Kommentar zum Wechsel von Marco Rose: Es gäbe gute Gründe für eine sofortige Trennung

Martin Volkmar
15. Februar 202120:09
Marco Rose wechselte im Sommer 2019 von RB Salzburg nach Gladbach.imago images / sven simon
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Nach wochenlangem Herumgeeier kommt die Verkündung von Marcos Roses Wechsel von Borussia Mönchengladbach zu Borussia Dortmund zur Unzeit und könnte noch Konsequenzen für den Trainer haben. Ein Kommentar.

Die meisten Beobachter dürfte nur der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Wechsels von Marco Rose von Borussia Mönchengladbach zu Borussia Dortmund überrascht haben.

Lediglich die offenbar nach wie vor zahlreichen Romantiker unter den Fans der "Fohlen" hatten noch mit einer anderen Entscheidung des Cheftrainers gerechnet. Unwahrscheinlich, dass dazu auch Sportchef Max Eberl gehörte, auch wenn er die Chancen auf einen Verbleib Roses vor rund einer Woche noch mit "98 Prozent" beziffert hatte.

Realistisch gesehen muss Eberl schon bei der Vertragsunterschrift vor zwei Jahren klar gewesen sein, dass Rose Gladbach nur als Durchlaufstation zu Größerem eingeplant hatte. Sonst hätte sich der damalige Salzburger kaum eine Ausstiegsklausel mit für Spielertransfersummen vergleichsweise geringen fünf Millionen Euro Ablöse in den bis 2022 gültigen Vertrag schreiben lassen.

Die Frage wird nun sein, wie man in Gladbach mit dem Ex-Coach auf Abruf umgehen wird. Denn der Abschied unmittelbar vor den vielleicht entscheidenden Wochen der Saison birgt ein hohes Risiko, auch für Rose selbst.

Marco Rose: Entscheidung für den BVB nachvollziehbar

Wenngleich die Entscheidung des 44-Jährigen, den wenig Wohlmeinende als Karrieristen bezeichnen, aus professioneller Sicht nachvollziehbar ist.

Auch wenn viele Gladbacher Anhänger nicht verstehen wollen, warum ein Wechsel vom aktuellen Tabellensiebten zum punktgleichen Tabellensechsten ein Schritt nach oben auf der Karriereleiter sein soll: Bei Borussia Dortmund bieten sich Rose zumindest mittelfristig die besseren Erfolgschancen.

Zumal der BVB in dieser Saison bislang deutlich unter seinen Möglichkeiten geblieben ist und den hochkarätig und mit enormem Potenzial besetzten Kader vermutlich im Sommer noch mal nachrüsten wird.

Marco Rose wechselte im Sommer 2019 von RB Salzburg nach Gladbach.imago images / sven simon

Marco Rose: Rückendeckung von Ex-BVB-Coach Jürgen Klopp

Zu den sportlich und wirtschaftlich besseren Rahmenbedingungen kommt, dass Rose in Dortmund mit offenen Armen empfangen wird, weil man sowohl taktisch als auch vom Typ her Parallelen zu Jahrhundert-Trainer Jürgen Klopp zu erkennen glaubt. "Kloppos" Segen hat der neue Chefcoach in jedem Fall, angeblich soll Liverpools Trainer seinen einstigen Mainzer Spieler sogar den BVB-Bossen empfohlen haben.

Trotzdem ist der Frust groß in Mönchengladbach, weil der gebürtige Leipziger nach Ansicht vieler Sympathisanten zu den talentiertesten Trainern Europas gehört und mit seinem oft gelobten, offensiven, spielstarken und variablen Fußball eine Ära beim Traditionsverein hätte prägen können.

Fakt ist, dass Rose die Borussen in seiner ersten Spielzeit in die Champions League geführt hat, wobei Vorgänger Dieter Hecking mit einem deutlich schwächeren Kader immerhin auch nur einen Platz schlechter abgeschnitten hatte. Und in der aktuellen Saison gab es neben Highlights wie den Heimsiegen über Bayern und Dortmund ebenfalls einige Negativerlebnisse. So wie zuletzt bei der 1:2-Pleite im prestigeträchtigen Derby gegen Köln, an der Rose durch gleich sieben Wechsel zumindest eine Mitschuld trug.

Hat Marco Rose "Borussia Mönchengladbach nicht verstanden"?

Danach warf ihm das Gladbacher Fanprojekt, die Dachorganisation aller Anhänger, vor, "Borussia Mönchengladbach nicht verstanden" zu haben. Durch Roses Entscheidung zur Unzeit könnten sich die Kritiker bestätigt fühlen. Nach dem wochenlangen Herumgeeier über seine Zukunft wäre es vermutlich schlauer gewesen, zumindest noch das extrem wichtige direkte Duell gegen seinen neuen Arbeitgeber im DFB-Pokal Anfang März abzuwarten.

Zudem sind in den kommenden Wochen im Champions-League-Achtelfinale gegen Manchester City sowie in der Liga mit Spielen gegen unmittelbare Konkurrenten wie Leipzig und Leverkusen empfindliche Rückschläge in allen drei Wettbewerben nicht auszuschließen. Man darf gespannt sein, wie viel Rückendeckung Rose nach der Verkündung des Abschieds noch in Mönchengladbach hat.

Ab sofort hört der künftige Chefcoach des Rivalen mit

Schließlich gäbe es gute Gründe, direkt die Reißleine zu ziehen und Rose freizustellen. Denn ab sofort hört auch der künftige Chefcoach des Rivalen aus Dortmund bei jeder wichtigen Entscheidung mit und hat alle Zugänge, um dem einen oder anderen Leistungsträger wie etwa Florian Neuhaus, Marcus Thuram oder Denis Zakaria einen Wechsel zu seinem neuen Verein schmackhaft zu machen.

Doch offenbar scheut Max Eberl einen solchen radikalen, aber auch konsequenten Schritt, weil er mehr Risiken als Chancen in einem Trainerwechsel in der Saisonendphase sieht und stattdessen auf einen erfolgreichen Abschluss wie vor zwei Jahren mit Dieter Hecking hofft. Zumindest den Fußball-Romantikern am Niederrhein würde das gefallen.