Wenn Freunde entscheiden

Florian Bogner
05. Oktober 200810:56
SPOXGetty
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Immer weiter, immer weiter - dieses Credo hat Oliver Kahn in der Bundesliga etabliert. Bei Borussia Mönchengladbach und Eintracht Frankfurt muss man sich anno 2008 nach dem 7. Spieltag fragen: wie lange noch?

Gemeint ist die Zusammenarbeit mit den Trainern Jos Luhukay und Friedhelm Funkel. Denn nach knapp einem Fünftel der Saison finden sich die beiden Traditionsvereine am Tabellenende wieder. Gladbach hat bereits sechs Mal verloren, Frankfurt noch nicht einmal gewonnen - beides Liga-Minus.

Man schmeißt in dem Zusammenhang gerne mit dem Begriff "Tiefpunkt" um sich. Für Gladbach ist die erste Derby-Heimniederlage nach 16 Jahren auf jeden Fall ein mächtiger Schlag ins Gesicht. Dementsprechend angeschlagen präsentierte sich Christian Ziege anschließend.

Ziege will nichts sagen

In einer Live-Schaltung der Sportschau brachte der Sportdirektor eine Stunde nach der Partie kaum ein Wort heraus und eierte emotional aufgewühlt um das Thema Luhukay herum. "Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich so früh nach dem Spiel nichts dazu sagen kann", brachte er gerade so raus.

So wie der Vorstandsvorsitzende Heribert Bruchhagen in Frankfurt hat Ziege das Problem, als sportlich Verantwortlicher vom Trainer vollkommen überzeugt zu sein, allerdings aufgrund der schlechten Ergebnisse immer weniger Argumente für den Coach zu haben.

Zwar war in Gladbach nach dem Spiel rauszuhören, dass keine vorschnelle Entscheidung getroffen wird - Gespräche wird es zu Wochenbeginn aber allemal geben. Zumal Präsident Rolf Königs nicht gerade als "Abwarten-und-Tee-trinken"-Typ gilt.

Stammformation? Fehlanzeige!

Für Luhukay steht lediglich fest: "Ich will meinen Job weiter machen - die Entscheidung darüber treffe aber nicht ich. Da muss man abwarten." Allerdings hat sich der Holländer mit seinen umstrittenen Personalentscheidungen in den vergangenen Wochen angreifbar gemacht.

Neben der simplen Tatsache, dass der in der Sommerpause nur punktuell verstärkte Zweitliga-Kader wohl keinen Bundesligastandard hat, hat es Luhukay in sieben Spielen nicht geschafft, so etwas wie eine Stammformation zu finden.

Aufstiegshelden wie Sascha Rösler, Alex Voigt und Tobias Levels finden sich im wechselnden Rhythmus auf Feld, Bank und Tribüne wieder, Nationalspieler Marko Marin gehörte gegen Hamburg auch auf einmal völlig überraschend nicht zur Startformation.

Marin steht zu Luhukay

Allen Rotationen zum Trotz - noch steht die Mannschaft zu ihrem sympathischen Übungsleiter. "Ich persönlich stehe voll hinter dem Trainer. Ich denke die Mannschaft auch. Ich hoffe, dass er bleibt", meinte Marin, sagte aber auch: "Im Moment weiß ich auch nicht, was wir ändern müssen."

Die Automatismen des Geschäfts sind klar: Sollte Luhukay bis nach der Länderspielpause bleiben dürfen, stehen für ihn gegen Bochum und Karlsruhe zwei Endspiele an. Wird dann nicht gewonnen, fiele es Ziege vielleicht leichter, seinem Freund Luhukay den Laufpass zu geben. Mit Mirko Slomka wird gerüchteweise auch schon ein potentieller Nachfolger am Borussia-Park gehandelt. Nach Informationen der "Bild am Sonntag" soll zudem bereits Kontakt zu Ex-Coach Hans Meyer bestehen.

Bruchhagen im Rückwärtsgang

Der Name Slomka war auch schon mal in Frankfurt ein Thema. Dort ließ Boss Bruchhagen aber bislang nie einen Zweifel an Trainer Funkel aufkommen. "Was wollt ihr denn mit den Dolls oder Slomkas? Dann haben wir in sechs Wochen wieder Theater", meinte er vor ein paar Wochen.

Trotz der Niederlage in Hoffenheim hat sich an Bruchhagens Treue nichts geändert. "Ich habe keine Zweifel, dass es bald wieder besser wird - mit Friedhelm Funkel - und dass wir bald die Kurve kriegen", sagte der 60-Jährige nach dem 1:2.

Bruchhagen ist allerdings sehr wohl bewusst, dass ich die Eintracht seit dem Wiederaufstieg 2004 erstmals in einer ernstzunehmenden sportlichen Krise befindet. "Ich sage seit vier Jahren, dass die Bundesliga sehr schwer ist. Für uns ging es fast nur bergauf, jetzt müssen wir erfahren, dass es auch rückwärts gehen kann", sagte er gegenüber SPOX.

Verstärkung aus den eigenen Reihen

Funkel muss sich ankreiden lassen, dass der Mannschaft der Spielwitz und die Kreativität im Offensivspiel irgendwie abhanden gekommen sind. Dazu leistet sich die Defensive immer wieder vermeidbare Gegentore. Die Standards sind ein einziger Graus, die Integration des Rekordtransfers Caio ist bis dato nicht gelungen.

Klar - mit der Verletzungsseuche an den Hacken hat Funkel bislang nie aus dem Vollen schöpfen können. Dennoch ist noch nicht gesagt, dass die bislang verletzten Neuzugänge Zlatan Bajramovic und Ümit Korkmaz wirklich eine Bereicherung darstellen werden.

Bruchhagen: Ich entscheide!

Irgendwie bis zur Winterpause durchmogeln, scheint derzeit die Devise. Nach der Länderspielpause gibt es zwei Heimspiele binnen vier Tagen gegen Leverkusen und Karlsruhe. Dann wird man sehen, wo die Reise hingeht.

Bruchhagen rief unter der Woche gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" noch mal seine Entscheidungsgewalt ins Gedächtnis - über Funkel entscheidet nur er. "Der Aufsichtsrat kann entscheiden, dass ein Vorstand entlassen wird, also Dr. Pröckl oder ich. Aber eine Trainerentlassung kann kein Aufsichtsrat der Welt beschließen", stellte er klar.

Sollten die Siege allerdings auch weiterhin ausbleiben, wird Bruchhagen zum Handeln gezwungen sein.

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