Dzsenifer Marozsan ist nicht nur die jüngste Bundesliga-Spielerin aller Zeiten, sondern auch die jüngste Torschützin. Bei der WM 2011 im eigenen Land wird sie aller Voraussicht nach dabei sein. Im SPOX-Interview spricht die 18-Jährige über ihre großen Rekorde, WM-Ziele, Vorbild Cristiano Ronaldo und die bescheidenen Gehälter im Frauen-Fußball.
SPOX: Sie sind mit 14 Jahren und sieben Monaten die jüngste Bundesliga-Spielerin aller Zeiten und auch jüngste Torschützin der Bundesliga. Zittern Sie, wenn jemand an Ihre Rekorde heranschnuppert?
Dzsenifer Marozsan: Das ist mir egal, diese Rekorde bedeuten mir überhaupt nichts. Ich gönne meinen Kollegen das genauso.
SPOX: Neben dem Fußball gehen Sie noch einem Vollzeit-Job beim DFB nach. Wie gehen Sie mit der Doppelbelastung um?
Marozsan: Ich mache dort seit August eine 2,5-jährige Ausbildung zur Bürokauffrau. Einfach ist das natürlich nicht, aber ich habe das Riesenglück, dass ich die Ausbildung beim DFB machen kann. Für Fußball-Aktivitäten werde ich eigentlich immer freigestellt. Das ist alles abgesprochen, ich kann so auch die Vormittags-Trainingseinheiten immer mitmachen. Dafür bin ich wirklich sehr dankbar.
SPOX: Haben Sie noch Zeit für irgendetwas anderes?
Marozsan: Es ist schon sehr, sehr schwierig Zeit für andere Sachen zu finden. Wenn ich mal ein bisschen Luft habe, dann versuche ich meistens mit meiner Familie im Saarland zusammen zu sein und dort Freunde zu treffen.
SPOX: Ihr Vater Janos hat beim 1. FC Saarbrücken als Profi und in der ungarischen Nationalmannschaft gespielt. Kicken Sie noch manchmal mit ihm?
Marozsan: (lacht) Eher selten. Er ist nicht mehr der Schnellste.
SPOX: Aber Sie sind sicher über ihn zum Fußball gekommen?
Marozsan: Von ihm habe ich mein Talent und mein Interesse zum Fußball. Aber eigentlich wollte ich meinem Bruder David nacheifern, er hat mich immer auf den Platz mitgenommen.
SPOX: Sie haben bis zur D-Jugend bei den Jungs in Burbach gespielt. Haben die mittlerweile Angst vor Ihnen?
Marozsan: (lacht) Ich habe eigentlich kaum Kontakt zu meinen damaligen Mitspielern, aber es wäre interessant, mal wieder gegen sie zu spielen. Gute Idee!
SPOX: Verfolgen Sie eigentlich auch Männerfußball?
Marozsan: Ja, auf jeden Fall. Aber leider habe ich dafür nicht soviel Zeit. Aber wenn, dann schau ich natürlich gerne.
SPOX: Auf Nachfrage sprechen Sie immer von Nadine Kessler als Ihr Vorbild. Gibt es auch ein männliches Pendant dazu?
Marozsan: Cristiano Ronaldo. Ich mag seine Spielart und er ist natürlich ein hübscher Kerl. Sieht nicht schlecht aus.
SPOX: Sind Sie eigentlich neidisch auf die Gehälter im Männerbereich?
Marozsan: Neidisch bin ich nicht, aber es ist natürlich ärgerlich: Wir trainieren genauso viel, sind mittlerweile ähnlich professionell, aber bekommen nur einen Bruchteil des Gehalts. Das muss man aber einfach so akzeptieren. Ich spiele ja auch Fußball aus Leidenschaft und nicht wegen des Geldes. Ich bin zufrieden: Es müssen keine Millionen sein.
SPOX: Im Sommer spielen Sie aller Voraussicht nach mit dem DFB-Team die WM im eigenen Land. Sind Sie besonders aufgeregt?
Marozsan: Ich durfte ja schon die WM 2010 mit der U 20 im eigenen Land miterleben. Klar bin ich ziemlich aufgeregt. Ich kann es kaum erwarten, dass es endlich losgeht.
SPOX: Glauben Sie, dass die WM eine ähnliche Euphorie im Land auslöst, wie bei der Herren-WM 2006?
Marozsan: Ich glaube schon, dass es in die Richtung gehen wird. Man hat das bei der U-20-WM schon gemerkt, als sehr viele Zuschauer da waren. Das wird bei den Frauen mit Sicherheit noch mehr. Es wird eine sehr schöne Sache.
SPOX: Jeder erwartet den Titel von Euch. Ist das ein besonderer Druck?
Marozsan: Auch wenn sich das vielleicht abgedroschen anhört, aber ich schaue eigentlich immer von Spiel zu Spiel. Es ist keine gute Sache, sich selbst mit Druck zu beladen. Ich lasse das einfach auf mich zukommen und denke über den Mediendruck nicht nach.
SPOX: Wer sind für Sie die ärgsten Gegner im Rennen um den Titel?
Marozsan: USA und Brasilien werden sicher die schärfsten Konkurrentinnen. Man hat aber auch gesehen, dass Mexiko in der Qualifikation gegen die USA gewonnen hat. Deswegen muss man natürlich jeden Gegner ernst nehmen. Man muss immer aufpassen.
SPOX: Merkt man, dass die Medien auch jetzt schon verstärkt Interesse an Euch haben?
Marozsan: Es fängt so langsam an. Derzeit ist es zwar noch nicht so, dass es Überhand nimmt, aber man merkt es. Die Medien verlegen den Fokus etwas mehr in Richtung Frauen-Fußball. Das ist ja auch schön und gut so.
SPOX: Sie haben nach Ihrer tollen Leistung bei der U-17-WM den Goldenen Schuh als beste Torschützin und den Silbernen Ball als zweitbeste Spielerin von Franz Beckenbauer überreicht bekommen. Geht das so weiter bei Ihnen?
Marozsan: Bei diesem Turnier lief es unglaublich gut für mich. Und dann auch noch vom Kaiser die Trophäen zu bekommen, das war schon ein überwältigendes Gefühl. Ob ich das bestätigen kann, muss ich noch beweisen, aber ich werde alles dafür tun.
SPOX: Fühlen Sie sich manchmal von den Ikonen des Fußballs vernachlässigt?
Marozsan: Es könnte schon ein bisschen mehr sein, aber man merkt, dass sich etwas bewegt und es voran geht. Es ist schön, ein Teil dieser Entwicklung zu sein. Das geht sicher auch noch weiter nach oben.
SPOX: Sie befinden sich derzeit im Trainingslager zur Vorbereitung auf die Rückrunde. Wie läuft es?
Marozsan: Es ist sehr anstrengend, aber das ist normal. Die Vorbereitung muss hart sein. Das ist gut so! Wir wollen ja gestärkt in die Rückrunde gehen.
SPOX: Ihr steht derzeit mit einem Punkt hinter Potsdam, habt aber auch noch ein Spiel weniger. Wie wird der Titelkampf?
Marozsan: Es wird schwer, das ist klar. Aber unser Ziel ist natürlich der Titel. Wir gehen als Mitfavoritinnen in die Rückrunde und werden alles daran setzen, unseren Fans die Meisterschaft zu servieren.
SPOX: Sie sind seit Ihrem Wechsel aus Saarbrücken als Stammspielerin in Frankfurt kaum noch wegzudenken. Der Schritt hat sich auch für Sie persönlich gelohnt.
Marozsan: Auf jeden Fall. Ich habe mich weiterentwickelt. Das ist erstmal das Wichtigste. Ich fühle mich sehr wohl in Frankfurt. Wenn man es von der sportlichen Seite her betrachtet, hat sich das absolut gelohnt.
SPOX: Kann man die Großmacht Frankfurt mit dem kleinen Saarbrücken vergleichen?
Marozsan: Da gibt es eigentlich kaum Berührungspunkte. Frankfurt spielt immer oben mit, Saarbrücken eher gegen den Abstieg mit einer jungen Mannschaft. Potential ist dort schon vorhanden, aber es fehlt an Erfahrung. In Frankfurt ist einfach eine perfekte Mischung da. Das Niveau ist deutlich höher.
SPOX: Trotzdem sind Sie mit Saarbrücken vor zwei Jahren in die 2. Liga gegangen. Gab es damals noch keine Angebote?
Marozsan: Doch, es gab einige Anfragen, aber für mich war das eindeutig zu früh. Es hat mir gut getan, erst später den Schritt zu einem größeren Verein zu wagen.