Der FC Everton hat für bis zu 39 Millionen Euro Sturmjuwel Moise Kean von Juventus Turin verpflichtet und damit einem überaus aktiven Transfersommer die Krone aufgesetzt. Die enormen Ausgaben machen deutlich: Der Sprung in diese verflixte Top 6 soll endlich wieder gelingen. Sind die Toffees durch die Anpassungen im Kader bereit dafür?
Saison 2016/17: Platz sieben, Saison 2017/18: Platz acht, Saison 2018/19: Platz acht. Dass der FC Everton das erste Team ist, das einem beim Begriff "Best of the Rest" der Premier League in den Sinn kommt, kann man niemandem verübeln. In den beiden Spielzeiten davor landeten die Toffees auf Platz elf, seit 2010 war der Everton Football Club lediglich zweimal und zu seinem Leidwesen erfolglos im internationalen Wettbewerb vertreten (2014/15 und 2017/18).
Dass dieser Zustand im Goodison Park bald der Vergangenheit angehören soll, machen auch die aktuellen Transferausgaben deutlich: Mindestens 87 Millionen Euro (laut transfermarkt.de) ließen sich die Blues die Verpflichtungen von Moise Kean, dem Mainzer Jean-Philippe Gbamin, Andre Gomes und Fabian Delph kosten - und gaben damit bisher deutlich mehr Geld als Tottenham Hotspur oder der FC Liverpool aus.
Die Verkäufe von Idrissa Gueye, den Gbamin positionsgetreu ersetzen soll, Ademola Lookman zu RB Leipzig sowie Nikola Vlasic für über 60 Millionen Euro sorgen jedoch dafür, dass sich das Transferminus in Grenzen hält und die Veränderungen zumindest auf dem Papier nachvollziehbar sind. Mit Gomes wurde ein Leistungsträger der Saison 2018/19 nach seiner Leihe nun fest an den Klub gebunden.
FC Everton investiert in Kean, Gomes und Gbamin
Gut elf Millionen wurden in Delph investiert, der neben seinem eigentlichen Aufgabengebiet im zentralen Mittelfeld auch als Außenverteidiger zum Einsatz kommen kann. Für den erst 23-jährigen Gbamin war die heutzutage branchenübliche Summe von 25 Millionen fällig. Genug, um den Schritt von einer konstanten Mannschaft im vorderen Mittelfeld unter die Top 6 zu machen?
Liverpols Coach Jürgen Klopp war sich bereits im vergangenen Dezember - kurz nach der Vorstellung von Evertons neuem Manager Marco Silva - sicher, dass mit dem kleinen Nachbarn zukünftig zu rechnen sein wird: "Sie haben Leute geholt, die Silva wollte. Richarlison, was für ein Spieler, Theo Walcott, Bernard, Andre Gomes. Seitdem ich hier bin, musste Everton immer kämpfen, aber jetzt haben sie den besten Kader."
Vor allem die Vielseitigkeit des neuen FC Everton beeindruckte Klopp damals: "Sie haben alles, was man braucht. Kreativität, Geschwindigkeit und eine gute Organisation. Yerry Mina ist ein ausgezeichneter Spieler und sehr wichtig für den Spielaufbau. Und sie haben Englands Nummer eins im Tor (Jordan Pickford, Anm. d. Red.)."
Das folgende Derby verlor Everton durch ein kurioses Tor von Divock Origi in der allerletzten Minute der Nachspielzeit, auch Klopps Aussage, dass die Toffees "zu 100 Prozent in jeder anderen Liga auf einem internationalen Tabellenplatz landen würden", konnte Mannschaft und Fans nicht trösten. Everton leistete sich eine Schwächeperiode im Winter (drei Siege von Dezember bis Ende Februar), am Ende fehlten zwölf Punkte zum angestrebten Platz sechs.
Moise Kean: Nachfolger von Romelu Lukaku bei den Toffees
Insbesondere mit dem Transfer von Kean (Vertrag bis 2024) sorgte Everton für ein Ausrufezeichen: Unabhängig von der genauen Ablösesumme - britische Medien berichten von bis zu 39 Millionen Euro inklusive Bonuszahlungen, der kicker spricht von 33 Millionen - ist die Botschaft klar: Everton will eine Destination für hochtalentierte, entwicklungsfähige Spieler sein und scheut sich auch nicht davor, entsprechend tief in die Tasche zu greifen. Auch dem BVB und Arsenal wurde Interesse an Kean nachgesagt.
Kean soll bei den Toffees die Nachfolge von Romelu Lukaku antreten, der nach seinem Abgang im Sommer 2017 nicht adäquat ersetzt werden konnte. Der 19-Jährige ist stolz auf den Wechsel und freut sich auf die neue Aufgabe: "Ich bin ans Gewinnen gewöhnt und will diese Einstellung ins Team bringen. Ich habe große Ziele und werde hart arbeiten."
Indes lobt Coach Silva dessen Qualitäten: "Moise ist stark, schnell, hat gute Qualitäten im Abschluss und ist erst 19 Jahre alt. Er wird unseren Kader verbessern und erweitert unsere Möglichkeiten." Gänzlich hat Juve den Glauben an Kean noch nicht aufgegeben: Laut übereinstimmenden Medienberichten haben sich die Bianconeri die Möglichkeit gesichert, mit allen Angeboten für das Sturmjuwel gleichzuziehen und ihn somit zurückzuholen.
gettyFC Everton unter den Top 6? Die Konkurrenz schläft nicht
Auch auf zahlreiche weitere Bausteine aus der vergangenen Saison können die Verantwortlichen bauen: Michael Keane, Lucas Digne, Yerry Mina und Seamus Coleman bleiben der Defensive erhalten, Gylfi Sigurdsson, der teuerste Transfer der Vereinsgeschichte, will an seine starke Spielzeit (14 Tore, sieben Vorlagen) anknüpfen. Im brasilianischen Angreifer Richarlison schlummert Starpotenzial (14 Tore).
Doch Fragezeichen bestehen dennoch: Eine feste Verpflichtung von Kurt Zouma, der nach seiner Leihe zum FC Chelsea zurückkert und die Abwehr gegen Ende der Saison deutlich stabilisierte (acht der letzten elf Spiele ohne Gegentor), erweist sich als problematisch. Auch steht der Beweis noch aus, dass Gbamin den abgewanderten Gueye wirklich ersetzen und somit Gomes und Sigurdsson den Rücken freihalten kann.
FC Everton: Die erstenfünf Spiele in der Premier League
Termin | Heim | Auswärts |
Sa., 10. August, 16 Uhr | Crystal Palace | FC Everton |
Sa., 17. August, 16 Uhr | FC Everton | FC Watford |
Fr., 23. August, 21 Uhr | Aston Villa | FC Everton |
So., 1. September, 15 Uhr | FC Everton | Wolverhampton Wanderers |
So., 15. September, 15 Uhr | AFC Bournemouth | FC Everton |
Auch lohnt sich ein Blick auf die Konkurrenz: Die Wolverhampton Wanderers (97 Mio.) und Leicester City (85,1 Mio.), die in der zurückliegenden Spielzeit die Plätze sieben und neun belegten, schlugen auf dem Transfermarkt ebenfalls ordentlich zu. Manchester United setzte mit der Rekordverpflichtung von Harry Maguire ein Ausrufezeichen, gleiches gilt für Arsenal mit Nicolas Pepe. Beide wollen nach enttäuschenden Spielzeiten ohne Champions-League-Qualifikation Wiedergutmachung betreiben.
Hinsichtlich des Saisonstarts könnte der Spielplan den Toffees zugute kommen: Zum Auftakt steht eine Partie bei Crystal Palace auf dem Programm, im Anschluss warten mit Watford, Aston Villa, Wolverhampton und Bournemouth weitere machbare Aufgaben. Ein erster Härtetest erwartet die Toffees am 29. September, dann reist Manchester City mit Pep Guardiola in den Goodison Park. Spätestens dann werden sich erste Tendenzen ableiten lassen, ob der FC Everton 2019/20 wieder zum "Best of the Rest" gehört - oder doch mehr drin ist.