Ein Hauch von Kontinuität

Marco Nehmer
09. August 201416:45
Jonathan Schmid (l.) und Felix Klaus (r.) werden beim SC wohl die Außen im 4-4-2 bildengetty
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Der Exodus blieb aus. Der SC Freiburg erfreut sich in diesem Sommer einer gewissen Konstanz im Kader. Zwar gingen wieder zwei Leistungsträger, doch die Baustellen wurden sinnvoll geschlossen. Die feste Verpflichtung von Admir Mehmedi ist der größte Coup - ein treffsicherer Nebenmann die größte Sorge. Der SC Freiburg in der Kaderanalyse.

Tor: Gut situiert trotz Aderlass

Zugänge: Roman Bürki (Grashopper Club Zürich), Sebastian Mielitz (Werder Bremen)

Abgänge: Oliver Baumann (1899 Hoffenheim)

Die Situation: 131 Mal hütete Oliver Baumann den Kasten der Badener. Nur sechs Mal stand der in Freiburg ausgebildete Schlussmann in den letzten vier Spielzeiten nicht zwischen den Pfosten. Mit Baumann, zeitweise Kapitän und Identifikationsfigur, verliert der SC eine seiner Stützen an 1899 Hoffenheim.

Doch von Wehmut ist im Breisgau keine Spur. Die kassierten sieben Millionen Euro Ablöse sind bei den stets mit dem spitzen Bleistift rechnenden Freiburgern willkommen, zudem agierten die Kaderplaner klug und holten den Schweizer WM-Fahrer Roman Bürki für vergleichsweise geringe 1,8 Millionen Euro aus Zürich. Zudem kam Sebastian Mielitz ablösefrei aus Bremen.

"Das ist ein echter Zweikampf", freut sich Trainer Christian Streich, der nach dem Exodus im Vorjahr diesmal mit Baumann und Matthias Ginter nur zwei Stammspieler ziehen lassen musste. In der Tat: Die Badener sind im Tor auch ohne Baumann sehr gut aufgestellt. Wer als Nummer eins in die Saison geht, lässt sich nur erahnen. Intern soll Bürki die Nase leicht vorn haben.

"Ich denke, sie haben mich deshalb geholt", sagt der physisch starke 23-Jährige zum möglichen Status als Nummer eins. "Ich bin ein moderner Torwart, kann mit beiden Füßen mitspielen, klebe nicht auf der Linie und mache gerne eine schnelle Spieleröffnung", so Bürki.

Doch Mielitz, für Werder immerhin 62 Mal in der Bundesliga aktiv, darf sich nach wie vor Chancen ausrechnen. "Er arbeitet sehr konzentriert. Ich bin von beiden absolut angetan", so Streich, um nachzuschieben: "von Daniel Batz auch". Der 23-Jährige Erlanger geht als Nummer drei in die Saison.

Abwehr: Wer schließt die Ginter-Lücke?

Zugänge: Marc-Oliver Kempf (Eintracht Frankfurt), Stefan Mitrovic (Benfica Lissabon), Sascha Riether (FC Fulham)

Abgänge: Matthias Ginter (Borussia Dortmund), Vegar Eggen Hedenstad (Eintracht Braunschweig, Leihe)

Die Situation: Gern hätte man Matthias Ginter noch ein Jahr behalten, doch am Ende setzte sich der BVB im Werben um den hochtalentierten Innenverteidiger durch. Der Abgang des ersten Freiburger Weltmeisters reißt ein Loch in die Defensive, brachte aber auch stolze zehn Millionen Euro ein.

"So wie wir kicken wollen, ist die Innenverteidigung eine enorm wichtige Position, auch im Hinblick auf die Kreativität im Spielaufbau", macht Streich die Defensivzentrale als Schlüsselposition aus. Mit den Transfers von Stefan Mitrovic und Marc-Oliver Kempf soll die von Ginter hinterlassene Lücke geschlossen werden.

Mitrovic war zuletzt von Benfica an Real Valladolid ausgeliehen, wo der 24-Jährige zum Stamm gehörte. Anders als der elegante Ginter verkörpert der beidfüßige Mitrovic den kompromisslosen, robusten Spielertyp. Der Serbe gilt bisweilen aber auch als überhart: In der Primera Division hagelte es neun Gelbe Karten in 16 Spielen.

Kempf, U-19-Europameister, kommt dem Ginter-Typus schon näher und darf sich im Duell mit Pavel Krmas, Immanuel Höhn und Fallou Diagne Chancen ausrechnen. Auf den Außen stellen sich indes weniger Fragen. Oliver Sorg und Christian Günter, beide seit Mai Nationalspieler, bekamen Sascha Riether zur Seite gestellt - ein Zugewinn an Qualität und Erfahrung. "Alle geben Vollgas, keiner lässt nach. Das ist bemerkenswert", so der Rückkehrer.

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Mittelfeld: Stabile Verhältnisse und ein Ärgernis

Zugänge: Mike Frantz (1. FC Nürnberg)

Abgänge: Gelson Fernandes (Stade Rennes), Hendrick Zuck (Eintracht Braunschweig, Leihe), Vaclav Pilar (VfL Wolfsburg (Leih-Ende), Francis Coquelin (FC Arsenal, Leih-Ende)

Offene Position: Zentrales Mittelfeld

Die Situation: Cedric Madiaki. Daniel Caligiuri. Johannes Flum. Jan Rosenthal. Kein anderer Mannschaftsteil hat in Freiburg im vergangenen Jahr derart geblutet wie das Mittelfeld. Die Situation einen Sommer später ist umso erfreulicher: Die Leistungsträger konnten gehalten werden, mit Mike Frantz wurde ein Allrounder verpflichtet - lediglich der Abgang von Gelson Fernandes sorgt für Unmut.

"Er war nicht zu halten, gewissermaßen auf der Flucht. Ich hoffe, er kriegt das in Zukunft auf die Reihe, denn es ist nicht gut, wenn man in sieben Jahren zehn Vereine hat", so Streich angesäuert. Zwar kann Frantz in der Zentrale spielen, auch Riether ist eine Option. "Trotzdem halten wir insgesamt die Augen offen", erklärt Streich. Sehr wahrscheinlich kommt noch ein Backup.

Der Rest des Gerüsts steht. Vladimir Darida kam zuletzt immer besser zurecht, glänzte in den letzten zehn Spielen mit acht Scorerpunkten und funktioniert auch in der Vorbereitung gut an der Seite von Julian Schuster. Bundesliga Spielplaner - Der Tabellenrechner von SPOX.comDen Kapitän freut die personelle Kontinuität im Mittelfeld: "Wir haben gewisse Abläufe und Muster, für die man gewisse Punkte beachten muss. Je mehr Spieler das bereits kennen und verinnerlicht haben, desto flüssiger sind die Abläufe."

Im 4-4-2 dürften erneut Jonathan Schmid und Felix Klaus die Außen besetzen. Der Franzose bewies mit acht Vorlagen erneut seine Fähigkeiten auf dem Flügel, der Ex-Fürther Klaus drehte gegen Ende der Saison auf. Bleibt noch Sebastian Kerk. Der 20-Jährige deutete sein Talent bei 19 Teilzeiteinsätzen an und könnte zum Shootingstar werden. "Jeder will von Anfang an spielen. Ich versuche, mein Bestes zu geben, sodass der Trainer nicht um mich herumkommt", so Kerk.

Sturm: Mehmedi - und sonst?

Zugänge: Admir Mehmedi (Dynamo Kiew, fest verpflichtet), Maximilian Philipp (Freiburg II)

Abgänge: Mike Hanke (Guizhou Renhe/China), Marco Terrazzino (VfL Bochum)

Offene Position: Zweiter Angreifer

Die Situation: Der Angriff ist die Achillesferse der Freiburger. Das Positive vorweg: Admir Mehmedi konnte fest von Dynamo Kiew verpflichtet werden und ist mit sechs Millionen Euro der neue Rekordtransfer des SC - eine Summe, die vor Jahren bei den Badenern noch undenkbar war. Mehmedi garantiert Tore. In der letzten Saison waren es derer zwölf, bei der WM erzielte er das wichtige 1:1 für die Schweiz gegen Ecuador.

Doch was kommt nach dem beweglichen, spielstarken Angreifer? Sebastian Freis, solider Arbeiter mit Lokalkolorit, kam im vergangenen Jahr auf zwei Tore. Karim Guede ist ebenfalls als Lückenreißer zu gebrauchen, erzielte allerdings auch nur ein Tor mehr als Freis. Es zeichnet sich ab: Freiburg braucht einen weiteren Torjäger, der seinem Namen gerecht wird.

"Wir haben zu einigen Kontakt gehabt - keine Unbekannten", bestätigt Streich in der "Bild" entsprechende Überlegungen. "Weil die aber gefühlt von weiter oben kommen, ist es bei jedem die große Frage: Geht er das ganze Pensum bei uns mit? Ist er hungrig darauf, sich zu quälen?"

Auch Sportdirektor Jochen Saier ist skeptisch, ob noch ein passender Kandidat gefunden wird: "Alle suchen Stürmer, der Markt ist total überhitzt." Da Marco Terrazzino und Mike Hanke den Verein verlassen haben, stehen nur noch Philipp Zulechner und der junge Maximilian Philipp, der aus der Reserve hochgezogen wird, zur Verfügung. Trotz aller Freude um Mehmedi: Der Sturm bleibt die Problemzone.

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