Nach 21 Spieltagen hat sich die 3. Liga in die Winterpause verabschiedet. Jahn Regensburg und der SV Sandhausen verbringen die Weihnachtstage auf den Aufstiegsplätzen, mit deutlichem Vorsprung auf die Verfolger. Dahinter aber wird es eng: Zwischen Platz drei und Platz 17 liegen nur acht Punkte. SPOX zieht Bilanz: Wer hat überzeugt, wer enttäuscht? Und was war neben dem Platz los?
Die Gewinner
Jahn Regensburg
Mit einem Platz im gesicherten Mittelfeld wären sie in Regensburg eigentlich zufrieden gewesen. Dass Jahn Regensburg aber als Tabellenführer in die Winterpause gehen würde, damit hatten vor der Saison wohl nur wenige gerechnet. Zu viele Schlüsselspieler hatten die Mannschaft verlassen, zu schlecht schien die wirtschaftliche Lage.
Doch der Jahn setzte sich mit bescheidenen Mitteln früh an die Tabellenspitze und kassierte erst am neunten Spieltag die erste Niederlage. Zwischenzeitlich übernahm zwar der SV Sandhausen die Spitze, doch die Regensburger Reaktion kam zur rechten Zeit: Eine Woche vor der Winterpause rückte die Elf von Markus Weinzierl mit ihrem ansehnlichen Fußball wieder auf Platz eins.
Die Garanten für den Erfolg der Domstädter stehen ganz vorne und ganz hinten: Tobias Schweinsteiger ist für die Tore verantwortlich und kam dieser Aufgabe bereits zwölfmal trefflich nach. Im eigenen Kasten erlebt der 39-jährige Michael Hofmann seinen dritten Frühling, er kassierte erst 19 Gegentreffer. Im Jahnstadion ist Regensburg außerdem seit 16 Spielen ungeschlagen. Ihr Soll hat die Überraschungsmannschaft des Jahres damit schon längst erfüllt.
SV Sandhausen
Am 13. Spieltag übernahm der No-Name-Klub aus dem Rhein-Neckar-Gebiet die Tabellenführung und baute den Vorsprung auf die Verfolger stetig aus - bis eine kleine Schwächephase mit drei sieglosen Spielen in Folge eintrat. Trotzdem überwintert der in Heimspielen ungeschlagene SV Sandhausen auf Platz zwei.
Mit dieser Hinrunde hat sich Sandhausen zum heißen Aufstiegskandidaten gemacht. Das Erfolgsgeheimnis des SVS ist die kompromisslose Effizienz. Vier der zehn Siege holte Sandhausen mit einem Tor Vorsprung. Nur 18 Gegentore sprechen zudem für eine extrem starke Defensive.
Seit Gerd Dais im Februar die Mannschaft übernahm, geht es steil bergauf. "Ich habe vor allem versucht, die Defensive zu stabilisieren und auf Spieler gesetzt, die bei meinem Vorgänger keine Rolle mehr gespielt haben", erläutert der Trainer. Aber auch nach der besten Hinrunde der Vereinsgeschichte will er noch nicht an den Aufstieg denken: "Es ist noch nicht die Zeit, über Luftschlösser und Träumereien zu sprechen."
Die Verlierer
Arminia Bielefeld
Es war ein Seuchenjahr für die Arminia. Kläglich abgestiegen aus der 2. Liga, gab es auch eine Klasse tiefer keine Besserung. Auch unter dem neuen Trainer Markus von Ahlen präsentierte sich Bielefeld mutlos, die Punkte blieben aus. Zur Strafe gab es die rote Laterne.
Erst mit Stefan Krämer als neuem Cheftrainer kehrte die Hoffnung auf die Alm zurück. Die Arminia gewann endlich wieder und hat mittlerweile beruhigende sieben Punkte Vorsprung auf einen Abstiegsplatz. Für den ehemaligen Bundesligisten ist das aber viel zu wenig.
SV Wehen Wiesbaden
Vor der Saison war die Angelegenheit klar: der große Favorit kommt aus Wehen-Wiesbaden. Trainer Gino Lettieri sprach vom "nächsten Schritt", der nun fällig sei. Doch was die Hessen dann in der Hinrunde zeigten, führte alle Vorschusslorbeeren ad absurdum. Nur sechs Siege und Platz 16 lautet die bittere Realität.
Da halfen selbst die im Vergleich zu anderen Konkurrenten komfortable finanzielle Ausstattung und der hochkarätig besetzte Kader nichts. In der Winterpause soll die Mannschaft noch einmal gezielt verstärkt werden, dann soll es endlich aufwärts gehen. Ansonsten wird für Trainer Lettieri die Luft dünn.
VfL Osnabrück
Als Absteiger gab es für den VfL nur eine Devise: so schnell wie möglich zurück in die 2. Liga. Doch die Erwartungen konnten nicht erfüllt werden, an der Bremer Brücke lief nicht viel zusammen.
Statt Aufstiegsambitionen ist in Osnabrück graues Mittelmaß (elf Unentschieden) angesagt. Es fehlt ein Spieler, der dem Spiel seinen Stempel aufdrückt, auch einen Torjäger sucht man bisher noch vergeblich. Die Konsequenz: Trainer Uwe Fuchs musste gehen, mit Rückkehrer Claus-Dieter Wollitz soll 2012 alles besser werden.
Seite 2: Der Star, die Trends und die Geschichten
Der Star
Tobias Schweinsteiger stand lange im Schatten seines kleinen Bruders, Bayern-Star Bastian Schweinsteiger. Jetzt scheint der 29-jährige Stürmer seinen Weg gefunden zu haben - er spielt bei Tabellenführer Jahn Regensburg die beste Saison seiner Karriere.
Mit zwölf Toren führt er die Torjägerliste an, dazu stehen sechs Vorlagen zu Buche. Es könnte kaum besser laufen für den Perfektionisten, der sich in Regensburg zum unumstrittenen Führungsspieler entwickelt hat. Schweinsteiger verkörpert den aktuellen Erfolg seines Vereins wie kein Zweiter.
Am Saisonende läuft sein Vertrag aus, an Angeboten aus höheren Sphären dürfte es bei dieser Form nicht mangeln. Doch Wandervogel Schweinsteiger, der bisher noch nie länger als zwei Jahre bei einem Verein blieb, fühlt sich beim Jahn pudelwohl und könnte sich eine langfristige Zukunft vorstellen: "Wenn hier alles so positiv weiterläuft, dann liegt es auf der Hand, dass ich länger bleibe, wenn man sich einigermaßen einigt."
Die Trends
Achtung, die Kleinen kommen: Im vergangenen Jahr stiegen mit Hansa Rostock, Eintracht Braunschweig und Dynamo Dresden drei Klubs mit großer Geschichte aus der 3. Liga auf. In dieser Saison spricht alles für einen Trend in die andere Richtung: Während Traditionsklubs wie Arminia Bielefeld, Oberhausen oder Carl Zeiss Jena ums sportliche Überleben kämpfen, stechen Vereine hervor, die bisher kaum in Erscheinung getreten sind. Auch große Namen sucht man in den Kadern der Spitzenteams vergeblich.
Die Top-Platzierten Regensburg und Sandhausen sind da das beste Beispiel. Aber die Entwicklung setzt sich in der gesamten oberen Tabellenhälfte fort: Nur die Hälfte der Top-Ten-Vereine hat jemals in einer höheren Liga gespielt. Stattdessen sorgen Klubs wie der 1. FC Heidenheim, vor acht Jahren noch in der Verbandsliga beheimatet, für Furore.
Gedränge in der Mitte: Zwar ziehen der Jahn und der SV Sandhausen an der Spitze recht unbehelligt ihre Kreise, auch Rot-Weiß Oberhausen hat auf dem ersten Abstiegsplatz schon fünf Punkte Rückstand aufs rettende Ufer, dazwischen aber wird es eng.
Zwischen Platz drei und Platz 17 liegen zur Winterpause lediglich acht Punkte, rein theoretisch könnte mit einem Sieg der Zehnte Erfurt den Dritten Saarbrücken ablösen. Tabellenplätze werden da relativ. Was ebenso für die außergewöhnliche Ausgeglichenheit der Liga spricht: Mehr als ein Drittel der bisherigen 208 Spiele endete unentschieden.
Die Geschichten
Von der Bank an die Spitze: Eigentlich hatte Daniel Ischdonat schon für die Zeit nach der Karriere vorgesorgt und sich einen Job für die nächsten Jahre gesucht - Torwarttrainer beim SV Sandhausen sollte er werden. Doch als Stammkeeper Frederic Löhe im vergangenen Jahr verletzt ausfiel, fand er sich plötzlich erneut zwischen den Pfosten wieder. Mittlerweile ist Ischdonat 35 Jahre alt, die Nummer eins beim SVS und in der Form seines Lebens: Auch weil er in dieser Saison schon acht Mal zu Null spielte, darf Sandhausen vom Aufstieg träumen.
Stefan Krämers Glücks-T-Shirt: Stefan Krämer, Trainer von Arminia Bielefeld, hat einen ganz besonderen Glücksbringer: ein schwarzes T-Shirt. Solange die Arminia nicht verliert, steht Krämer in diesem Shirt an der Seitenlinie - egal, bei welchen Temperaturen. Das 3:4 gegen Jena nahm er dabei ausdrücklich aus, bei drei Elfmetern gegen die Arminia konnte wohl nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein. Bislang hilft es, Bielefeld ist im Aufwind.
Alexander Kotuljacs Blitzstart: Eigentlich wollte man Alexandar Kotuljac in Osnabrück gar nicht mehr haben. Der Vertrag des Stürmers wurde nicht verlängert. Im September durfte er dann doch wieder in den Kader - und Kotuljacs Wiedereinstieg konnte sich sehen lassen: In seinen ersten drei Spielen erzielte er zwei Siegtreffer. Macht vier Punkte für den VfL - beide Seiten dürften also zufrieden sein.
Offenbacher Kicker rettet Leben: Unerwartet wurde Kai Hesse von den Kickers Offenbach zum Lebensretter. Auf dem Rückweg vom Training sah Hesse im Rückspiegel, wie ein fremder Autofahrer auf der Bundesstraße 448 am Steuer einen Krampfanfall erlitt und die Kontrolle über das Gefährt verlor. Geistesgegenwärtig ließ er den Mann auf sein Auto auffahren, bevor Schlimmeres passierte - und leistete anschließend noch Erste Hilfe. Dafür gab's ein Extralob von Polizei und Rettungskräften.
Benjamin Försters Absturz: Mit 25 Toren schoss Benjamin Förster den Chemnitzer FC fast im Alleingang zum Aufstieg. Mehrere Angebote aus der Bundesliga hatte der 22-Jährige vorliegen, wollte sich aber zunächst in der 3. Liga beweisen. Das gelang nicht: Der einstige Torjäger hat bisher nur ein mickriges Tor in der neuen Spielklasse zu verzeichnen. Hartnäckige Rückenprobleme hinderten ihn daran, zu seiner alten Form zu finden. War die vergangene Saison nur ein Strohfeuer?
Die 3. Liga im Überblick