Basel - Deutschland ist ein Land des Brauchtums und der Traditionen. Es gibt schöne Traditionen, das Oktoberfest zum Beispiel, und es gibt weniger schöne Traditionen - das Oktoberfest zum Beispiel.
Seit schier endlosen Jahrzehnten hat auch der Deutsche Fußball Bund eine schöne Tradition. Er hat die besten Torhüter der Welt in seinem Heiligtum stehen.
Das ist gut zu wissen, denn selbst wenn Jens Lehmann - weil ihn sein böser Vereinstrainer nun partout nicht aufstellen will - nicht eben in absoluter Topform hält, ist er immer noch einer der besten seiner eigenwilligen Gilde.
Ein Problem weniger
Joachim Löw wird das gerne hören. Aber er weiß es bestimmt auch so. Und nach dem Spiel gegen die Schweiz, dem sechsten in Folge zu Null wenn Lehmann im Tor stand, darf er sich bestätigt fühlen.
Ja, er hat eine klare Nummer eins und nein, daran wird auch bis zum ersten Spiel gegen die Polen nicht mehr gerüttelt. Ein Problem weniger, wenn auch mit gütiger Mithilfe der biederen Schweizer.
Vor dem Spiel im Baseler Joggeli wurde kaum über Löws Sturmreihe geredet. "Da haben wir nun wirklich am wenigsten Sorgen", meinte Teammanager Oliver Bierhoff. Wie Recht der Mann doch hat.
Gomez als Oberstreber
Im Gegenteil: Die Reihe guter Sturmtandems in der DFB-Geschichte ist lang. Walter und Walter, Müller und Seeler, Völler und Klinsmann. Jetzt aber gibt es neben der Premiumlösung, die momentan wohl Miroslav Klose und Mario Gomez heißt, auch einen Plan B. Und einen Plan C.
Wie kleine Schuljungs ereiferten sich die vier Stürmer, wollten sich immer wieder übertreffen. Was Du kannst, kann ich schon lange. Oberstreber Gomez war der Tagessieger, sein EM-Ticket ist ihm sicher.
Aber auch die anderen drei können die Urlaubspläne für den Sommer schön in der Schublade verschwinden lassen. "Sieht wohl so aus, als wären wir vier dabei", ließ sich Lukas Podolski nach einigem Nachfragen entlocken.
Und auch Partner Kevin Kuranyi, bei der WM-Nominierung vor zwei Jahren noch böse bruchgelandet, geht fest davon aus, dass "die meisten dabei sein werden, die gegen die Schweiz auch dabei waren".
Ein pflegeleichter Haufen
Andere Nationalteams mögen Weltklasse-Duos im Sturm haben. In der Breite aber steht niemand so gut da wie die DFB-Elf.
Nach dem Larifari-Auftritt in Österreich machte die Führungsriege Druck, nebst dem Bundestrainer sahen sich auch Bierhoff und Kapitän Michael Ballack bemüßigt, die Schlagzahl zu erhöhen.
Mit Erfolg. "Jeder hat gesehen, dass er Gas geben muss", resümierte Klose den runden Auftritt des gesamten Teams. Ein Indiz dafür, dass es sich bei den besten Spielern Deutschlands immer noch um einen wissbegierigen, aufnahmefähigen und pflegeleichten Haufen handelt.
Eine wichtige Erkenntnis im Vorfeld vor einem großen Turnier, das in früheren Zeiten auch schon mal als willkommener Anlass für Trinkgelage und teure Zockerabende genutzt wurde. Auch so eine nette Tradition.
Hitzlspergers Aufschwung
Der Prototyp und vielleicht auch so etwas wie der Vorzeigeschüler Löws dürfte dabei Thomas Hitzlsperger sein. Schüttelten bei der WM noch einige den Kopf, dass der Stuttgarter trotz bescheidener Leistungen im Verein überhaupt dabei sein durfte, würde mittlerweile eine Nichtnominierung für Kopfschütteln sorgen.
Allerdings wird das nicht passieren. "The hammer" sitzt ganz fest im Sattel. Neben seinem Engagement auf der linken Mittelfeldseite hat sich Hitzlsperger zumindest zu einer echten Alternative für Torsten Frings auf der Sechserposition gemacht. Wenn nicht sogar zu mehr.
Sieben Wochen lang haben Löw und Assistent Hansi Flick die Eindrücke von St.-Jakob jetzt im Hinterkopf. Wobei die meisten Entscheidungen schon gefallen sein dürften. Man bleibt dem Altbewährten treu. Eine schöne Tradition - und bisher auch recht erfolgreich.