Ottmar Hitzfeld wartet schon auf den nächsten Adenalin-Schub. "Am schönsten ist es, viel Druck vor dem Spiel zu haben und dann zu gewinnen. Das ist Adrenalin pur", verriet der Schweizer Nationalcoach vor dem Abflug nach Port Elizabeth. Am Indischen Ozean soll die Welle der Euphorie seine eidgenössischen Kicker ins WM-Achtelfinale tragen.
Doch dazu muss am Montag (15.45 Uhr im LIVE-TICKER und auf SKY) unbedingt ein Sieg gegen die nicht minder motivierten Chilenen her. Deshalb lässt Hitzfeld keine Gelegenheit aus, seine Spieler nach dem Sensationssieg gegen Europameister Spanien (1:0) wieder auf den Boden zurückzuholen.
"Wir müssen kühlen Kopf bewahren. Das nächste Spiel wird mental viel schwieriger für uns als das gegen Spanien", sagte der 61-Jährige. Immerhin sei Chile in der FIFA-Rangliste deutlich vor seiner Mannschaft platziert und habe die WM-Qualifikation sogar vor Argentinien abgeschlossen.
Verändert Hitzfeld seine Sieger-Elf?
"Pokerface" Hitzfeld brütet derweil über der Strategie für das Duell mit den "spielstarken und schnellen" Südamerikanern. Die Schweizer Medien spekulieren bereits mit einer Veränderung in der Startformation, obwohl sich die große Mehrheit der Leser des Boulevardblatts "Blick" bei einer Umfrage für die erfolgreiche Spanien-Elf votiert hat.
Hitzfeld selbst hatte für Diskussionsstoff gesorgt, indem er den zuvor angeschlagenen Kapitän und Rekordtorschützen Alexander Frei (40 Länderspieltore) sowie Valon Behrami beim Trainingsspiel vor der Reise nach P.E. in der Stammformation und die Leverkusener Bundesliga-Profis Tranquillo Barnetta und Eren Derdiyok in der B-Elf spielen ließ.
"Alexander Frei ist zu 100 Prozent fit. Ich habe insgesamt zwei Optionen. Die Entscheidung ist noch offen, obwohl es jeder, der gegen Spanien dabei war, verdient hätte, wieder zu spielen", sagte einstige Bundesliga-Meistercoach: "Für die, die gespielt haben, ist es noch schwerer, draußen zu bleiben. Aber es geht ohnehin immer um das Team, nicht um die einzelnen Spieler."
Bayer-Trio auf dem Platz
Wie auch immer: Barnetta und Derdiyok werden im Nelson-Mandela-Bay-Stadion ein Wiedersehen mit ihrem Leverkusener Mannschaftskollegen Arturo Vidal feiern. Der Mittelfeldspieler verriet: "Ich habe mit beiden zwar keine Wette ausgehandelt, aber bevor wir aus Leverkusen weggefahren sind, haben wir uns gegenseitig gewünscht, Spanien zu schlagen."
Doch zunächst hat sich Vidal mit seinen Teamkollegen die Schweizer ins Visier genommen. Akribisch und von der Außenwelt völlig abgeschottet haben sich "La Roja" auf das zweite Gruppenspiel vorbereitet.
Ein geplanter Ausflug aus dem WM-Quartier von Coach Marcelo Bielsa endete nach sechs Minuten, weil sich eine Horde einheimischer Fotografen und Journalisten an seine Fersen geheftet hatte.
Chilenen spucken große Töne
Vidal ist optimistisch: "Die Schweizer sind kompliziert zu spielen, aber wenn wir an unsere Leistung gegen Honduras anknüpfen, ist alles möglich." Und Jean Beausejour (Torschütze beim 1:0 gegen Honduras) ergänzte: "Wir wollen erst gar nicht spekulieren, denn wir haben es ja in eigener Hand. Deshalb interessiert uns auch kein anderes Ergebnis als der Sieg."
Trainer Bielsa wird jedoch personelle Änderungen vornehmen müssen. Der gegen Honduras vermisste Torjäger Humberto Suazo dürfte sein WM-Debüt in Südafrika geben und neben dem 21 Jahre alten "Shooting-Star" Alexis Sanchez stürmen.
Über den Youngster sagte der Schweizer Gökhan Inler, Teamkollege von Sanchez bei Udinese Calcio: "Er ist eine Riesentalent. Er kann so gut wie Cristiano Ronaldo werden." Sein erstes von bisher 11 Länderspieltoren erzielte Sanchez übrigens gegen die Schweiz.