Die WM ist eine perfekte Bühne für junge, vielversprechende Spieler, sich in den Fokus zu spielen. Einer von ihnen könnte Hirving Lozano sein. Der 22-jährige Mexikaner hat eine starke Saison beim PSV Eindhoven hinter - und eine glänzende Zukunft vor sich. Beim Auftaktspiel gegen Deutschland erzielte Lozano das 1:0 für die Mexikaner.
Einst war Hirving Lozano vor allem für seine Mitspieler ein Grauen. In der Jugend versteckte er sich bei Mannschaftsfahrten unter deren Betten, um sie zu erschrecken. Bald schon erhielt er deshalb den Spitznamen Chucky - in Anlehnung an die mordende Puppe aus der gleichnamigen Filmreihe.
Mittlerweile müssen sich nur noch seine Gegenspieler vor ihm fürchten. Und das bereits seit seinem ersten Profispiel: In der Partie seines Vereins Pachuca beim Club America am 9. Februar 2014 wurde er in der 83. Minute beim Stand von 0:0 eingewechselt. Fünf Minuten später stand es 1:0 für Pachuca. Lozano hatte den Ball an der Mittellinie bekommen, sich bis in den gegnerischen Strafraum gedribbelt und trocken ins rechte Eck abgeschlossen. Chucky begann nun seinen Gegnern schlaflose Nächte zu bereiten.
Vier Jahre später sind solche Szenen längst zur Gewohnheit geworden. Nicht mehr in Mexiko, sondern mittlerweile in Europa. Im vergangenen Sommer war Lozano trotz Angeboten aus England und Spanien in die Niederlande gewechselt. Es sollte sich als die richtige Entscheidung herausstellen. "Ich bin deutlich besser geworden, habe viele Dinge gelernt und fühle mich sehr gut", resümierte er sein erstes Jahr.
Hirving Lozano bei PSV Eindhoven direkt Leistungsträger
Bei der PSV Eindhoven entwickelte er sich ohne Anpassungsprobleme direkt zum absoluten Leistungsträger. Bereits nach sechs Einsätzen konnte er sechs Tore sowie vier Vorlagen vorweisen. Am Ende der Saison standen für ihn 17 Treffer und elf Assists in 29 Partien zu Buche. Chuckys Taten fanden auch in Europa Gehör.
Dazu kommt der Gewinn der Meisterschaft, zu der Lozano PSV geführt hat. Bereits in seiner Premierensaison war Lozano der wohl wichtigste Spieler der Mannschaft. Trainer Phillip Cocu stellte ihn mal auf dem linken, mal auf dem rechten Flügel auf und Lozano überzeugte immer, lieferte von beiden Seiten konstant Tore sowie punktgenaue Flanken. Er diktierte dort das Spiel.
"Es war ein Jahr mit mehr Höhen als Tiefen, vielen Toren und Vorlagen als Außenspieler in einer Liga, die es ihm augenscheinlich ermöglicht anzugreifen. Je mehr er sich daran gewöhnt, desto besser wird er", zeigte sich auch Mexikos Nationalteam-Direktor Dennis te Kloese zufrieden.
Mexikos Hoffnungsträger für die WM 2018
Vor allem Lozanos unheimlich schneller Antritt und seine räumliche Übersicht ermöglichten ihm einen nahtlosen Wechsel zum geordneteren, anspruchsvolleren Stil der niederländischen Liga. Nach Belieben verlangsamte er das Spiel, um dann schlagartig anzugreifen.
In Mexiko hofft man, dass Lozano diese Leistungen nun auch bei der anstehenden Weltmeisterschaft abrufen kann. Dass er auch in der Nationalmannschaft ein wichtiger Spieler ist, hat er längst bewiesen. Seit über zwei Jahren gehört er zum festen Kader und hat sich auch bei El Tri zu einem Leader entwickelt.
Dass Lozano gegen große Gegner zu guten Leistungen fähig ist, bewies er Ende letzten Jahres beim 3:3 gegen Belgien, bei dem er zwei Tore gegen den Weltranglistendritten erzielte.
Trotz seines einstigen Schreckensimages wird er dort auch für seine Menschlichkeit geschätzt. "Seine Stärke ist, dass er sehr bescheiden und auf dem Boden geblieben ist und ich denke, dass er sehr weit kommen wird", urteilte sein Nationaltrainer Juan Carlos Osorio. "Er ist nicht nur ein guter Spieler mit dem Potential ein herausragender Spieler zu werden, er ist auch ein guter Mensch."
Erfüllt Lozano Mexikos Sehnsucht nach Erfolg?
Als Teil einer neuen Generation Fußballer sorgt er seit der letzten WM für einen gänzlich neuen Optimismus in Mexiko. Der Gambeta-Stil begeistert die Fans. Und vor allem Lozano verkörpert diese Spielweise, die sich durch extrem schnelle und technisch versierte Spieler auszeichnet, in besonderem Maße.
Die Sehnsucht dort ist groß, bei der Weltmeisterschaft endlich wieder eine bessere Rolle zu spielen. Seit 1994 überstand Mexiko zwar immer die Vorrunde, schied aber auch jedes Mal direkt im Achtelfinale aus. Zu wenig für eine Nation, in der Fußball nicht nur ein Spiel ist, sondern vielen Menschen auch Hoffnung gibt.
Hirving Lozano als geborener Gewinner: Ein Titel nach dem anderen
Auch Lozanos scheinbares Siegergen macht den Mexikanern Hoffnung. Alles, was Chucky beginnt, bringt er mit einer Trophäe zu Ende. Bereits bei Pachuca begann mit seinem Debüt eine erfolgreiche Zeit für den Klub. Zunächst führte Lozanos seinen Jugendverein aus der Mittelmäßigkeit zur ersten Meisterschaft seit 2007. Im darauffolgenden Jahr folgte dann die Krönung: Der Gewinn der CONCACAF Champions League mit Lozano als Torschützenkönig.
Im Anschluss war er für Pachuca nicht mehr zu halten, für vergleichsweise günstige acht Millionen Euro wechselte er gen Niederlande und holte im ersten Jahr direkt die Meisterschaft. Aber dort wird er voraussichtlich nicht lange bleiben, denn die europäischen Topklubs stehen bereits Schlange, um den Mexikaner zu verpflichten: Manchester United, Chelsea, Arsenal, Everton und der FC Barcelona sollen an ihm dran sein.
gettyHirving Lozanos Leistungsdaten im Verein und für Mexiko
Team | Zeitraum | Spiele | Tore | Vorlagen |
Mexiko | seit 2016 | 26 | 7 | 2 |
PSV Eindhoven | seit 2017 | 34 | 19 | 11 |
CF Pachuca | 01/2014-2017 | 140 | 41 | 28 |
Hirving Lozanos Zukunft: Die WM entscheidet für Chucky
Lozanos selbst gibt widersprüchliche Signale. Zum einen betont er seine Verbundenheit zu PSV: "Ich bin zu 100 Prozent auf das Team fokussiert und hoffe, hier für mehrere Jahre zu spielen. PSV ist ein toller Klub mit fantastischen Leuten." Andererseits lässt er seine Zukunft in Eindhoven aber offen: "Wie lange ich für PSV spielen werde? Ich weiß es nicht."
Die Weltmeisterschaft wird dabei zukunftsweisend für Lozano sein. Dort kann er sein großes Talent erstmals auf ganz großer Bühne zeigen. Dort kann er zeigen, dass seine Erfolgssträhne auch für die El Tri gilt. Dort wird sich wohl auch entscheiden, wo er in der kommenden Saison spielen wird.
Vor allem kann Chucky aber dort seine Gegner wieder das Fürchten lehren.