Robert Huths letztes Länderspiel liegt eineinhalb Jahre zurück. Stokes Trainer Tony Pulis kann das nicht verstehen, denn er hält den 26-Jährigen für "einen der besten Verteidiger der Premier League". Und Pulis ist damit offenbar nicht der einzige.
Daheim in Berlin-Köpenick hat Robert Huth die Weihnachtsfeiertage schon lange nicht mehr verbracht. Der 26-Jährige spielt seit 2001 in England, und dort wird zwei Tage nach Heiligabend schon wieder gekickt.
Während sich die Profis in anderen Ländern im Winterurlaub erholen oder zumindest ein paar Tage zum Durchatmen bekommen, geht es auf der Insel hoch her. Der Boxing Day ist Kult in England.
Für Huth selbst waren die Spiele am zweiten Weihnachtsfeiertag in den letzten Jahren allerdings immer eine Enttäuschung. Mal stand er nicht im Kader oder saß das komplette Spiel auf der Bank, mal wurde er nur ein- oder frühzeitig wieder ausgewechselt. Über 90 Minuten durfte er am Boxing Day neun Jahre lang nicht ran.
Schon vier Saisontore
In diesem Jahr war das anders. Huth spielte durch. Und mehr noch: Beim 2:0-Erfolg von Stoke City bei den Blackburn Rovers war er einer der besten Spieler auf dem Platz und leitete den Sieg mit seinem Treffer zum 1:0 ein.
Es war bereits Huths viertes Tor in dieser Saison - kein Abwehrspieler der Premier League hat bislang häufiger getroffen. Auch ihm hat es Stoke zu verdanken, dass man nach einem schwachen Saisonstart mit drei Niederlagen zum Auftakt mittlerweile auf Platz acht und damit im gesicherten Mittelfeld rangiert.
Angebot von Liverpool
Die Konkurrenz hat das natürlich mitbekommen - allen voran der FC Liverpool. Reds-Coach Roy Hodgson soll bereits in Stoke vorstellig geworden sein und den Potters ein Sechs-Millionen-Angebot für Huth unterbreitet haben.
Den allerdings lässt das kalt: "Ich weiß von dieser Geschichte. Aber das interessiert mich nicht, weil es bei Stoke großartig für mich läuft." Huth fühlt sich wohl in Stoke. Seit er im Sommer 2009 in die 250.000-Einwohnerstadt in den englischen Midlands wechselte, geht es mit seiner Karriere endlich wieder bergauf.
Unverzichtbar für Stoke
Nach seinen Lehrjahren beim FC Chelsea, vielen Verletzungen und dem Abstieg mit Middlesbrough 2009, hat Huth nun die nächste Stufe seiner Entwicklung erreicht. Nach kurzer Anlaufzeit schaffte er in Stoke schon im letzten Jahr den Sprung zur unumstrittenen Stammkraft - und ist in dieser Saison nicht mehr aus dem Team von Coach Tony Pulis wegzudenken.
In allen 18 Spielen stand er die komplette Spielzeit auf dem Platz, gibt in der Defensive die Kommandos, ist in der Offensive als Kopfballspezialist und Freistoßschütze gefährlich und in der Teamhierarchie mittlerweile sogar zum stellvertretenden Kapitän aufgestiegen.
Für seinen Coach ist Huth dank seiner Erfahrung einer der Ansprechpartner innerhalb der Mannschaft und darüber hinaus ein wertvoller Rollenspieler in der Defensive. "Er ist ein Spieler, den du überall hinstellen kannst. Er macht seine Sache überall gut", sagt Pulis, der Huth auch immer wieder als Rechtsverteidiger einsetzt: "Robert ist innen stärker als auf rechts. Aber manchmal brauche ich ihn eben dort."
Letztes Länderspiel im Juni 2009
Bei den Potters ist Huth längst unverzichtbar, beim DFB dagegen scheint er kein Thema mehr zu sein. Pulis kann das überhaupt nicht nachvollziehen. "Wenn Robert in der Bundesliga spielen würde, wäre er schon längst wieder Nationalspieler. Herr Löw sieht wohl zu wenige Stoke-Spiele. Aber wenn Huth so weiter macht, wird Herrn Löw irgendjemand sagen, dass einer der besten Verteidiger der Premier League bei uns spielt."
Das letzte seiner bislang 19 Länderspiele machte Huth auf der Asienreise im Sommer 2009 gegen die Vereinigten Arabischen Emirate. Die letzte Einladung zur Nationalmannschaft liegt fast ein Jahr zurück. Im Januar 2010 erhielt der gebürtige Berliner für den Leistungstest des DFB-Teams keine Freigabe von seinem Klub. Seitdem ist er außen vor.
Dabei hatte Löw damals noch betont, dass er Huth vor Spielern wie Holger Badstuber oder Mats Hummels sehe. Der Dortmunder debütierte dann allerdings im Mai im DFB-Trikot, und Badstuber schaffte sogar noch den Sprung auf den WM-Zug nach Südafrika. Fast so wie Huth einst vor der WM 2006, als er fast aus dem Nichts kam. So scheint er es auch jetzt wieder zu machen.