Skrzybski bei Schalke 04 vor der Champions League: Plötzlich wichtig

Jonas Rütten
28. November 201815:15
Sebastian Rudy, Bastian Oczipka und Daniel Caliguri beglückwünschen Steven Skrzybski zu seinem ersten Doppelpack im Schalke-Trikot.getty
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18 Einsatzminuten nach 17 Pflichtspielen: Lange musste Steven Skrzybski in seiner ersten Saison beim FC Schalke 04 auf seine Chance warten, doch als diese am Samstag gegen Nürnberg kam, nutzte er sie und schnürte einen Doppelpack. Nun ist er vor dem Champions-League-Spiel der Schalker in Porto (ab 21 Uhr live auf DAZN und im LIVETICKER) plötzlich der Hoffnungsträger.

"Jeder, der mich kennt, der weiß, dass das für mich Momente sind, wo man nicht weiß, was man machen soll." Steven Skrzybski macht keinen Hehl daraus, dass er nicht so gerne im Rampenlicht steht. Doch am vergangenen Samstag konnte selbst er sich nicht einfach so davonstehlen.

Als Domenico Tedesco den 26-Jährigen in der 88. Minute beim Stand von 4:2 aus Sicht des FC Schalke 04 gegen den 1. FC Nürnberg auswechselte, erhob sich die Arena auf Schalke und spendete Skrzybski Standing Ovations und verabschiedeten ihn mit Sprechchören in Richtung Spielerbank.

Skrzybski traumhaftes Startelf-Debüt für Schalke 04

"Man kann so etwas nicht beschreiben. Das sind Sachen, von denen man vielleicht träumt", sagte Skrzybski später über seine Auswechslung. Anders als von Skrzybski behauptet, könnte das Wort "traumhaft" für sein Schalker Startelfdebüt nach zuvor 17 Pflichtspielen, in denen er lediglich 18 Minuten auf dem Platz stand, treffender kaum sein.

Skrzybski schnürte gegen den Club seinen ersten Bundesliga-Doppelpack und war somit der unverhoffte Matchwinner der Königsblauen. Unverhofft deshalb, weil sein Debüt in der königsblauen Anfangsformation eher als Notlösung daherkam, schließlich musste Tedesco nach den Langzeitausfällen von Breel Embolo (Mittelfußbruch) und Mark Uth (Sehnenverletzung) zwei Konstanten in seiner bis dato wenig überzeugenden Offensiv-Abteilung ersetzen.

Dass eben jene Offensive dann plötzlich funktionierte und Uth und Embolo kaum vermisst wurden, lag besonders daran, dass sich der schnelle Skrzybski und der Arbeiter Guido Burgstaller als Doppelspitze ideal ergänzten. Fünf Tore standen unter dem Strich auf der Habenseite. Ein Novum für eine Schalker Mannschaft unter Tedesco.

"Zuletzt hat jeder immer wieder gesagt, dass wir zu wenige Tore schießen - und die Kritik war ja auch berechtigt. Doch das ist dann umso schöner, dass wir eben mal mehr als ein oder zwei Tore erzielt haben", wusste auch der ehemalige Publikumsliebling von Union Berlin.

Skrzybski und das Klischee: Schon als Kind in S04-Bettwäsche

Es sind solche Sätze, die dafür sorgten, dass ihm der Wechsel im Sommer in Berlin niemand so wirklich übel genommen hat. Das "Wir" steht für Skrzybski im Vordergrund, schließlich sei er einer, "der lieber mit der Mannschaft jubelt", als sich selbst ins beste Licht zu stellen.

Das war auch schon an der Alten Försterei so: Dort spielte Skrzybski in der vergangenen Spielzeit seine bis dato beste Saison, erzielte 14 Tore und bereitete fünf weitere vor. Union hingegen verpasste den angepeilten Aufstieg in die Bundesliga deutlich und musste bis zum vorletzten Spieltag sogar noch um den Klassenerhalt bangen.

Zwischen der sportlichen Entwicklung des Vereins und des Spielers klaffte eine derartig große Lücke, dass Unions Sportchef Oliver Ruhnert im Sommer zurecht konstatierte, dass der Wechsel von Skrzybski "nicht überraschend" käme. Zumal auch noch ausgerechnet der Herzensverein anklopfte.

"Ich habe als Kind tatsächlich in Schalke-Bettwäsche geschlafen", gab Skrzybski in einem offenen Brief an seine ehemaligen Mitspieler und die Union-Fans. Anlass dafür war nicht etwa eine vor Klischees triefende Erklärung für seinen Wechsel weg von dem Verein, für den er schon als Achtjähriger gespielt hatte. Es war ein Motivationsschreiben vor dem Pokal-Spiel der Eisernen am 31. Oktober gegen Schalkes Erzrivalen Borussia Dortmund, das er mit den Worten "Man hat immer eine kleine Chance", schloss.

Skrzybskis unglücklicher Start: "Kam immer etwas dazwischen"

Diese "kleine Chance" war Skrzybski bei Schalke zu dem Zeitpunkt, als er diese Zeilen verfasste, jedoch verwährt geblieben. Ein Kurzeinsatz in der Bundesliga und 13 Minuten in der Champions League gegen Galatasaray. Das war alles, was er von Tedesco bis dato bekam.

"Es kam immer etwas dazwischen", begründete der Schalke-Trainer am vergangenen Samstag den langen Verzicht auf Skrzybski. "Es stand außer Frage, dass Steven irgendwann die Chance bekommt, aber man darf auch nicht vergessen, dass er zwischendurch verletzt war", merkte Sportdirektor Christian Heidel darüber hinaus richtigerweise an.

Was zunächst als "kleiner Muskelfaserriss" (Tedesco) daherkam, kostete Skrzybski insgesamt 8 der bisherigen 18 Pflichtspiele. Acht kleine Chancen, sich zu beweisen, wenn man so will. Diese ergab sich erst, als in Uth, Embolo und auch Cedric Teuchert gleich drei Offensiv-Spieler verletzt ausfielen, die zuvor den Vorzug vor Skrzybski erhalten hatten. Und das, obwohl "Stevie" im Training immer Gas gegeben habe, wie Tedesco selbst zugab.

Skrzybski als Hoffnungsträger für Schalke in der Champions League

Dass Skrzybski diese Chance mit seinem Doppelpack freilich genutzt hat, daran wird ihn das blaue Trikot mit der Nummer 22 erinnern, das er an diesem Samstagabend trug. "Das kommt zu Hause an die Wand", sagte der 26 Jahre alte Stürmer. Angesichts der nach wie vor angespannten Personallage in der Offensive und Skrzybskis ansprechender Leistung, könnte jenes Trikot schon am Donnerstag Gesellschaft bekommen. Ein Grellgelbes möglicherweise.

Denn am Mittwochabend gastieren die Knappen in der Champions League beim FC Porto (ab 21 Uhr live auf DAZN und im LIVETICKER), der für gewöhnlich in Heimspielen im blau-weißen Dress aufläuft. Nach dem Auftritt beim formstarken portugiesischen Rekordmeister (sieben Pflichtsiege in Folge) soll, so Sportvorstand Christian Heidel, "das Überwintern in der Champions League feststehen". Und geht es nach Skrzybski würde er dabei gerne mithelfen, am liebsten von Beginn an.

"Wir rotieren ja viel", sagte er, angesprochen auf seine neue Rolle als Schalker Hoffnungsträger in der Offensive: "Ich bin mal gespannt, ob ich spielen darf." Auch Tedesco ließ offen, wie viele Spieler er diesmal austauschen wird, deutete aber vielsagend an: "Wenn man viel rotiert, gehen ein Stück weit die Automatismen flöten."

Die "kleine Chance", mit der sich Skrzybski schon an seine Eisernen aus Berlin gewandt hatte, sie ist für ihn persönlich keine kleine mehr. Schließlich ist er für Schalke plötzlich wichtig.