Reuter: "Was sonst außer der Klassenerhalt?"

Stefan Rommel
22. Juli 201323:48
Mann mit Visionen: Stefan Reuter ist einer der Pfeiler des Augsburger Aufschwungsgetty
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Der FC Augsburg schaffte letzte Saison dank einer starken Rückrunde noch den direkten Klassenerhalt. Im Gespräch mit SPOX spricht Geschäftsführer Sport Stefan Reuter über Fußballfamilien, die Baustellen im Kader und ungeliebte Augsburger Traditionen.

SPOX: Stefan Reuter, was überwiegt: Die Freude, keinen Rückstand aufholen zu müssen und bei Null wieder anfangen zu dürfen oder der Ärger, dass das starke erste Halbjahr jetzt vorerst gestoppt ist?

Stefan Reuter: Die Mannschaft muss daraus Selbstvertrauen ziehen. Sie hat gemerkt, dass man nie aufstecken darf und man am Ende dann auch dafür belohnt wird. Wir sind zusammengerückt, im Kern ist die Mannschaft noch dieselbe. Wir haben punktuelle Veränderungen vornehmen müssen, wobei der Abgang unserer beiden Südkoreaner sicherlich schmerzt. Trotzdem sind wir optimistisch, was die neue Saison angeht.

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SPOX: Dabei ist Augsburg bisher nie richtig gut aus den Startlöchern gekommen. Bundesliga Spielplaner - Der Tabellenrechner von SPOX.com

Reuter: Wir wollen sicherlich besser starten als letzte Saison, auch wenn es das Auftaktprogramm in sich hat. Aber nach zwei Jahren in der Bundesliga kann man noch nicht von einer "Start-Tradition" sprechen.

SPOX: Wofür steht der FC Augsburg?

Reuter: Wir sind ein bodenständiger Verein. Ein Verein, der mit sehr viel Leidenschaft, Teamgeist und Geschlossenheit antritt. Wir haben ein familiäres, angenehmes Gefühl innerhalb des Klubs, kurze Wege, einer hilft dem anderen. Unsere Fans unterstützen uns toll, die Stimmung in der Stadt ist klasse.

SPOX: Ein wichtiger Punkt in der abgelaufenen Saison?

Reuter: Enorm wichtig. Selbst als es gar nicht gelaufen ist, haben uns die Zuschauer angefeuert und nicht angefangen zu pfeifen. Die Spieler haben mir bestätigt, dass sie dadurch auch erst den Mut schöpfen konnten, nach vorne zu spielen. Weil keiner Angst haben musste, Fehler zu machen. Das war ein großer Faktor: In unserer Situation mussten wir mutig unsere Chance suchen. Wenn wir nur das Nötigste gemacht hätten, wäre das nicht genug gewesen.

SPOX: Das Saisonziel dürfte auch heuer klar sein.

Reuter: Was sonst außer der Klassenerhalt? Wir sind realistisch: Platz sieben in der Rückrunde war riesig. Aber wir haben mit Braunschweig zusammen das niedrigste Budget der Liga. SPOX

SPOX: Darf man noch nicht weiterschauen?

Reuter: Die Mannschaft hat wichtige Erfahrungen gesammelt in der letzte Saison. Wir versuchen uns schrittweise nach vorne zu entwickeln. Ein bisschen früher nichts mehr mit dem Abstieg zu tun zu haben, wäre schon mal ganz gut.

SPOX: Gibt es die Prämisse noch, unter den besten 20, 21 Teams in Deutschland sein zu müssen?

Reuter: Die ist immer noch aktuell. Wir haben immer gesagt, dass wir uns die Zeit nehmen wollen, um innerhalb von fünf Jahren ein stabiler Erstligist zu sein. Die Bundesliga macht wahnsinnig viel Spaß, hier kann man sich mit den Besten messen und auf sich aufmerksam machen.

Seite 2 - Stefan Reuter über Halil Altintop und alternative Transfermärkte

SPOX: Ist der Kader Stand heute so weit, dass Sie mit einem guten Gefühl in die Saison starten könnten? Bundesliga Spielplaner - Der Tabellenrechner von SPOX.com

Reuter: Das denke ich schon. Wir schauen aber trotzdem, ob wir uns nicht noch auf der einen oder anderen Position verstärken können. Wir sind weiter unterwegs und auf der Suche nach Torgefahr in der Offensive und einem Defensivspieler.

SPOX: Wie hat das Anforderungsprofil ausgesehen, auf das letztlich Halil Altintop gepasst hat?

Reuter: Wir wollten einen Spieler, der hinter einer zentralen Spitze spielen kann, aber wie ein Stürmer denkt. Der Torgefahr entwickelt, auch aus der zweiten Reihe. Und wir wollten einen gestandenen Spieler. Dazu spricht er wie Panagiotis Vlachodimos perfekt deutsch, beide haben keine Eingewöhnungsschwierigkeiten. Dazu haben wir mit Raphael Holzhauser, Mathias Fetsch und Marvin Hitz ebenfalls Spieler geholt, die unsere Sprache sprechen.

SPOX: Muss sich ein Klub wie der FC Augsburg alternative Transfermärkte erschließen?

Reuter: Mit den ganz Großen können wir sicherlich nicht mithalten. Aber wir müssen uns auch nicht verstecken. Die Spieler wissen, was sie an Augsburg haben. Es spricht schon auch einiges für diesen Standort.

SPOX: Unter anderem ein bestens funktionierendes Trainerteam.

Reuter: Die Mannschaft bekommt eine klare Idee mit auf den Weg, Markus Weinzierl kann auch junge Spieler gut weiterentwickeln.

SPOX: Trotzdem bleibt für potenzielle Zugänge immer die Gefahr, bald wieder in der 2. Liga spielen zu müssen.

Reuter: Aber diese Garantie kann bis auf ein paar wenige Ausnahmen - Bayern, Dortmund, Leverkusen, Schalke - kein Klub seinen Spielern geben. Alle anderen kann es erwischen. Frankfurt ist runter, Hertha, Gladbach, Freiburg.

SPOX: Ist Freiburg eine Art Vorbild für den FC Augsburg?

Reuter: Ein bisschen schon. Wie Freiburg oder Mainz es geschafft haben, sich in der Liga zu etablieren. Trotz Abstieg. Und weil sie zu jeder Zeit vernünftige Dinge getan haben. Uns dürfte jetzt ein Abstieg auch nicht völlig aus der Bahn werfen. Natürlich wäre das eine schwierige Situation - aber wir würden dann auch weiterhin nur das Geld ausgeben, das auch da ist.

SPOX: Ist das etwas, das Ihren Job so reizvoll macht: Aus wenig viel zu machen?

Reuter: Wir wollen fleißig sein und kreativ. Und wir wollen ein paar Dinge besser machen als andere.

SPOX: Wie ist der Stand am Nachwuchsleistungszentrum?

Reuter: Offizieller Spatenstich war jetzt. Für uns ist das ein wichtiger Baustein, weiter konsequent in den Jugendbereich zu investieren. Wir haben das Glück, mit allen Mannschaften in den höchsten Spielklassen vertreten zu sein: U 17 und U 19 in der Bundesliga, mit der U 23 haben wir die Regionalliga gehalten. Es war auch ein wichtiges Zeichen in der Winterpause, dass wir aus der U 23 Maik Uhde und Raphael Framberger hochgezogen haben, jetzt kommt Arif Ekin dazu, der noch U 19 spielen dürfte. Das sind deutliche Signale, dass wir den Nachwuchs stärken wollen. Deshalb ist es wichtig, dass auch die Infrastruktur passt. Der Klassenerhalt war insofern entscheidend, weil dadurch mehr Gelder investiert werden konnten.

SPOX: Wie wichtig ist die zweite Mannschaft als Unterbau?

Reuter: Wir wollen die talentierten Spieler an die Profimannschaft heranführen. Sie sollen oben mittrainieren. Wenn sie dann keine Einsatzzeiten bekommen, sollen sie ordentliche Spielpraxis sammeln. Und dafür ist die Regionalliga für den FC Augsburg genau die richtige Liga.

Stefan Reuter im Steckbrief