Asketisch ohne Kuss und Tanz

SPOX
18. November 200714:10
SPOXGetty
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Oslo - Party-Stimmung in Istanbul, bittere Enttäuschung in Oslo: Die Türkei hat mit dem 2:1 (1:1)-Sieg in Norwegen das Tor zur Teilnahme an der EM-Endrunde in Österreich und der Schweiz weit aufgestoßen und die Fußball-Fans in der Heimat in einen Siegesrausch versetzt.

Bis in die Morgenstunden feierten tausende Menschen ausgelassen auf den Straßen der Metropolen und sorgten laut TV-Sendern für eine "historische und königliche Nacht".

"Wir Türken lieben es wohl, das Schwere zu meistern. Aber das Spiel hat gezeigt, wer es verdient, zur EM zu fahren", sagte der türkische Nationaltrainer Fatih Terim, dessen Team mit einem Sieg am Mittwoch in Istanbul gegen Bosnien das Ticket zur EURO 2008 im kommenden Jahr lösen kann.

"Meine Spieler haben in der Kabine geschworen, gegen Bosnien zu gewinnen. Sie verzichteten sogar auf die gewohnten Freudentänze, Küsse und Umarmungen", erklärte Terim, der nach den schwachen Auftritten seiner Mannschaft zuvor heftig in der Kritik gestanden hatte. Umso erleichteter präsentierte sich der Coach nach dem Sieg im bitterkalten und nebligen Ullevaal-Stadion in Oslo: "Es ist schön, dass wir uns nun vor 70 Millionen Türken nicht schämen müssen."

Türkei dreht Partie

Vor 23.783 Zuschauern waren die Gastgeber nach zwölf Minuten zunächst durch einen Fallrückzieher von Verteidiger Erik Hagen in Führung gegangen. Doch ein Fernschuss von Emre Belozoglu (31.) und Nihat Kahveci (60.) hatten den Spieß zu Gunsten des WM-Dritten von 2002, bei dem Hamit Altintop von Rekordmeister Bayern München 90 Minuten durchspielte, noch gedreht.

Terim betonte zwar, dass "noch nichts entschieden ist", der 54-Jährige versprühte für die Begegnung gegen die Bosnier, für die Yildiray Bastürk vom deutschen Meister VfB Stuttgart wie gegen Norwegen wegen einer Oberschenkelverletzung auszufallen droht, aber Optimismus: "Wir spielen zu Hause und mit den vielen Fans im Rücken sollten wir den Sieg schaffen können."

Während die Türken am Samstagabend Siegesstimmung verbreiteten, war bei den Norwegern dagegen Trübsal angesagt. Die Zeitung "Dagbladet" schrieb von einem "türkischen Drama". Trainer Age Hareide war nach der Niederlage im direkten Duell um Platz zwei der Gruppe C sichtlich angeknockt: "Ich fühle mich wie ein Schwergewichts-Boxer, der in den Seilen hängt."

Opdal in der Kritik 

In der abschließenden Partie am Mittwoch auf Malta sind die Skandinavier nun gezwungen, drei Punkte einzufahren, um zumindest die Hoffnung auf die EM-Teilnahme zu wahren. "Wir dürfen jetzt nicht aufgeben, müssen das Malta-Spiel unbedingt gewinnen und dann höhere Mächte anflehen", meinte Hareide, dessen Team nur bei einem gleichzeitigen Punktverlust der Türken zur EM fahren dürfte.

In der Kritik der norwegischen Fans und der Presse geriet besonders Torhüter Hakon Opdal, der beim Ausgleichstreffer keine gute Figur gemacht hatte. "Das war unglaublich schlecht von mir", erklärte Opdal, der aber vom Trainer in Schutz genommen wurde. "Wir müssen es wie eine Gemeinschaft sehen und nicht einem Mann die Schuld geben", sagte Hareide.

Merks Ausstand 

Schuldlos an der Niederlage und nahezu fehlerfrei präsentierte sich auch der deutsche Referee Markus Merk bei seinem Abschied von der internationalen Bühne.

Deutschlands Vorzeige-Schiedsrichter, der in seinem 50. Länderspiel allerdings einen Kopfstoß des norwegischen Stürmers John Carew übersah, wird im März 45 Jahre alt und muss aufgrund der Altersbeschränkung des Weltverbandes FIFA ausscheiden.