Angriff auf die Triple-Sieger

Thomas Gaber
11. Juni 201516:16
Die größten Stars bei der Copa: Chiles Sanchez, Neymar, Messi und Kolumbiens James Rodriguez (v.l.)getty
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Zum 44. Mal wird das älteste Fußballturnier der Welt ausgetragen. Mit dem Eröffnungsspiel zwischen Gastgeber Chile und Ecuador startet am Abend die Copa America. Messi oder Neymar - welcher Alles-Gewinner aus Barcelona Champions-League-Sieger setzt sich die Krone auf? Oder jubelt am Ende Geheimfavorit Kolumbien? Und was hat La Roja drauf? Das SPOX-Powerranking.

Ursprünglich sollte die Copa America 2015 in Brasilien stattfinden. Da das Land aber bereits die WM 2014 ausrichtete und 2016 die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro anstehen, fand der Wunsch der Chilenen, das Turnier ausrichten zu dürfen und Brasilien dafür das Turnier im Jahr 2019 zu übertragen, Gehör bei Brasiliens Verbandschef Jose Maria Marin, der im Zuge des FIFA-Skandals Ende Mai verhaftet wurde.

Generell liegt ein Schatten über dem ältesten Fußballturnier der Welt. Die meisten der in den FIFA-Skandal verwickelten und beschuldigten Personen sind oder waren hochrangige Funktionäre des südamerikanischen Verbandes CONMEBOL. Sportlich ist dennoch einiges zu erwarten.

12. Jamaika

Die letzten drei Ergebnisse: 3:0 (Kuba), 2:1 (Venezuela), 4:3 n.E. (Trinidad & Tobago/Gold-Cup-Quali)

Die Reggae Boyz nehmen zum ersten Mal an der Copa America teil und haben gleich Großes vor. "Wir peilen das Viertelfinale an. Natürlich sind wir Außenseiter, aber im Fußball passieren immer wieder Überraschungen. Wer hätte schon gedacht, dass Brasilien ein WM-Halbfinale im eigenen Land 1:7 verliert?", sagte Trainer Winfried Schäfer.

Der ehemalige Coach vom KSC und dem VfB Stuttgart übernahm die Mannschaft nach einer Niederlagenserie in der WM-Quali im Juli 2013 und arbeitete zunächst intensiv an der Stabilität der Defensive.

Bis auf ein fürchterliches 0:8 gegen Frankreich im Juni 2014 ließ Jamaika in Testspielen gegen starke Konkurrenz aufhorchen. Die Tests gegen Serbien, Japan und die Schweiz gingen zwar alle knapp verloren, Jamaika spielte aber einen deutlich geordneteren Fußball als in der Prä-Schäfer-Zeit.

Die Abwehr um KSC-Profi Daniel Gordon und Wes Morgan, Stammspieler bei Leicester City in der Premier League, ist auch das Prunkstück der Inselkicker. Alles andere als ein Vorrunden-Aus in einer Gruppe mit Argentinien, Uruguay und Paraguay wäre aber eine Sensation.

11. Bolivien

Die letzten drei Ergebnisse: 0:5 (Argentinien), 3:2 (Venezuela), 2:2 (Chile)

1963 holte La Verde den Copa-America-Titel, seitdem sind über 50 Jahre sportliche Tristesse vergangen mit ein paar positiven Ausreißern wie dem 6:1 gegen Messi und Co. in der Qualifikation für die WM 2010. Immer wenn Bolivien zuhause in La Paz spielen darf und die Gegner die extreme Höhenlage von deutlich über 3000 Metern als reinen Horror empfinden, haben die Grünen ihre großen Auftritte. So wie 1997, als Bolivien bei der Copa im eigenen Land das Finale erreichte.

Im Januar übernahm Trainer Mauricio Soria das Team ohne Stars und holte gleich ein beachtliches 2:2 gegen Chile, gefolgt von einem Sieg gegen Venezuela. Beim 0:5 gegen Argentinien bekam Bolivien aber deutlich die Grenzen aufgezeigt.

Wichtigster Spieler ist Marcelo Moreno, der Belo Horizonte mit 15 Toren zum Titel in Brasilien schoss und anschließend nach China wechselte. Die Gruppe A mit Chile, Ecuador und Mexiko ist nicht übermächtig, sodass Bolivien zumindest Außenseiterchancen auf das Weiterkommen hat.

10. Venezuela

Die letzten drei Ergebnisse: 1:0 (Peru), 1:2 (Jamaika), 2:1 (Honduras)

Während der WM 2014 sorgte der venezolanische Fußball für Erheiterung. Kein Geringerer als Diego Maradona bot sich als Nationaltrainer an, der Verband verzichtete umgehend in einer kurz gefassten Pressemitteilung.

Sportlich hat der 72. der FIFA-Weltrangliste seit Jahrzehnten nicht viel vorzuweisen. Bis 1998 belegte Venzuela in der Südamerika-Qualifikation zu Weltmeisterschaften stets den letzten Platz, für eine WM-Teilnahme hat es bis heute nicht im Ansatz gereicht. Dafür gelang 2011 mit dem Halbfinal-Einzug bei der Copa America ein sensationeller Erfolg, wo Venezuela erst im Elfmeterschießen an Paraguay scheiterte.

Star der Mannschaft ist noch immer der Ex-Gladbacher Juan Arango, der mit 122 Einsätzen Rekordnationalspieler seines Landes ist. In Chile ist Arango Kapitän und mit 35 Jahren ältester Spieler im Kader von Trainer Noel Sanvicente.

9. Mexiko

Die letzten drei Ergebnisse: 0:2 (Brasilien), 1:1 (Peru), 3:0 (Guatemala) SPOX

El Tri ist Stammgast bei der Copa America. Seit 1993 wird Mexiko regelmäßig eingeladen, zweimal erreichten die Mittelamerikaner das Finale. Die diesjährige Auflage betrachtet Trainer Miguel Herrera, der aufgrund seiner Jubelarien während der WM 2014 Kultstatus erlangte, als Warm-Up für den im Juli anstehenden Gold Cup.

Mit Javier Hernandez, Carlos Vela, Jonathan Dos Santos, Andres Guardado, Hector Herrera und Torhüter Guillermo Ochoa verzichtet Herrera auf sechs Stammspieler, die beim Gold Cup zum Einsatz kommen werden. Somit ist Rafael Marquez der einzige Star im Kader der Mexikaner, in dem auch drei Spieler von UANL Tigres, dem Überraschungs-Halbfinalisten der laufenden Copa Libertadores, stehen.

Mexiko hat wenig Ambitionen in Chile, daher wäre schon das Überstehen der Gruppenphase ein Erfolg.

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8. Paraguay

Die letzten drei Ergebnisse: 2:2 (Honduras), 0:1 (Mexiko), 0:0 (Costa Rica)

Die bekannten Namen des Copa-America-Siegers von 1953 und 1979 sind wieder mal im Angriff zu finden: Roque Santa Cruz, Nelson Valdez, Lucas Barrios, Raul Bobadilla und Derlis Gonzalez vom FC Basel. Ansonsten versammelt Trainer Ramon Diaz fast ausschließlich Spieler, die ihr Geld in Mexiko oder Südamerika verdienen.

In Chile will Paraguay nach einer beschämenden WM-Qualifikation, die man als Letzter der Südamerika-Gruppe mit nur zwölf Punkten abschloss, an bessere Zeiten anknüpfen. Die jüngsten Testspiele geben aber wenig Anlass zur Hoffnung. Beim 2:2 gegen Honduras verhinderte Santa Cruz mit seinem Doppelpack eine Blamage.

7. Ecuador

Die letzten drei Ergebnisse: 4:0 (Panama), 1:1 (Panama), 1:2 (Argentinien)

Als einzige Mannschaft des CONMEBOL-Verbandes schied Ecuador bei der WM 2014 in der Vorrunde aus. Nationalcoach Reinaldo Ruena musste gehen, ihm folge der Argentinier Gustavo Quinteros. Die ersten beiden Testspiele unter dem neuen Trainer gingen verloren, gegen Panama konnte Ecuador gerade so die dritte Pleite in Folge verhindern. Immerhin glückte die Generalprobe im zweiten Spiel binnen drei Tagen gegen den Mittelamerika-Staat.

Im 23-Mann-Kader der Tricolor fehlen die großen Namen. Mit Jefferson Montero von Swansea City und Enner Valencia von West Ham United hat Ecuador zwei Spieler an Bord, die in der abgelaufenen Saison regelmäßig in der Premier League zum Einsatz kamen. Beim 4:0 gegen Panama überzeugte zudem der offensive Mittelfeldspieler Fidel Martinez mit einem Doppelpack.

Bei 26 Teilnahmen an der Copa America erreichte Ecuador nur zweimal das Halbfinale, zuletzt 1993. Mehr als das Überstehen der Gruppenphase wäre auch diesmal eine Überraschung.

6. Peru

Die letzten drei Ergebnisse: 1:1 (Mexiko), 0:1 (Venezuela), 2:1 (Paraguay)

Kaum ein Team ist schwerer einzuschätzen als die Rojiblanca. Gute und schlechte Leistungen halten sich die Waage, seit vielen Jahren ist die fehlende Konstanz das große Problem einer im Grunde sehr talentierten Mannschaft. Auch die letzten Testspiele verliefen höchst unterschiedlich.

Die Stützen im Kader von Trainer Ricardo Gareca, der erst seit März im Amt ist, sind Paolo Guerrero, Jefferson Farfan, Carlos Zambrano und Christian Cueva. Zudem stehen Claudio Pizarro und Yordi Reina von RB Leipzig im Aufgebot.

Vor vier Jahren erreichte der Copa-Sieger von 1939 und 1975 das Halbfinale (Aus gegen Uruguay) und wurde dank eines Hattricks von Guerrero Dritter. Perus Problem in diesem Jahr ist die starke Gruppe mit den Turnierfavoriten Brasilien und Kolumbien. Der Mannschaft ist vom frühen Aus bis zum erneuten Halbfinaleinzug alles zuzutrauen.

5. Uruguay

Die letzten drei Ergebnisse: 5:1 (Guatemala), 1:0 (Mexiko), 2:1 (Chile)

Der Titelverteidiger und Copa-Rekordsieger mit 15 Titeln befindet sich nach vielen erfolgreichen Jahren im Umbruch. Die Führungsspieler Diego Lugano und Diego Forlan erklärten ihren Rücktritt, Spieler wie Diego Godin oder Maxi Pereira rücken noch stärker in den Fokus.

Die Offensive muss den Ausfall von Champions-League-Sieger Luis Suarez verkraften, der nach seiner Biss-Attacke gegen Italiens Giorgio Chiellini bei der WM 2014 weiterhin gesperrt ist. Die Hoffnungen der Himmelblauen ruhen somit auf Edinson Cavani von Paris Saint-Germain und Stürmer-Talent Diego Rolan. Der 22-Jährige erzielte in der abgelaufenen Ligue-1-Saison für Girondins Bordeaux 15 Tore und traf beim 5:1 gegen Guatemala nach drei Minuten zum 1:0.

Mit der bei Copa-Turnieren traditionell starken Celeste ist auch 2015 wieder zu rechnen.

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4. Chile

Die letzten drei Ergebnisse: 1:0 (El Salvador), 0:1 (Brasilien), 0:2 (Iran)

Im eigenen Land soll er her - der erste Titel bei der Copa America. Viermal stand La Roja im Finale, zuletzt 1987. Seitdem reichte es lediglich zu einem vierten Platz 1999. Mit Arturo Vidal, Alexis Sanchez, Claudio Bravo, Gary Medel und Eduardo Vargas hat endlich auch Chile seine goldene Generation, die mehr drauf hat als die Mannschaft um die Torjäger Marcelo Salas und Ivan Zamorano in den 90er Jahren.

Bei der WM 2014 zählte Chile zu den Gehimfavoriten und schied im Achtelfinale unglücklich gegen Brasilien aus. Seitdem ist die Mannschaft ein bisschen auf der Suche nach sich selbst. Die Testspiele waren wenig überzeugend und Trainer Jorge Sampaoli beklagte die kurze Vorbereitung, um vor allem Sanchez und Vidal für das Turnier fit zu machen.

Mit dem Heimvorteil im Rücken ist das Erreichen des Halbfinals aber das Mindestziel von La Roja. In einer Gruppe mit Ecuador, Mexiko und Bolivien ist Chile klarer Favorit.

3. Kolumbien

Die letzten drei Ergebnisse: 1:0 (Costa Rica), 3:1 (Kuwait), 6:0 (Bahrain)

Wären da nicht die Evergreens Argentinien und Brasilien, die Cafeteros würden als Topfavorit auf den Titel ins Turnier gehen. Bei der WM 2014 überzeugten James Rodriguez und Co. bereits, im Viertelfinale gegen den Gastgeber waren sie noch etwas zu grün.

Die Mannschaft von Trainer Jose Pekerman ist ein Jahr später noch ein ordentliches Stück stärker. Carlos Bacca schoss den FC Sevilla zum Europa-League-Sieg, Jackson Martinez überzeugte nach seiner Verletzung beim FC Porto vor allem in der Champions League gegen den FC Bayern, James ist Stammspieler bei Real Madrid und mit dem bei der WM fehlenden Radamel Falcao ist auch der Kapitän wieder an Bord. Falcao erzielte gegen Costa Rica sein 25. Tor für Kolumbien und ist damit Rekordhalter. Torhüter David Ospina löste im Laufe der Saison Wojciech Szczesny als Nimmer eins des FC Arsenal ab.

2001 holte Kolumbien im eigenen Land den bisher einzigen Copa-America-Titel. Der Kader hat allemal das Zeug für Nummer zwei 2015.

2. Brasilien

Die letzten drei Ergebnisse: 1:0 (Honduras), 2:0 (Mexiko), 1:0 (Chile)

Seit "Mineirazo", dem 1:7 gegen Deutschland, dem größten Schock der brasilianischen Fußballgeschichte hat sich viel geändert im Kreise der Selecao. Der alte, neue Nationaltrainer Dunga hat radikal ausgemistet; im Kader der Copa America stehen mit Torhüter Jefferson, Thiago Silva, David Luiz, Marcelo, Fernandinho, Willian und Neymar nur noch sieben Spieler der Heim-WM 2014. Luiz Gustavo wäre der achte gewesen, der DFB-Pokal-Sieger muss aber wegen einer Meniskusverletzung passen.

Dunga stellt das Kollektiv bedingungslos in den Vordergrund, will seine Spieler aber nicht in ein Schema pressen. "Jeder muss wissen, wozu er fähig ist, und seine Qualität in den Dienst der Mannschaft stellen. Wenn er zusätzlich etwas beitragen möchte, hat er das Recht dazu", sagte er der FAZ. Seit seinem Dienstantritt im Juli 2014 hat Brasilien alle zehn Spiele gewonnen und dabei nur zwei Gegentore kassiert, darunter war ein beeindruckendes 3:1 in Frankreich

Vier der letzten sechs Copa-Turniere hat Brasilien gewonnen. Wer in Chile den Titel holen will, muss an der wiedererstarkten Selecao erstmal vorbeikommen.

1. Argentinien

Die letzten drei Ergebnisse: 5:0 (Bolivien), 2:1 (Ecuador), 2:0 (El Salvador)

Der Vize-Weltmeister hat einen noch besseren Kader als bei der WM 2014. Mit Europa-League-Sieger Ever Banega vom FC Sevilla sowie den Champions-League-Finalisten Carlos Tevez und Roberto Pereyra von Juventus Turin hat Trainer Gerardo Martino zusätzliche Optionen. Der Angriff mit Tevez, Gonzalo Higuain, Sergio Agüero, Ezequiel Lavezzi, Angel di Maria und natürlich Lionel Messi ist einzigartig. Beim 5:0 gegen Bolivien letzten Sonntag funktionierte die Offensive auch ohne Messi bestens, Agüero traf gleich dreimal.

Die Albiceleste muss vom Potenzial her um den Titel spielen, auch wenn wichtige Stützen der Mannschaft wie Messi oder Javier Mascherano eine lange Saison hinter sich und somit kaum Vorbereitungszeit haben.

Zudem lief bei den letzten Copas, ähnlich wie bei vielen Weltmeisterschaften, nicht viel zusammen. In der Messi-Ära konnte Argentinien noch keine Copa America gewinnen, das letzte Mal gelang dies 1993. Nach der bitteren Niederlage im WM-Finale 2014 gegen Deutschland zählt für Argentinien aber diesmal nur der Titel.

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