chefstratege Bryan Ruiz

Seite 3: Standardexperte Christian Bolanos

Seite 4: Sturmjuwel Joel Campbell

Bryan Ruiz (Stürmer, 28 Jahre, 66 Länderspiele)

Bei nur wenigen anderen Mannschaften ist der Kopf und der Führungsspieler des Teams so eindeutig wie bei Costa Rica. Bryan Ruiz war lange Zeit der einzige Star der Nationalmannschaft und ist Stratege, Torjäger sowie Chef auf dem Platz zugleich. Ruiz gibt den Takt im Spiel der Mittelamerikaner vor und ist gleichzeitig der absolute Fanliebling.

Gefördert von seinem Großvater debütierte er mit 18 Jahren in Costa Ricas höchster Liga, bereits im Alter von 20 Jahren wagte er den Sprung nach Europa. Ruiz galt stets als Riesentalent und wurde den Vorschusslorbeeren nach kurzer Anlaufphase scheinbar auch gerecht.

Beim KAA Gent erlebte er nach zwei Jahren eine überragende Saison und seinen Durchbruch in Europa: In 32 Saisonspielen gelangen ihm 25 Scorer-Punkte, er wurde zum Spieler der Saison in Belgien gewählt. Es folgte der Wechsel zu Twente Enschede, wo Ruiz 31 Scorer-Punkte in 34 Spielen nachlegte und Enschede zum Meistertitel schoss.

Der 28-Jährige ist ein trickreicher Stratege, der Offensivaktionen kreieren kann und gleichzeitig mit seiner Kopfballstärke punktet - was Italien beim 0:1 bereits zu spüren bekam.

Es war Ruiz' bislang bester Auftritt im Turnier: Mit einer Passquote von 90 Prozent, ein guter Teil davon in der gegnerischen Hälfte, gab er seinem Team Sicherheit sowie dem Spiel die nötige Struktur - und erzielte ganz nebenbei den Siegtreffer. SPOX

Dazu kann er bei Costa Rica die Zwischenräume hinter dem Stürmer nutzen, Ruiz' große Stärke. Als er 2011 für acht Millionen Euro zum FC Fulham wechselte, musste er meist als Mittelstürmer ran und kam überhaupt nicht zurecht (sieben Tore in 56 Spielen). Zu Jahresbeginn kehrte er in die Eredivisie zurück und ging zur PSV. Acht Scorerpunkte gelangen ihm dort allein in 14 Rückrunden-Spielen.

"Es bedeutet mir so viel, bei einer WM dabei zu sein. Darauf habe ich mein ganzes Leben lang hingearbeitet. Jetzt habe ich diese Chance und ich freue mich sehr", gab Ruiz kurz vor WM-Start zu Protokoll: "In die nächste Runde zu kommen, wäre ein Traum für uns."

Der Traum ist auch dank seinen Spielmacher-Fähigkeiten mittlerweile wahr geworden. Gegen Griechenlands Beton-Defensive wird Costa Rica seinen Anführer in Topform brauchen.

Seite 1: Keeper Keylor Navas

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Christian Bolanos (Mittelfeld, 30 Jahre, 58 Länderspiele)

Bolanos ist in Costa Ricas Offensive sowie dem Umschaltspiel der Mittelamerikaner ein wichtiger Baustein. Der 30-jährige Linksaußen besticht noch immer mit seiner Explosivität und kann darüber hinaus bereits auf WM-Erfahrung zurückgreifen: Vor acht Jahren war Bolanos schon in Deutschland dabei, in Costa Ricas Spielen glänzte er bislang mit herausragender Präsenz.

Ähnlich wie Ruiz wählte Bolanos früh den Weg nach Europa - 2007 ging er nach Dänemark, wo er nach kurzem Zwischenspiel in Norwegen wieder gelandet ist. Von 2010 bis zum Ende der vergangenen Saison spielte er für den FC Kopenhagen und war bei den Dänen eine feste Größe. Auf immerhin 14 Einsätze in der Champions League brachte er es dabei.

Dass Bolanos nicht nur als gute Ergänzung zu Ruiz fungiert, zeigte sich im bisherigen Turnierverlauf. Er passt perfekt ins System von Trainer Jorge Pinto, das auf schnelles Umschalten aus einer sicheren Defensive setzt.

SPOXDer dribbelstarke Bolanos bereitete das zwischenzeitliche 2:1 gegen Uruguay vor und war auch gegen Italien einer der besten Spieler auf dem Platz. Seine ganz große Stärke sind aber die ruhenden Bälle: Ecken und Freistöße von Bolanos bedeuten fast immer Gefahr. In dieser Rubrik macht ihm bei der WM niemand etwas vor.

Abseits des Platzes hat Bolanos noch eine weitere Qualität: Von der "Sports Illustrated" wurde er zum Sexiest Player Costa Ricas gewählt. Aktuell ist der Offensivmann (42 Scorer-Punkten in 141 Spielen für Kopenhagen) vereinslos, sein Vertrag lief aus. Wie auch Ruiz und Navas dürfte sich der 30-Jährige für weitere Aufgaben empfohlen haben.

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Joel Campbell (Stürmer, 22 Jahre, 36 Länderspiele)

Vor der WM amüsierte Campbell das Internet, als er via Twitter mitteilte, trotz 100 gekaufter Panini-Päckchen das Bild mit seinem Gesicht darauf nicht gefunden zu haben. "100 Päckchen und ich war nicht zu finden. Pech gehabt", lautete die traurige Analyse des Youngsters.

In dem Team der Überraschungen ist Campbell schließlich der wohl größte Shootingstar. Während zumindest Ruiz und Navas bereits in den vergangenen Jahren beziehungsweise in der Vorsaison auf sich aufmerksam machen konnten, flog Campbell weitestgehend unter dem Radar, obwohl er seit 2011, als er Torschützenkönig der U-20-Meisterschaft Zentralamerikas wurde, Spieler des ruhmreichen FC Arsenal ist.

Seitdem ist Campbell allerdings auf Wanderschaft: Arsenal lieh in an den FC Lorient, Betis Sevilla und zuletzt an Olympiakos Piräus aus. In Griechenland deutete er in der Vorsaison sein Potenzial an: In 32 Ligaspielen gelangen Campbell, der in der Heimat "El Monstru Morado" (das violette Monster) genannt wird, 20 Scorer-Punkte.

Die WM hätte für den Linksfuß daher zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können. Der robuste sowie schuss- und zweikampfstarke Campbell bot gleich zum Auftakt gegen Uruguay eine überragende Partie, erzielte einen Treffer und bereitete einen weiteren vor. "Das war ein großartiges Spiel für mich. Aber ohne meine Teamkollegen wäre das alles erst gar nicht möglich gewesen", blieb er anschließend bescheiden. SPOX

Und doch hat er mit seinen bisherigen Auftritten die Werbetrommel wie wohl kaum ein zweiter Spieler im Turnier für sich gerührt. "Ich möchte nicht über meine Zukunft sprechen", wimmelt er alle medialen Nachfragen ab: "Ich denke nur an mein Land, weil ich absoluten Respekt für das Team habe."

Ähnlich wie auch Bolanos passt Campbell ideal in Costa Ricas defensiv ausgerichtetes System. Mit vertikalen Bällen kann der schnelle Stürmer in den Raum geschickt werden, wo er Pässe schnell verarbeiten und sich auch in Eins-gegen-Eins-Situationen durchsetzen kann.

In Zukunft dürfte der 22-Jährige so oder so weiter auf sich aufmerksam machen - Arsenal will dem Stürmer in der kommenden Saison eine Chance geben, wie Berater Joaquim Batica gegenüber italienischen Medien bestätigte: "Campbell hat einen Zweijahresvertrag bei Arsenal. Der Verein hat uns mitgeteilt, dass der Spieler nach dem Ende der WM nach London zurückkehrt."

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