In den Tagen vor dem Start der neuen Bundesliga-Saison stellt SPOX alle 18 Klubs in einer Vorschau-Serie vor - mit allen Transfers, Hintergründen und der Saison-Prognose. Diesmal: SC Freiburg
"Abstieg, an so etwas mag ich gar nicht denken, mein Gott, da steckt ein ganzes Jahr dahinter", sagte SC-Trainer Christian Streich kurz vor Saisonbeginn. Nach einer fantastischen Saison mit Platz fünf und der Qualifikation für die Europa League steht der SC Freiburg vor einer Identitätsfrage: Sind wir eine Europa-League-Mannschaft oder ein Abstiegskandidat?
Fünf Spieler gingen, die Freiburg aufgrund von Ausstiegsklauseln nicht halten konnte. Fünf Spieler, die allesamt für die erfolgreiche Saison verantwortlich waren, nun aber bei Mönchengladbach, Frankfurt, Bremen oder Wolfsburg wesentlich mehr Geld verdienen. Vor allem die Abgänge von Max Kruse und Cedric Makiadi scheinen nicht kompensierbar.
Das internationale Geschäft ist eigentlich weit über dem eigenen Anspruch des SC Freiburg und keiner pocht auf die Wiederholung einer so erfolgreichen Saison. Der Abstieg ist der erklärte Feind, auch wenn der Kader nicht wirklich nach einem Abstiegskandidaten aussieht.
Das ist neu
Insgesamt gleich sieben neue Spieler. Nach den schmerzlichen Abgängen von fünf Leistungsträgern hat Freiburg reagiert und interessantes neues Personal verpflichtet. Der bekannteste ist Stürmer Mike Hanke. Im Gegensatz zum Freiburger Jugendstil ist Hanke im besten Fußballalter und soll den jungen Freiburgern Erfahrung und Routine geben.
Sein neuer Sturmpartner wird der schweizer Nationalspieler Admir Mehmedi, der von Dynamo Kiew in den Breisgau wechselt. Dieser wurde vor allem von Ottmar Hitzfeld zu diesem Transfer bewegt.
Nach turbulenten Jahren sucht der defensive Mittelfeldspieler Gelson Fernandes in Freiburg eine neue Heimat. Er kann den Freiburgern durch seine Auslandserfahrung vor allem in der Europa League helfen.
Ebenfalls zum SC kommen Vaclav Pilar aus Wolfsburg, Felix Klaus aus Fürth, Christopher Jullien aus Auxerre und Francis Coquelin wird vom FC Arsenal ausgeliehen.
Auch neu: Der SC Freiburg tanzt wieder auf drei Hochzeiten! Das gab es zuletzt vor zwölf Jahren. Die Mehrbelastung wird den SC natürlich fordern, doch eine entsprechende Kaderbreite ist vorhanden. Zudem stoßen ständig neue Spieler aus dem Jugendbereich in den ersten Kader.
Außer dem Farbverlaufs-Trikot, an das man sich erst noch gewöhnen muss, bleibt ansonsten alles beim Alten: Freiburg freut sich, in der Bundesliga spielen zu dürfen und stapelt wie gewohnt tief.
Die Taktik
Rennen, Rennen und nochmal Rennen. Das fordert Trainer Christian Streich von seinen Spielern. Die Ausrichtung des SC Freiburg ist ein klassisches 4-4-2 mit einer flachen Vier in der Mittelfeldreihe oder einem leicht abgesetzten Sechser.
Die offensive Marschroute der Freiburger drückt sich durch ein Pressing aus, das generell schon in der Hälfte des Gegners beginnt. Das Pressing hat das Ziel, dass der Gegner den Ball zu den Außenverteidigern spielen muss - So werden Ballverluste erzwungen.
Ist der SC im Ballbesitz, zeichnet sich das Team durch ein schnelles und präzises Kurzpassspiel aus. Der Ball wird in die offenen Räume gespielt. Ergeben sich neue Räume, kann es schnell gehen und der Ball wird ohne Umwege Richtung gegnerisches Tor getrieben.
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Der Angriff läuft bei den Freiburgern sehr oft über die Flügel. Die daraus resultierenden Flanken sind wie gemacht für Mike Hanke und Admir Mehmedi. Oft lässt sich einer der beiden Sechser zwischen die Innenverteidiger fallen, damit die beiden Außenverteidiger nach vorne stoßen können. Durch das Abkippen des Mittelfeldspielers entsteht kurzzeitig eine Dreierkette.
Geht der Ball nicht über außen nach vorne, sondern durch die Mitte, versuchen die Freiburger, durch das klassische Dreiecksspiel den Ball durch die Reihen zu bekommen. Grundvoraussetzung sind ein ballsicheres Mittelfeld und Abwehr, die aber definitv vorhanden sind.
Schlüsselspieler in Streichs System sind vor allem Julian Schuster, Matthias Ginter und Jonathan Schmid. Während Ginter und Schuster als extrem ballsichere Spieler oft minutenlang den Ball in die Räume verteilen um einen Angriff zu initiieren, steht Schmid für die Kreativität. Der Franzose soll aber nicht nur für Flanken aus dem Halbfeld und von der Grundlinie sorgen, auch er selbst ist sehr torgefährlich.
Grundsätzlich haben alle Spieler des SC Freiburg eine sehr gute Fitness, sind technisch versiert und haben Streichs System teilweise schon jahrelang eingetrichtert bekommen.
Der Spieler im Fokus
Mike Hanke. Für ihn wird es wohl die letzte Chance sein, sich auf internationaler Ebene zu profilieren. Hanke, der bei Borussia Mönchengladbach keinen neuen Vertrag bekam, genießt eine sehr hohe Wertschätzung bei Trainer Christian Streich.
"Viele jüngere Spieler haben mich schon gefragt, wie es ist, auf europäischer Ebene zu spielen, da gebe ich meine Erfahrung natürlich gern weiter. Ich bin bereit für eine Führungsrolle, dafür haben sie mich hierher geholt", so Hanke. Und das wird für den Stürmer nach dem Teil-Umbruch im Breisgau nicht einfach.
Nach den Abgängen von Cedric Makiadi oder Jan Rosenthal lechzt der SC nach neuem Führungspersonal. Hanke muss diese Lücke füllen, will der SC sein dominantes Spiel aufrecht erhalten. Belohnen kann sich Hanke mit einem sicheren Stammplatz.
Das Interview
SPOX: Der SC Freiburg steht wie kaum ein anderer Klub für Kontinuität. War das ein Grund, warum Sie sich für den Sportclub entschieden haben?
Gelson Fernandes: Ich hatte auch Angebote aus Italien, aber Freiburg ist ein interessanter Verein mit großer Qualität auf allen Ebenen. Das hat mich interessiert und ich musste nicht lange überlegen, die Entscheidung pro Freiburg fiel mir leicht. Jetzt habe ich einen stabilen Verein, eine neue Heimat gefunden.
SPOX: Mit Christian Streich haben Sie einen Trainer, der wohl auch nicht so schnell entlassen wird.
Fernandes: Es war wichtig für mich, vor dem Wechsel mit Christian Streich zu sprechen, um seine Philosophie und Idee zu verstehen. Er gibt alles für den Verein, der Sportclub ist sein Herzensverein. Seine Qualitäten sind hinlänglich bekannt. Er hat diese Mannschaft geformt. Es gibt viele junge Spieler aus dem eigenen Nachwuchs, die er schon aus seiner Zeit im Jugendbereich kannte. Den eingeschlagenen Weg müssen wir weitergehen.
Zum kompletten SPOX-Interview mit Gelson Fernandes
Die Prognose
Nach all den Abgängen ist es natürlich nicht leicht, eine tolle Saison zu bestätigen. Dennoch: Der SC hat sich gut verstärkt und Trainer Streich weiß genau, an welchen Schrauben er für eine erfolgreiche Saison Hand anlegen muss.
Für den SC Freiburg ist daher ein einstelliger Tabellenplatz realistisch. Es sollte schnell die 40-Punkte-Marke erreicht werden, um den Abstieg zügig abhaken zu können. Eine erneute Qualifikation für Europa wird schwer. Unterschätzen wird den SC aber wohl keiner mehr.
International ist das Ziel der Freiburger, die K.O.-Phase der Europa League zu erreichen. Was dann passiert, steht in den Sternen. Vieles ist abhängig vom Gegner oder von der aktuellen Verfassung. Klar ist: Sie sind immer für eine Überraschung gut - aber was ist beim SC Freiburg noch überraschend?
Der SC Freiburg im Überblick
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